A N A B A S I S

Thalatta ! Thalatta !

Schlagwort-Archiv: Heiko Maas

Opfer der eigenen Meinungsmache

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14. Mai 2022: Sehmann an Mephisto

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Wenn man nicht schon Kummer gewöhnt wäre, hätte einem in den vergangenen Tagen schlecht werden können in Deutschland.

Weil: Deutschland ist ein rassistisches Land!

Ja!

Ohne Wenn und Mutmaßlich!

Das hat man monitoringt.

Ich kriegte erst einen Schreck, aber dann erfuhr ich: Also man hat Menschen befragt und auch angedroht, das in Zukunft wieder zu tun.

Mir fiel ein Stein vom Herzen! Also nur eine Umfrage. Umfragen zu Meinungen sind ja seit längerem ein inflationär gängiges Mittel öffentlich-rechtlicher Medien, Faktenmeldungen über die wirklich wahre Realität zu umgehen.

Insbesondere wenn diese, wie gewöhnlich, sich unkorrekt gebärdet.

Die Realität.

Nur heißt diese Meinungsumfrage hier „dauerhaftes Monitoring“.

Oder auch: Der „neue Rassismusmonitor“.

Tatsächlich!

Aufgeregt wurde nun direkt kolportiert, Deutschland sei ein rassistisches Land!

Mitunter gleich als einleitender Satz der nachrichtlichen Meldung.

Und das habe ein „Monitoring“ festgestellt.

Erst wenn man sich die Zeit nahm und genauer hinhörte, konnte man, wenn auch nicht in allen Sendeanstalten in der nötigen Ausführlichkeit, eventuell entnehmen, daß die Hälfte der Befragten einer „Aussage“ (demnach einer vorgelegten These) „Wir leben in einer rassistischen Gesellschaft“ zustimme.

Also dann muß es ja stimmen!

Gewählt ist gewählt!

Zum Glück fanden sich des dem „Rassismusmonitoring“ folgenden Tages doch noch etwas nachdenklichere Stimmen!

So zum Beispiel die MÄRKISCHE ODERZEITUNG:

Was genau wird unter Rassismus verstanden – waren es Gewalttaten, Beschimpfungen, oder wurden zum Beispiel ungeschickte Fragen gestellt? In der Studie wird unter Rassismus aufgelistet, was eigentlich in unterschiedliche Kategorien fällt. Dabei wäre es wichtig, die Befragten genau zwischen eher harmlos und beleidigend beziehungsweise gewalttätig unterscheiden zu lassen.

Jedenfalls haben die Begriffe Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus hierzulande zur Zeit Hochkonjunktur um anzuklagen, zu welcher Verworfenheit Deutschland inzwischen verkommen ist. Und in dem Chore der Ankläger mitzusingen verleiht natürlich auch das schöne Gefühl der Zugehörigkeit zur Gruppe der Anständigen, wie Gerhard Schröder sich und die üblichen Bescheidwisser und Richtigdenker zu benennen beliebte.

Die Anständigen!

Ich gehöre nicht dazu. Denn es widerspricht meiner Erfahrung und meiner Wahrnehmung, daß wir in einer rassistischen Gesellschaft leben.

Allerdings leben wir in einer Gesellschaft, in der leider auch, wie in anderen Gesellschaften unserer Hemisphäre, zum Beispiel Idioten, Rassisten, Antisemiten, Rechtsextremisten und Nazis herumlaufen.

Aber zum Glück gibt es in Deutschland wenigstens keine Linksextremisten!

Wenn in Hamburg während regelrechter Straßenschlachten ganze Straßenzüge verwüstet und in Berlin, Rigaer Straße, über 60 Polizisten bei einer Brandschutzkontrolle zusammengeschlagen und zum Teil schwer verletzt werden, dann heißen die Täter in den deutschen öffentlich-rechtlichen Medien „Autonome“.

Im schlimmsten Fall „Linksradikale“.

Und die Staatsanwaltschaft wird nicht tätig.

Und die Journalisten auch nicht.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Schuster, rät jüdischen Bürgern, in bestimmten Gegenden keine Kippa zu tragen. Er sagte im RBB Hörfunk, sie sollten sich zwar nicht aus Angst verstecken. Die Frage sei aber, ob es angesichts zunehmender antisemitischer Straftaten sinnvoll sei, sich in Wohnvierteln mit einem hohen muslimischen Anteil als Jude zu erkennen zu geben.

Das war eine Nachricht am Donnerstag, dem 26. Februar 2015.

Kurz zuvor noch hatten deutsche Politiker und Medienvertreter vereint mutig im Chore getönt: „Wir sind alle Charlie!“

Nach dem entsetzlichen Attentat in Paris, bei dem mehrere Journalisten der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ grausam ermordet worden waren von mohammedanischen Attentätern.

Doch nun?

Hörte man gar nichts!

Angesichts einer plötzlichen Zunahme…

Welche Journalisten hatten denn vor oder nach dem Ratschlag des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland in welchen Print- und Onlinemedien oder auf welchen Sendern über welche der „bestimmten“ Wohnviertel „mit einem hohen muslimischen Anteil“ von antisemitischen Straftaten berichtet?

Welche Zahlen wurden genannt, damit man sich ein realistisches Bild hätte machen können über die Zunahme jener Straftaten und über ihre Dynamik?

Und über das Umfeld der Täter!

Um was für Straftaten handelte es sich denn eigentlich?

Wo befinden sich die „bestimmten“ Wohnviertel, in denen es gefährlich ist für jüdische Mitbürger? Ist es nicht die Pflicht, sie beim Namen zu nennen?

Sollten Kippaträger erst irgendwo anrufen müssen, um sich zu erkundigen?

Wie wurden und werden die Täter von den Medien eingeordnet?

Zählen sie diese zum sogenannten friedlichen Islam oder zum sogenannten radikal islamischen Islam oder zum so genannten islamistischen Islam?

Gelten sie gar als „integrierte Muslime“?

Ein neues Problem, urplötzlich aus heiterstem integriertem deutschem Himmel?

Kann es sein, dass das Problem in Wahrheit gar nicht neu war?

Wenn ja, welchen Grund hatte es, dass man davon erst aus dem Munde eines Betroffenen hörte?

Ist das nicht beschämend?

Wurde nicht schon im Jahr zuvor auf dem generell, also vorhersehbar antisemitischen al-Quds-Marsch von einem mohammedanischen Mob „Juden ins Gas gebrüllt“?

Auf deutschen Straßen?

Wie haben denn unsere, auf ihren Pressekodex stolzen Medien in der Folge sich nun darum gekümmert?

Und was haben sie über den „Lifestyle“, also die Lebensart jenes antisemitischen Pöbels, in Erfahrung gebracht?

Wäre das nicht mindestens eine abendfüllende Sendung wert gewesen im Lande der besonderen Verantwortung?

Es gibt doch nicht etwa eine Tabuisierung des mohammedanischen Antisemitismus in deutschen Medien?

Und all die üblichen tapferen Kerlchen und KerlInnenchen: wo waren und sind die permanent Empörten?

Wo sind sie denn plötzlich geblieben?

All die Anständigen!

Die Vögelein schwiegen und schweigen.

In den öffentlich-rechtlichen Medien…

Seit der Asylwelle in den Jahren 2015 und 2016 hat die Zahl der judenfeindlichen Demonstrationen mit muslimischen Teilnehmern sicher nicht abgenommen. In Deutschland lebende Juden fühlen sich laut eigener Aussage von radikalen Muslimen bedroht. Die Zahl der antisemitischen Straftaten liegt so hoch wie schon lange nicht mehr.

Muslimischer Antisemitismus ist in Deutschland verbreitet. Das belegt eine repräsentative Umfrage, die das American Jewish Committee Berlin (AJC) beim Allensbach-Institut in Auftrag gegeben hat. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass antisemitische Einstellungen bei in Deutschland lebenden Muslimen viel häufiger vorkommen als in der übrigen Bevölkerung.

Interessant sind nicht nur die Ergebnisse der Befragung, sondern auch die Tatsache, dass es in Deutschland bisher kaum empirische Untersuchungen zu diesem Thema gab. Nach der antisemitischen Demonstration im Winter 2017 vor dem Brandenburger Tor hätte vieles dafürgesprochen, das Phänomen von staatlicher Seite aus mit einer solchen Befragung untersuchen zu lassen.

Möglicherweise wollte man es aber gar nicht genau wissen. Wenn die Rede auf Antisemitismus kommt, dauert es nicht lange, bis deutsche Politiker dafür den Rechtsextremismus verantwortlich machen.

In vielen Staaten mit hohem islamischem Bevölkerungsanteil dominiert ein problematisches Judenbild. Der Antisemitismus korreliert nicht zwangsläufig mit dem Islam als Religion, ist aber gerade in einigen Ländern des Nahen Ostens so ausgeprägt wie fast nirgendwo sonst auf der Welt. Das passt allerdings nicht in das Bild, das deutsche Politiker gerne von Muslimen zeichnen.

Auch weil es immer mehr muslimische Wähler gibt, versuchen sie, den Islam zu umarmen. Vertreter von CDU und SPD überbieten sich zum Beispiel mit öffentlichen guten Wünschen zu Beginn des Fastenmonats Ramadan. Auf die Spitze trieb es aber im Jahr 2015 der damalige deutsche Justizminister Heiko Maas: Nach dem Terroranschlag auf die Redaktion des französischen Satiremagazins „Charlie Hebdo“ besuchte er umgehend eine Moschee. Man hätte meinen können, Muslime wären Opfer und nicht die Täter gewesen.

In anderen europäischen Staaten, wie zum Beispiel Dänemark, hat ein Umdenken eingesetzt. Hier wird von der Regierung die Frage gestellt, wie viel muslimische Zuwanderung einer liberalen Demokratie guttut. Neben judenfeindlichen Einstellungen bringen Migranten aus islamisch geprägten Regionen oft auch weitere problematische Überzeugungen mit – zum Beispiel ein groteskes Frauenbild oder die Ansicht, gleichgeschlechtliche Liebe sei verdammenswert.

Solche Einstellungen können sich mit der Zeit genauso ändern wie ein gesellschaftlich tradierter Antisemitismus. Es wäre aber naiv, hier auf den kollektiven Gesinnungswandel bei in Deutschland lebenden Muslimen zu hoffen. Stattdessen müssten die verantwortlichen Politiker das Problem endlich beim Namen nennen und sich ein Beispiel an Staaten wie Dänemark nehmen.

11. Mai 2022, Neue Zürcher Zeitung

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Die Zerstörung des öffentlichen Diskursklimas

 

6. März 2021: Bellarmin an Mephisto

 

Eine der drei elementaren Regeln kommunikativer Dialektik läßt sich etwa so formulieren: Ich mache meinem Gegner, mit dem ich jedoch irgendwie ins Gespräch kommen möchte oder muß, und infolgedessen er wohl oder übel mein Kommunikationspartner wird, nur derartige Gesprächsangebote, die jener auch akzeptieren kann. Meinem strategischen, also meinem übergeordneten Interesse an jenem Dialog, sei es zwecks grundlegender Verständigung, sei es zwecks Situations- oder Positionsklärung, sei es überhaupt nur zwecks eines „ins erste Gespräch kommen“, ordne ich alle meine Vorurteile unter und erst recht alle Unsachlichkeiten. Was bedeutet, ich scheide genau das aus, was dem Selbstverständnis meines Gegenübers widerspräche und ihm somit den Eintritt in einen sachlichen Dialog verwehren könnte.

Früher gab es das. Da konnten sich Bahr mit Barzel, Brandt mit Breshnew unterhalten.

Es war einmal…

Es war also Anfang Mai 2016 seitens des Zentralrates der Muslime, nämlich höchstpersönlich von ihrem Vorsitzenden Mazyek, die AfD in die Nähe der NSDAP gerückt worden. Dann hat selbiger die AfD-Spitzenvertreter unter propagandistischem Tamtam für ein Gespräch zu sich gebeten. Die Einladung trug allerdings bereits den Ruch einer Einbestellung. Am sonntäglichen Vorabend des geplanten Diskurses bekräftigte Mazyek seine Vorwürfe. Am Montag meldeten dann die Gazetten im Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Medien triumphierend, die Zusammenkunft sei „von der rechtspopulistischen AfD“ nach kurzer Zeit abgebrochen worden mit der Begründung, Vertreter des Zentralrates hätten die Partei in die Nähe des Dritten Reiches gerückt.

Dieser Begründung des Gesprächsabbruchs wurde vom Zentralrat in keiner Weise widersprochen.

Am letzten Sonntag im Mai 2016 folgte dann die Inszenierung „Gauland hätte geäußert, er wolle Boateng nicht als Nachbarn haben.“

In der Mittagsinformationssendung des Deutschlandfunks vermeldet anfänglich ein aufgeregter Journalist, der Alexander Gauland von der AfD habe Jérôme Boateng beleidigt! Gauland hätte geäußert, er wolle Boateng nicht als Nachbarn haben. Erst am Schluß der Sendung klang das dann etwas anders: Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung zitiere Gauland unter der Überschrift „Gauland beleidigt Boateng“ mit den beiden Sätzen: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“

Diese beiden aus jedem weiteren Kontext gelösten Sätze wurden nun unentwegt von sämtlichen Medien, ohne erneute wörtliche Zitierung, in einen Strom der Entrüstung gestellt, vielfach in einem Atemzug mit der Wiederholung, Gauland habe Boateng beleidigt! Meist mit der triumphierenden Einleitung: „Boateng ist Deutscher, Nationalspieler, engagiert sich für soziale Projekte. Er ist in Berlin geboren, Vater Ghanaer, Mutter Deutsche.“ (Bild)

Über Twitter, dem Medium der inkompetenten Inkontinenten, meldeten prompt SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann und Linken-Chef Bernd Riexinger fast wortgleich, Gauland sei ein Rassist!

Ohne das geringste anderweitig als sonst so politisch korrekt empfundene und jedem Mörder zugebilligte „Mutmaßlich“.

Und natürlich fügte die unvermeidliche Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckard ihren Senf hinzu, ihr sei Boateng in der Nachbarschaft viel lieber als Gauland. Ebenfalls fast wortgleich mit der Landesvorsitzenden der CDU in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner.

Der seinerzeitige Vizekanzler, also ein Regierungsvertreter, Sigmar Gabriel meinte sagen zu müssen: „Gauland ist nicht nur gegen Fremde, sondern auch gegen das Gute an Deutschland“!

Und der damalige Rechtspfleger und Rechtshüter, Justizminister Heiko Maas, den man offensichtlich vergaß bei seinen juristischen Studienabschlüssen zu examinieren über die Unschuldsvermutung, der Heiko Maas also, ein Regierungsvertreter, nannte „Gaulands Äußerung“ „niveaulos und inakzeptabel“.

Der Deutschlandfunk frohlockte: „Im Internet schwillt unter dem Schlagwort ‚Nachbar‘ die Empörung über AfD-Vize Alexander Gauland zum Shitstorm an.“

Unverhohlene Freude eines öffentlich-rechtlichen Mediums über fremdsprachlich verklausulierte Fäkaliensprache gegenüber einem deutschen Oppositionspolitiker!

Und meldete nachrichtlich: „Bundeskanzlerin Merkel hat die Äußerung von AfD-Vizechef Gauland im Zusammenhang mit dem Fußballnationalspieler Jérôme Boateng verurteilt. Der Satz, der gefallen sei, sei niederträchtig und traurig, sagte Merkels Sprecher Seibert in Berlin.“

Die Regierungschefin!

Niederträchtig und traurig“.

Indessen muss ich traurig zugeben, dass meine Kenntnisse aristotelischer Logik und mathematischer Schlußweise nicht ausreichen, aus den beiden Sätzen „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“, wenn sie denn so gefallen sein sollten, eine „Beleidigung“ Boatengs oder einen „Rassisten“ Gauland zu folgern.

Und über das „Richtig“ oder „Falsch“ dieser Thesen eventueller Befindlichkeiten der deutschen Bevölkerung (und eben nicht der Gauland unterstellten!) wäre früher in einer Sonntagsrunde des „Frühschoppen“ bei Werner Höfer in der ARD völlig normal debattiert worden.

Als interessantes und wichtiges Diskussionsthema.

Doch stattdessen erweckten die Reaktionen den Anschein einer konzertierten Inszenierung mit dem Zweck der unbedingten Nachweisführung einer nazistischen Gesinnung.

Und erinnerte wieder an die des Chefkommentators der „Deutschen Demokratischen Republik“, also an Sudel-Edes Inszenierung von Hetzkampagnen gegen eine unterstellte „revanchistische“ Gesinnung der „Beärrdee“.

Um mich nicht noch weiter in die Vergangenheit zurückzudenken.

Um das Wort „faschistoide Stimmungsmache“ noch einmal zurückzuhalten.

Der gesamte Staat totalitär gegen ein Individuum!

Gauland = Rassist!

AfD = rassistische Partei!

Keine einzige journalistische Stimme, die den Rufmord Rufmord nannte! Und noch heute wird kolportiert, Gauland hätte gesagt, er würde Boateng nicht zum Nachbarn haben wollen.

Erbärmlich!

Widerlich!

Beängstigend!

Nur ganz vereinzelt blieb ein allerdings folgenloses Quäntchen Vernunft (Hervorhebungen von Bellarmin):

 

Montag, 30. Mai 2016, Deutschlandfunk:


Müller: Viele Fans finden die „ausländischen Spieler“, die Migrantenspieler, sehr, sehr gut, aber in der politischen, gesellschaftlichen Realität haben sie massive Vorurteile?


Eilenberger: Ja! Das glaube ich, dass es da eine kognitive Dissonanz gibt, auch gerade bei vielen Fußballfans, auch aus dem mutmaßlichen Wählerpool der AfD. Ich denke, wir müssen uns einfach eingestehen, dass es ein hohes Maß an Alltagsrassismus in Deutschland nach wie vor gibt. Darauf hat Herr Gauland auch angespielt. Und ich glaube, wenn es eine Deskription war, dass viele Menschen nicht neben farbigen Mitbürgern leben wollen, dann ist das leider nicht falsch. Das Interessante ist, dass Herr Gauland das nicht bedauert, sondern einfach festhält und daraus politisches Kapital schlagen will, und das ist die Unverantwortlichkeit im Diskurs. Und wenn Sie mich fragen, ob viele Fußballfans vielleicht Herrn Boateng bejubeln und andererseits aber sagen, na ja, so neben ihm wohnen wollte ich nicht, dann ist das eine sehr hässliche Wahrheit. Aber ich glaube, es ist deskriptiv nicht falsch und trifft auf 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung immer noch zu.



Müller: Jetzt müssen wir, Herr Eilenberger, auch nochmal diesen Einwurf zumindest machen, wir haben vor gut einer Stunde auch mit unserem Korrespondenten Stephan Detjen in Berlin darüber gesprochen, dass das ja offenbar gar nicht so klar ist, was Alexander Gauland nun definitiv, also wortwörtlich gesagt hat. Die beiden Reporter, Korrespondenten der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ haben es eben so zitiert, und er hat gesagt, er weiß gar nicht, ob er Boateng genannt hat, aber vielleicht doch. Ist für Sie alles Taktik und keine legitime Erklärung, Entschuldigung?


Eilenberger: Soweit ich über diesen Fall informiert bin, hat Herr Gauland das im Bereich eines weiten Gesprächs, das er nicht eigens autorisieren ließ, gesagt. Und ich muss sagen, ich bin mit der Skandalisierung der „FAS“-Kollegen sehr unzufrieden. Ich finde auch wirklich schäbig, dass man dann zu den Nachbarn von Herrn Boateng geht und da eigens eine Umfrage startet. Das ist auch eine Form von Skandalisierung, die ich journalistisch nicht befürworten kann und die sehr viel zur Zerstörung des öffentlichen Diskursklimas beiträgt. Ich muss sagen, der journalistische Umgang der „FAS“-Kollegen mit diesem Faktum, der lässt mich auch sehr unzufrieden zurück.

 

Müller: Es hilft jetzt der AfD?


Eilenberger: Es wird sicher die Stammwählerschaft der AfD nicht verschrecken, sondern bestätigen, und es bringt ein neues Thema in einer sehr hässlichen und sehr sachfernen Form in den öffentlichen Diskurs, das eigentlich wichtig ist und dem wir alle offenen Auges entgegensehen sollten.


Müller: Der Philosoph Wolfram Eilenberger, Chefredakteur des Philosophie-Magazins.

 

Dienstag, 19. April 2016, STUTTGARTER NACHRICHTEN:

Derzeit geht es allzu oft darum, Sätze von AfD-Größen zu skandalisieren, auch um eine Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz herbeizureden. Die jüngste Aussage der AfD, der Islam sei unvereinbar mit dem Grundgesetz, ist aber wahrlich nichts Neues. Das sagen selbst Rechtsexperten seit vielen Jahren. Auch das von der AfD angestrebte Verbot von Minaretten oder Burkas ist noch kein Grund, sich an Hitler-Deutschland erinnert zu fühlen, wie dies der Zentralrat der Muslime tat. Es sei denn, man würde Länder wie Frankreich, Belgien oder die Schweiz ebenfalls als Nazi-Diktaturen bezeichnen wollen. Dort gibt es nämlich schon solche Verbote.

 

 

In der Tat muss man kein AfD-Anhänger sein, um das Vorgehen des Verfassungsschutzes fragwürdig zu finden.“
Samstag, 6. März, 2021, SÜDKURIER

 

Ein nützlicher Idiot Putins über Mord, Lüge und Heimtücke

 

6. Februar 2021: Serapion an Mephisto

 

Der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums, Matthias Platzeck, hat wieder eines seiner von mir gefürchteten Interviews gegeben. Vor drei Tagen. Im Deutschlandfunk. Über das Verhältnis des Westens zu Rußland. Wobei ich diesmal allerdings wahrnehmen konnte, Wladimir Wladimirowitsch Putin muß es inzwischen derart schlimm treiben, daß er es sogar seinem zweitbesten Esel im deutschen Stall notorischster Gesundbeter russischer Monstrositäten schwer zu machen beginnt. Was aber natürlich nichts an ihrer mich immer wieder verwundernden Grundhaltung ändert.

Matthias Platzeck war, wie Du Dich wahrscheinlich erinnerst, über zehn Jahre Ministerpräsident in Brandenburg, von Ende 2005 bis zum Frühjahr 2006 SPD-Vorsitzender, und er ist seit 2014 Vorsitzender des famosen Deutsch-Russischen Forums.

Übrigens, in der famosen „Deutschen Demokratischen Republik“ durfte man Russen nicht beim Namen nennen. Es hieß „Sowjetmenschen“. Es gäbe ungeheuer viel dazu zu erzählen, interessante, aufschluß- und eigentlich lehrreiche Geschichten für denkende Menschen. Doch will ich jetzt nur sagen: Du kannst mich schlagen, aber nach allem was ich jemals erfahren habe in unserem Universum, ich glaube, Matthias Platzeck gehörte zu den „Sowjetmensch“-Sagern. Das verbaute auch nicht unbedingt die Karriere. Ich vermute ebenfalls stark, daß er genauso Mitglied der russischen Propaganda-Organisation „Deutsch-Sowjetische Freundschaft“ war, wie er heute vorsitzendes Mitglied der russischen Propaganda-Organisation Deutsch-Russisches Forum ist, und mir und jedem sofort erklären würde, daß Völkerfreundschaft doch eine wunderbare und friedensfördernde Angelegenheit sei. Ich stelle mir ein typisches Gespräch mit ihm oder seinesgleichen zur damaligen Zeit vor, was ihn betrifft fiktiv also, aber auf jahrelanger Erfahrung gründend, und höre förmlich die Rechtfertigung für etwa das Fehlen einer deutsch-französischen Freundschaftsgesellschaft in dem friedliebenden Mauerstaat: Schließlich habe das „Sowjetvolk“ ja besonders im Zweiten Weltkrieg, Pardon, schließlich habe das „Sowjetvolk“ ja besonders während des „Großen Vaterländischen Krieges“ gelitten und habe die meisten Opfer gebracht. Und Frankreich, die USA und Großbritannien und Italien, das seien doch alles NATO-Länder usw. usf.

Ich glaube, zu „DDR“-Zeiten hätte Matthias Platzeck nicht zu meinem Freundeskreis gezählt, wenngleich er vermutlich wohl noch zu den vernünftigeren Strebern gehörte. Zu denen, die sich nicht ohne Erfolg anstrengten, nie etwas Falsches oder sogar Widriges zu verlautbaren und demzufolge ihre Weltsicht mit der staatlich vorgegebenen harmonisierend rationalisierten und verinnerlichten. Die dialektische Denkschule des deutschen demokratischen Sozialismus kann bei intelligenten Menschen, die sich aus diesem Blickwinkel jahrzehntelang die Chronik der laufenden Ereignisse zurechtlegten und erklärten und verklärten, kaum ohne Ablagerungen geblieben sein im Rückenmark. In jenem Sinn scheint er mir tatsächlich ein „gelernter DDR-Bürger“ zu sein.

Und in seinen Augen wäre dies wohl etwas Gutes.

Und nicht etwas Geschädigtes, nicht etwas Blickwinkel- und Denkschablonenzementierendes. So wie ich es aus seinen Interviews immer wieder heraushöre oder lese.

Ich weiß, daß Matthias Platzeck nicht in der ruhmredigen „Sowjetunion“ studiert hat, ebensowenig wie Gerhard Schröder. Ich weiß nur, daß er in der „DDR“ eine Erweiterte Spezial-Oberschule besuchte. Und daß mir regelmäßig jene verzückten Auslandsabsolventen nach ihrer Rückkehr in die „DDR“ von ihrem Studium in der ruhmredigen „Sowjetunion“ in den Sinn kommen, wenn ich ein Interview mit ihm höre oder sehe oder lese. Ansonsten war und ist Matthias Platzeck in meinen Augen ein banaler „gelernter DDR-Bürger“. Jemand, der das deutsche demokratische Denken verinnerlichte und also die „Deutsche Demokratische Republik“ wahrhaft nie begriffen hat. Er gehörte wohl zu denjenigen, die 1989 am liebsten die „DDR“ verbessert hätten und der nun verärgert war über den Fall des antifaschistischen Schutzwalls. Der „Wende“ sagt statt „Ende“. Der demzufolge tatsächlich die Wiedervereinigung als „Anschluß“ bezeichnete, analog Österreichs sogenanntem Anschluß an Hitlerdeutschland.

Wie ein Wort manchmal die komplette Denkweise eines Menschen offenbart!

Platzeck ist einer, der in seiner Welt- und Geschichtskenntnis offensichtlich von der Geschichte überrannt wurde. Ebensowenig versteht er den typisch russischen Chauvinismus des typisch russischen Imperialisten Wladimir Wladimirowitsch Putin. Nach allem was ich weiß, würde Lenin ihn zu seinen „nützlichen Idioten“ zählen, die im Westen tatsachenunbeirrt auch noch die abstrusesten russischen Sichtweisen „verstehen“, verteidigen und eben befördern. Im Hinblick auf gewisse Intellektuelle hat Einstein einmal den Begriff „großhirnamputiert“ geprägt.
Also das Interview. Um Dich nicht zu sehr zu quälen heute nur schlaglichtartig das Wesentliche:

Sandra Schulz: Steigen wir ein mit dem Blick auf das Urteil von gestern. Dreieinhalb Jahre Haft in einem Straflager, abzüglich dieses Hausarrests, den Nawalny schon abgesessen hat. Ist das eine gerechte Strafe?

Matthias Platzeck: Ich kann das juristisch nicht beurteilen. …

Schulz: …. Ich wundere mich darüber, dass Sie sagen, Sie können das juristisch nicht beurteilen. Wir wissen, dass Nawalny verurteilt wurde, weil er gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben soll in einem Zeitraum, in dem er sich in Deutschland erholt hat von einem Giftgas-Anschlag.

Platzeck: Frau Schulz, die Behauptungen der Russen sind, dass er schon vorher, bevor er diesem Giftgas-Anschlag ausgesetzt war, gegen Bewährungsauflagen verstoßen hat. …

Schulz: … Aber einen Moment möchte ich jetzt noch bleiben beim Urteil gegen Nawalny. Die Bewährungsstrafe, die ausgesetzt wurde, die drehte sich um ein Urteil aus dem Jahr 2017, das der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ebenfalls als Unrecht deklariert hat.

Schulz: Muss Alexej Nawalny freigelassen werden?

Platzeck: Das ist für mich überhaupt keine Frage!

Schulz: Okay. War jetzt mal interessant zu hören.

Schulz: Aber die Hand ist im Moment ja nord-stream-technisch ausgestreckt, Herr Platzeck. Sie sagen, Europa ist da nicht klar. Dass Europa nicht klar ist, liegt natürlich auch daran, dass Europa zerstritten ist, dass die Bundesregierung da diesen Alleingang hinlegt. Gäbe es jetzt dieses Bekenntnis aus Berlin, ja, für uns ist das Maß jetzt auch voll, Nord Stream zwei kann jetzt nicht weitergehen, in dem Moment würde Europa ja an einem Strang ziehen.

Platzeck: Ich glaube, dass das falsch wäre. Ich habe es eben schon mal gesagt. Ich halte eine Verschärfung von Sanktionen, wie Sanktionen überhaupt, nicht für zielführend. Wir kommen mit Russland immer dann mühsam, überhaupt keine Frage. Wir müssen hier in Dimensionen und Zeithorizonten von 10, 20, 30 Jahren denken. Da geht nichts schnell. Aber wo wir mit Russland vorankommen ist dann, wenn wir auf Augenhöhe Gesprächskontakte halten, wenn wir uns mühen. …

Es bleibt eine richtige Formel, davon lasse ich mich nicht abbringen, die damals Willy Brandt geboren hat: Wandel durch Annäherung. Nur das wird langfristig uns dazu führen, dass in Russland einigermaßen vernünftige Verhältnisse entstehen und dass das Verhältnis zwischen Russland und dem Rest der Welt, insbesondere uns Europäern sich Stück für Stück bessert. …

Ja, so geht das schon seit Jahrzehnten bei dem Mann, der in Zeithorizonten denkt von 10, 20, 30 Jahren.

Im Gegensatz inzwischen sogar zu seinem Parteigenossen Heiko Maas, der, wiederum im Gegensatz zu seiner früheren Erscheinung als Justizminister in der Position als Außenminister eine bella figura abgegeben hat, auch gegenüber Rußland.

Mittlerweile in einem Zeithorizont seit Jahren schon allein dadurch, daß er einfach sagte, was ist.

Im Bezug zu Rußland zum Beispiel vor drei Jahren (DER SPIEGEL 16/2018):

Erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs wurden mitten in Europa geächtete chemische Waffen eingesetzt, Cyberangriffe scheinen zu einem Bestandteil russischer Außenpolitik zu werden, in einem so schwerwiegenden Konflikt wie in Syrien blockiert Russland den Uno-Sicherheitsrat – das alles trägt nicht zur Vertrauensbildung bei.

Oder:

Ich glaube zumindest nicht, dass irgendetwas besser wird, wenn wir den Eindruck erwecken, dass wir die schwierigen Entwicklungen einfach stillschweigend akzeptieren. Je komplizierter das Verhältnis, eine desto klarere Sprache brauchen wir.

Oder:

Es gibt klare Vereinbarungen, die vorsehen, dass Sanktionen erst abgebaut werden, wenn Russland seine Verpflichtungen erfüllt. Pacta sunt servanda, daran sollten wir uns halten.

Doch diese im Vergleich zu Platzeck und zu seinen Amtsvorgängern realistischere Position gegenüber Rußland wurde, und dies von der Berichterstattung deutscher Medien ausnahmslos wie blöde kolportiert als „harte Haltung gegenüber Rußland“, permanent als „hart“ apostrophiert von seinen sozialdemokratischen Parteigenossen. Der rappelköpfige Unmut dieser Leute steigerte sich dermaßen, daß der Heiko Maas in der letzten Maiwoche anno 2018 extra zu einer Sondersitzung vor ein Parteigremium einbestellt wurde.

Um ihn zurückzupfeifen!

Und die deutsche Außenpolitik in eine geistig eingeengte, also sozialdemokratisch genehme, zu verwandeln.

Ein eigentlich doch ungeheuerlicher Vorgang!

Dessen Dimension wieder einmal von deutschen Medien nicht im mindesten erfaßt wurde!

Soweit durchdrang, soll auf jener Parteiveranstaltung zur sozialdemokratischen Festlegung der deutschen Außenpolitik die seinerzeitige SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles sogar von „deutsch-russischer Freundschaft“ gefaselt haben.

Das hätte ohne weiteres auch aus der Linkspartei kommen können.

Von ihrem Parteigenossen Gregor Gysi einst mit dem Spitznamen Klara Klarsicht belegt aus irgend einem Grund, machte sich die in den Medien stets überpräsente Sahra Wagenknecht derweil schon munter stark für einen europäischen Zusammenschluß mit Rußland.

Für eine Einheitsfront.

Gegen die USA.

Bislang knüpft die EU die Aufhebung der Sanktionen jedenfalls an eine vollständige Erfüllung der Minsker Vereinbarungen, die ein Ende der Gefechte und den Abzug schwerer Waffen von der Front in der Ostukraine vorsehen.

Zum Glück, soweit ich es mitbekam, stimmte Heiko Maas auch nach der Sondersitzung nicht ein in seiner Genossen Geseier vom Abbau der Sanktionen. Oder in das Geseier von der Dialogsuche mit Moskau.

Als hätte jemals jemand gefordert, nicht mehr mit den Russen zu reden!

Im Gegenteil!

Doch zu einem konstruktiven Dialog gehören immer zwei:

Wir müssen uns in der Russlandpolitik an den Realitäten orientieren. Russland hat sich selbst immer mehr in Abgrenzung und teilweise Gegnerschaft zum Westen definiert. Russland agiert leider zunehmend feindselig: der Giftgasanschlag in Salisbury, die Rolle in Syrien und der Ostukraine, Hackerangriffe, auch auf das Auswärtige Amt. Dennoch: Ich habe bei allem, was wir in den letzten Wochen getan haben, auch immer darauf hingewiesen, dass wir mit Russland im Dialog bleiben müssen. Wir brauchen Russland, nicht nur wenn wir den Syrienkonflikt lösen wollen.
Ich muss aber zur Kenntnis nehmen, dass die meisten unserer Partner mittlerweile einen sehr kritischen Blick auf Russland haben und zum Teil die Möglichkeit eines Dialogs bezweifeln. In der Vergangenheit waren sie zum Teil bereit, sich von Deutschland mitnehmen zu lassen, heute fragen sie: Was hat das gebracht?

(Originalton Heiko Maas, im erwähnten SPIEGEL)

Was realistisch klang im Gegensatz zu seinen Genossen, wenn man einmal von der deutschen Illusion, den Syrien„konflikt“ und all die analogen russischen Aggressionen in Zusammenarbeit mit dem Aggressor, womöglich sogar durch gutes Zureden, lösen zu können, absieht.

Daß die „meisten unserer Partner mittlerweile einen“ realistischeren Blick auf Russland gewonnen hatten als ihre deutschen Kollegen Steinmeier (SPD) und Gabriel (SPD) und deren Parteigenossen, war allerdings etwas beruhigend im Hinblick auf die künftige deutsche Außenpolitik.

Zur Sicherheit.

Denn noch bis heute hört man aus der SPD, man solle nun endlich zurückkehren zur brandtschen Ostpolitik! Das klang auch an in dem SPIEGEL-Interview 2018:

SPIEGEL: Die SPD hat eine lange Tradition des Dialogs mit Russland. Was ist für Sie die Lehre der Ostpolitik Willy Brandts?
Maas: Zur Ostpolitik gehört für mich nicht nur Russland, dazu gehören auch die osteuropäischen Staaten. Um die müssen wir uns mehr kümmern, als das manchmal in der Vergangenheit der Fall war.

Dem drängt es mich hinzuzufügen:

Das Verhältnis zu Rußland kann heute nicht gestaltet werden mit Mitteln der neuen Ostpolitik à la Willy Brandt und Egon Bahr, ihrer einstmaligen und heute leider schon wieder unterschätzten Genialität zum Trotze. Ein Grund ist die Verkennung des Interessenwandels der russischen Seite von damals zu heute.

Damals ging es der russischen Seite um die Sanktionierung der Grenzen ihres illegitimen Imperiums durch den Westen. Ihres sowjetisch genannten, also russischen, also menschenverachtenden Imperiums, das sie sich nicht zuletzt vermittels ihrer typischen, also verlogenen Doppelzüngigkeit auf der Konferenz in Jalta zusammengeraubt hatte. Erinnert sei nur an die Zusage der Abhaltung freier Wahlen auf der Grundlage des allgemeinen und geheimen Wahlrechts in allen vom Faschismus befreiten Ländern („Erklärung über das befreite Europa”).

Beispielsweise in Polen.

Kurt Schumacher (1895 – 1952), nach neun Jahren, neun Monaten und neun Tagen Haft in nationalsozialistischen Konzentationslagern im Nachkriegsdeutschland SPD-Parteivorsitzender, am 1. November 1947 in Berlin:

Der Kommunismus ist ja heute das Prinzip des Expansionsdranges eines Nationalstaats.“

Damals hing das Interesse der „Sowjetunion“, also Rußlands, an einer Anerkennung der europäischen Nachkriegsordnung, insbesondere einer Sanktionierung der bestehenden Grenzziehung, also an der diplomatischen Absicherung ihrer Einflußsphäre. Übrigens inklusive einer Anerkennung des in mehrfacher Hinsicht doch eigentlich symptomatischen Hitler/Stalin-Paktes im Hinblick auf die russische Besetzung der baltischen Staaten!

Die sie vermittels der neuen Ostpolitik und der KSZE im Gefolge erhielt.

Heute handelt das russische Interesse jedoch von Veränderung bestehender Grenzen und von Beschneidung nachbarstaatlicher Souveränität. Es geht nicht um Bestätigung, sondern um Veränderung des Status quo.

Bei dem sogenannten Konflikt in der Ostukraine beispielsweise handelt es sich doch nicht um einen ukrainischen Bürgerkrieg mit Separatisten!

Sondern um eine kriegerische Aggression.

Die ohne Söldner, Waffen und Material aus Rußland augenblicklich ihr Ende fände.

Wie spdämlich verkleistert muß man eigentlich sein im Hirn, um das nicht endlich zu erkennen?

Und zu benennen!

Weiterhin geht die Fehleinschätzung immer noch aus von der illusorischen Sehnsucht nach einer Partnerschaft zwischen dem Westen und Rußland.

Man verkennt in gefährlicher Weise die Gegnerschaft!

So wird man Protagonist lobbyistisch untergrabender Propaganda und macht sich im leninschen Sinn zum nützlichen Idioten des russischen Chauvinismus. Folglich gibt man sich immer noch Illusionen hin bezüglich putinscher Absichten und glaubt, den Auftraggeber von Auftragsmorden beschwichtigen zu können wie einst Hitler mit dem Münchener Abkommen.

Für den „Konflikt“ gäbe es keine militärische Lösung, lautete geschichtsvergessen das gravitätisch dahergeschwätzte Mantra steinmeiernder Außenpolitik.

Nach dem Sieg der Alliierten über Hitlerdeutschland!

Ein Mantra, dessen Verabsolutierung jeglicher Aggression die Landesgrenzen öffnen würde und ihr zum Durchmarsch verhülfe.

Wie Hitler das Münchener Abkommen.

Wie Vergangenheit und Gegenwart aber lehren, gibt es auch „Konflikte“, also Aggressionen, die allen Hoffens und Wünschens zum Trotz sich nicht friedlich lösen lassen.

Und inzwischen führte der lupenreine Demokrat im Kreml mehrfach vor, wie sich „Konflikte“ durchaus militärisch lösen lassen.

Apropos Steinmeier… Das ist derselbe Mann, um nur bei einigem bei dem vielen, was zu sagen wäre, zu bleiben, das ist also derselbe Mann, der angesichts der russischen Aggressionen, beispielsweise die in der Ostukraine, mit all seinen Anstrengungen und Bemühungen zur Erlangung des Friedensnobelpreises bei jeder einzelnen vorhersagbar scheiterte. Der jedesmal, also bei weitem nicht nur in Genf und Minsk, an der Fehleinschätzung der durchaus üblichen und vorhersehbaren Verlogenheit der russischen Seite scheiterte! Der als nützlicher Idiot immer glaubte und mit Matthias Platzeck und seinen SPD-Epigonen noch immer glaubt, den „Konflikt“, also die Aggression, mit Mitteln der brandtschen Ostpolitik lösen zu können und bis heute den wesentlichen außenpolitischen Interessenunterschied nicht begriffen hat.

Der ehemalige deutsche Außenminister und heutige Bundespräsident, der Wladimir Wladimirowitsch ebensowenig durchschaute wie die jahrhundertalte Politik der chauvinistischen Russifizierung fremden Territoriums und unbekümmert den Abbau der Sanktionen fordert!

Gefährlicherweise.

Der sich von den Russen bedenkenlos den Begriff „Separatist“ aufdrängen ließ.

Für russische Träger russischer Waffen.

Während bei alldem Euer wackerer Steinmeier und seine Epigonen sich ratlos immer aufs neue fragten, was der gegenwärtige Herr aller Reußen denn nun ureigentlich wolle.

Und der, zeitweilig im 24-Stunden-Rhythmus, die NATO (!) und den Westen (!) warnte, tatsächlich, vor „lautem Säbelrasseln“ und, tatsächlich, vor „Kriegsgeheul“!

Und der dafür sehr gelobt wurde im Netz von Trollen, die nach Rubel stanken und nach Machorka.

Aber daß er den Auftraggeber, daß er den sogar im Ergebnis der denkwürdigen Londoner Untersuchung über den Plutonium-Mord gleichzeitig als „vermutlichen“ Auftraggeber von Auftragsmorden Bezeichneten ebenfalls eines mahnenden Wortes gewürdigt hätte, wenigstens einmal, einmal wenigstens nach der Okkupation der Krim – nichts davon.

Wenn ein erster Preis für die scheinintelligenteste Frage zu vergeben wäre in Deutschland, sollte man ihn der amüsanten Grübelei widmen, was der Auftraggeber denn wolle mit all seinen Machinationen.

Die Frage abendländischer Logiker.

Zweiter Preis: Ob er noch die Kontrolle ausübe über die „Separatisten“. Wobei das Adverb „noch“ jenes Fragesatzes als besonderes Juwel ins Auge sticht. Und zur Beruhigung: Er hat sie.

Und er hatte sie.

Selbst wenn die manchmal so tun, als schössen sie von alleine weiter.

Tja, was mag er wohl wollen, unser verkniffen lächelnder Wladimir Wladimirowitsch, der sich, treffsicher auf das geistige Niveau seiner zu mehr als 80 Prozent hinter ihm stehenden russischen Anhängerschaft zielend, gern, wie neulich gerade wieder, präsentiert mit heldisch freiem Oberkörper.

Wenn Ihr es nicht aus der russischen Geschichte herauszulesen wißt, den Wert russischer Bekundungen und Beteuerungen und russischer Zusagen solltet Ihr selbst bei Euch im rußlandfreundlichen Deutschland doch zwischenzeitlich etwas besser einzuschätzen gelernt haben.

Wenigstens das Kurzzeitgedächtnis anknipsen, bitte!

Wenn Du mir nun noch versprichst, es nicht weiter zu sagen, verrate ich Dir jetzt sogar die Antwort auf die Frage für den ersten Preis, ganz im Vertrauen. Tja, also der Wladimir, also was der will, das ist eigentlich ganz einfach:

Der Wladimir will russischen Frieden!

In welchem, wenigstens als dessen Vorstufe, transnistriesche Zustände verewigt werden.

Wie auch in Südossetien und Abchasien.

Wo Russen auf einem Fünftel georgischen Territoriums die geraubten Gebiete mit dem Ausbau von Grenzbefestigungen und mit provokativen Militärübungen absicherten und gegen jedes Völkerrecht den georgischen Luftraum drohend mit ihren Kampfjets durchpfiffen.

Wer spdämlich glaubt, das gegenwärtige russische Gebaren wäre lediglich eine Folge der obamaischen Einstufung Rußlands als Regionalmacht, und die russische Politik wäre ohne diese scharfsichtige Beobachtung auch nur um ein Jota anders verlaufen, der hat die russische-Erde-Gewinnungspolitik seit Iwan dem Schrecklichen nicht begriffen.

Und wird auch künftig und regelmäßig mindestens alle paar Jahre erstaunt und unsanft aus allen sozialdemokratischen Wolken fallen.

Im mildesten, wenngleich nicht im milden Fall.

Einer wirksamen Politik der Eindämmung des typisch russischen Hegemonialstrebens statt seiner illusorischen Beschwichtigung könnten vornehmlich drei Grundsätze als Basis dienen:

1) Rußland sind international keinerlei Sonderrollen und Sonderrechte und besondere Mitspracherechte mehr zuzubilligen!

Rußlands taktisches Bestreben ist beständig gerichtet auf die Beanspruchung von Sonderrollen und Sonderrechten gegenüber den Anrainerstaaten und global.

Beispiel:

Rußland gehörte niemals und gehört nicht wieder in die G7!

2) Rußland kämpft grundlegend auf jede mögliche Weise gegen den Westen, gegen seine Werte und seine Kultur.

Wie alle Indikatoren zeigen.

Es handelt sich schon um eine tolle Torheit, das zu verkennen!

Darum:

Rußland ist kein Partner!

Rußland ist Gegner!

Strategisch bedeutet dies beispielsweise, statt soviel wie möglich Wirtschaftsbeziehungen mit Rußland: So wenig wie nötig.

Alles andere gerät zum Übel.

Der von Wladimir Wladimirowitsch propagierte Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok geriete für den Westen zum Übel. Wer mit dem Teufel aus einem Napf frißt, muß einen langen Löffel haben.

3) Das Licht der Wahrheit und Öffentlichkeit scheut der Kreml wie der Teufel das Weihwasser. Das bedeutet: Gegenüber Rußland statt diplomatischer Kotaus stetig klare Ansage mit klaren Begriffen und deutliche und öffentliche Benennung von Fakten und Tatsachen.

Beispiel:

In Rußland herrscht ein faschistoides verbrecherisches Regime. Mit Mord, Lüge und Heimtücke.

Und wer das „lupenrein demokratisch“ nennt, der macht sich mitschuldig!

 

 

Dienstag, 26. Januar 2021, THE AUSTRALIAN aus Sydney:

Die Demonstration von Rückhalt für Nawalny quer durch Russland könnte ihm als eine Art politische Lebensversicherung dienen. … Joe Biden hat nach einem Treffen mit Putin im Jahr 2011 gesagt, er habe ihm in die Augen geschaut und keine Seele gesehen. Das ist ein guter Ausgangspunkt für ein weitaus entschiedeneres Handeln des Westens mit Blick auf Putins erschreckendem Umgang mit demokratischen Gegnern.

 

Wie der bundesdeutsche Journalismus die Demokratie zerstört

 

22. November 2020: Bellarmin an Mephisto

 

Wir, begnadet mit einem Gedächtnis, vermögen uns zu erinnern. Über Erinnerungen kann man Bezüge herstellen und über Bezüge auf Analogien schließen.

Also, da war doch schon mal was gewesen…

Richtig, am Montagabend des 27. Februar 1933 brach gegen Viertel nach neun an bis zu zwanzig Brandherden ein Feuer aus im Berliner Reichstag samt seinem mit massivem Eichenholz möblierten Sitzungssaal. Fünfzehn Löschzüge brauchten über drei Stunden um seiner Herr zu werden.

Und richtig, Hermann Göring war sofort zur Stelle.

Und gleich darauf stand Adolf Hitler ebenfalls am Tatort und wußte zu äußern: „Es gibt jetzt kein Erbarmen; wer sich uns in den Weg stellt, wird niedergemacht. Das deutsche Volk wird für Milde kein Verständnis haben. Jeder kommunistische Funktionär wird erschossen, wo er angetroffen wird. Die kommunistischen Abgeordneten müssen noch in dieser Nacht aufgehängt werden. Alles ist festzusetzen, was mit den Kommunisten im Bunde steht. Auch gegen Sozialdemokraten und Reichsbanner gibt es jetzt keine Schonung mehr.

Und Joseph Goebbels jubilierte am Morgen danach: „Das ist ein Geschenk Gottes!“

Halt, das ist jetzt eine Verwechslung! Das sagte der Recep Tayyip Erdogan. Das war nach dem Brand des türkischen Parlamentsgebäudes unmittelbar vor der Einführung der Präsidialverfassung. Mit der sich der neue Sultan die ihm entsprechenden Vollmachten verschaffte.

Also damals jauchzte der Goebbels: „Es ist wieder eine Lust zu leben.“

Die noch, nach plötzlich bereitliegenden Personenlisten, in der Nacht zu jenem Dienstagmorgen einsetzenden Verhaftungen sollten per selbigen Tages erlassener „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ ihre Legitimation finden. Also nur mit wenigen Stunden Verzögerung. Das war wohl verzeihlich, man hätte die sogenannte Reichstagsbrandverordnung ja schwerlich vor dem Brand aus der Tasche ziehen können:

Auf Grund des Artikels 48 Abs. 2 der Reichsverfassung wird zur Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte folgendes verordnet:

§ 1

Die Artikel 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 der Verfassung des Deutschen Reichs werden bis auf weiteres außer Kraft gesetzt. Es sind daher Beschränkungen der persönlichen Freiheit, des Rechts der freien Meinungsäußerung, einschließlich der Pressefreiheit, des Vereins- und Versammlungsrechts, Eingriffe in das Brief-, Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis, Anordnung von Hausdurchsuchungen und von Beschlagnahmen sowie Beschränkung des Eigentums auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten gesetzlichen Grenzen zulässig.

§ 5

Mit dem Tode sind die Verbrechen zu bestrafen, die das Strafgesetzbuch in den §§ 81 (Hochverrat), 229 (Giftbeibringung), 307 (Brandstiftung), 311 (Explosion), 312 (Überschwemmung), 315 Abs. 2 (Beschädigung von Eisenbahnanlagen), 324 (gemeingefährliche Vergiftung) mit lebenslangem Zuchthaus bedroht.

Ebenso wenig hätte man jene später nie mehr aufgehobene Notverordnung, welche Brandstiftung nun mit Todesstrafe belegte, aus der Tasche ziehen können, wenn man erst hätte umständlich feststellen müssen, wer denn als Täter in Frage käme. Aber, wie ein Geschenk des Himmels, hatte man im Reichstagsgebäude den offenbar verwirrten und nach Meinung der ihn verhörenden Polizisten sogar verrückten und außerdem fast blinden 24jährigen Marinus van der Lubbe aufgreifen können. Dem wegen eines Arbeitsunfalls und zusätzlicher Augenkrankheit nachteiligerweise auf dem einen Auge gerade einmal fünfzehn und auf dem anderen zwanzig Prozent Sehkraft verblieben waren. Der vorteilhafterweise jedoch als Anarchist ausgemacht werden konnte und als Anhänger der Vagabundenbewegung und, der Vorsehung sei Dank, angehörig einer holländischen rätekommunistischen Splittergruppe. Und der nach mehreren Verhören gestand, den Brand gelegt zu haben. Wenn auch, bedauerlicherweise, er bis zum Schluß behauptete, als Einzeltäter gehandelt zu haben und ohne Hintermänner.

Während des Prozesses im Dezember war er nicht in der Lage, auch nur eine einzige glaubhafte Stellungnahme abzugeben und wurde am 23. Dezember auf Grundlage eines speziell für ihn am 29. März 1933 erlassenen rückwirkenden Gesetzes (der sogenannten Lex van der Lubbe) ohne Revisionsmöglichkeit als Einzeltäter zum Tode verurteilt und am 10. Januar schnell hingerichtet.

Mitangeklagt waren die drei bulgarischen Kommunisten Georgi Dimitrow, Blagoi Popow, Wassil Tanew sowie der sich zur Widerlegung der Vorwürfe gegen seine Partei im März freiwillig der Haft stellende Vorsitzende der kommunistischen Reichstagsfraktion Ernst Torgler.

Dimitrow, während der Haft monatelang Tag und Nacht in schmerzenden Handschellen gefesselt, studierte unter qualvollen Umständen die deutsche Prozeßordnung und die Akten und trieb während der Verhandlung Göring zur Raserei. Und in die Enge. Das hatten die Nazis sich anders vorgestellt. Die Mitangeklagten van der Lubbes mußten also freigesprochen werden. Dimitrow und seine bulgarischen Genossen wurden ausgewiesen, Torgler kam sofort in „Schutzhaft“.

Am Tatort mit ca. zwanzig Brandherden damals also wie bestellt und prompt abgeholt nur ein einzelner, sehschwacher, verwirrter holländischer Kommunist. Göring ordnete dennoch das sofortige Einsperren auch der kommunistischen Reichs- und Landtagsfraktion an! Und das klappte alles wie am Schnürchen. Allein in Berlin wurden Personenlisten abgearbeitet und noch in selbiger Nacht anderthalbtausend Kommunisten einschließlich fast der gesamten Reichstagsfraktion festgenommen und viele in Folterkellern von der SA grausam mißhandelt. Die Gefangenen sperrte man in sogenannte wilde Konzentrationslager. Es währte kein Vierteljahr, da waren das mehr als hunderttausend Inhaftierungen!

Am 23. März, damals dauerte so etwas also noch fast einen Monat, am 23. März wurde dann das „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ vom Reichstag verabschiedet. Vor der Abstimmung waren bereits 81 KPD- und 8 SPD-Reichstagsabgeordnete in „Schutzhaft“ genommen worden und während der Abstimmung patrouillierten SA- und SS-Leute vor und in dem Plenarsaal. Einzig die SPD stimmte dagegen, nachdem ihr Vorsitzender Otto Wels in seiner nicht nur durch seine persönliche Tapferkeit historischen Rede die Ablehnung begründet hatte.

Im Mai gelang ihm die Flucht, er starb 1939 im Pariser Exil.

Auf scheinlegale Weise also ermächtigte der Reichstag die Hitlerregierung, Gesetze ohne parlamentarische Beteiligung zu erlassen und hebelte die Weimarer Verfassung nun endgültig aus. Die diktatorische Vollmacht, das „Ermächtigungsgesetz“, galt zwar zunächst nur für vier Jahre (Hitler: „Gebt mir vier Jahre Zeit…“), wurde 1937, da war man im Reichstag nun vollkommen unter sich, aber um weitere vier Jahre verlängert.

Und sechs Jahre später, 1943, auf unbestimmte Zeit.

So war das damals.

Nun kolportierten die öffentlich-rechtlichen Medien dieser Woche plötzlich in ihrer plötzlichen Berichterstattung, nein, das Wort Berichterstattung ist hier wahrlich fehl am Platze, nun kolportierten die öffentlich-rechtlichen Medien in den plötzlichen Nachrichten über das plötzliche Infektionsschutzgesetz, seitens der AfD wäre das Gesetz mit dem Ermächtigungsgesetz verglichen worden. Und man zeigte zum Beleg der hieraus unterstellten Verwerflichkeit in den Medien der ARD original nach der Methode des Karl Eduard von Schnitzler vom Adlershofer Fernsehfunk der Deutschen Demokratischen Republik, den auf das Minimalste zusammengeschnittenen Redeausschnitt eines Abgeordneten jener nachrichtlich(!) gewöhnlich mindestens als populistisch etikettierten Partei. Anschließend wurde in den Medien auf breitestem Raum das von den übrigen Parteien wie vereint im Block der „Nationalen Front“ der Deutschen Demokratischen Republik beschworene elende, abscheuliche, erbärmliche, böse, schimpfliche, verwerfliche, häßliche, schurkische, schmutzige, üble, niederträchtige, perfide, schäbige, verabscheuungswürdige, schändliche eines solchen Vergleiches hervorgehoben. Und vehement wurde darauf verwiesen, daß die AfD durch ein Vergleichen des Infektionsschutzgesetzes mit dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten die Opfer der Nazi-Barbarei beleidigt habe…

Welch furchtbar dumme Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus.“

(TAZ am Donnerstag, dem 19. November)

Man hätte meinen können, Karl Eduard von Schnitzler wäre auferstanden aus seinem Grab in Eichwalde bei Berlin und schnitte eine neue Propagandasendung seines „Schwarzen Kanals“ in seinem Adlershofer Studio zurecht über die revanchistische CDU.

In der revanchistischen Beärrdee!

Und diese ganzen „Kriegstreiber“ dort!

Mit dem „Kriegsbrandstifter Brandt“!

In der „Frontstadt“!

Nun gibt es aus irgendwelchem Grunde das Wort, daß jeder Vergleich hinke. Und dennoch sind Vergleiche meistens nützlich, wie wir wissen, und wir leben und erschließen uns die Welt im Vergleichen. Denn nur Vergleiche verschaffen uns, allen Hinkens zum Trotze, via Analogieschlüsse über Dinge und Situationen und Sachverhalte die nötige Klarheit (Auf Dummdeutsch: „Transparenz“).

Wenn ich zum Beispiel es durchaus für angebracht halte, den von Erdogan mit einem Geschenk Gottes verglichenen Brand des Ankararer Parlamentsgebäudes zu vergleichen mit dem Reichstagsbrand in Berlin, dann hinkt der Vergleich natürlich. Insofern zum Beispiel dadurch, daß ich es für unangebracht halte, Erdogan mit Hitler gleichzusetzen. Dennoch wäre es doch infam, mir nun zu unterstellen, ich hätte infolge meines Vergleichs die Opfer des Hitlerregimes beleidigt.

Noch dazu womöglich von Leuten mit einem penetranten Hang, ihre Gegner inklusive der AfD beständig mit Nazis gleichzusetzen.

Und damit die Nazis zu verharmlosen!

Wenn, wie es früher durchaus nicht selten geschah in Zeiten bildungsnäherer Politiker und Journalisten als heutzutage, wenn irgend eine Aktion mit einer sizilischen Expedition oder einem Pyrrhussieg verglichen wurde, wäre doch, selbst bei Widerlegung solchen Vergleiches vielleicht wegen abwegigster Abwegigkeit, niemand der Blödigkeit verfallen zu meinen, nun wären all die Opfer des Peloponnesischen Krieges oder der entsetzlichen Schlacht von Ausculum beleidigt worden.

Es sei denn vielleicht in der unlauteren Absicht, den Vergleichenden verteufeln zu wollen.

Oder eine sachliche Auseinandersetzung zu vermeiden mit dem unlauteren Trick der rhetorischen Unterstellung.

Beispielsweise aus Angst.

Dabei hätte man bei lauteren Absichten im Falle des mit dem Ermächtigungsgesetz verglichenen Infektionsschutzgesetzes doch durchaus mit der Kraft eines sachlichen Argumentes reagieren können!

Denn die Abgeordneten des deutschen Bundestages haben jederzeit das Recht und die Möglichkeit, das Gesetz zu verändern oder gänzlich zu kassieren auf Grund der demokratisch obwaltenden Mehrheitsverhältnisse.

Und um übrigens noch einen Vergleich anzustellen: Für Krisenzeiten und Gefahrenlagen hielten sowohl die Erfinder der Demokratie als auch die Römer eine Tyrannis oder einen Konsul mit zeitlich begrenzten diktatorischen Vollmachten für durchaus legitim und sinnvoll. Es macht nämlich Sinn, wenn in unüberschaubaren Ausnahmesituationen ohne die Einleitung zeitaufwendiger Gesetzgebungsverfahren entschieden und gehandelt werden muß auch zu Lasten individueller Freiräume.

Es handelt sich hier übrigens um den in Nacktheit zu Tage tretenden obersten dialektischen Widerspruch gesellschaftlicher Entwicklung des Menschengeschlechts, nämlich um den Widerspruch zwischen Staat und Individuum.

Ich hoffe, Du wirfst mir nun nicht vor, mit meinem Vergleich die Opfer griechischer Tyrannis verhöhnt zu haben.

Nein, gefährlich ist nicht das Infektionsschutzgesetz, gefährlich ist der Niedergang des bundesdeutschen Journalismus und der damit einhergehende Vertrauensverlust der seriösen Medien in unserem Lande. Was es Wladimir Wladimirowitschs Abteilung für Desinformation und Zersetzung ungemein erleichtert, auf deutschen Straßen seine Puppen tanzen zu lassen aus der Kiste der Querköpfe und Nichtdenker.

Da wird tagelang in den öffentlich-rechtlichen Medien als erste Nachricht von morgens bis abends gemeldet, daß kommenden Dienstag bei der Kanzlerin das Gremium der Ministerpräsidenten tagen werde, um neue Beschlüsse zu fassen.

Tagelang über ein noch nicht stattgefundenes Ereignis!

Als erste Meldung!

Von morgens bis abends immer aufs neue das Nichtneue widerkäuend.

Und zum ersten Mal und ganz nebenbei wird das Infektionsschutzgesetz nachrichtlich erwähnt am letzten Sonntag:

Sonntag, 15. November 2020, Deutschlandfunk:

Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen haben erneut eine Kundgebung vor dem Bundestag in Berlin angemeldet.

Bei der Polizei gingen entsprechende Unterlagen für den kommenden Mittwoch ein. An diesem Tag sollen sowohl im Parlament als auch im Bundesrat Änderungen am Infektionsschutzgesetz beschlossen werden. Nach Behördenangaben wurden zu der Demonstration 500 Teilnehmer angemeldet. Auch zwei Gegenveranstaltungen seien den Behörden angezeigt worden.

Das ist die erste Information!

Und zwar nicht an Aufmerksamkeit heischender Stelle oder gar als Dauerfeuer.

Bis Dienstag dann wieder Stille:

Dienstag, 17.November 2020, Deutschlandfunk:

Führende Politiker der Regierungsparteien haben die Kritik an den geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes zurückgewiesen.

Unionsfraktionschef Brinkhaus sagte, man schaffe eine Grundlage dafür, dass in der Pandemie angemessen, verhältnismäßig und auch flexibel reagiert werden könne. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt sagte, die Rechte des Parlamentes würden nicht ausgehebelt, sondern gestärkt. Insofern sei es eine böswillige Lüge, wenn das Infektionsschutzgesetz mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933 verglichen werde. Abgeordnete hatten zahlreiche E-Mails mit einem solchen Vorwurf erhalten. Bundesaußenminister Maas von der SPD erklärte dazu, wer so infame Vergleiche anstelle, verhöhne die Opfer des Nationalsozialismus.

Kritik kommt aber auch von der Opposition. Der FDP-Vorsitzende Lindner sagte, der Handlungsspielraum der Regierung beim Eingriff in Grundrechte sei unverändert zu groß. – In Bundestag und Bundesrat sollen morgen Änderungen am Infektionsschutzgesetz beschlossen werden. Dabei geht es um die rechtlichen Grundlagen für die Corona-Maßnahmen. Mehrere Demonstrationen sind angemeldet.

Wer eine derartig verarschende und die Leute für dumm verkaufende Berichterstattung verantwortet und sie womöglich für informativ hält beim „Eingriff in Grundrechte“, braucht sich über den Ruf „Lügenpresse“ nicht zu wundern!

Kritik kommt aber auch von der Opposition…“

Ja, ist es möglich?

Das ist der Satz des Jahres!

Kann es sein, daß es neben der einstelligen Prozentpartei der Hoteliersbeglücker noch eine andere demokratisch gewählte und ihre Wähler in etwas höherer Prozentzahl vertretende Oppositionspartei gibt im deutschen Bundestag?

Deren Kritik am Regierungshandeln öffentlich-rechtliche und auch alle anderen dem bundesdeutschen Presskodex verpflichteten Medien in der augenscheinlich enormen Wichtigkeit des Themas angemessenen Ausführlichkeit unparteiisch darzustellen haben statt allenfalls in einem Satzfetzen?

Es ist nicht zu fassen!

Da wird weder der Inhalt des neuen Infektionsschutzgesetzes überhaupt vorgestellt und angemessen erörtert und diskutiert noch läßt man die bedeutendste Oppositionspartei in aller gebotenen Breite in ausführlichen Interviews und Gesprächen ihre Ansichten darstellen!

Wie es einmal war!

Und nennt das Demokratie und wundert sich über die Konfusion auf den Straßen!

Was muß man für eine Angst haben in den Hosen vor den Verängstigten!

Wenn man unfähig ist!

Und das Schweigen bundesdeutscher Politologen hierzu schreit gen Himmel!

Donnerstag, 19. November 2020, MÜNCHNER MERKUR:

In unangemessener Hast haben die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien ein Infektionsschutzgesetz über die parlamentarischen Hürden gehievt, das der Regierung bei ihren Coronamaßnahmen tiefe Eingriffsrechte in Grundfreiheiten gewährt und die Position der Parlamente nicht stärkt. Am Ende wird sich dieses Persilschein-Gesetz noch als Steilvorlage für die selbst ernannten ‚Querdenker‘ erweisen, die damit um die Häuser ziehen und das Gesetz und sein Zustandekommen im Schnellverfahren als Beleg für angeblich sinistre Absichten von Politikern ins Feld führen.

 

 

O Urteil, du entflohst zum blöden Vieh!

Der Mensch ward unvernünftig!

William Shakespeare (1564 – 1616)

 

Gleichgeschaltet

 

22. Juni 2020: Bellarmin an Mephisto

 

Letzten Donnerstag sah man sich tatsächlich gezwungen in den bundesdeutschen Medien, da kam man einfach nicht umhin! Es ist ein Jammer aber auch, manchmal kommt man beim besten Willen nicht herum um die Fakten – also da mußten unsere „klassischen Medien“ plötzlich, und ohne ein einziges Mutmaßlich!, melden:

Die Bundesanwaltschaft hat im Zusammenhang mit dem Mord an einem Georgier vor einem Jahr in Berlin Anklage gegen einen Russen erhoben. Sie geht davon aus, dass der Verdächtige die Tat im Auftrag der russischen Regierung ausführte. … Staatliche Stellen der Zentralregierung der Russischen Föderation hätten dem Angeklagten den Auftrag erteilt, den Georgier Tornike K. zu liquidieren. … Die Bundesregierung beklagte, dass Moskau keine Bereitschaft zeige, zur Aufklärung beizutragen, und wies im Dezember 2019 zwei russische Diplomaten aus. Daraufhin wurden auch zwei deutsche Diplomaten aus Russland ausgewiesen.

Bundesaußenminister Maas sagte in Wien, die Bundesregierung behalte sich weitere Maßnahmen ausdrücklich vor.

(Deutschlandfunk, Donnerstag, 18. Juni 2020)

Ausdrücklich…

Der Wadim Krasikow, so heißt laut Bellingcat, The Insider und The Dossier Center der Mann mit ungefälschten falschen russischen Papieren auf den Namen Sokolow, Wadim Krasikow hatte voriges Jahr am 23. August nach dem heimtückischen Mord das Mountainbike, mit dem der Auftragskiller von hinten an sein Opfer herangepirscht war, und Kleidung, Perücke und Pistole mit Schalldämpfer, mit der er professionell drei Schüsse in Brust und Kopf des Zelimkhan Khangoschwili abgab, in der Spree versenkt. An der herausgefischten Hose fand sich seine DNA. Krasikow war erst einen Tag zuvor in Deutschland eingereist, mußte zur Tatausführung jedoch genau unterrichtet worden sein über terminliche Gepflogenheiten und Zeiten und Wege des Khangoschwili, und es war ihm für die Flucht bereits am Vortag ein Roller in Tatortnähe bereitgestellt worden.

Also ein zum Himmel schreiender Vorgang, den die Bundesanwaltschaft allerdings für derart belegbar hält, daß sie sich in der Lage sieht, Anklage zu erheben gleich unter Nennung der Auftragsgeber des Auftragsmörders.

Zudem handelt es sich ja, wie jeder weiß, beileibe um keine Singularität!

Seit der Annexion der Krim haben wir den Abschuss von Flug MH17 durch moskautreue Rebellen erlebt, die gnadenlosen Bombenangriffe zur Unterstützung des Assad-Regimes in Syrien, den Giftanschlag auf die Skripals in Salisbury und immer neue Beweise für politische Einmischung.

Der britische GUARDIAN am Mittwoch, des 28. November 2018 in einer freilich nicht vollständigen Aufzählung, die neben den Cyberangriffen die vom Westen noch immer nicht wahrgenommene und in ihrer Bedeutung richtig erfaßte Sperrung des Asowschen Meeres außer acht läßt.

Zum Beispiel.

Doch was soll ich Dir sagen?

Am nächsten Tag darüber in den öffentlich-rechtlichen Medien kein Sterbenswörtchen mehr!! Sämtliche Vöglein schwiegen im Walde. Kein Bericht, nicht die geringste Erörterung, kein Kommentar darüber, keine Analyse, kein Interview. Beispielsweise mit einem der ordinären Putinversteher und Rußlandgesundbeter wie Matthias Platzeck.

Und nach dem vom Deutschlandfunk wiedergegebenen Pressespiegel des Folgetages der Karlsruher Anklageerhebung möchte man meinen, keine einzige deutsche Zeitung beschäftigt sich mit diesem Thema!

Nichts!

Kein Kommentar!

Als wären die Medien gleichgeschaltet!

Wie in vorauseilendem Gehorsam!

Das ist unheimlich!

Das ist gefährlich!

Das wird sich rächen!

Der Westen ist befangen in dem gefährlichen Irrtum, Putin denke und handle rational. Das tut der auch, allerdings nicht nach aristotelischer Logik.

Sondern nach jahrhundertalter russischer Bauernlogik mit dem historischen Hauptmerkmal fortwährender Verwechslung von Quantität mit Qualität: Alles was groß ist und viel und pompös und was glitzert und glänzt und protzt, hält man in Rußland für gut.

Primitive Motivationen ordinärer Verbrecher: Größe, Glitzer, Gold, Protz und penetrantes Parfüm.

Diese Denkweise erscheint dem Westen als zu primitiv, als daß man hier dächte, daß im 21. Jahrhundert ein verantwortlicher Politiker so dächte.

Und das ist eben das Gefährliche: Man grübelt immer, was Putin wirklich will, und die seltsamen Putinversteher in Deutschland und Ostdeutschland kriegen feuchte Augen, wenn Wladimir Wladimirowitsch phantasiert über einen Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok…

Deshalb wird der Westen immer wieder überrascht und findet keine Antwort.

Der Westen muß flacher denken lernen und sich etwas mehr auskennen in der jahrhundertlangen Geschichte des jahrhundertalten russischen Imperialismus und Chauvinismus und dem russischen Haßneid auf den Westen, wenn er sich hineinversetzen will in Wladimir Wladimirowitschs Schädel.

Stop!

Genau das wäre ein wirksames Mittel des Westens gegen den russischen Imperialismus!

Neben beständig klarer Ansage.

Sagen, was ist!

Und das Licht der Öffentlichkeit ist in Rußland übrigens die gefürchtetste aller Waffen!

Doch, wie Hitler, infolge der inadäquaten westlichen Reaktionen wird Putin, der den Ermordeten als „blutrünstigen Menschen“ beschimpfte, immer enthemmter!

Auf die Zahmheit der deutschen Außenpolitik kann sich Staatschef Wladimir Putin bis jetzt verlassen. Um des Profits bilateraler Wirtschaftsbeziehungen willen macht sich Berlin klein gegenüber dem Kremlherrn. Den Bau einer zweiten russischen Gaspipeline durch die Ostsee lässt die Regierung allen Bedenken ihrer Partner in Europa zum Trotz fortsetzen. Diese deutsche Russlandpolitik muss auf den Prüfstand. Ein Akt des Staatsterrorismus, begangen von Putins Geheimdienst, verlangt eine harte Antwort. Politische wie wirtschaftliche Sanktionen sind angezeigt. Schiebt die deutsche Regierung dem Treiben russischer Agenten keinen Riegel vor, ermuntert sie diese nur zu neuen Taten.

Die gestrige Neue Zürcher Zeitung, Hervorhebung von Bellarmin

 

Der blinde Fleck

 

3. August 2019: Bellarmin an Mephisto

 

Mit dem gestrigen Tag endete der INF-Vertrag.

Stell Dir vor, vorgestern lautete bei uns in Deutschland die Nachricht über sein Ende im öffentlich-rechtlichen Deutschlandfunk, der derzeit seriösesten Sendeanstalt der Bundesrepublik im Zeitalter der viel beklagten Falschmeldungen, also des Schwindelns, Fälschens, Frisierens, Türkens, Täuschens und Lügens, demnach, um es auch einmal im klaren und verständlichen, dem Volk vom Maul abgeschauten bundesrepublikanischen Journalistendeutsch auszudrücken: in der Epoche der Feknjus:

Mittelstreckenraketen: Russland warnt USA vor Stationierung in Europa

Kurz vor dem Ende des INF-Vertrags über das Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenwaffen hat Russland die USA vor einer Stationierung derartiger Raketen in Europa gewarnt.

Vizeaußenminister Rjabkow drohte damit, andernfalls solche Waffen in der Nähe der Vereinigten Staaten zu stationieren. Alle Optionen lägen dann auf dem Tisch, sagte er laut der Agentur Interfax. Rjabkow kritisierte, dass weder die USA noch die Nato auf den Vorschlag eines Moratoriums eingegangen seien. Bundesaußenminister Maas rief dazu auf, den Zerfall der weltweiten Rüstungskontrollarchitektur zu stoppen. Das Ziel einer atomwaffenfreien Welt gerate immer mehr aus den Augen, schrieb er in einem Gastbeitrag für die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Maas verwies darauf, dass es weltweit immer noch fast 14.000 nukleare Sprengköpfe gebe und dass die Investitionen in neue Systeme nach Jahren des Rückgangs wieder erhöht würden.

Der 1987 von US-Präsident Reagan und dem sowjetischen Staatschef Gorbatschow unterzeichnete INF-Vertrag endet morgen. Erst hatten die USA, dann Russland den Vertrag aufgekündigt. Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld daran.

Was ist falsch an der vor bundesjournalistischer Scheinobjektivität triefenden Meldung des Deutschlandfunks?

Die, besonders im deutschen Hinblick auf Rußland, typische Weglassung des Wesentlichen.

Statt sich freiwillig als Propagandasprachrohr des Kremls mißbrauchen zu lassen, wie wäre es denn, wenn man die permanente Bevorzugung von Sprechblasen als Kompensation der Angst vor den oft so schmerzlich dem Weltbild der Alt-68iger widersprechenden Fakten nebst ihren unverschämt zutreffenden Begrifflichkeiten in den öffentlich-rechtlichen Redaktionen endlich überwände gegen Ende des zweiten Jahrzehnts des einundzwanzigsten Jahrhunderts?

Also was par exemple die Ukraine anbelangt: „Söldner“ statt „Separatist“?

Zumindest in Zeiten bemühtester Mutmaßlichkeiten: „sogenannter Separatist“?

Sich fürderhin nicht weiter ausgerechnet von Rußland die Begrifflichkeit, geschweigen denn die Welterklärung, aufdrängen zu lassen?

Wie wäre es also, wenn man hier, an einem unter unzähligen Beispielen stellvertretend demonstriert, dem obersten Grundsatz des bundesdeutschen Pressekodexes entsprechend, gemäß einer „wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit“ berichtet hätte:

Mittelstreckenraketen: Rußland warnt USA vor Stationierung in Europa

Kurz vor dem Ende des INF-Vertrags über das Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenwaffen hat Rußland die USA vor einer Stationierung derartiger Raketen in Europa gewarnt.

Vizeaußenminister Rjabkow drohte damit, andernfalls solche Waffen in der Nähe der Vereinigten Staaten zu stationieren. Alle Optionen lägen dann auf dem Tisch, sagte er laut der Agentur Interfax. Rjabkow kritisierte, daß weder die USA noch die Nato auf den Vorschlag eines Moratoriums eingegangen seien.

Anfang Februar hatten die USA den Vertrag unter Berufung auf eine vertragswidrige Produktion und Stationierung der russischen Marschflugkörper SSC-8 gekündigt. Die Produktion und Stationierung der SSC-8 war von russischer Seite geleugnet worden. Die von den USA den Nato-Verbündeten vorgelegten Untersuchungsergebnisse konnten jedoch von mehreren Verbündeten auch unabhängig bestätigt werden. Nachdem die Einschätzung eines Vertragsverstoßes von allen 29 Mitgliedstaaten der Nato, einschließlich Deutschlands, geteilt worden war, hatte die russische Seite die Existenz der SSC-8 zwar eingeräumt, nun jedoch eine Vertragsverletzung hinsichtlich ihrer Reichweite bestritten. Die Bitte einer Verifizierung durch Experten wurde abgelehnt. Stattdessen präsentierte das russische Militär ein angebliches Exemplar jener Geschosse im Rahmen einer Ausstellung.

Der 1987 von US-Präsident Reagan und dem sowjetischen Staatschef Gorbatschow unterzeichnete INF-Vertrag endet morgen.

Vielleicht sollten bundesdeutsche Journalisten, was ihre politisch korrigierte Befangenheit gerade gegenüber dem russischen Imperialismus anbelangt, hin und wieder von ihren unverkrampften Kollegen in unseren Nachbarländern lernen. Am Sonntag, dem 3. Februar 2019, hatte zum Beispiel der britische Independent geschrieben:

Diese moralische Äquivalenz ist falsch. Russland verletzt den Vertrag, indem es Waffen entwickelt und einsetzt, die von dem Vertrag ausdrücklich verboten werden.

 

Wahr spricht, wer Schatten spricht.“

Paul Celan (1920 – 1970)

 

Denkanstöße

 

7. Juli 2019: Bellarmin an Mephisto

 

Dienstag, 25. Juni, Deutschlandfunk:

Bootsflüchtlinge: Straßburg weist Antrag von Sea Watch ab

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg kam am Abend einem Eilantrag nicht nach, mit dem die Besatzung erzwingen wollte, in Italien anlegen zu dürfen. Es gebe derzeit keine Menschen mehr an Bord, die unmittelbar gefährdet seien, hieß es zur Begründung.

Das Schiff des deutschen Seenotrettungsvereins Sea-Watch hatte am 12. Juni ursprünglich 53 Migranten vor der libyschen Küste geborgen. Mehrere Flüchtlinge durften aus medizinischen Gründen bereits an Land gehen.

Freitag, 28. Juni, TAZ:

In anderen Hauptstädten der EU mag man den Rechtspopulisten Salvini für unappetitlich halten, doch am Ende erledigt er – genauso wie Viktor Orbán in Ungarn – auch für die anderen die ‚Drecksarbeit‘. Da mögen Organisationen wie das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen noch so laut protestieren, da mag Europa sich über Donald Trumps Grenzregime erregen, doch am Ende hält die EU es auch nicht anders. Warum auch? Salvinis Italien macht ja den Job.

Sonntag, 30. Juni, Deutschlandfunk:

Im Zusammenhang mit der Festnahme der „Sea-Watch“-Kapitänin Rackete hat Bundespräsident Steinmeier deutliche Kritik an Italien geübt.

Von einem EU-Land wie Italien, das auch noch zu den Gründungsmitgliedern der Gemeinschaft gehöre, könne man einen anderen Umgang mit einem solchen Fall erwarten, sagte Steinmeier im ZDF. Wer Menschenleben rette, könne kein Verbrecher sein, so der Bundespräsident.

Deutschlandfunk:

Die Abkommen mit anderen Staaten über eine Zurückweisung von Migranten sind offenbar weitgehend wirkungslos.

Nach Informationen der „Welt am Sonntag“ wurden in den vergangenen elf Monaten nur 20 Migranten an der österreichisch-deutschen Grenze festgesetzt und dann nach Griechenland oder Spanien zurückgeschickt. Bundesinnenminister Seehofer wollte ursprünglich alle Asylbewerber zurückweisen, die schon in einem anderen EU-Staat einen Antrag gestellt hatten – das wären jährlich bis zu 40.000 Menschen gewesen. Der CSU-Politiker konnte sich damit jedoch gegen Kanzlerin Merkel nicht durchsetzen. Deshalb schloss er einzelne Abkommen mit Griechenland und Spanien, Italien weigerte sich.

NOVI LIST:

An den Reaktionen der Einwohner von Lampedusa konnte man sehen, wie es um deren Einstellung steht. Viele applaudierten und forderten, die Kapitänin in Handschellen abzuführen.

WELT AM SONNTAG:

Die maximale Aufmerksamkeitsorchestrierung hat sich gelohnt: Selbstlose, den Menschenrechten verpflichtete junge deutsche Frau kämpft tapfer gegen bösen, herzlosen Mann – Italiens Innenminister Salvini. Jetzt sitzt sie hinter Gittern. So kann man das Handeln sehen. Aber auch die Politik handelt. Ihr Handeln ist der staatlichen Verantwortungsethik geschuldet und eben nicht der Gesinnungsethik. Das Schlepperwesen, das sich im Laufe der Jahre entwickelt hat, reagiert in all seiner kriminellen Energie marktwirtschaftlich. Winken europäische Regierungen die Flüchtlinge durch, floriert das Geschäft. Erst der Rigorismus der Italiener, die jahrelang die Hauptbetroffenen dieser illegalen Migration waren und seit einem Jahr den Rettungsschiffen die Landung verweigern, hat zu einer merklichen Abnahme des Schlepperwesens geführt.

Montag, 1. Juli, Deutschlandfunk:

Das UNHCR beobachtet seit einigen Wochen, dass die Menschenschlepper ihre Strategien verändern, nicht zuletzt in Libyen. Die Schlepper reagieren unter anderem auf die rigorose Linie der italienischen Regierung, so Fossi weiter: „Das Schließen der Häfen führt dazu, dass die Schlepper jetzt verstärkt Methoden nutzen, die es den Passagieren erlauben sollen, direkt ins Zielland zu kommen, ohne abgefangen zu werden.“

Eine der Methoden, auf die die Schlepper dabei verstärkt setzen, ist der sogenannte Mutterschiff-Trick. Er wurde vor über zehn Jahren schon von Ägypten aus genutzt, neuerdings – in etwas veränderter Form – verstärkt von den Schleppern in Libyen.

Der Trick besteht darin, zunächst die Flüchtlinge – meist sind es mehr als hundert – unter Deck eines etwas größeren Schiffes zu verstecken und mit diesem Schiff, auf dem von außen keine Flüchtlinge zu sehen sind, von Libyen unentdeckt in die Nähe der italienischen Hoheitsgewässer zu fahren.

Dort werden die Menschen dann meist in mehrere kleine Holz- oder Kunststoffboote gesetzt, die das Mutterschiff mitgeführt hat. In diesen erreichen sie dann die italienische Küste – oder werden zumindest in italienischen Gewässer von der Küstenwache abgefangen, die sie dann in einen italienischen Hafen bringen muss.

Schlepper passen sich Situation an

Zu den veränderten Schlepper-Strategien trage indirekt auch die erzwungenermaßen nur noch geringe Präsenz der Nicht-Regierungsorganisationen auf dem Mittelmeer bei, sagt das Flüchtlingshilfswerk. Schlauchboote würden seltener eingesetzt. „Schlauchboote können nur wenige Stunden unterwegs sein, vor allem wenn sie überfüllt sind, wie wir es häufig beobachtet haben. Die waren nur mühsam in der Lage, aus den libyschen Gewässern herauszukommen, wo dann die Nicht-Regierungsorganisationen bereit waren, den Migranten und Flüchtlingen zur Hilfe zu kommen“, sagt Fossi.

Da sich die politische Situation verändert habe, versuchten die Schlepper, sich diesen Veränderungen anzupassen.

Aktuell werden – außer mit der neuen alten Methoden der Mutterschiffe – Flüchtlinge und Migranten auch mit Jachten nach Italien geschleust.

In der Regel sind die derzeit von den Schleppern verwendeten Boote auch bei der Mutterschiff-Methode in besserem Zustand als früher.

Dienstag, 2. Juli, NEUE ZÜRCHER ZEITUNG:

Es ist erstaunlich, wie leichtfertig deutsche Prominente, Politiker und selbst der Bundespräsident übersehen, dass auch Italien ein Rechtsstaat ist, der legitimerweise seine Migrationspolitik selbst definiert, seine Grenze schützt und seine Gesetze durchzusetzen versucht. Rackete ist mit ihrem Boot ohne Erlaubnis in italienische Hoheitsgewässer und anschließend gar entgegen einem expliziten Verbot in einen italienischen Hafen eingedrungen. Dabei hat sie ein italienisches Patrouillenboot gerammt und dessen Besatzung gefährdet. Das ist ein unerhörter Rechtsverstoß und eine Missachtung, ja geradezu die Verhöhnung der italienischen Staatsautorität. Für Steinmeier ist es aber offenbar bloß eine Bagatelle, über die hinwegzusehen ist. Bei so wenig Solidarität unter den EU-Staaten muss man sich nicht wundern, wenn die EU-Führung in Brüssel nicht mehr viel zustande bringt.

Samstag, 6. Juli, TROUW:

Die ‚Sea Watch 3‘ hätte die aufgenommenen Migranten auch ins näher gelegene Malta oder nach Tunesien bringen können, nahm aber absichtlich Kurs auf Italien. Dort sorgen illegale Einwanderer aus Afrika schon seit Jahren für Spannungen. In einem Land mit hoher Jugendarbeitslosigkeit und schlechten Wirtschaftszahlen fragen sich viele Menschen, ob wirklich jeder aufgenommen werden muss. Zwischen 2014 und 2018 sind fast 650.000 Migranten in italienischen Häfen gelandet, und ein Großteil wurde von ausländischen Rettungsorganisationen dorthin gebracht. Andere EU-Länder haben Italien dabei im Stich gelassen, und nun hat Salvini mit restriktiven Maßnahmen den Zustrom gebremst. Das mag man aus einer komfortablen Position im Norden heraus kritisieren.

Sonntag, 7. Juli, WELT AM SONNTAG:

…ideologisch vernagelte Unduldsamkeit, die Kompromisse nahezu unmöglich macht und dazu führt, das jeweils andere Lager moralisch hinzurichten. Man kann es derzeit im Zweikampf zwischen Italiens Innenminister Salvini und den deutschen Flüchtlingshilfswerken beobachten, die sich gegenseitig für den Leibhaftigen halten. Dabei haben beide Lager Recht. Natürlich darf man Menschen auf dem Mittelmeer nicht ihrem Schicksal überlassen. Bei allem Furor: Es ist berechtigt, abschreckend zu wirken, will Europa einen Flüchtlingsstrom verhindern.

DER TAGESSPIEGEL:

Der Außenminister findet es in Ordnung, im hohen Ton der Moral einem Partnerland – mit dem die Bundesrepublik seit den römischen Verträgen in der friedensstiftenden Gemeinschaft des Rechts und der Regeln verbunden ist – per Twitter Anweisungen zu geben, wie es mit einer militanten Aktivistin umzugehen habe, indem er sagt: ‚Aus unserer Sicht kann am Ende eines rechtsstaatlichen Verfahrens nur die Freilassung von Carola Rackete stehen.‘ Und auch der qua Amt politisch neutrale Bundespräsident bedient das Bedürfnis nach moralischer Erhebung über andere Länder: Wer Menschenleben rette, könne kein Verbrecher sein. So leicht setzen deutsche Politiker Grundsätze der Diplomatie aufs Spiel – und stellen eigene moralische Erwägungen über das Recht demokratisch verfasster Partnerländer. Ob Carola Rackete italienisches Recht gebrochen hat und wie mit ihr zu verfahren wäre, dazu haben sie sich schlicht nicht zu äußern.

Deutschlandfunk:

ÖVP-Chef Kurz: Seenotretter ermöglichen illegale Einwanderung

Der frühere österreichische Regierungschef und ÖVP-Vorsitzende Kurz hat den Einsatz von privaten Hilfsorganisationen im Mittelmeer kritisiert.

Er halte es für falsch, wenn sie als Seenotretter Menschen illegal nach Europa bringen, sagte Kurz der „Welt am Sonntag“. Die Helfer weckten damit nur falsche Hoffnungen und lockten womöglich unabsichtlich noch mehr Menschen in Gefahr.

 

Das, was anfangs der Leidenschaft schmeichelte, wird von der Zeit zu spät als Irrtum erkannt.

Baltasar Gracián y Morales (1601 – 1658)

 

Deutscher Journalismus – Skandal und Trauerspiel

 

16. Dezember 2018: Bellarmin an Mephisto

 

Heute ist der deutsche Journalismus herabgesunken auf ein Niveau, das jede gutgeartete kritischere, also ideologisch unverknotete Seele geradezu ängstigen muß.

Die Linsenschleifer der Nation, die öffentlich-rechtlichen Nachrichten- und Berichtserstattungsmedien Deutschlands, die sich vermutlich etwas einbilden auf gediegene Objektivität und Seriosität und Unabhängigkeit, auf Ausgewogenheit und Parteienproporz und, natürlich, auf politische Korrektheit, machen Angst. Sie vermitteln ein gefährlich falsches Bild von der Welt, mindestens durch Unterlassung und äußerst fragwürdige Gewichtung. Sie degradieren die Deutschen zu einem Volk, bei dem es tatsächlich als eine von den Medien(!!!) gefeierte Heldentat gilt, daß einer der zurückgetretenen Verteidigungsminister es ‚gewagt‘ habe, die bereits langjährige ‚Mission‘ der Bundeswehr in Afghanistan als Kampfeinsatz zu bezeichnen…

Humorlos hätte man jenes Beispiel ja auch als das werten können, was es in Wahrheit ist, nämlich als ungewolltes (und unbemerktes!!!) Eingeständnis von Unfähigkeit und einer tendenziösen Nachrichtenberichterstattung mit den Merkmalen: Weglassung, Ausblendung des Wesentlichen, euphemistische Lexik, Nivellierung von Unterschieden oder gar Insuffizienz in ihrem Erkennen, demnach analytisches Unvermögen nebst mangelhafter Durchdringung des Weltgeschehens.“

Das hatte ich Dir geschrieben am 23. April. (=> Das Schöne im Kalten Krieg)

Eines der jüngsten Beispiele: Der sogenannte UNO-Migrationspakt. Auf Deutsch: Das UNO-Zuwanderungsabkommen.

Schon Ende 2015 beginnen seine Vorbereitungen. Im September 2016 wird in New York, einen Tag vor der Generalversammlung, die Erklärung angenommen. Ende 2017 ziehen sich die USA zurück. Begründung der UNO-Botschafterin Nikki Haley: „Der globale Ansatz der New Yorker Erklärung ist mit US-amerikanischer Souveränität schlicht nicht vereinbar.“

Und Deutschland?

Keine Meldung, keine Debatte!

Verdächtige Stille…

Die erste Nachricht über den Pakt taucht auf, man höre und staune, im Deutschlandfunk am Mittwoch, dem 31. Oktober 2018!

Nach der üblichen Methode, als wäre die Sache bereits allseits bekannt und besprochen, unter der aufreizenden Überschrift, „UNO-Migrationspakt: EU bedauert Rückzug Österreichs“, wird mit empörender Beflissenheit und schlechtem Deutsch vermeldet

Die EU-Kommission bedauert den Rückzug Österreichs aus dem Globalen Migrationspakt der Vereinten Nationen. Eine Sprecherin der Kommission sagte in Brüssel, man glaube weiterhin, dass Migration eine globale Herausforderung sei, bei der nur globale Lösungen und Lastenteilung zu Ergebnissen führten. Österreichs Ministerrat hat beschlossen, den Pakt nicht mitzutragen.

Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Strache hatten dies zuvor so begründet, dass der Pakt nicht geeignet sein, um Migrationsfragen zu regeln. Man befürchte den Verlust österreichischer Souveränität in der Migrationspolitik und ein Verwischen der Unterschiede zwischen legaler und illegaler Einwanderung. Dem „Standard“ zufolge könne Wien 17 der insgesamt 23 Kapitel des Papiers nicht mittragen. „Migration ist und darf auch kein Menschenrecht werden“, erklärte Strache demzufolge. Das Land folgt damit dem Beispiel Ungarns. Auch die USA und Australien nehmen nicht teil.

Der UNO-Migrationspakt soll im Dezember auf einer Konferenz in Marrakesch in Marokko beschlossen werden. Er sieht Grundsätze für den Umgang mit Flüchtlingen vor, der die Wanderungsbewegungen besser organisieren und die Rechte der Betroffenen stärken soll. Das Papier ist völkerrechtlich nicht bindend.

Diese Einschränkung reicht Österreich nicht aus. Kanzler Kurz sagte, auch wenn der Pakt nicht sofort rechtsverbindlich werde, sei doch so etwas wie eine indirekte Selbstverpflichtung vorgesehen, wenn man ihn unterschreibe. Da es Inhalte gebe, die man so nicht teile, „würden wir es nicht als sonderlich ehrlich empfinden, ihn zu unterschreiben“, so Kurz.

Kritik kommt von der Opposition. Der Nationalratsabgeordnete Michael Bernhard (NEOS) schrieb auf Twitter, Österreichs Migrationspolitik liege nun „irgendwo zwischen Trump und Orban“. Strache und Kurz seien frei von jeder humanitären Haltung und ohne viel Verstand.

Die AfD fordert, dass Deutschland dem Beispiel Österreichs folgt und sich aus dem geplanten Migrationspakt der Vereinten Nationen zurückzieht.
Der Parteivorsitzende Meuthen erklärte, während sich die deutsche Regierung mit sich und ihrer eigenen Unfähigkeit beschäftige, würden in Österreich zum Wohle des Volkes Fakten geschaffen. Den Migrationspakt nannte er ein – Zitat – „Umsiedlungsprogramm für Wirtschafts- und Armutsflüchtlinge“. Die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Weidel, meinte, dadurch würde die illegale Migration legalisiert. – Die Bundesregierung will den Migrationspakt auf einer UNO-Konferenz im Dezember in Marokko unterzeichnen. Er soll dazu beitragen, Flucht und Migration besser zu organisieren und die Rechte der Betroffenen zu stärken.

Aha! Und danke für die Gnade der Brosame des letzten Satzes! Dank seiner ausführlichen Information kann man all das zuvor Gesagte korrekt denkend einordnen und es kann ab 31. Oktober keiner mehr in Deutschland behaupten, er wäre nicht darüber informiert worden, daß es einen „UNO-Migrationspakt“ gebe und was drinstehe. Und was für Schufte Kurz und seine österreichischen Konsorten sind, die gemeinsam mit Trump und Orban und der Aäffde etwas so Gutes ablehnen. Also wirklich.

Allerdings ein bißchen Wasser in den Wein der Radio-DDR-artigen Berichterstattung muß ich allerdings hier bereits schütten: Es handelt sich um die verschriftlichte Nachricht, an die ich mich in dieser Ausführlichkeit in der Audio-Nachrichtenberichterstattung, insbesondere was den Teil der Aäffde-Einwände betrifft, nicht erinnere. Denn ich bin mir ziemlich sicher, daß mir das aufgefallen wäre.

Es kommt ja nicht allzu häufig vor, daß in bundesdeutschen Medien der Begriff „illegale Migration“ auftaucht.

Eine Zeit lang sah man sich im Deutschlandfunk seltsamerweise veranlaßt aus irgendeinem Grund, unter jeder verschriftlichten Nachrichten zu vermerken, diese Nachricht wurde am soundsovielten gesendet. Nach ein paar Wochen ist man jedoch von diesem überfallartig als notwendig erachteten Brauch wieder abgekommen aus irgendeinem Grund. Brecht würde frech behaupten: „Es geht auch anders, aber so geht’s auch…“

Natürlich lohnte es sich, diese Meldung zu analysieren in ihrer methodischen Struktur und verschleiernden Ausführlichkeit, aber ich will mich heute eher dem Hergang nebst den Hintergründen ihrer Plötzlichkeit widmen. Und der extraordinären Seltsamkeit, daß seither in jeder nachrichtlichen Verlautbarung über den „UNO-Migrationspakt“ in den öffentlich-rechtlichen Medien als sein größtes Positivum der doch eigentlich entlarvende Satz einfließt: „Das Papier ist völkerrechtlich nicht bindend.“

Was ja heißen soll: „Regt euch bloß nicht auf! Ist ja alles ganz harmlos!“

Wie als wolle man Bekloppte ruhigstellen.

Wie der SPIEGEL vom 12. des Monats über den Hergang berichtet, hat der weltweit geschätzte Cellist Matthias Moosdorf als wissenschaftlicher Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Martin Hebner Ende Januar die Liste der Themen für den Europaausschuß des Bundestages „durchforstet“:

Der Migrationspakt taucht auf der B-Liste auf, also als ein Dokument, das der Ausschuss nicht diskutieren, sondern nur zur Kenntnis nehmen soll. »Uns war ziemlich schnell klar, dass dieses Thema nicht ohne Debatte davonkommen sollte«, sagt Moosdorf. Hebner sorgt dafür, dass der Pakt auf die A-Liste kommt. Als erster AfD-Abgeordneter bringt er den Pakt auch in den Bundestag ein: Am 19. April, einen Tag nach der Abstimmung des EU-Parlaments über den Entwurf, beantragt die AfD zum Thema eine Aktuelle Stunde.

Begreifen sie, was sie da erzählen?

Der SPIEGEL fährt fort:

Anfang 2018, als Matthias Moosdorf seinen Angriff startet, gibt es in Berlin noch keine handlungsfähige neue Regierung. Und als Heiko Maas am 14. März zum Außenminister ernannt wird, hat er Wichtigeres zu tun, als sich in den Migrationspakt einzulesen. Der 52-Jährige ist ein Novize in der Außenpolitik, er muss sich erst mal ein paar Standardwerke und Grundsatzpapiere aneignen. Normalerweise entscheidet der Leiter des Ministerbüros, was der Außenminister als Erstes lesen soll und was besonders wichtig ist. In der Vergangenheit wurde das Büro des Bundesministers des Auswärtigen stets von einem Karrierediplomaten geleitet, der die außenpolitischen Themen im Schlaf aufsagen konnte. Doch Maas bringt seine langjährige Vertraute Katharina Stasch aus dem Justizministerium mit; entsprechend dauert es eine Weile, bis sie sich in die Themen eingearbeitet hat. Die für die Vereinten Nationen zuständige Fachabteilung speist den Migrationspakt zwar in die Papiere ein, die dem neuen Minister vorgelegt werden sollen, aber niemand sorgt dafür, dass er auf der Liste des Ministers ganz nach oben rückt.

Begreifen sie, was sie da erzählen?

Der SPIEGEL fährt fort:

In der breiten Öffentlichkeit kommt der Migrationspakt aber erst Ende Oktober an. Jens Spahn, ein persönlicher Freund von Österreichs Kanzler Kurz, greift das Thema als erster Spitzenpolitiker auf: »Alle Fragen der Bürger gehören auf den Tisch und beantwortet«, sagt Spahn, »sonst holt uns das politisch schnell ein.« Damit bekräftigt ein Regierungsmitglied das AfD-Narrativ, der Pakt sei ein Geheimprojekt, das ohne Debatten durchgezogen wird.

Begreifen sie, was sie da erzählen?

Also die Katharina Stasch hat Schuld, daß unsere korrekt korrigierten Medien über all die Jahre nicht mitbekamen, daß, freilich in Übersee, ein als extrem wichtig hochgelobtes, freilich rechtlich überhaupt nicht bindendes und freilich in der Öffentlichkeit überhaupt nicht diskutables Abkommen über Zuwanderung, pardon, über Migration im Heranreifen ist.

Hätte man, also ein sich kritisch gebender Journalismus, das nicht schon etwas früher herauskriegen können? Vielleicht mittels des stolz gepriesenen „investigativen Journalismus“?

„Im Rechercheverbund“!

Sie merken nichts mehr…

Kann es nicht sein, daß weder Katharina Stasch noch irgendwelche Listenhinundherschieber noch die für die Vereinten Nationen zuständige Fachabteilung noch ein anfangs überforderter Außenminister und alle unglücklichen Umstände der Welt Schuld haben?

Könnte es nicht vielmehr wahrscheinlicher sein, es handelt sich um ein speziell deutsches symptomatisches Problem?

Bei dem man typischerweise vermeiden wollte, das Thema öffentlich, also vor dem unkorrekt denkenden Volke, zu diskutieren?

Was ist die Schilderung des Hergangs im SPIEGEL doch für ein Blödsinnverkaufen!

Und wenn es denn so gewesen sein sollte: Was für ein erneut unbemerkt ausgestelltes Selbstzeugnis an Unfähigkeit!

Montag, 10. Dezember, Deutschlandfunk:

Jörg Münchenberg: Heute treffen sich in Marrakesch die Staats- und Regierungschefs von über 180 Staaten, um den UN-Migrationspakt zu beschließen. Es geht dabei um eine bessere Steuerung der Migration weltweit. Kritiker wiederum warnen vor einem Kontrollverlust der Staaten über ihre nationale Migrationspolitik, was die Befürworter des Paktes wiederum vehement zurückweisen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt das Vorhaben. Sie ist bereits in Marokko eingetroffen.

Vor der Sendung habe ich über diesen Pakt mit dem emeritierten Rechtsphilosophen Reinhard Merkel von der Universität Hamburg gesprochen und ihn zunächst gefragt, warum auch er diesen Migrationspakt so kritisch sieht, obwohl er keinerlei rechtliche Bindung für die Nationalstaaten haben wird.

Reinhard Merkel: Er wird substanzielle rechtliche Folgen haben. Das betrifft jetzt zunächst nur die Frage der Verbindlichkeit und der Folgen des Pakts, noch nicht die Frage seiner Inhalte. Ich habe auch gegen allerlei dieser Inhalte Einwände, aber was die rechtliche Nichtverbindlichkeit angeht, so ist die Berufung unserer Bundesregierung darauf in zweierlei Hinsicht merkwürdig.

Wenn man den Inhalt gut findet, dann kann man es doch eigentlich nur bedauern, dass das rechtlich nicht verbindlich ist, und trägt das nicht als Begründungsargument vor sich her, dass man dem Pakt zustimmt. Und es ist außerdem im Blick auf die rechtlichen Wirkungen, die der Pakt haben wird, nicht richtig, einfach zu sagen oder zu suggerieren, das sei rechtlich bedeutungslos. Er hat keine unmittelbare Wirkung rechtlich, aber er wird substanzielle Folgen haben.

Münchenberg: Können Sie das noch mal ausführen? Ihrer Meinung nach, was hat er für rechtlich bindende Wirkungen?

Merkel: Wir haben rund 90 – in Wahrheit sind es über 100 – einzelne Vereinbarungen da drinstehen, in denen steht, wir verpflichten uns. Nun ist das eine politische Verpflichtung und keine unmittelbar rechtlich bindende Verpflichtung. Aber bei der Auslegung von Rechtsnormen, sowohl im Völkerrecht als auch im innerstaatlichen Recht, die Belange der Migration regeln, kann der Pakt und darf er gar nicht ignoriert werden.

Münchenberg: Das heißt konkret?

Merkel: Das heißt, dass sich etwa in einem Klageverfahren vor einem Verwaltungsgericht sehr wohl das Gericht darauf berufen kann, dass bestimmte Dinge in diesem Pakt stehen, etwa die Vermeidung nach Möglichkeit von Abschiebungen, die Vermeidung von Notfällen, abgesehen jeder Inhaftierung etc. Das alles lässt uns in unserer innerstaatlichen Rechtsordnung ganz gewiss nicht unberührt.

Hinzu kommt etwas: Völkerrecht als Gewohnheitsrecht entsteht immer über politische Bindungen der Staaten. Das heißt: Wenn wir uns in fünf Jahren noch mal über diesen Pakt unterhalten, werden wir eine ganze Menge von Entscheidungen haben, auf internationaler wie auf nationaler Ebene, in denen er herangezogen worden ist zur Auslegung von Rechtsnormen.

Münchenberg: Herr Merkel, auf der anderen Seite heißt es ja ausdrücklich in diesem Pakt – ich zitiere mal: „Der Pakt wahrt die Souveränität der Staaten, und es geht um einen „rechtlich nicht bindenden Kooperationsrahmen“. Dass da ein neues Recht geschaffen wird, auch mittelfristig, davon ist da keine Rede.

Merkel: Das ist aber irrig, das anzunehmen. Sehr wohl ist die Rede von substanzieller politischer Bindung. Nun wird von der Bundesregierung reklamiert, das bindet uns aber nicht rechtlich, wiewohl wir 90mal schreiben, wir verpflichten uns politisch. Ein Rechtsstaat wie die Bundesrepublik kann in seinem eigenen Regierungshandeln und auf der Ebene der Justiz sich nicht einfach darauf zurückziehen, das ist vollkommen unverbindlich, das ist politischer Wille. Und jetzt kommt das Entscheidende an diesem Argument: Selbstverständlich kann sich Marokko oder Somalia oder Afghanistan viel leichter darauf zurückziehen zu sagen, das ist ja rechtlich nicht verbindlich, als ein Rechtsstaat wie die Bundesrepublik. Noch einmal: Völkerrecht als Gewohnheitsrecht entsteht immer auf diesem Weg, und was unmittelbar schon rechtliche Wirkungen haben wird, werden die Maßgaben dieser Vereinbarungen sein als Auslegungskriterium für Gerichte. Das kann man, offen gestanden, gar nicht sinnvoll bezweifeln.

Münchenberg: Auf der anderen Seite gibt es doch in Europa, aber auch in Deutschland schon sehr viele sehr konkrete Regelungen. Das Migrationsrecht ist ja schon sehr eng gefasst.

Merkel: Richtig! Es sind auch wichtige neue Regelungen in diesem Pakt, die richtig sind, die man unterstützen sollte. Wenn Sie mich fragen, wenn ich was zu sagen hätte, was ich vorschlagen würde im Moment mit diesem Pakt, dann würde ich sagen, man soll dem Pakt zustimmen mit einer ganzen Reihe von substanziellen Vorbehalten, die man im Völkerrecht bei solchen Vereinbarungen immer anmelden kann. Ich bin auch ziemlich sicher, dass das in Marrakesch eine Reihe von Staaten tun wird.

Münchenberg: Würden Sie so weit gehen und sagen, die Staatengemeinschaft hätte besser auf diesen Pakt verzichten sollen?

Merkel: Nein, so würde ich das nicht formulieren. Aber der Pakt ist – das muss man ganz deutlich sehen – in allen seinen Vereinbarungen unterströmt gewissermaßen von der tatsächlichen Voraussetzung, die er am Anfang formuliert, reguläre Migration ist ein Segen für die ganze Menschheit, für die Herkunftsstaaten, für die Transitstaaten wie für die Zielstaaten. Und das ist auch in ökonomischer Perspektive im Hinblick auf die Massenmigration der letzten Jahre und der kommenden Jahre und Jahrzehnte bis zum Abwegigen blauäugig. Das ist schlicht verkehrt, dass das einfach ein Segen für die ganze Welt sei.

Münchenberg: Herr Merkel, es gibt ja trotzdem auch eine Unterscheidung. Es gibt den Pakt für Flüchtlinge, der sich speziell mit Flüchtlingen befasst, und auch speziell für Migranten. Auch die UN differenziert da sehr wohl.

Merkel: Richtig und man muss auch differenzieren. Wir sind verpflichtet, wirkliche Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bei uns aufzunehmen. Daran ist überhaupt nicht zu rütteln. Das sind im Sinne der Konvention politisch Verfolgte und im Sinne der europarechtlichen Regelungen, die wir haben, sind es auch Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge. Solche Leute hat man hier aufzunehmen.

Ich rede nur von den Migranten, die der Pakt meint. Das sind schon derzeit und werden in den kommenden Jahren in der großen Mehrzahl Armutsmigranten sein, also sehr viele Menschen mit geringer Qualifikation. Ein hoher Anteil von denen wird nicht integrierbar sein, jedenfalls kurz- und mittelfristig nicht, in die Ökonomie. Und dann einfach zu sagen, das seien ökonomische Vorteile und ein Segen für die ganze Welt – das wird zigfach wiederholt in dem Pakt –, ist einfach irreführend.

Münchenberg: Herr Merkel, wenn man mal schaut, wer diesen Pakt nun alles ablehnt – das ist Ungarn, das sind die flämischen Nationalisten, das ist die AfD in Deutschland, das sind die österreichischen Rechtspopulisten von der FPÖ –, also politisch gesehen doch ja eine Gruppierung, die ziemlich einseitig auf bestimmte Entwicklungen schaut.

Merkel: Was soll ich dazu sagen? Ich habe keinerlei Affinitäten zu solchen politischen Richtungen, nicht die geringste. Ich rede als Wissenschaftler und betrachte mir das. Ich habe den Pakt Zeile für Zeile gelesen, was mit einer gewissen Anstrengung verbunden ist und was dem juristischen Laien auch mit der vollkommenen Transparenz vermutlich gar nicht möglich ist. Ich kann das nicht weiter kommentieren, als zu sagen, da sind natürlich auch Vermittlungsfehler gemacht worden. Man hätte von Anfang an sagen sollen, in dem Pakt stehen problematische Dinge drin und wir diskutieren noch darüber, das hohe Loblied auf jede Form auch der Massenmigration, das ich für verfehlt halte. Dann die groben Einseitigkeiten in diesem Pakt. Es steht einmal drin, wir verpflichten uns, Rassismus, Intoleranz und noch zwei, drei andere Dinge zu bekämpfen und zu verfolgen.

Der Leser nickt sofort mit dem Kopf. Und dann steht dabei: „Nur gegenüber Migranten“. Die Asymmetrie, die sich darin ausdrückt, ist in hohem Maße ungerecht. Das Phänomen der Intoleranz und des Rassismus gibt es auch auf Seiten der Migranten gegenüber der einheimischen Bevölkerung. Dass solche Dinge nicht mal erwähnt werden, zeichnet diesen Pakt als einseitig aus, und dass er das hohe Lied der Migration singt, als blauäugig.

Münchenberg: Hätten Sie sich noch von der Bundesregierung gewünscht, oder auch vom Parlament, dass man das noch stärker öffentlich auch diskutiert? Die AfD reklamiert das ja für sich, dass sie dieses Thema in den Vordergrund geschoben hat. Auf der anderen Seite gab es ja Anhörungen, aktuelle Stunden auch im Plenum. Aber trotzdem: Ist es zu wenig öffentlich diskutiert worden?

Merkel: Ja! Das ist nicht einfach ein Vorwurf, den man der Bundesregierung machen kann. Die öffentliche Debatte hätte von den Medien stärker aufgenommen werden müssen, stärker und früher natürlich. Aber die Regierungsparteien haben schon den Fehler gemacht, das zwar beiläufig da und dort im Bundestag zum Gegenstand zu machen, aber es musste unbedingt der dominante, wenn nicht sogar der einzige Gegenstand einer großen angesetzten Bundestagsdebatte werden. Dieser Pakt wird eine der wichtigen Zukunftsfragen für dieses Land politisch-substanziell beeinflussen. Das ist eine genuine Materie für das Parlament. Insofern habe ich es, offen gestanden, als beschämend empfunden, dass ausgerechnet die AfD das in diesem Modus ins Parlament gezwungen hat. Das ist kein Lob für die AfD, aber es ist ein Tadel für die anderen Parteien.

Münchenberg: Auf der anderen Seite stellt sich die Frage: Wenn so viele Länder diesen Pakt trotzdem unterstützen, sind die alle naiv?

Merkel: Ich sage Ihnen was. 100 Staaten von den 180, die den unterstützen, sind Schurkenstaaten nach unseren Kriterien, sind undemokratische Staaten. Die werden sich den Teufel um diesen Pakt scheren, soweit er sie belastet. Viele andere sind Herkunftsländer, und die sagen, das kann ganz gut für uns sein, soweit es schlecht ist, ignorieren wir das. Die kleine Gruppe der wirklichen echten Rechtsstaaten, da ist ein gehöriger Teil skeptisch.

Es werden auch andere Länder, da bin ich ziemlich sicher – ich tippe auf Holland und Dänemark, soweit die überhaupt mit akklamieren –, die werden Vorbehalte anmelden und in einigen Wochen wird dann nach dem Marrakesch-Beschluss der Pakt in der Generalversammlung der UNO als Resolution vorgelegt, und da werden noch viel mehr Vorbehalte kommen. Das ist im Völkerrecht möglich, seit eh und je wird das praktiziert. Ich finde, die Bundesregierung sollte das auch tun.

Dienstag, 11.Dezember, NORDWEST-ZEITUNG:

Das Trugbild der Rechtsunverbindlichkeit veranlasste besser beratene Staaten, die Finger von diesem Abkommen zu lassen. Bemerkenswert ist, dass Länder dazugehören, die durch Einwanderung und erfolgreiche Assimilation von Menschen aus aller Welt zu gut funktionierenden Gemeinwesen geworden sind. USA, Australien und Israel gehören hier hin. Dass sie nun ausgerechnet von Deutschland belehrt und zurechtgewiesen werden, einem Land, das eine kopflose und gescheiterte Einwanderungspolitik vorzuweisen hat, gehört zu den Treppenwitzen internationaler Politik.

Sonnabend, 8.Dezember, SPIEGEL:

Länder, deren Regierungen den Migrationspakt in Marrakesch nicht oder nur unter Vorbehalt unterzeichnen wollen oder die Unterzeichnung noch diskutieren: Lettland, Litauen, Dänemark, Belgien, Niederlande, Schweiz, Italien, Slowenien, Kroatien, Estland, Österreich, Polen, Slowakei, Bulgarien, Ungarn, Israel, Tschechien, möglicherweise noch weitere Länder.

 

Wenn auf der Welt Gerechtigkeit herrschte, wäre es hinreichend, sein Haus gebaut zu haben, und es bedürfte keines anderen Schutzes als dieses offenbaren Eigentumsrechts. Aber weil das Unrecht an der Tagesordnung ist, so ist erfordert, daß, wer das Haus gebaut hat, auch imstande sei, es zu schützen.

Arthur Schopenhauer (1788 – 1860)

 

Der Niedergang des menschlichen Intelligenzquotienten an einem typisch deutschen Beispiel

 

29. Juli 2018: Bellarmin an Mephisto

 

Wie Du weißt, kann der Intelligenzquotient die Fähigkeit zum logischen Denken, zum Schlußfolgern, zur Verarbeitung und angemessenen Bewertung der uns zufließenden Informationen widerspiegeln. Nun gibt es seriöse, also wissenschaftliche Studien, die zeigen messerscharf, daß der menschliche Intelligenzquotient im 20. Jahrhundert, nach einer stetigen Phase des Ansteigens, erst übergegangen ist in eine temporäre der Stagnation – und sich seither im Sinkflug befindet. Und wenngleich man beruhigend von nur ein paar Punkten der Skala spricht, fragt man sich natürlich warum.

Liegt es etwa an den Genen?

Anfänglich ging man vermutend aus von der für die Forschung anscheinend aus irgendeinem Grund völlig selbstverständlichen, aber für die politisch korrigierten Verhältnisse, beispielsweise Deutschlands, ungeheuerlichen Beobachtung, daß Menschen „niedriger Intelligenz“ (Deutschlandfunk), um Gottes Willen!, also daß Bildungsferne, daß die mehr Kinder bekämen als Bildungsnahe.

Als also die Nichtdummen.

Und sich demzufolge die Dummheit, also die Bildungsferne, stärker in den Bevölkerungen ausbreite als die Bildungsnähe.

Früher, als Vorurteile noch nicht verpönt waren, gab es den Spruch: DBDDHKPUKDKH – Doof bleibt doof, da helfen keine Pillen und kein Doktor kann helfen.

Du mußt die Abkürzung so schnell sprechen wie möglich!

Doch anhand von Experimenten unter Geschwistern glaubt man jetzt hinreichend sicher bewiesen zu haben, es läge nicht an den Genen.

Was auch ich glaube.

Sondern ich glaube, man täte gut daran, das bemerkenswert unterschiedliche Einsetzen des Niedergangs des Bevölkerungs-IQ in unterschiedlichen Ländern zu untersuchen in Kohärenz mit der Durchsättigung der jeweiligen Bevölkerungen mit einem derzeitigen neuen Medium.

Hier insbesondere des Fernsehens.

Der IQ-Knick in Norwegen beispielsweise soll bestens belegt sein ab 1975.

Womit ich zu sprechen komme auf, wie heißt der Kerl, auf Mesut Özil.

Nicht daß Du denkst, ich wolle dem Mann einen Knick unterstellen. Ich habe zu wenig Ahnung, als daß ich wüßte, was es da wohl zu knicken gäbe.

Der Mesut Özil aus der deutschen National-Elf hat also „seinem Präsidenten“, dem Recep Tayyip Erdogan, mit dem hat er in inniger Verbundenheit sein Hemd gewechselt. Nein, dem hat er sein Trikot geschenkt.

In einer völlig privaten Absicht fotografiert für die Weltöffentlichkeit.

Und der Mesut Özil, über dessen Intelligenzquotienten ich mich mitnichten auslassen will, konnte ja gar nicht ahnen, welche Auswirkungen seine und seines Kollegen harmlose Privataktion mit „seinem Präsidenten“ nach sich ziehe. Was mich, wenn ich dies gutgläubigerweise für nicht ausgeschlossen hielte, sowohl auf meinen als auch auf seinen IQ zu sprechen brächte. Die Welt ist aber so groß, laß mich darum lieber über die Quotienten anderer reden.

Nämlich nachdem der besagte sechsmalige „deutsche Nationalspieler des Jahres“ nach dummer-, pardon, nach bildungsfernerweise vielleicht verabredetem unerträglich langem Schweigen über jenes private Wäschegeschenk für „seinen Präsidenten“ Erdogan, nachdem der Exnationalözil mit großem Aplomb aus der deutschen Nationalmannschaft ausgetreten ist unter Zurücklassung einer englischen Begründung, enthaltend den Brandsatz: „I’m German when we win, but I’m immigrant when we lose“ – da konnte man in unserem ehemaligen Lande der Dichter und Denker so richtig die für den IQ so wichtige Informationsverarbeitung in deutschen Hirnen studieren.

Beispielsweise unsere stete Sofortbescheidwisserin Claudia Roth. Du erinnerst Dich, die hatte sich in ihrer Partei derart unbeliebt gemacht aus irgendeinem Grund oder aus mehreren Gründen, daß sie, zur eigenen Totalüberraschung, in einer Urwahl für den Parteivorsitz mit einem desaströsen Ergebnis abgestraft worden war, so daß ihren grünen Genossinnen und grünen Genossen nichts weiter blieb, die Claudia Roth, in Brüssel war wohl alles besetzt, auf den Posten einer Bundestagsvizepräsidentin zu hieven.

Also Claudia Roth fuhr sofort ab auf Özils hingehaltenen Beißring und schlug sich dabei sofort heftigst an ihre schuldbewußte Brust.

Was für ein Rassismus in Deutschland!

Und so ging das hoch und runter beim Brustschlagen, ich meine in Deutschland: Die armen „Deutschtürken“!

Die fühlen sich fremd in unserem Land!

In vierter Generation!

Wir haben sie nicht integriert!

Was für ein Rassismus!

Und Erdogan lachte sich in seine Fäustchen: Seht, welch ein Faschismus in Deutschland!

Und seine Parteigenossen! Zum Beispiel: „Since Adolf Hitler, nothing has changed in Germany. Racism is only contemporary modernized.“

Via Twitter #WeAreWithÖzil.

Hier hätten wir übrigens ein nach meiner These neues Medium, das dem menschlichen Intelligenzquotienten den endgültigen Knick ins Bodenlose bescheren könnte.

Nur unser Außenminister, der mir schon jetzt seine drei Amtsvorgänger, die allerdings drei schlechtesten Außenminister, welche die Bundesrepublik je hatte, deutlich übertrifft nicht nur mit seiner Informationsverarbeitung inklusive ihrer angemessenen Bewertung, der Heiko Maas meinte trocken, er glaube nicht „dass der Fall eines in England lebenden und arbeitenden Multimillionärs Auskunft gibt über die Integrationsfähigkeit in Deutschland“.

Wofür er von einem anderen notorischen Bescheidwisser und zudem Parteigenossen des Heiko Maas namens Gerhard Schröder, welcher wohl gerade zurückgekehrt war von der Inaugurationsfeier seines Freundes Recep Tayyip Erdogan nach seiner rechtzeitigen Rückkehr von der Inaugurationsfeier seines Freundes Wladimir Wladimirowitsch Putin, wofür der arme Heiko Maas sofort gerügt wurde vom Bescheidwisser Schröder, Maas‘ „dumpfe Kommentare“ zu Özil seien „schlicht und einfach unerträglich“.

Ja, der Intelligenzquotient…

Da hat der Özil sie also alle übertroffen!

Keiner redet mehr darüber, worum es eigentlich geht.

Nämlich wie sein Präsident zu seinem neuen Hemde kam…

 

Freitag, 27. Juli 2018, Deutschlandfunk:

Der DFB-Integrationsbeauftragte Cacau hat die Rassismus-Vorwürfe durch den zurückgetretenen Fußball-Weltmeister Özil gegen die Führungsspitze des Verbandes zurückgewiesen.

Kritik sei nicht gleich Diskriminierung oder Rassismus, sagte der aus Brasilien stammende frühere Nationalspieler der „Bild“-Zeitung. Das Erdogan-Foto habe eine politische Aussage, auch wenn Özil dies anders beurteile. Der Integrationsbeauftragte beklagte, die öffentliche Diskussion gehe mittlerweile in eine falsche Richtung. Man habe das Gefühl, dass Deutschland ein flächendeckendes Rassismusproblem habe. Dies sei aber nicht der Fall.

 

Kopf gut schütteln vor Gebrauch!

Erich Kästner (1899 – 1974)

 

Mord, Lüge und Heimtücke

 

4. Juni 2018: Serapion an Mephisto

 

Nun war ich gerade drauf und dran, den Mann auch einmal zu loben. Nämlich unseren ehemaligen Justiz- und aktuellen Außenminister. Denn im Gegensatz zu seiner früheren Erscheinung hat er in der jetzigen Position wirklich eine gute Figur abgegeben, sowohl in Israel als auch gegenüber Rußland.

Schon allein dadurch, daß er einfach sagte, was ist.

Im Bezug zu Rußland zum Beispiel (DER SPIEGEL 16/2018):

Erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs wurden mitten in Europa geächtete chemische Waffen eingesetzt, Cyberangriffe scheinen zu einem Bestandteil russischer Außenpolitik zu werden, in einem so schwerwiegenden Konflikt wie in Syrien blockiert Russland den Uno-Sicherheitsrat – das alles trägt nicht zur Vertrauensbildung bei.

Oder:

Ich glaube zumindest nicht, dass irgendetwas besser wird, wenn wir den Eindruck erwecken, dass wir die schwierigen Entwicklungen einfach stillschweigend akzeptieren. Je komplizierter das Verhältnis, eine desto klarere Sprache brauchen wir.

Oder:

Es gibt klare Vereinbarungen, die vorsehen, dass Sanktionen erst abgebaut werden, wenn Russland seine Verpflichtungen erfüllt. Pacta sunt servanda, daran sollten wir uns halten.

Endlich!

Doch diese im Vergleich zu seinen Amtsvorgängern realistischere Position gegenüber Rußland wird, und dies von der Berichterstattung deutscher Medien ausnahmslos wie blöde kolportiert, permanent als „hart“ apostrophiert von seinen sozialdemokratischen Parteigenossen. Der rappelköpfige Unmut dieser Leute steigerte sich dermaßen, daß der Heiko Maas letzte Woche extra zu einer Sondersitzung vor ein Parteigremium einbestellt wurde.

Um ihn zurückzupfeifen!

Und die deutsche Außenpolitik in eine geistig eingeengte, also sozialdemokratisch genehme, zu verwandeln.

Ein eigentlich doch ungeheuerlicher Vorgang!

Dessen Dimension wieder einmal von deutschen Medien nicht im mindesten erfaßt wird!

Soweit durchdrang, soll auf jener Parteiveranstaltung zur sozialdemokratischen Festlegung der deutschen Außenpolitik die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles sogar von „deutsch-russischer Freundschaft“ gefaselt haben.

Das hätte ohne weiteres auch aus der Linkspartei kommen können.

Von ihrem Parteigenossen Gregor Gysi einst mit dem Spitznamen Klara Klarsicht belegt aus irgend einem Grund, macht sich die in den Medien stets überpräsente Sahra Wagenknecht derweil schon munter stark für einen europäischen Zusammenschluß mit Rußland für eine Einheitsfront gegen die USA.

Deshalb will ich mit meinem Lob doch erst einmal abwarten, ob sich der Zurückgepfiffene hat zurückpfeifen lassen.

Bislang knüpft die EU die Aufhebung der Sanktionen jedenfalls an eine vollständige Erfüllung der Minsker Vereinbarungen, die ein Ende der Gefechte und den Abzug schwerer Waffen von der Front in der Ostukraine vorsehen.

Ich will erst abwarten, ob Heiko Maas nun auch in seiner Genossen Geseier einstimmt vom Abbau der Sanktionen. Oder in das Geseier von der Dialogsuche mit Moskau.

Als hätte jemals jemand gefordert, nicht mehr mit den Russen zu reden!

Im Gegenteil!

Doch zu einem konstruktiven Dialog gehören immer zwei.

Wir müssen uns in der Russlandpolitik an den Realitäten orientieren. Russland hat sich selbst immer mehr in Abgrenzung und teilweise Gegnerschaft zum Westen definiert. Russland agiert leider zunehmend feindselig: der Giftgasanschlag in Salisbury, die Rolle in Syrien und der Ostukraine, Hackerangriffe, auch auf das Auswärtige Amt. Dennoch: Ich habe bei allem, was wir in den letzten Wochen getan haben, auch immer darauf hingewiesen, dass wir mit Russland im Dialog bleiben müssen. Wir brauchen Russland, nicht nur wenn wir den Syrienkonflikt lösen wollen.

Ich muss aber zur Kenntnis nehmen, dass die meisten unserer Partner mittlerweile einen sehr kritischen Blick auf Russland haben und zum Teil die Möglichkeit eines Dialogs bezweifeln. In der Vergangenheit waren sie zum Teil bereit, sich von Deutschland mitnehmen zu lassen, heute fragen sie: Was hat das gebracht?

(Originalton Heiko Maas, im erwähnten SPIEGEL, also noch vor der SPD-Parteisitzung)

Daß die „meisten unserer Partner mittlerweile einen“ realistischeren Blick auf Rußland gewonnen haben als ihre deutschen Kollegen Steinmeier und Gabriel und deren Parteigenossen, ist allerdings etwas beruhigend im Hinblick auf die künftige deutsche Außenpolitik.

Zur Sicherheit.

Denn noch immer hört man aus der SPD, man solle nun endlich zurückzukehren zur brandtschen Ostpolitik! Das klang auch an in dem SPIEGEL-Interview:

SPIEGEL: Die SPD hat eine lange Tradition des Dialogs mit Russland. Was ist für Sie die Lehre der Ostpolitik Willy Brandts?

Maas: Zur Ostpolitik gehört für mich nicht nur Russland, dazu gehören auch die osteuropäischen Staaten. Um die müssen wir uns mehr kümmern, als das manchmal in der Vergangenheit der Fall war.

Dem drängt es mich hinzuzufügen:

Das Verhältnis zu Rußland kann heute nicht gestaltet werden mit Mitteln der neuen Ostpolitik à la Willy Brandt und Egon Bahr, ihrer einstmaligen und heute leider schon wieder unterschätzten Genialität zum Trotze. Ein Grund ist die Verkennung des Interessenwandels der russischen Seite von damals zu heute.

Damals ging es der russischen Seite um die Sanktionierung der Grenzen ihres illegitimen Imperiums durch den Westen. Ihres sowjetisch genannten, also russischen, also menschenverachtenden Imperiums, das sie sich nicht zuletzt vermittels ihrer typischen, also verlogenen Doppelzüngigkeit auf der Konferenz in Jalta erworben hatte. Erinnert sei nur an die Zusage der Abhaltung freier Wahlen auf der Grundlage des allgemeinen und geheimen Wahlrechts in allen vom Faschismus befreiten Ländern („Erklärung über das befreite Europa”).

Beispielsweise in Polen.

Damals hing das Interesse der Sowjet-Union, also Rußlands, an einer Anerkennung der europäischen Nachkriegsordnung, insbesondere einer Sanktionierung der bestehenden Grenzziehung, also an der diplomatischen Absicherung ihrer Einflußsphäre. Übrigens inklusive einer Anerkennung des in mehrfacher Hinsicht doch eigentlich symptomatischen Hitler/Stalin-Paktes im Hinblick auf die russische Besetzung der baltischen Staaten!

Die sie vermittels der neuen Ostpolitik und der KSZE im Gefolge erhielt.

Heute handelt das russische Interesse jedoch von Veränderung bestehender Grenzen und von Beschneidung nachbarstaatlicher Souveränität. Es geht nicht um Bestätigung, sondern um Veränderung des Status quo.

Bei dem sogenannten Konflikt in der Ostukraine beispielsweise handelt es sich doch nicht um einen ukrainischen Bürgerkrieg mit Separatisten!

Sondern um eine kriegerische Aggression.

Die ohne Söldner, Waffen und Material aus Rußland augenblicklich ihr Ende fände.

Wie spdämlich verkleistert muß man eigentlich sein im Hirn, um das nicht zu erkennen?

Weiterhin geht die Fehleinschätzung immer noch aus von der illusorischen Sehnsucht nach einer Partnerschaft zwischen dem Westen und Rußland.

Man verkennt in gefährlicher Weise die Gegnerschaft!

So wird man Protagonist lobbyistisch untergrabender Propaganda und macht sich im leninschen Sinn zum nützlichen Idioten des russischen Chauvinismus. Folglich gibt man sich immer noch Illusionen hin bezüglich putinscher Absichten und glaubt, den Auftraggeber von Auftragsmorden beschwichtigen zu können wie einst Hitler mit dem Münchener Abkommen.

Für den „Konflikt“ gäbe es keine militärische Lösung, lautete geschichtsvergessen das gravitätisch dahergeschwätzte Mantra steinmeiernder Außenpolitik.

Nach dem Sieg der Alliierten über Hitlerdeutschland!

Ein Mantra, dessen Verabsolutierung jeglicher Aggression die Landesgrenzen öffnen würde und ihr zum Durchmarsch verhülfe.

Wie Hitler das Münchener Abkommen.

Wie Vergangenheit und Gegenwart aber lehren, gibt es auch „Konflikte“, also Aggressionen, die allen Hoffens und Wünschens zum Trotz sich nicht friedlich lösen lassen.

Und inzwischen führte der lupenreine Demokrat im Kreml mehrfach vor, wie sich „Konflikte“ durchaus militärisch lösen lassen.

Apropos Steinmeier… Das ist derselbe Mann, um nur bei einigem bei dem vielen, was zu sagen wäre, zu bleiben, das ist also derselbe Mann, der angesichts der russischen Aggressionen, beispielsweise die in der Ostukraine, mit all seinen Anstrengungen und Bemühungen zur Erlangung des Friedensnobelpreises bei jeder einzelnen vorhersagbar scheiterte. Der jedesmal, also bei weitem nicht nur in Genf und Minsk, an der Fehleinschätzung der durchaus üblichen und vorhersehbaren Verlogenheit der russischen Seite scheiterte! Der als nützlicher Idiot immer glaubte und mit seinen SPD-Epigonen noch immer glaubt, den „Konflikt“, also die Aggression, mit Mitteln der brandtschen Ostpolitik lösen zu können und bis heute den wesentlichen außenpolitischen Interessenunterschied nicht begriffen hat.

Der ehemalige deutsche Außenminister und heutige Bundespräsident, der Wladimir Wladimirowitsch ebensowenig durchschaute wie die jahrhundertalte Politik der chauvinistischen Russifizierung fremden Territoriums und unbekümmert den Abbau der Sanktionen fordert!

Gefährlicherweise.

Der sich von den Russen bedenkenlos den Begriff „Separatist“ aufdrängen ließ für russische Träger russischer Waffen.

Während bei alldem Euer wackerer Steinmeier und seine Epigonen sich immer fragten, was der gegenwärtige Herr aller Reußen denn ureigentlich wolle.

Und der, zeitweilig im 24-Stunden-Rhythmus, die NATO (!) und den Westen (!) warnte, tatsächlich, vor „lautem Säbelrasseln“ und, tatsächlich, vor „Kriegsgeheul“!

Und der dafür sehr gelobt wurde im Netz von Trollen, die nach Rubel stanken und nach Machorka.

Aber daß er den Auftraggeber, daß er den im Ergebnis der denkwürdigen Londoner Untersuchung über den Plutonium-Mord gleichzeitig als „vermutlichen“ Auftraggeber von Auftragsmorden Bezeichneten ebenfalls eines mahnenden Wortes gewürdigt hätte, wenigstens einmal, einmal wenigstens nach der Okkupation der Krim – nichts davon.

Wenn ein erster Preis für die scheinintelligenteste Frage zu vergeben wäre in Deutschland, sollte man ihn der amüsanten Grübelei widmen, was der Auftraggeber denn wolle mit all seinen Machinationen.

Die Frage abendländischer Logiker.

Zweiter Preis: Ob er noch die Kontrolle ausübe über die „Separatisten“. Wobei das Adverb „noch“ jenes Fragesatzes als besonderes Juwel ins Auge sticht. Und zur Beruhigung: Er hat sie.

Und er hatte sie.

Selbst wenn die manchmal so tun, als schössen sie von alleine weiter.

Tja, was mag er wohl wollen, unser verkniffen lächelnder Wladimir Wladimirowitsch, der sich, treffsicher auf das typische geistige Niveau seiner zu mehr als 80 Prozent hinter ihm stehenden russischen Anhängerschaft zielend, gern präsentiert mit heldisch freiem Oberkörper.

Wenn Ihr es nicht aus der russischen Geschichte herauszulesen wißt, den Wert russischer Bekundungen und Beteuerungen und russischer Zusagen solltet Ihr selbst bei Euch im russenfreundlichen Deutschland doch zwischenzeitlich etwas besser einzuschätzen gelernt haben.

Wenigstens das Kurzzeitgedächtnis anknipsen, bitte!

Wenn Du mir nun noch versprichst, es nicht weiter zu sagen, verrate ich Dir jetzt sogar die Antwort auf die Frage für den ersten Preis, ganz im Vertrauen. Tja, also der Wladimir, also was der will, das ist eigentlich ganz einfach:

Der Wladimir will russischen Frieden!

In welchem, wenigstens als dessen Vorstufe, transnistriesche Zustände verewigt werden.

Wie auch in Südossetien und Abchasien.

Wo Russen auf einem Fünftel georgischen Territoriums die geraubten Gebiete mit dem Ausbau von Grenzbefestigungen und mit provokativen Militärübungen absichern und gegen jedes Völkerrecht den georgischen Luftraum drohend mit ihren Kampfjets durchpfeifen.

Wer spdämlich glaubt, das gegenwärtige russische Gebaren wäre lediglich eine Folge der obamaischen Einstufung Rußlands als Regionalmacht, und die russische Politik wäre ohne diese scharfsichtige Beobachtung auch nur um ein Jota anders verlaufen, der hat die russische-Erde-Gewinnungspolitik seit Iwan dem Schrecklichen nicht begriffen.

Und wird auch künftig und regelmäßig mindestens alle paar Jahre erstaunt und unsanft aus allen sozialdemokratischen Wolken fallen.

Im mildesten, wenngleich nicht im milden Fall.

Einer wirksamen Politik der Eindämmung des typisch russischen Hegemonialstrebens statt seiner illusorischen Beschwichtigung könnten vornehmlich drei Grundsätze als Basis dienen:

1) Rußland sind international keinerlei Sonderrollen und Sonderrechte und besondere Mitspracherechte zuzubilligen!

Rußlands taktisches Bestreben ist beständig gerichtet auf die Beanspruchung von Sonderrollen und Sonderrechten gegenüber den Anrainerstaaten und global.

Beispiel:

Rußland gehörte und gehört nicht in die G7!

2) Rußland kämpft grundlegend gegen den Westen, gegen seine Werte und seine Kultur.

Es handelt sich um eine tolle Torheit, das zu verkennen!

Darum:

Rußland ist kein Partner!

Rußland ist Gegner!

Strategisch bedeutet dies beispielsweise: Statt soviel wie möglich Wirtschaftsbeziehungen mit Rußland so wenig wie nötig. Alles andere wird zum Übel.

Der von Wladimir Wladimirowitsch propagierte Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok würde für den Westen zum Übel.

3) Das Licht der Wahrheit und Öffentlichkeit scheut der Kreml wie der Teufel das Weihwasser. Das bedeutet: Gegenüber Rußland statt diplomatischer Kotaus stetig klare Ansage mit klaren Begriffen und deutliche und öffentliche Benennung von Fakten und Tatsachen.

Beispiel:

In Rußland herrscht ein faschistoides verbrecherisches Regime. Mit Mord, Lüge und Heimtücke.

Und wer das „lupenrein demokratisch“ nennt, macht sich mitschuldig.

 

Der Kommunismus als Prinzip der Neuordnung der Klassenbeziehungen existiert ja gar nicht mehr. Der Kommunismus ist ja heute das Prinzip des Expansionsdranges eines Nationalstaats. Und heute ist die Frage ‚Kommunist oder Sozialdemokrat?‘ die Frage ‚Russe oder Deutscher‘.

Und wir sind die Deutschen!“

Kurt Schumacher (1895 – 1952), nach neun Jahren, neun Monaten und neun Tagen Haft in nationalsozialistischen Konzentationslagern im Nachkriegsdeutschland SPD-Parteivorsitzender, am 1. November 1947 in Berlin