15. Februar 2020: Bellarmin an Mephisto
Nach dem Ausgang der aktuellen Thüringer Ministerpräsidentenwahl hasteten wutschäumende Leute vor die Zentrale der Freien Demokratischen Partei, bewaffnet mit dem Schild
„NO FOR RIGHT POWERS“.
Tatsächlich!
Demonstranten in Deutschland!
Vermutlich, Pardon, mutmaßlich wollten der dortigen Landessprache ohnmächtige Angelsachsen damit ihren Unmut bekunden in Thüringen wie seinerzeit mit dem Schild
„NO MORE GROKO“
in Berlin und verzichteten deshalb darauf, möglichst viele Thüringer und Thüringerinnen oder gar die reit Pauers zu erreichen mit ihrer Botschaft. Denn andernfalls den Schildträgern sprachliche Arroganz vorzuwerfen, verbietet mir die politikäl Korrektneß.
Als Unwort des vergangenen Jahres wurde „Klimahysterie“ geautet, wie immer in hehrer politischer Absicht von linkswinklig blickenden Richtigdenkern. Die nicht gänzlich unbekannte Schriftstellerin Julia Zeh ( „Adler und Engel“, „Unterleuten“) indessen kritisierte, daß die Jury durch diese Auswahl sich in einer politisch kontroversen Diskussion mit der Bewertung einer Haltung auf eine Seite stelle. Es gibt noch weitere Stimmen, die meinen, daß die Unwort-Auswahl stets politisch einseitig erfolge. Wäre es da nicht angebracht, sich doch endlich einmal der eigentlich naheliegendsten Idee zuzuwenden bei der Auswahl eines Unwortes, nämlich das Gewicht zu legen auf die um sich greifende Verhunzung, Verarmung und Verflachung unserer reichen Sprache, die eventuell auch strukturell wohlbegründet einst als die Sprache der Dichter und Denker galt?
Und die, zusammen mit dem Griechischen, sowohl von Hegel als auch von Heidegger für die überhaupt einzige philosophietaugliche Sprache gehalten wurde?
Hier schicke ich Dir meine alternative Auswahl der schlimmsten Unwörter des vergangenen Jahres:
Auf Platz 5 hat es der inflationäre Gebrauch der Wörter „Transparenz“ und „transparent“ geschafft, die gegenwärtig in kontextlicher Verwendung so gut wie immer durch „Klarheit“ und „klar“ ersetzt werden können. Wenn man, statt bildungssprachlich zu protzen, sich einfach, verständlich und transparent ausdrücken wollte…
Unwort Platz 4:
„Emotion“ für „Gefühl“ oder für unbenannt bleibende Gefühle wie „Trauer“, „Abscheu“, „Liebe“, „Haß“ und „Bitternis“. Oder gar „Zärtlichkeit“! Vielleicht haben die Deutschen, wie schon vor dem Wort „Geschlecht“, nun auch Angst bekommen vor Wörtern wie „Zärtlichkeit“… Lieber fühlen sie gar nichts mehr, Gefühle und selbst das himmlische Wort „fühlen“ sind komplett abgeschafft in Deutschland, es bleiben nur noch Emotionen.
Unwort Platz 3, natürlich:
„Whistleblower“.
Da freut sich aber die Kassiererin im Supermarkt, wenn man ihr nach einem harten Arbeitstag am Feierabend enthüllt, daß wieder jemand gewisselblot hat, ich wisselbloe, du wisselblost, er, sie, es wisselblot, wir wisselbloen, ihr wisselblot, sie wisselbloen.
Informanten gab es schon immer, und jeden journalistischen Wisselbloa-Sager, gleich welchen Djendas, sollte man in Berufsunfähigkeitsrente schicken!
Platz 2:
Natürlich wieder „fake“ für „fälschen“, „frisieren“, „türken“, „täuschen“, „tricksen“, „schwindeln“, „lügen“…
Ich fäke Njus, du fäkst Njus, er, sie, es fäkt Njus, wir fäken Njus, ihr fäkt Njus, sie fäken Njus, Idioten fäken Njus.
Und auf Platz 1 kannst Du unverändert leif erleben:
„Wir schalten jetzt leif nach Berlin!“
Keine Gnade mehr mit journalistischen Leifschaltern!
„Ihr bösen Teutschen, man sollt euch peutschen, daß ihr die Muttersprach so wenig acht. Ihr lieben Herren, das heißt nicht mehren, die Sprach verkehren und zerstören.“
Johann Michael Moscherosch (1601 – 1669)