A N A B A S I S

Thalatta ! Thalatta !

Monatsarchive: Februar 2017

24.2.17 Mephisto an Bellarmin

 

Es ist nicht zu fassen, daß Menschen immer wieder hereinfallen auf das ausgeleierte Eiapopeia der populistischsten Partei Deutschlands. Jedesmal vor Wahlen entdeckt die ehemalige Volkspartei eine himmelschreiende Ungerechtigkeit im Lande, meistens übrigens soziale Belange betreffend in Bereichen der von ihr regierend verwalteten Ressorts, und gebärdet sich kämpferisch bis aufs letzte Hemd von Andrea Nahles. Apostelin Andrea konnte dem Messias Martin schlecht widerstehen: „Ich habe einen Auftrag erhalten von Martin Schulz, und ich werde das auch tun“, verkündete im Lauf dieser Woche vor den geduldigen Kameras jene Andrea mit dem Stolz sozialdemokratischer Unbekümmertheit und offenbar unbehelligt von jeglicher kritischen Nachfrage Eurer Presse. Und es wäre doch wenigstens die Frage wert gewesen, wieso sich eine Ministerin der Bundesrepublik vom wahlkämpfenden Kandidaten einer Partei mir nichts dir nichts beauftragen läßt, ihm zuzuarbeiten. Ohne wenigstens hinzuzufügen, daß sie der Erfüllung ihrer Zusage natürlich in ihrer karg bemessenen Freizeit nachkomme und dafür nicht etwa die Ressourcen ihres steuergeldfinanzierten Ministeriums anzapfe… Und natürlich dann gleichermaßen zusichere, eventuelle Aufträge übriger wahlkämpfender Parteikandidaten mit dem dem Gleichheitsgrundsatz folgenden Elan abzuarbeiten in ihrer ministeriellen Freizeit…

Apropos Martin Schulz, o wärst du doch in Brüsseldorf geblieben, möchte man meinen.

Wollte er ja auch, wortbrüchigerweise. Der Mann, der gewissermaßen als Aushängeschild für die Europäische Union werben will und dem seine Anhänger in deutschlandweiten Umfragen tatsachenunbekümmert, pardon, postfaktisch eine besonders hohe Glaubwürdigkeit attestieren, hatte in Brüssel eigenhändig eine Vereinbarung signiert, infolge der er den Posten des Parlamentspräsidenten nach der Hälfte der Legislaturperiode an die größte Parlamentsfraktion abgebe. Der Glaubwürdige war mit Unterstützung ebenjener Fraktion nur aufgrund jener Abmachung zum Präsidenten gewählt worden, und sonst wäre der Vollmundige eben nicht gewählt worden. Und hatte karrieregeil jedoch, entgegen aller Machtverhältnisse, nach Ablauf der Zeit gepfiffen „Trallala, Pakte sind zum Brechen da“ und sich geweigert und gezetert und um sich geschlagen und wollte sich partout nicht an die von ihm unterschriebene Abmachung halten.

„Es ging ihm nicht um Europa oder die soziale Gerechtigkeit, es ging ihm ausschließlich um die eigene Karriere. Die Wahrheit ist: Der Mann ist nur deshalb Kanzlerkandidat geworden, weil er nicht Parlamentspräsident bleiben konnte“, meint Wolfgang Schäuble wohl nicht zu Unrecht.

Woraufhin die üblichen Sozialdemokratischen Populisten Deutschlands, wie beispielsweise die gewöhnlichen Verdächtigen Stegner oder Oppermann, eine persönliche Schmutzkampagne der CDU gegen Martin Schulz beschrien, und zwar aus niederen Beweggründen. Also nicht, daß Du das in den falschen Hals kriegst: Gemeint mit den niederen Beweggründen ist natürlich nicht die Unterstellung Stegners und Oppermanns. Sondern die von beiden beschworene Angst der CDU vor Schulz. Weshalb die Union den Schulz mit Unterstellungen verfolge. Wie er habe zum Beispiel während seiner Amtszeit in Brüssel mit Mitteln der Begünstigung des Postenbeschaffens regelwidrig seine Getreuen bedient und ihnen Pfründe zugeschanzt.

Dazu mußt Du wissen, der Deutschlandfunk hatte bereits völlig unabhängig und vor dem Beginn jener Querelen am ersten des Monats pikanterweise gemeldet:

Abgeordnete des EU-Parlaments haben nach Einschätzung interner Prüfer in zahlreichen Fällen ihre Reisekosten nicht korrekt abgerechnet.

Einem aktuellen Bericht des Haushaltskontrollausschusses zufolge wurde 2015 in 376 Fällen ein möglicher Missbrauch überprüft. In knapp 200 Fällen seien beantragte Gelder nicht erstattet oder zurückgefordert worden, ein Fall sei an die Ermittlungsbehörde weitergeleitet worden. Dabei ging es mehrheitlich um die fehlerhafte Abrechnung von Reisekosten. Auffälligkeiten gab es laut Kontrollausschuss auch bei den Ausgaben für die Beschäftigung von Assistenten.

Zehn Tage später meldete an gleicher Stelle die gleiche Welle mit einem für den sonstigen Nachrichtenstil des Mediums aufhorchen lassenden kritischen letzten Satz:

SPD-Generalsekretärin Barley wiederum warf ungenannten CDU-Abgeordneten vor, Gerüchte über Schulz zu verbreiten und eine Schmutzkampagne zu starten. Der CDU-Europaabgeordnete Reul kritisiert in einem Papier, das dem Deutschlandfunk vorliegt, Schulz‘ Amtsführung als EU-Parlamentspräsident und wirft ihm vor, Vertrauten Posten verschafft zu haben. Gerüchte oder Neuigkeiten enthält das Papier nicht.

Denn nicht etwa der CDU-Mann Reul, sondern Leute eines Brüsseler Kontrollausschusses hatten untersucht und untersuchen weiterhin die Amtsgebaren des sich vollmundig für soziale Gerechtigkeit aufplusternden Schulzen, und waren dabei unter anderem gestoßen auf den Fall von Schulzens Europawahlkampf-Manager Markus Engels und auf eine erneute Unterschrift Schulzens. Diesmal unter einem dubiosen Vertrag, der vorsätzlich seinem Engels Reisekosten aus der Brüsseler Kasse für rein fiktive Dienstreisen zubilligt. Worauf also des Schaumschlägers Europawahlkampf-Manager allein im Jahre 2012 in Brüssel für 273 Tage fiktives Reisegeld, pardon, Reisegeld für fiktive Reisen in Höhe von 16000 Euro abrechnete…

Am 14. interviewte Jasper Barenberg im Deutschlandfunk Katarina Barley, die Generalsekretärin der SPD und fragte sie, ob sich einer, der für das Kanzleramt kandidiere auch kritische Fragen gefallen lassen müsse, was die Generalsekretärin bejahte.

Barenberg: Kritische Fragen finden Sie okay, aber Sie werfen der Union trotzdem jetzt schon eine Schmutzkampagne vor?

Barley: Die Sachen, die da aufgebracht werden, sind ja, was Martin Schulz selbst betrifft, alt. Das haben Sie ja auch in dem Beitrag erwähnt. Die sind von 2014, die sind schon x-mal geprüft. Es ist ja nicht so, als hätte Martin Schulz in seiner Zeit im Europäischen Parlament nicht schon etliche Kampagnen über sich ergehen lassen müssen, von Berlusconi über griechische Faschisten über alle möglichen Dinge. Es war nie irgendwas dran.

Barenberg: Und da hat er ja auch Fehler gemacht, hat er ja auch eingeräumt, was etwa die Tagesgelder im Europäischen Parlament anging, die er noch in Anspruch genommen hat, als er schon als Kandidat unterwegs war.

Barley: Das ist alles schon x-mal durchgenudelt worden und wo sie nichts Neues finden, gehen sie auf den Mitarbeiter. Das finde ich nun wirklich perfide. Der hat jedenfalls nach meinem Kenntnisstand und auch nach dem, was man überall lesen kann, nichts gemacht, was gegen irgendwas verstößt.

Barenberg: Wir waren ja an dem Punkt, dass wir gesagt haben, kritische Fragen sind zulässig. Das gilt aber nicht für sehr enge Mitarbeiter von Martin Schulz?

Barley: Doch, natürlich! Aber das ist alles korrekt gelaufen. Das bestreitet auch niemand.

Barenberg: Da hätte ich eine Frage, Frau Barley. Ist es denn in Ordnung, wenn einer der engsten Mitarbeiter von Martin Schulz für das Jahr 2012 273 Tage Reisegeld in Anspruch nimmt im Gegenwert von 16.000 Euro für Dienstreisen, die er gar nicht angetreten hat? Denn in diesen 273 Tagen im Jahr 2012 war er in Berlin und ist dort ins Büro gegangen. Ist das in Ordnung?

Barley: Wissen Sie was? Man kann über EU-Regelungen von mir aus diskutieren. Nur: Alles was da passiert ist, ist den EU-Regeln konform verlaufen. Das bestreitet auch niemand.

Barenberg: Das mag rechtlich in Ordnung sein, aber finden Sie es moralisch in Ordnung?

Barley: Ist das jetzt im Ernst Ihre Frage gegenüber Martin Schulz, dass Sie wirklich gegenüber Martin Schulz sagen wollen, ist es moralisch in Ordnung, wenn sein Mitarbeiter nach EU-Regeln sich verhält? Das ist doch jetzt nicht wirklich Ihr Ernst.

Barenberg: Ich frage Sie, weil Sie sagen, das hat nichts mit Martin Schulz zu tun, wenn sein engster Vertrauter einen Vertrag so gestaltet, dass sein Arbeitsplatz in Berlin ist, sein Dienstort aber in Brüssel, und er deswegen überhaupt die Möglichkeit bekommt, Dienstreisen abzurechnen im Gegenwert von 16.000 Euro, die er gar nicht antritt.

Barley: Das sind EU-Regeln, die ja nicht für ihn gemacht worden sind. Das sind Regeln, die in der EU so gelten.

Aber zu sagen, jemand, der sich nach den Regeln verhält, muss sich jetzt moralisch, nicht mal er, sondern Martin Schulz muss sich jetzt moralisch im Nachhinein an einer höheren Latte messen lassen als alle anderen EU-Mitarbeiter, das ist schon, kann man machen, aber ich finde, ehrlich gesagt, das ist Wahlkampf auf einem Niveau. Ich würde lieber die inhaltliche Auseinandersetzung suchen.

Barenberg: Das verstehe ich sehr gut. Zu dieser inhaltlichen Auseinandersetzung gehört ja, dass Martin Schulz sagt, er will für all die hart arbeitenden Menschen in Deutschland arbeiten und für die Verbesserungen erreichen. Und ich glaube, viele fragen sich wirklich, ob da der Grundsatz gelten kann, Reisekosten werden abgerechnet, obwohl nicht gereist worden ist. Und das ist bei seinem Wahlkampf-Manager der Fall gewesen und ich habe von Ihnen noch keine Antwort auf die Frage, ob Sie das eigentlich in Ordnung finden. Sie haben gesagt, das ist regelkonform, aber ob Sie das so in Ordnung finden, haben Sie noch nicht gesagt.

Barenberg: Ich kann Ihnen auch zu den Einzelheiten nicht viel sagen, weil wie gesagt, Markus Engels hat seinen Job gekündigt, seinen unbefristeten Job bei der EU gekündigt, um zur SPD zu kommen. Wir haben deswegen auch gar keine Einsicht in die Personalakte, die offensichtlich jemand anders hat, der da Informationen an die Presse rausgibt. Wir haben die nicht. Ich kann Ihnen zu dem Einzelfall deswegen auch gar nichts sagen.

Das ist ein Auseinanderfallen von Dienst- und Arbeitsort oder Dienst- und Anstellungsort. Ich war selber auch mal Landesbeamtin. Das gibt es in jedem Landesrecht. Wie gesagt, Sie können sich über die Sinnhaftigkeit von solchen Regelungen gerne unterhalten. Aber finden Sie es nicht erstaunlich, dass in einem Moment, wo zum ersten Mal seit langer Zeit wieder die SPD auf Augenhöhe mit der Union ist, jetzt mit solchen Dingen gearbeitet wird über Vorfälle, die Jahre her sind? Finden Sie das nicht seltsam?

Barenberg: Ich finde das nicht erstaunlich. Ich würde vermuten, dass der politische Gegner nach genau solchen Dingen sucht, weil es darum geht, einen Kandidaten, der den Anspruch erhebt, ins Kanzleramt einzuziehen, auf Herz und Nieren zu prüfen. Und ich finde, das könnte dazugehören. Ich meine, das würden viele Hörerinnen und Hörer auch so sehen. Würden Sie denn empfehlen, dass Martin Schulz sich zu diesem Ganzen, zu dieser Frage öffentlich selber erklärt?

Barley: Ich glaube, er hat dazu alles gesagt, was nötig ist.

Barenberg: Was hat er dazu gesagt?

Barley: Die Vorwürfe gegen ihn selbst sind vorwärts und rückwärts geprüft worden in den entsprechenden Gremien der Europäischen Union. Da ist nichts dran. Und Markus Engels hat sich nach den Regeln der Europäischen Union verhalten. Das heißt, da ist auch nichts dran. Ich glaube, mehr muss er dazu auch nicht sagen.

Barenberg: Für Sie ist das abgeschlossen?

Barley: Für mich ist das abgeschlossen.

 

18.2.17 Mephisto an Bellarmin

 

Nun hat man bei Euch in Deutschland also den zweitschlechtesten Außenminister, den die Bundesrepublik je hatte, überfallartig ins Präsidialamt gehievt. Am Tag danach sah sich wenigstens das niederländische NRC HANDELSBLAD veranlaßt, darauf hinzuweisen, daß ein Bundespräsident über den Parteien stehen solle:

Dass seine eigene Partei sich daran noch gewöhnen muss, zeigte sich am Wochenende. Die SPD platzierte auf Twitter ein Foto vom Schloss Bellevue mit der Bemerkung, man freue sich auf den sozialdemokratischen Hausherren. Das zeugte von wenig Respekt für die bevorstehenden Wahlen.

Nun, das ist allerdings kein neuer Zug an dem Mann und seiner Partei, schon in seiner ersten Amtszeit kam es vor, daß er, im wesentlichen unbeanstandet von der sich kritisch wähnenden deutschen Presse, schon mal zu einer Parteiveranstaltung ins Außenministerium lud.

Das ist auch derselbe Mann, der sich während seiner ersten Amtszeit in Berlin im Bündnis mit dem Vertreter einer ausländischen Macht, hier in Gestalt des chinesischen Außenministers, vor die hauptstädtischen Kameras stellte, um in eigentlich landesverräterischer Weise dagegen zu schimpfen, dass die Regierungschefin den Dalai-Lama empfangen hatte. Letztes Jahr (=> Hochverrat) schrieb ich Dir darüber: „Man stelle sich vor, ein französischer Außenminister gäbe gemeinsam mit dem Vertreter einer ausländischen Macht in Paris eine Pressekonferenz, um gegen einen vom Élysée geladenen Gast zu protestieren!“

Das ist derselbe Mann, der gravitätisch ständig den geschichtsvergessenen Satz daherschwätzt, es gäbe keine militärische Lösung…

Nach dem Sieg der Alliierten über Hitlerdeutschland!

Das ist derselbe Mann, um nur bei einigem, was zu sagen wäre, zu bleiben, das ist also derselbe Mann, der angesichts der russischen Aggressionen, beispielsweise gegen die Ukraine, mit all seinen Anstrengungen und Bemühungen zur Erlangung des Friedensnobelpreises bei jeder einzelnen vorhersagbar scheiterte. Der jedesmal, also bei weitem nicht nur in Genf und Minsk, an der Fehleinschätzung der durchaus üblichen Verlogenheit der russischen Seite scheiterte! Der als leninscher „nützlicher Idiot“ immer glaubte und noch immer glaubt, den „Konflikt“ mit Mitteln der brandtschen Ostpolitik lösen zu können und bis heute den wesentlichen außenpolitischen Interessenunterschied nicht begriffen hat, daß nämlich die zwecks Sicherung des unterworfenen Machtbereichs einst auf Bestätigung bestehender Grenzen erpichte russische Imperialpolitik heute auf deren expansive Verrückung zielt.

Der deutsche Außenminister und künftige Bundespräsident, der bis heute Wladimir Wladimirowitsch nicht durchschaut und die Jahrhunderte alte Politik der chauvinistischen Russifizierung fremden Territoriums.

Gefährlicherweise.

Der die NATO vor Säbelrasseln warnt!

Und nicht ein einziges Mal Rußland!

Der dagegen unbekümmert die Aufhebung der Sanktionen fordert!

Der sich von den Russen bedenkenlos den Begriff „Separatist“ aufdrängen läßt für russische Träger russischer Waffen, ohne welche die russische Aggression, pardon, der „Ukraine-Konflikt“ längst beendet wäre.

DER Berliner TAGESSPIEGEL schrieb am 12. Februar im Hinblick auf das in der Zeitung als gescheitert bezeichnete Minsker Abkommen:

So blieb es bei der [steinmeierschen] Sprachregelung, dass das Abkommen umgesetzt werden müsse. Der gebetsmühlenartig vorgetragene Appell richtete sich stets an beide Seiten gleichermaßen. Die Vermittler wollten damit ihre Neutralität unter Beweis stellen. Doch je weniger die europäischen Diplomaten Partei ergreifen wollten, desto mehr begünstigten sie eine der beiden Kriegsparteien. Denn der Kreml tut bis heute so, als sei er am Krieg in der Ostukraine gar nicht beteiligt, als seien die russischen Kämpfer nur Freiwillige und nicht reguläre Truppen, die mit Panzern und schwerer Artillerie über die Grenze kamen. Ohne die russische Intervention hätte es diesen Krieg nicht gegeben.

Allerdings habe ich mir erlaubt, bei dem durch eckige Klammern gekennzeichneten Ausdruck das im TAGESSPIEGEL verwendete Attribut „offiziellen“ durch „steinmeierschen“ für die realitätsferne, pardon, für die postfaktische Sprachregelung zu ersetzen…

Prompt hat der Auftraggeber von Auftragsmorden begeistert dem neugewählten Bundespräsidenten mit auffallender Herzlichkeit gratuliert. Sich in der freudigen Gewißheit wiegend, daß die deutsche Rußlandpolitik weiter in sozialdemokratischen Händen ruhe.

Und da habe ich noch gar nicht, wie von so vielem anderen nicht, davon gesprochen, wie der Mann sich erst kürzlich in der Türkei von Erdogan zum Affen machen ließ.

 

10.2.17 Mephisto an Bellarmin

 

Drei Zweihundertachtel

 

„Dieser äußerst teure KLIMAWANDEL-BULLSHIT muss aufhören.“

Donald Trump (auf Twitter, dem Medium der Inkontinenten)

 

Dieses Medium und Er – könnte man sich etwas Passenderes denken? Als diesen psychopathologischen Krämer mit seinem für ihn vermeintlich weltbeglückenden Nichtansichhaltenkönnen und Twitter? Mit seinem merkantil beschränkten Blick? Der allen sofort mal ehrlich die Meinung geigt?

Und endlich aufräumt?

Der machterlangende Twitterer und sein Medium – als Ergebnis der digitalen Kulturrevolution die Inkarnation unserer geistig bornierten Zeit.

Vom Stammtisch zum Smartphone – und „noch immer die alten Affen“ (Kästner).

Und da spielt es eigentlich keine große Rolle, wenn, wie kürzlich der Deutschlandfunk meldete:

Zahlreiche Spitzenpolitiker haben in den sozialen Netzwerken offenbar unechte Anhänger.

Wie die „Mitteldeutsche Zeitung“ unter Berufung auf eine Social-Media-Analyse berichtet, ist bei SPD-Chef Gabriel nur jeder Zweite seiner etwa 125.000 Follower beim Kurznachrichtendienst Twitter authentisch. Die übrigen seien falsche Accounts oder sogenannte Social Bots, also Maschinen. Ähnlich sieht es dem Bericht zufolge bei Justizminister Maas und dem sachsen-anhaltinischen Ministerpräsidenten Haseloff aus. Die Fraktionschefin der Linken, Wagenknecht, soll ihre Twitter-Meldungen sogar zu mehr als 75 Prozent an Maschinen und Phantasie-Mitglieder versenden.

Drei Wochen ist der Twitterer nun an der Macht. Und schon soll er sich immer häufiger zu Großbuchstaben genötigt sehen! Was soll das noch werden in der Restzeit… Vielleicht will er den US-Markt zum Vertrieb ausklappbarer Bildschirme, pardon, ausklappbarer Displäs für Riesenlettern animieren, für Präsidenten-Meldungen. Zwecks Wiederbelebung der Wirtschaft.

Ebenfalls im Deutschlandfunk:

Bundesfinanzminister Schäuble hat die allgemeine Haltung des neuen US-Präsidenten Trump kritisiert.

Im „Tagesspiegel“ aus Berlin wandte sich der CDU-Politiker gegen eine Denkweise in sogenannten Deals. Gebraucht würden keinesfalls Lösungen, bei denen der eine verliere, wenn der andere gewinne. Das mag in der Grundstücksbranche anders sein. Tatsächlich brauche die Welt „Win-Win-Situationen“.

Vielleicht hat sich der Twitterer bis zu den anstehenden Wahlen in Europa aber auch bereits derart demaskiert, daß beispielsweise in Frankreich Marine Le Pen und in Deutschlande Frauke Petry es noch einmal sehr bedauern werden, in Hoffnung auf einen eigenen Stimmenzuwachs den Wahlsieg des Twitterers so kurzdenkerisch gefeiert zu haben…

Doch als dritte Imponderabilie: Vielleicht bleibt auch diese letzte Hoffnung eine Illusion. Wegen der gewöhnlich weit unterschätzten Zahl der twitterisch veranlagten Bescheidwisser. Denn die Generation der Kriegs- und Nachkriegserfahrenen mit ihrer Friedenswertschätzung ist endgültig abgetreten.

Und so fragt man sich nach drei von noch bevorstehenden zweihundertundfünf Wochen seit dem 20. Januar, wann der Kerl wohl abgewirtschaftet haben mag.

Wie einst nach dem 30. Januar…

 

„Es kommen härtere Tage.“

Ingeborg Bachmann (1926 – 1973)

 

3.2.17 Mephisto an Bellarmin

 

Über das Böse

Neben ein paar lustigen Piraten entdeckte ich kürzlich noch ein anderes dem heutigen, vor allem dem heutigen deutschen Zeitgeist ebenso angemessenes Kinderspiel, in welchem die Aufgabe der beiden mitspielenden Parteien, verkörpert durch zwei frohgemute Ritter, darin besteht, den Drachen zu besiegen.

Den Drachen sieht man derweil oben von einem Berge sympathisch herunterlächeln…

Das Böse läßt sich nicht verbannen, weder durch Verniedlichung noch durch Tabu. Es ist und bleibt dem Menschen allgegenwärtig. Das Böse, die teuflische Antithese, die nihilistische Verneinung, gehört zur Natur wie Chaos und Ordnung, also auch zur Natur des Menschen. Das Böse gehört zu unserer Gattung wie der aufrechte Gang.

Den wir erwarben durch das Böse.

Dennoch müssen wir natürlich immer und ewig das Böse bekämpfen. Nur das Gegenhalten hat unsere Gattung hervorgebracht und, bis heute jedenfalls, ihr Überleben gesichert. Es hat unser Menschsein, unser Menschentum, begründet.

Denn seit der Schlange im Garten Eden bedrohte und bedroht das Böse unsere Existenz.

Dabei können wir das Böse nicht vernichten. Aber es kann uns, den Menschen und die Menschheit, vernichten. Jederzeit Dich, mich, uns, im Kleinen wie im Großen.

Doch gegen das Böse entwickelte und fand der Mensch immer wieder Gegenmittel, bisher.

Wie die Not die Mutter der Intelligenz ist (Baudelaire), ist der Krieg gegen das Böse der Vater unserer Zivilisation. Und jener Krieg ist endlos.

Denn ohne das Böse wären wir nicht.

Das ist die ganze Geschichte.

 

„Da ging der Satan aus von dem HERRN.“

(Hiob 1,12)