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Thalatta ! Thalatta !

Monatsarchive: Januar 2017

27.1.17 Mephisto an Serapion

 

Narzißmus

„Eine narzißtische Persönlichkeitsstörung ist gekennzeichnet durch Großartigkeit in der Selbsteinschätzung, Mangel an Einfühlungsvermögen sowie Überempfindlichkeit gegenüber Fremdeinschätzung.“

Dorothea Lüddeckens

 

20.1.17 Serapion an Mephisto

 

Amtseinführung

 

NASA und NOAA (die Ozeanografie- und Wetterbehörde der USA) erklärten das vorige Jahr zum wärmsten, seit 1880 gemessen wurde, und gleichzeitig ist es hintereinander bereits das dritte Rekordjahr. Die Kurve tendiert nach oben, und zu 2015 beträgt der Anstieg, also in nur einem Jahr, sieben Hundertstel Grad!

Weltweit übertraf damit 2016 die Temperatur erheblich die des Durchschnitts über das gesamte vorige Jahrhundert, nämlich um 0,94 Grad!

In Deutschland fallen von den zehn heißesten Jahren seit 1880 acht in die ersten 16 Jahre des jetzigen Jahrhunderts.

Die Kurve tendiert mithin nach oben.

Aber ein weltbürgerliches Gebaren ist nirgends in Sicht.

Die Menschheit in ihrer chaotischen Verfaßtheit, ohne weltweite Durchsetzungsmacht, wird das an sich schon verzweifelte Zwei-Grad-Ziel nicht erreichen.

Und wenn wir das ja ebenfallsige Katastrophenszenario der planetaren Anstiegstemperatur um „lediglich“ zwei Grad durch ein Wunder oder eine vielleicht zeitverschiebende Idiotie, wie beispielsweise die unterirdische Einlagerung von Treibhausgasen, entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch erreichten, wäre der riesige Tanker keineswegs gestoppt.

Wir müßten, der Größe der Aufgabe angemessen, jetzt bereits in unseren Überlegungen soweit gedeihen, strategische Entscheidungen dahingehend treffen zu können, ob wir die für das Überleben unserer dann dezimierten Gattung rettenden Wohnplätze besser unterirdisch oder unterseeisch anlegen.

Denn es wird heiß werden auf unserem Planeten.

 

„Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und ihr müßt sagen, ihr seid dabei gewesen.“

Johann Wolfgang von Goethe (1792) in einem Wort geändert

 

13.1.17 Bellarmin an Mephisto

 

Über Unklugheit

Wie ich vorurteilsvoll vorhersehend von der gutmenschlichen Art des Ergebnisses her es befürchtete, wurde von der anheischigen Jury das Wort „Volksverräter“ zum Unwort des Jahres 2016 gekürt. Vermutlich in der Illusion, hinfortige Verwender als unbefugt in dieselbe Ecke zu rücken mit dem Hinweis auf schlimme Leute, die es einst im Munde führten, und somit seinen aktuellen Gebrauch totzuschlagen.

Wo kämen wir aber hin, was bliebe von unserer Sprache, wenn wir jedes Wort aus dem Sprachschatz verbannten, das einst demagogisch verwendet wurde?

Freilich kann man den aktuellen Gebrauch des Wortes kritisieren, falls man anderer Meinung ist und gute Gründe besitzt, aber kaum das Wort damit totschlagen.

Denn falls die „Volksverräter“-Rufenden tatsächlich das wären, als das sie die „Volksverräter“-Rufer Verurteilenden darzustellen sich anstrengen, werden die eher nicht schuldbewußt auf solche Verdammung durch elitäre Verurteiler reagieren und ihr „Volksverräter“-Rufen leise weinend beenden.

Sondern sich bestärkt sehen.

Demnach ist auch die diesjährige Unwort-Abstempelung nur der erneute Beweis, daß man unter den selbsternannten Anständigen sich wieder gegenseitig schulterklopfend entzückt per Selbstbefriedigung.

Anstatt, aus der Trump-Wahl tatsächlich Lehren ziehend, etwas beizutragen zur bitter nötigen Stärkung abendländischer Demokratie.

Allerdings scheint zum sachlichen Kritisieren es heutzutage jenen Guten und Gerechten und Bescheidwissenden neben einem gewissen Esprit offenbar an stichhaltigen Argumenten zu fehlen. Weshalb man sachliche Diskussionen fürchtet und glaubt, das Problem unbeirrt mit denselben Methoden lösen zu können, die bereits die AfD zu einer zweistelligen Prozentpartei heranmästeten. Nämlich mittels Totschlagargument durch Ausgrenzung, Verdammung und Verunglimpfung.

Durch Absprechen der Diskursfähigkeit.

Anstatt den Rufern mit Verstand und journalistischer Professionalität und völlig unhysterisch den Wind aus den aufgeblasenen Backen zu nehmen. In Zeiten des Kalten Krieges, als Journalisten noch Format haben und der deutschen Sprache mächtig sein mußten, um Diskussionen selbst mit marxistischen Dialektikern bestehen zu können, hätte man damals wohl im sonntäglichen „Frühschoppen“ eine Diskussionsrunde einberufen über das Thema: „Sind unsere Volksvertreter Volksverräter?“

Beispielsweise.

These und Antithese sind doch das Mittel der Problemlösung!

Für Menschen reinen Gewissens ist Erörterung jedweden Vorwurfs noch immer die beste Waffe! Selbst gegen die vermeintlich lügnerische Behauptung, gewisse Politiker hätten das Volk verraten.

Eine Hilfe bei der Annäherung an die Wahrheit wäre auch die vorverurteilungsfreie Analyse der Frage: Wie kommen die Rufenden auf so etwas Abwegiges?

Das alles wird da natürlich schwierig, beispielsweise für Politiker der SPD, wenn diese heute frisch, fröhlich und frei Positionen vertreten, die sie vor zwei Jahren oder sogar nur vor einem Jahr den Volksverräter-Behauptern zu vertreten vorwarfen… Und sie deswegen als populistische Stammtischräsonnierer etikettierten.

War das vor zwei Jahren noch oder vor kurzem erst ein Geschimpfe und Gezeter!

Und nun gibt man den einst Beschimpften im Nachhinein recht. Ohne sich zu bedanken.

So peinlich schnell kann heutzutage, was schwarz war, weiß werden und vox populi rechtbehalten.

Und beschimpftes Stammtischgerede Politik werden.

Ich bin übrigens trotz allem und so manchem nicht der Meinung, daß unsere Politiker den Generalverdacht, Volksverräter zu sein, verdienen. Jedoch in dem Ruf zu stehen, Helden der Klugheit oder Ritter von Geist zu sein, ebenfalls nicht. Welcher Ruf ja auch nicht für einen einzigen von ihnen irgendwo ertönt auf deutschen Straßen. So wie seinerzeit sympathiebekundend „Wil-ly! Wil-ly! Wil-ly!“ Für Willy Brandt, den gewisse Kreise des Verrats am deutschen Volke bezichtigt hatten wegen seiner friedensichernden Ostpolitik und der Anerkennung bestehender Grenzen.

Doch zurück zur unseren selbsternannten Sprachrichtern. Wenn man sich belehrend mit erhobenem Zeigefinger anmaßt, recht eigentlich menschenverurteilend Unwörter zu definieren, sollte man nicht wenigstens im Luther-Jahr dem Volk aufmerksamer aufs Maul und sogar aufs Ohr schauen, selbst wo es vermeintlich irrte in den Ohren der vermeintlich Besserwissenden?

Und sich dabei weise auf das Sprachliche beschränken?

Wenn das Volk also (doch, doch, das ist das Volk!), wenn das Volk, oder meinethalben, wenn es aus dem Volk beispielsweise „Lügenpresse“ brüllen würde statt „Fäknjuspresse“, würde mir das auffallen und mich als Sprachwissenschaftler in erster Linie philologisch statt politologisch interessieren. Und ich würde mich fragen, was deutsche Journalisten und deutsche Politiker ohne Not treibt, in deutschen Medien für das deutsche Publikum und deutsche Abgehängte plötzlich von Wisselbloan und Fäknjus zu schwadronieren statt von Informanten und Fälschungen. Und von leif zugeschaltet statt von zugeschaltet, und von leif erlebt statt von erlebt.

Denn Sprache dem Volk, insbesondere den neuentdeckten Abgehängten, verständlich zu machen und sprachlichen Schwachsinn zu bekämpfen, wäre erstrangige Aufgabe einer klugen Sprachjury. Statt sich anzumaßen, einem aus irgend einem Grunde erregten Volk seine Wortwahl vorschreiben zu können, also lieber einzuwirken auf die vorgeblich Sprachbewußten und ihren verantwortlichen Umgang mit Wörtern und Begriffen, also auf Journalisten, Lehrer, Moderatoren, Politiker und andere Schauspieler. Dahingehend für eine dem Volk verständliche und es keinesfalls ausschließende Landessprache Sorge zu tragen und gute deutsche Wörter nicht unnötig durch fremdsprachliche samt ihren fremdsprachlichen Flexionen, wie „gefäkt“ für „gefälscht“, zu ersetzen und damit der Verständlichkeit des den „Abgehängten“ zu vermittelnden Weltgeschehens zu schaden.

Welches Unterfangen auch der Eingliederung nützte der mühsam deutsch lernenden Einwanderer, pardon, der deutsch lernenden Migranten…

„Deutsch“ kommt übrigens von „volksgemäß“.

Lüge – welch deutliches Wort anstelle von „Fäknjus“.

Das Unwort des Jahres 2016 heißt „Fäknjus“!

 

„Was mich am politischen Betrieb in der Bundesrepublik am meisten niederdrückt, ist die Verarmung der Sprache.“

Rudolf Augstein (1923 – 2002)

 

6.1.17 Mephisto an Serapion

 

Lob des Generalverdachts und Vorurteils

Entgegen dem von gegenwärtigen Dummlingen gepflegten pejorativen Sinn des Begriffs können Vorurteile etwas sehr Nützliches sein. In vielen kristallisieren sich die über Jahrhunderte gewachsenen Weisheiten der Völker. Und mit diesem Grund hatte man einst Vorurteile gesammelt. Überall in aller Herren Länder. So natürlich auch in Deutschland, als es noch im Ruf eines Landes der Dichter und Denker glänzte.

Also in Zeiten vor der politischen Korrektur.

Und zwar hat man Vorurteile gesammelt aus dem einfachen Grund, weil sie damals als Schatz galten. Ganze Sprichwortsammlungen sind voll davon. Bündeln sie doch die Erfahrungen von Generationen!

Wie etwa:

„Kaffee und Liebe sind am besten heiß genossen.“ (Spanisches Sprichwort)

Oder:

„Groß ist das heilige russische Land, aber die Wahrheit hat nirgends Platz.“ (Russisches Sprichwort)

Natürlich setzt der Gebrauch von Vorurteilen, wie der jeder Weisheit, selbständig denkfähige Menschen voraus. Die soll es aber sogar heute noch geben. Ebenso wie dumme. Wenngleich das Wort „dumm“ politisch korrigiert ersetzt wurde durch „bildungsfern“.

Da fällt mir plötzlich Simone Peter ein, die Frontfrau der Grünen. Gegen die ich, seit meiner ersten Wahrnehmung ihrer Person, einige Vorurteile hege. So halte ich sie beispielsweise für denkfern. Welches Vorurteil sich mit jeder jener Wahrnehmungen, also ausnahmslos, quasi im Nachurteil noch verstärkte. Was mich bisher stets in die Lage versetzte, Intention und Sinn ihrer Äußerungen schon im voraus zu wissen: Immer anti, immer unsachlich.

Nämlich immer ideologisch beschränkt.

Und Böses unterstellend, wie als wäre die arme Frau geplagt von Vorurteil und Generalverdacht:

Staat und Regierung führen immer Böses im Schilde!

Beispiel: Staat, Regierung, Behörden und Polizei wollten Bürger knechten durch „totalitären Überwachungsstaat“!

Aktuell durch Videoüberwachung!

Vor zwanzig Jahren hieß das noch (und von den Medien tatsächlich vollkommen kritiklos als Begriff übernommen): „Großer Lauschangriff“!

Und vor dreißig Jahren sahen die Grünen den „totalitären Überwachungsstaat“ herbeigeführt infolge der Volkszählung…

Wie bei der linken Frontfrau Sahra Wagenknecht der Begriff „Neoliberalismus“ dient der verbiesterten grünen Frontfrau Simone Peter der „Überwachungsstaat“ als Haßwort.

Vielleicht sollte man eher von Hetzwort sprechen.

Wobei das billige Niveau peterscher Einwände, etwa gegen Videoüberwachung, belegt ist durch die rhetorisch unseriösen, aber für Demagogen typischen Muster, nichtbehauptete Behauptungen zu widerlegen:

„Wer behauptet, durch Videoüberwachung ließe sich totale Sicherheit herstellen…“

Oder

„Wer behauptet, durch Videoüberwachung ließen sich potentielle Täter abschrecken…“

Ohne auch nur ein einziges Mal jenen vorgeblichen Behaupter namhaft anführen zu können.

Ende dieses Beispiels.

Letzten Montag setzte sie eins drauf.

Es ging um die Kölner Silvesternacht Nummer 2. Über die der Deutschlandfunk am Neujahrstag vermeldete:

Die Beamten hätten rund 650 Nordafrikaner schon bei der Fahrt in die Kölner Innenstadt an Bahnhöfen gestoppt, sagte Polizeipräsident Jürgen Mathies am Sonntag bei einer Pressekonferenz. Bei den überwiegend jungen Männer sei eine „Grundaggressivität“ festgestellt worden, es sei mit Straftaten zu rechnen gewesen. Die Personalien seien überprüft und Platzverweise erteilt worden.

Die Polizei war zunächst mit 1.500 Beamten im Einsatz, forderte angesichts des großen Zulaufs junger Männer jedoch noch einmal Verstärkung an. Am Ende waren 1.700 Polizisten im Einsatz. Die Polizei sprach 190 Platzverweise aus und nahm 92 Personen in Gewahrsam. 27 Personen wurden vorläufig festgenommen. Es wurden zehn Sexualdelikte angezeigt.

Wie vorhersehbar regte Simone Peter sich wieder auf über die Polizei: „Wenn insgesamt knapp 1000 Personen alleine aufgrund ihres Aussehens überprüft und teilweise festgesetzt wurden“ stelle sich die Frage nach der Verhältnis- und Rechtmäßigkeit. „Völlig inakzeptabel ist der Gebrauch von herabwürdigenden Gruppenbezeichnungen wie ‚Nafris‘ für Nordafrikaner durch staatliche Organe wie die Polizei.“

Zunächst beachten wir die gezielte Ungenauigkeit, also demagogische Verfälschung, pardon, die Fake News, also auf Deutsch „die Lüge“, die Polizei verwende für Nordafrikaner den Begriff „Nafri“. Die Abkürzung steht nicht für Nordafrikaner, sondern es handelt sich um ein Kürzel für „Nordafrikanische Intensivtäter“, demnach für kriminelle Nordafrikaner. Der Polizei dienen solche Kürzel bei ihren Einsätzen zur internen Kommunikationserleichterung und zur schützenden Verschleierung. Etwa gegenüber unbefugten Mithörern des Polizeifunks. Ähnlich wie „BAP“ für „Besonders auffällige Person“, „BTMK“ für „Betäubungsmittelkonsument“, „EXI“ für Exhibitionist, „GTS“ für „Gewalttäter Sport“ (Hooligan), „GGP“ für „Geistesgestörte Person“, „HiloPe“ für „Hilflose Person“, „HwG“ für „Häufig wechselnde Geschlechtspartner“ (Prostituierte), „KIPO“ für „Kinderpornograf“, „Maghreb“ für „Nordafrikaner“ (im besonderen Tunesier, Algerier, Marokkaner), „OfW“ für „Person ohne festen Wohnsitz“, „Rubu“ für „Rumäne oder Bulgare“ oder „UMA“ für „Unbegleiteter minderjähriger Asylbewerber“.

Ich würde der Polizei die Anwendung ihrer Erfahrungen nicht verbieten. Insbesondere nicht die Anwendung aristotelischer Logik und Schlußweise.

Und schon gar nicht jeden darauf begründeten, vielleicht lebenrettenden, Generalverdacht!

Laut FAZ äußerte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, der Begriff tauge nicht für eine tagelange Empörung. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel meinte, die Polizei habe mit dem Kürzel nichts anderes getan, als die Realität zu beschreiben. Und der Vorwurf, der erfolgreiche Einsatz zur Verhinderung von Gewalt, Diebstahl und sexuellen Übergriffen sei mit einem „racial profiling“ verbunden gewesen, sei „eine absurde und geradezu verrückte Debatte. Was soll die Polizei eigentlich anderes machen, als exakt diese Gruppe von Nordafrikanern abzufangen und nicht in die Kölner Innenstadt zu lassen?“

Johannes Dimroth, Sprecher des Innenministeriums bestätigte, daß am Silvesterabend in Zügen Richtung Köln „hochaggressive“ Gruppen unterwegs gewesen und dann in Köln kontrolliert und festgehalten worden seien. Der Polizeipräsident Kölns erklärte, wenn die Polizei diese Männer nicht überprüft hätte, wäre es wieder zu ähnlichen Zuständen wie in der vorigen Silvesternacht gekommen.

In der NEUEn ZÜRCHER ZEITUNG vom Mittwoch stand zu lesen:

Dass sich die Polizisten vor allem auf Nordafrikaner konzentriert haben, war begründet. Nach der Silvesternacht 2015 hatte die Polizei ein Profil von möglichen Delinquenten, das nicht allein auf ethnischen Merkmalen beruhte. Die nun Überprüften haben sich ähnlich verhalten wie die mutmaßlichen Täter vom vergangenen Jahr. Sie waren aggressiv und zum Teil betrunken. Nicht auszudenken, wenn die Situation noch einmal außer Kontrolle geraten wäre. Aus vermeintlich politischer Korrektheit nun einfach alle Feiernden zu überprüfen, wäre zudem aus Ressourcengründen nicht zu leisten gewesen.

Wobei das Wort „vermeintlich“ natürlich aus „politischer Korrektheit“ hier steht und also gestrichen gehört, so daß die einfache Wahrheit lautet:

„Aus politischer Korrektheit nun einfach alle Feiernden zu überprüfen, wäre zudem aus Ressourcengründen nicht zu leisten gewesen.“