Zu Deiner Replik auf die Interviews und Vorschläge zur Lösung der Ukraine-, insbesondere auch der Krim-Krise des ehemaligen Ministerpräsidenten und aktuellen Vorsitzenden des Deutsch-Russischen Forums Matthias Platzeck:
Unter der Überschrift „Die Hybris des Westens“ und mit dem Untertitel „Warum Matthias Platzeck recht hat“ liefert der preisgekrönte Autor Eugen Ruge im SPIEGEL 50/2014 eine Apologie der Ansichten Platzecks. Den er einleitend mit einer Schmähung gegen die Kanzlerin von dieser positiv abzusetzen sich befleißigt. Platzeck wäre schon zu DDR-Zeiten unangepaßt gewesen. Was man von Merkel nicht behaupten könne. Merkel habe sich erst einen Monat nach „der Wende“ überlegt, daß sie eigentlich schon immer gegen die DDR gewesen wäre. Und die nun, noch immer DDR-methodisch, Platzeck aus dem Petersburger Dialog verdränge. Und zwar, weil er nicht die Auffassung der Kanzlerin vertrete. Dann gipfelt Ruges Debattenbeitrag in der These: „Matthias Platzeck wäre als ehemaliger Gegner und Kenner des DDR-Regimes und des Sowjetsystems vermutlich ein guter Berater in der Ukraine-Krise.“
Kurz zur Weltsicht des Apologeten. Welche eigentlich hinreichend qualifiziert wird durch einen einzigen Satz, der direkt dem Werkzeugkasten der Kreml-Propaganda entnommen sein könnte: „Die EU erweitert ihre Außengrenzen: eine schleichende, postkoloniale Form der Expansion.“ Dagegen etwas zu sagen, wäre Zeitverschwendung. In seiner Logik gelangt Ruge dann jedenfalls zu dem Schluß: Da die Krim 1954 von Nikita Sergejewitsch Chruschtschow willkürlich an die Ukraine verschenkt worden sei, wäre die Wiederangliederung an Rußland eigentlich Restitution eines geraubten Kulturgutes. Auch diese Sprechblase über die chruschtschowsche Schenkung hatten wir schon gehört aus Richtung des Moskauer Kremls. Ebenso bedient Ruge sich ohne weiteres des von Putin mit durchsichtigem Zweck angestrengten Begriffs der „Wiedervereinigung“. Auffälligerweise fällt Ruge bei der Krim-Annexion, im Gegensatz hinsichtlich seiner Bemerkung zur EU-Erweiterung, das Wort „Expansion“ oder gar „Aggression“ nicht ein. Hier sieht er keinerlei Zusammenhänge, die doch einem um Geschichtsverständnis Bemühten nach Transnistrien, Südossetien, Abchasien, der „Volksrepublik“ Donezk und der „Volksrepublik“ Luhansk in den Sinn kommen sollten wie eins und eins ist zwei. Immerhin fiel Putin bei „Wiedervereinigung“ gleich noch „Neurußland“ ein, und wenn Ruge und Platzeck den Kreml-Chef berieten nach ihrer Logik der chruschtschowschen Schenkung, fordert der sicher auch das 1867 von den USA für 7,2 Millionen Dollar den Russen abgekaufte Alaska zurück.
Der Vorsitzende der Münchener Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, qualifizierte am 19. November im Deutschlandfunk den Krim-Vorschlag Platzecks mit: „Das ist der schlechteste Rat, den ich seit Wochen gehört habe.“
Das ist die schärfste Kritik, die ich von diesem hochgeschätzten Unterhändler in der Sache und zurückhaltenden Diplomaten je vernahm.
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