A N A B A S I S

Thalatta ! Thalatta !

Kategorie-Archiv: Geschichte

Parallelgeschichte ODER Wie sich die Bilder gleichen ODER Selbstverständlich wiederholt sich Geschichte ODER Die Russen wie immer

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Samstag, 1. April 2023: Bellarmin an Mephisto

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Laut seines Bulletins verabschiedete der Deutsche Bundestag am Donnerstag, dem 19. März 1953, in dritter Lesung den Deutschlandvertrag und den Vertrag über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft.

In seiner Regierungserklärung sagte Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer u. a.:

Wenn schon im Jahre 1952 der Abschluß der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und die Fortsetzung der Europapolitik der Bundesrepublik notwendig war, so ist sie seit der Übernahme der Präsidentschaft durch Eisenhower und seit dem Tode Stalins noch notwendiger geworden. Sie ist auch deshalb noch notwendiger geworden, damit die Bundesrepublik endlich aus dieser unmöglichen Lage herauskommt, in der sie sich zur Zeit befindet: Wir stehen noch immer unter Besatzungsrecht mit all den Konsequenzen, die ein Besatzungsrecht mit sich bringt. Auch wenn die Westalliierten von den ihnen zustehenden Rechten zur Zeit einen zurückhaltenden Gebrauch machen, immerhin sie machen noch Gebrauch davon. Wir haben noch immer Industriebeschränkungen, wir haben noch immer die Tatsache daß die oberste Gewalt in der Bundesrepublik in den Händen der Besatzungsmächte liegt. Noch immer sind wir Objekt in der auswärtigen Politik.

Von der Größe der Gefahr, in der wir schweben, geben folgende Ziffern eine sehr nüchterne und eine sehr klare Vorstellung Rund 140 sowjetrussische Divisionen, 70 Divisionen in den Satellitenstaaten, 6 ostdeutsche Divisionen in der Sowjetzone, stehen an unseren Grenzen oder in zweiter Linie hinter diesen Grenzdivisionen. Alle diese Divisionen sind nunmehr mit den besten und modernsten Waffen ausgerüstet. Wir Deutsche haben selbst nichts aber auch gar nichts, was unser Land schützen könnte. Wir sind auf den guten Willen der Westalliierten angewiesen, wir haben keine vertraglichen Rechte diesen gegenüber. Wenn man sich dann noch vor Augen hält, wie ungeheuer stark die Labilität der gesamten politischen Lage auf der Erde infolge der zwischen Ost und West eingetretenen Spannungen ist, dann glaube ich, kann nur jeder Deutsche den einen Wunsch haben: Solange, bis Sowjetrußland einsieht, daß es trotz all seiner militärischen Macht nichts ausrichten kann, können wir nicht in Ruhe und Sicherheit leben, wir müssen vielmehr fürchten für unsere Freiheit und für alles, was uns teuer ist, und darum alles tun, den nötigen Schutz und die nötige Sicherheit zu erhalten.

Ein Angriff auf die Mitglieder der EVG in Europa und damit auch auf die Bundesrepublik löst die Beratungs- und Hilfeverpflichtungen aus dem Nordatlantikpakt ebenso aus, wie ein Angriff auf ein Mitglied des Nordatlantikpakts die Beistandsverpflichtung der Mitglieder der EVG wirksam werden.

Wenn wir die Verträge und die Weltlage betrachten, so ist folgendes ganz sicher: Wir sind bedroht. Wir sind Objekt der Außenpolitik anderer, wir können uns nicht wehren, wir haben keinen Anspruch auf Schutz. Das wird sich nach der Ratifizierung der Verträge grundlegend und schnell ändern. Wir werden uns dann zusammen mit den übrigen Teilen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und den NATO-Streitkräften selbst verteidigen können. Wir werden gesichert und einbezogen in die größte Verteidigungsorganisation, die die Menschheit bisher geschaffen hat. Wir legen durch die Ratifizierung dieser Verträge als freies Volk die Grundlage für eine politische und wirtschaftliche Einigung Europas und retten damit Europa vor dem drohenden Zerfall und Untergang.

Wir würden es jederzeit begrüßen, wenn die drei Westalliierten zu aussichtsreichen und guten Verhandlungen mit Sowjetrußland kommen würden. Zu Verhandlungen, an denen wir als freies Land teilzunehmen berechtigt sein müßten. Aber es gibt keinen anderen Weg, zu Verhandlungen mit Sowjetrußland zu kommen, es gibt keinen anderen Weg zur Wiedervereinigung in Freiheit zu kommen, als den, den Westen so stark zu machen wie möglich. Die Bewohner der Sowjetzone, die Flüchtlinge, die tagtäglich herüberkommen, stehen alle auf diesem gleichen Standpunkt. Als ich zuletzt in Berlin war, haben mir immer wieder Männer und Frauen aus der Sowjetzone, die zur Grünen Woche nach Berlin gekommen waren, zugerufen: Kanzler, bleibe hart!.

Wir müssen in Europa loskommen von dem Denken im nationalstaatlichen Begriff. Durch den letzten Krieg, durch die Entwicklung der Waffentechnik und der Technik überhaupt sind ganz andere und neue Verhältnisse in der Welt geschaffen worden. Es gibt zwei Weltstaaten, das sind die Vereinigten Staaten und Sowjetrußland. Es gibt das britische Commonwealth. Dann kommen die westeuropäischen Länder, zu denen wir gehören, Länder, die durch die Krise wirtschaftlich und machtmäßig verarmt sind so daß sie jedes für sich allein nicht in der Lage sind, ihren Angehörigen die Freiheit und einen menschenwürdigen Lebensstandard zu gewährleisten. Diese westeuropäischen Länder sind nicht mehr in der Lage, sich jedes allein für sich zu schützen, sie sind nicht mehr in der Lage, jedes für sich allein europäische Kultur zu retten. Alle diese Ziele, die uns doch allen gemeinsam sind, können nur dann erreicht werden, wenn die westeuropäischen Länder sich zusammen schließen, politisch, wirtschaftlich und auch kulturell, und wenn sie vor allem auch weitere kriegerische Auseinandersetzungen unter sich selbst unmöglich machen. Und alles das bezwecken diese Verträge, die man über die gegenwärtige Zeitlage hinaus betrachten muß als ein sehr wesentliches Glied in der Weiterentwicklung zu Europa hin. Nur diese Politik wird es den europäischen Völkern ermöglichen, den Frieden zu schützen, Europa wieder aufzubauen, die europäische Kultur zu retten und Europa wieder zu einem maßgebenden Faktor in der Weltpolitik und in der Weltwirtschaft zu machen. Ich bitte Sie alle, dem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen.

Am Freitag, dem 20. März 1953 veröffentlichten die sogenannte Volkskammer und die Länderkammer der „Deutschen Demokratischen Republik“ unter Bezugnahme auf die Ratifizierung der Verträge durch den Bonner Bundestag eine gemeinsame Erklärung, in der es u.a. heißt:

Die Volkskammer und die Länderkammer der DDR erklären: Für das deutsche Volk sind die Schandverträge von Bonn und Paris null und nichtig! Die Kriegsverträge von Bonn und Paris verstoßen gegen Recht und Gesetz. Das deutsche Volk ist in dieser ernsten Stunde zu einem heiligen Gelöbnis aufgerufen: Durch den gemeinsamen Kampf aller deutschen Patrioten muß die Durchführung der Kriegsverträge von Bonn und Paris verhindert werden. Nachdem Adenauer den Weg vom Separatisten zum Verräter an ganz Deutschland gegangen ist, nachdem das Adenauer-Regime dazu übergeht, Westdeutschland in das Vorfeld des amerikanischen Krieges zu verwandeln gebietet die nationale Pflicht und Ehre jedem Deutschen, am Kampf zum Sturz dieses Regimes des nationalen Verrats teilzunehmen. Es gilt durch den Sturz des Adenauer-Regimes den Weg für die Herrschaft der patriotischen Kräfte in Westdeutschland frei zu machen.

Archiv der Gegenwart, Band 1, Seiten 908ff.

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Mit dem Beitritt Finnlands erweitert die Allianz ihr strategisches Operationsgebiet entlang einer mehr als 1.000 Kilometer langen Grenze zu Russland. Das ist kein feindlicher Akt, sondern das Gebot der Stunde. All jenen, denen schon die Osterweiterung der NATO ein Dorn im Auge war und ist, sei gesagt: Nicht ohne Grund haben so viele Staaten des ehemaligen Ostblocks ihr Heil in der EU und der NATO gesucht.

Samstag, 1. April 2023, NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG

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Putin läßt die Puppen tanzen

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Samstag, 4. März 2023: Mephisto an den Ritter vom heiligen Geist

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Ach ja, die bundesdeutschen Medien…

…und die politische Korrektur!

Erinnerst Du Dich noch an das Gedicht Ernst Jandls über Lichtungen?

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lichtung

manche meinen

lechts und rinks

kann man nicht

velwechsern.

werch ein illtum!

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Das ich für so weise und einsichtsvoll hielt. Und geschichts- und seelenkundig.

Bis ich politisch korrigiert wurde.

Und zwar der zwölfte Band des DUDEN erklärt mir die Welt unter dem Stichwort

Manche meinen, lechts und rinks kann man nicht velwechsern

ganz richtig korrekt. Nämlich es handele sich um ein Zitat aus dem Jandl-Gedicht lichtung, und fügt, vor Biederkeit triefend, hinzu:

Die vierte (sic!) und letzte Zeile lautet: ‚werch ein illtum!‘ Das Zitat wird (auch in der kürzeren Form ‚lechts und rinks kann man nicht velwechsern‘) als scherzhafter oder ironischer Kommentar gebraucht, wenn jemandem eine Verwechslung unterläuft.

Ach so.

So so…

War da was?

Jedenfalls ist der Eintrag, bis auf die gefekte Zeilennummer, keine Feknju. Und wir können daraus lernen:

Man kann etwas richtiges sagen, und es ist trotzdem doof.

Und, es könnte sein, aus welchem Grund auch immer, daß gewisse Leute etwas richtiges sagen, um das Richtige nicht zu sagen.

Sozusagen gewissermaßen quasi im palmströmschen Sinne: weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

Da stellen wir uns mal ganz dumm, als wären wir im DUDEN, und denken:

Da hat der Jandl sich also hingesetzt auf seinen Hosenboden und sich gedacht in seinem schlichten schtzngrmm-Sinn: Auf, auf! Es wird nun aber höchste Zeit! Man muß doch endlich einmal ein Gedicht verfassen, über wenn jmndm mal eine Vrwchslng… „unterläuft“…

Ein Lehrgedicht für Fahrschulen!

Was für ein schöner Zug…

Und wer weiß, denkt der DUDEN, wie vielen Fahrschülernden der Jandl den Führerschein damit schon rettete!

Das ist doch ein putziger Poet, der Jandl! Zumal wenn er dann noch so chinesisch verwirrend, aber didaktisch einprägsam, die Buchstaben vertauscht.

Werch ein Einfarr!

Zum Glück durchblickte der DUDEN das ganze dann trotz der vertauschten Buchstaben aber scharfsinnig und kann uns den Sinn wieder politisch korrekt verklären…

Damit kein Schelm sich Arges dabei denke…

Welchen Reim sich mein Freund Heine wohl auf die Straußenvögel gemacht hätte? Von wegen

„———die deutschen Zensoren——————–Dummköpfe—–“

und so?

Am Dienstag, dem 9. März 2021, meldete der Deutschlandfunk direkt leif mündlich plötzlich in den Nachrichten:

Deutschland steht einer Untersuchung der Europäischen Union zufolge wie kein anderes EU-Land im Fokus russischer Desinformations-Kampagnen.

Es gebe systematische Vorgänge sowohl durch politische Ebenen als auch durch Medien, die dem Kreml nahe stehen, heißt es in einem Bericht, den der Auswärtige Dienst in Brüssel veröffentlichte. … Seit Ende 2015 seien mehr als 700 Fälle in einer Datenbank gesammelt worden. Frankreich wurde demnach nur gut 300 Mal, Italien 170 Mal und Spanien 40 Mal attackiert.

Daraus wurde dann typischerweise anstelle der direkt leif mündlichen in den verschriftlichten Nachrichten des nämlichen Tages als verbleibende Meldung zurechtgestutzt:

U-Bericht: Russland weist Vorwürfe gezielter Desinformation zurück

Russland hat Vorwürfe wegen gezielter Desinformationskampagnen gegen Deutschland als „lächerlich“ zurückgewiesen.

Der Westen solle lieber eigene politische Kampagnen gegen Russland untersuchen, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums in Moskau der Deutschen Presse-Agentur. Sie reagierte damit auf eine Untersuchung der Europäischen Union. Danach steht Deutschland wie kein anderes EU-Land im Fokus russischer Desinformations-Kampagnen. Es gebe systematische Vorgänge sowohl durch politische Ebenen als auch durch Medien, die dem Kreml nahe stünden, heißt es in einem Bericht, den der Auswärtige Dienst in Brüssel veröffentlichte. …

Typischerweise herrschte über den Bericht des Auswärtigen Dienstes der Europäischen Union in den folgenden Tagen ein wie gleichgeschaltet wirkendes einhelliges Stillschweigen der bundesdeutschen Journalisten, der bundesdeutschen Politiker und der bundesdeutschen Politologen.

Bis heute!

Auch die doch eigentlich hochinteressante Frage, warum ausgerechnet Deutschland „wie kein anderes Land im Fokus russischer Desinformations-Kampagnen“ steht, scheint keinem bundesdeutschen Journalisten, keinem bundesdeutschen Politiker und keinem bundesdeutschen Politologen eingefallen zu sein. Und mit welchen Absichten, und wer wohl der Auftraggeber gewesen sein könnte für dieses 2021 derartig plötzlich einmalig auftauchende Phänomen russischer Politik.

Soweit reicht die Phantasie nicht mehr im ehemaligen Land der Dichter und Denker.

Dafür, noch am selben Tag, dem 9. März 2021, auf demselben Sender:

Drei Monate nach dem umstrittenen Russland-Besuch führender AfD-Politiker häst [sic!] sich erneut eine Delegation der Partei zu Gesprächen in Moskau auf.

An der Reise nehmen Fraktionschefin Weidel sowie die Abgeordneten Bystron und Schlund teil, wie die Fraktion mitteilte. Es gehe darum, den Gesprächsfaden zwischen Deutschland und Russland nicht abreißen zu lassen, erklärte Weidel. Auf dem Programm stehen unter anderem Gespräche im Außenministerium sowie mit Vertretern des Parlaments. Zudem ist ein Besuch des Forschungszentrums Gamaleja vorgesehen, in dem der Corona-Impfstoff Sputnik V entwickelt wurde.

Der Moskau-Besuch von AfD-Abgeordneten Anfang Dezember hatte in Deutschland für Kritik gesorgt. Parteichef Chrupalla hatte bei einem Treffen mit Außenminister Lawrow die politischen Verhältnisse in Deutschland moniert und die Sanktionen gegen Russland verurteilt. …

Ach ist das schön, daß die Alice Weidel von der Partei mit derart dubiosen ausländischen Parteispenden kompetenterweise den Gesprächsfaden zwischen Deutschland und Rußland nicht abreißen läßt.

Das bringt die Welt weiter!

Das ist gelebte deutsch-sowjetische Freundschaft!

Wie einst in der Deutschen Demokratischen Republik! Zum Beispiel mit den nicht wenigen großzügig an sowjetischen Hochschulen geschulten und anschließend aus irgend einem Grund vorrangig in wichtigen Positionen der deutschen demokratischen Wirtschaft und Verwaltung plazierten Ostdeutschen. Die zum Teil zurückgekehrt waren mit sowjetischen Ehegesponsen.

Was kann schöner sein?

Liebe zwischen dem deutschen demokratischen Volk und dem sowjetischen Volk!

Und die Erklärung mit dem Gesprächsfaden, die konnte auch von Dietmar Bartsch aus der Partei Der Schamlosen mit dem vor ihrer Umbenennung in irgendein Ausland entschwundenen Parteivermögen stammen.

Und identisch ebenso von Matthias Platzeck aus der Partei des vom Ausland dotierten Gerhard Schröder.

Ob lechts, ob rinks, auch völlig unberufen fühlten und fühlen sie sich hochherzig berufen aus irgend einem Grund, für den Gesprächsfaden kämpfen zu müssen.

In der Wikipedia steht zu lesen:

Der Ausdruck nützlicher Idiot bezeichnet eine Person, die für Zwecke, die dieser nicht bewusst sind, als Handlanger oder unwissender Helfer missbraucht wird oder deren selbständiges Handeln dieser zugedachten Rolle entspricht, beispielsweise Propagandazwecken dienend. Solche Personen werden auch Marionetten (und die Täter daran anknüpfend Drahtzieher oder Strippenzieher) genannt, der Missbrauch selbst Instrumentalisierung.

Die Annahme, Lenin habe damit westliche Intellektuelle beschrieben, die sich von der Sowjetunion für ihre Propaganda vereinnahmen ließen, konnte nicht belegt werden. Lenin soll mit „nützliche Idioten“ auch die Kommunarden am Monte Verità kategorisiert haben; andere Quellen nennen als Urheber Karl Radek.

Seit dem Zweiten Weltkrieg hat sich der Begriff weltweit verbreitet. In vielen Fällen beschreibt er auch heute Mittel der sowjetischen beziehungsweise russischen Außenpolitik.

Auch der noch vor dem 8. Mai 1945 von den Russen nach Ostdeutschland eingeflogene Kommunist und spätere Staatsratsvorsitzende der Deutschen Demokratischen Republik Walter Ulbricht (Gruppe „Ulbricht“: „Es muß demokratisch aussehen“) fühlte sich einst berufen aus irgend einem Grund, am 9. Februar 1940 den Hitler-Stalin-Pakt zu verteidigen:

Wer gegen die Freundschaft des deutschen und des Sowjetvolkes intrigiert, ist ein Feind des deutschen Volkes und wird als Helfershelfer des englischen Imperialismus gebrandmarkt … Vor dem deutschen Volke wie vor den im deutschen Nationalitätenstaat eingegliederten Völkern steht die Frage: nicht mit dem englischen Großkapital für die Ausdehnung des Krieges und ein neues Versailles, sondern mit der Sowjetunion für den Frieden, für die nationale Unabhängigkeit und für die Freundschaft der Völker …

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Außen rot und innen weiß

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Sonntag, 12. Februar 2023: Bellarmin an Mephisto

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Feldfrüchte

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Sinnend geh ich durch den Garten,

still gedeiht er hinterm Haus;

Suppenkräuter, hundert Arten,

Bauernblumen, bunter Strauß.

Petersilie und Tomaten,

eine Bohnengalerie,

ganz besonders ist geraten

der beliebte Sellerie.

Ja, und hier -? Ein kleines Wieschen?

Da wächst in der Erde leis

das bescheidene Radieschen:

außen rot und innen weiß.

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Sinnend geh ich durch den Garten

unsrer deutschen Politik;

Suppenkohl in allen Arten

im Kompost der Republik.

Bonzen, Brillen, Gehberockte,

Parlamentsroutinendreh…

Ja, und hier -? Die ganz verbockte

liebe gute SPD.

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Hermann Müller, Hilferlieschen

blühn so harmlos, doof und leis

wie bescheidene Radieschen:

außen rot und innen weiß.

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Kurt Tucholsky (1890 – 1935)

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»Jenosse«, sahre ick, »woso wählst du eijentlich SPD –?« Ick dachte, der Mann kippt mir vom Stuhl! »Donnerwetter«, sacht er, »nu wähl ick schon ssweiunsswanssich Jahre lang diese Pachtei«, sacht er, »aber warum det ick det dhue, det hak ma noch nie iebalecht!«

Kurt Tucholsky (1890 – 1935)

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Vor 100 Jahren

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Serapion an Mephisto

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Die Welt ist von diesem Frieden noch weit entfernt; auch dieses Weihnachten 1922 ist mehr ein Tag der Mahnung an ihn als seine Erfüllung.

Wilhelm Cuno (1876 – 1933) deutscher Reichskanzler vom 22. November 1922 bis zum 12. August 1923

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Meinst du, die Russen wollen Krieg?

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Samstag, 3. Dezember 2022: Bellarmin an Mephisto

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Mittwoch, 3. Dezember 1952:

Das Londoner Foreign Office veröffentlichte laut The Times aus Anlaß der Debatte über den EDC-Vertrag im Bonner Bundestag Angaben über die Aufrüstung in Ostdeutschland auf Grund britischer Informationen, um darzutun, daß der in Bonn zur Debatte stehende Verteidigungsbeitrag an den Westen in Ostdeutschland schon längst an den Osten geleistet werde. Die Zahl der ostdeutschen Waffenträger betrage gegenwärtig 100 000 Mann, das sei um 40 000 mehr als vor sechs Monaten. Die Truppen seien mit russischen Tanks, Selbstfahrgeschützen, Haubitzen und Flak ausgestattet. Kürzlich sei ein Korpskommando in Pasewalk in Mecklenburg errichtet worden, dem drei Divisionen unterstellt seien. Eine ostdeutsche Luftwaffe sei gleichfalls geschaffen worden; deutsche Flugzeugbesatzungen würden in sowjetischen Flugzeugen auf mehreren Flugplätzen ausgebildet. Das Embryo einer ostdeutschen Flotte die Seepolizei, verfüge über vier Flottillen von Minensuchern und Küstenpatrouillenschiffen. Die Entwicklung habe sich wie folgt vollzogen: Die ersten Kader seien 1948 aus Kriegsgefangenen gebildet worden, die aus der Sowjetunion zurückkehrten. Im Juli 1948 habe eine Rekrutierungskampagne in Kriegsgefangenenlagern in Rußland gestartet; die als geeignet Befundenen seien repatriiert und in den »Bereitschaften« oder »Alarmeinheiten« organisiert worden, einem militärischen Zweig der Volkspolizei. Im Frühjahr 1949 seien 10 000 Mann in 35 Bereitschaften organisiert gewesen. Im Mai 1949 sei anstelle der polizeilichen eine rein militärische Ausbildung getreten und im Oktober 1949 sei die Hauptverwaltung für Ausbildung, die die Bereitschaften kontrolliert, dem Innenministerium unterstellt worden. Zu dieser Zeit habe die Truppenzahl 50 000 erreicht.

Im Dezember 1949 seien die ersten Panzerwagen und Artillerie zur Verfügung gestellt worden somit ein Jahr vor dem Beschluß des Westens, einen westdeutschen Verteidigungsbeitrag zu erwägen. Zu Ende 1951 seien 24 Bereitschaften nach Art der Sowjetinfanterieregimenter organisiert worden. Damals habe es 16 Ausbildungsschulen gegeben. In der Zwischenzeit sei die Hauptverwaltung für Ausbildung als Embryo eines Kriegsministeriums weiter organisiert worden. Kürzlich seien die Chefs der Land, See- und Luftstreitkräfte zu Stellvertretern des Innenministers ernannt worden. Dem ersten Korpskommando in Pasewalk seien ein Signalbataillon und ein Flakregiment unterstellt. Die drei Divisionen seien in Eggesin, Prenzlau und Prora stationiert. Das Korpskommando habe Generalmajor Hermann Rentsch inne, der gleich 450 anderen Offizieren einen Ausbildungskurs in Rußland mitgemacht habe. Das Korps verfüge über mindestens 350 Tanks, meist T 34, 200 Geschütze sowie Flak, Antitankgeschütze und Mörser. Die nicht in dem Korps organisierten 18 Bereitschaften verfügten über insgesamt 125 mittlere Tanks und 1000 selbstfahrende Geschütze. Die Luftpolizei sei im November 1950 errichtet worden und verfüge heute über etwa 5000 Mann. Kommandeur sei Generalleutnant Heinz Keßler. Die Seepolizei verfüge über 4000 Mann. Es gebe auch eine Grenzpolizei von 25 000 Mann, mit Kleinwaffen und sowjetischen automatischen Waffen. Alle diese Streitkräfte wurden von den militärischen sowjetischen Besatzungsbehörden intensiv kontrolliert.

Das Amt für Information der DDR bezeichnete vorstehende Angaben als Propagandalügen und veröffentlichte seinerseits Daten über eine getarnte westdeutsche Aufrüstung.

Archiv der Gegenwart Bd. 1, S. 851 ff.

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Freitag, 2. Dezember 2022, The Times:

Scholz sagte, man könne zu einer Friedensordnung zurückkehren, die funktioniert hat, wenn es in Russland die Bereitschaft dazu gebe. Von einer Rückkehr zur Vorkriegsordnung zu sprechen, während russische Truppen noch immer rund 20 Prozent des ukrainischen Territoriums besetzen, ist mindestens verfrüht, wenn nicht gar naiv.

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Meinst du, die Russen wollen Krieg?“

Nach der durch den Bau des antifaschistischen Schutzwalls ermöglichten Einführung der Wehrpflicht für die Nationale Volksarmee Restpreußens und Sachsens diente diese Suggestivfrage als Titel eines während der ersten Hälfte der sechziger Jahre in der Deutschen Demokratischen Republik im deutschen demokratischen Rundfunk bis zum Erbrechen gespielten Propagandasongs (Originaltext von Jewgeni Jewtuschenko) mit der Apotheose:

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„Es weiß, wer schmiedet und wer webt,

es weiß, wer ackert und wer sät –

ein jedes Volk die Wahrheit sieht:

Meinst du, die Russen woll’n,

meinst du, die Russen woll’n,

meinst du, die Russen wollen Krieg?“

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Warum die Menschheit die Klimakatastrophe nicht verhindern kann

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Sonntag, 20. November 2022: Kassandra an Mephisto

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Der Mensch ist aufgestiegen zum Herrentier dieses Sandkons Erde aufgrund seiner genetischen Disposition als expansibles Wesen. Damit ist hier nicht nur gemeint der natürliche Fortpflanzungs- und Lebensraumgewinnungstrieb sämtlicher Lebewesen, sondern sein spezieller Trieb zur Ungenügsamkeit. Mit dem er sich unterscheidet von einer zufriedenen Kuh auf der saftigen Wiese. Mit seinem Trieb, der ihn sogar bewegen kann zum Übervorteilungsstreben gegenüber seinen Artgenossen!

Welcher Sachverhalt im ungünstigen Fall umschrieben wird mit den Begriffen Krieg, Mord, Raub und Ruhmsucht.

Und im günstigen Fall mit Streben nach Glückseligkeit, als Gut eines Grundrechts von Verfassungsrang sogar fixiert in Bhutan.

Und in den USA.

Womit immerhin etwas dem Menschen zutiefst Innewohnendes verdeutlicht worden ist.

Neutral könnte man jene offenbar genetische Veranlagung menschlichen Wesens zur Ungenügsamkeit umschreiben mit einem generellen Antrieb zur ständigen Verbesserung seiner Lebensumstände, und zwar nicht nur getrieben durch die Drangsal der Nöte: „Not ist die Mutter der Intelligenz“ (Baudelaire), „Alles, was da kreucht, wird mit der Geißel zu Weide getrieben“ (Heraklit).

Der Mensch ist ein Wesen, so hat einmal ein kluger Mann es treffend gesagt, das auf den Ozean hinausfährt, ohne zu wissen, ob es hinter dem Horizont ein neues Ufer fände.

Das täte kein anderes Tier!

Exakt dieser Trieb hat eine menschliche Zivilisation hervorgebracht, in der jedes Individuum der mittlerweile acht Milliarden Einzelwesen umfassenden Gattung das eigentlich doch perverse Recht als Selbstverständlichkeit zugesprochen erhält, bei entsprechenden Einkünften sich mindestens ein eigenes Auto auf die bitteschön asphaltierte und gepflegte Straße vor seine Haustüre stellen zu dürfen.

Und der Mensch hat sie, seine Zivilisation, zwangsläufig entwickelt zu einer in grandioser Weise immer höheren Stufe bis zur Unbeherrschbarkeit des komplexen Systems.

Und der Mensch hat sie, seine Zivilisation, somit zwangsläufig in einen immer schärfer hervortretenden dialektischen Gegensatz manövriert zur Mitwelt und zu allem übrigem Getier.

Aber die dialektischen Gegensätze jedweder kosmologischen Veränderung schlagen natürlich wieder zurück und zwar gegenwärtig in einem Ausmaß, das die menschliche Gattung an sich auszulöschen vermag. Wie wir inzwischen alle wissen, sofern man nicht Donald Trump heißt oder Alice Weidel.

In der Verzweiflung beginnt man nun lauter immer größere Löcher aufzureißen, um die kleineren zu stopfen, und beispielsweise Milliarden Akkumulatoren herzustellen für Milliarden Elektroautos für künftig zehn Milliarden Menschen… Wie war das doch gleich mit den Atomkraftwerken, bei denen man einst meinte, die Energieprobleme der Menschheit gelöst zu haben? Ach ja, es existiert bisher noch kein einziges Endlager zur Entsorgung der Abfälle für die nächsten hunderttausend Jahre…

Oder man veranstaltet weltweite Kongresse, bei denen festgeschrieben wird, in politischen Kompromissen, was getan werden müßte. „Und bald herrschte wieder Einigkeit im Saal, und nun freut sich alles schon aufs nächste Mal“ heißt es in einem Altberliner Lied.

Diese Kompromißfähigkeit… Ein eigentlich bemerkenswert schöner Zug…

Die Menschheit wird jedoch das sogenannte 1,5-Grad-Ziel mit dessen an sich bereits katastrophalen Auswirkungen nicht erreichen, ohne ein neues größeres Loch aufzureißen durch vielleicht irgendeinen neuen technologischen Klabberatismus.

Und selbst in jenem unwahrscheinlichen Fall des Gelingens wird die Menschheit das eigentliche Problem, nämlich der Ungenügsamkeit, nicht lösen, weil es triebhaft verwurzelt ist in jedem ihrer Exemplare.

Es sei denn, der Menschheit gelänge es noch blitzartig, eine Weltregierung zu etablieren. Noch dazu ausgestattet mit einer totalitär durchsetzungsfähigen Macht, die einzelne Staaten und in den Staaten die einzelnen Bürger nicht nur drakonisch zwingt zur Genügsamkeit selbst mit Ungenügendem, sondern sogar zum einschränkenden Verzicht auf in Generationen mühsam erworbene Errungenschaften, das Wort kommt von „ringen“, und zum Verzicht auf nie hinterfragte vermeintliche Selbstverständlichkeiten.

Beispielsweise zum Verzicht auf den individuellen Besitz eines motorbetriebenen Fahrzeugs.

Beispielsweise zum Verzicht auf Kosmetik.

Beispielsweise zum Verzicht auf wechselnde Moden, nämlich mittels Zuteilung einer vorgeschriebenen Anzahl an uniformen Kleidungsstücken.

Beschränkung, Genügsamkeit, Verzicht, Zuteilung, Lebensmittelkarten.

Und dreimal in der Woche wird veganer Eintopf gegessen!

Etc. pp.

Um nur ganz wenige Dinge anzudeuten, die wichtig wären für das Überleben möglichst vieler der gegenwärtig acht Milliarden Menschen auf diesem Planeten.

Es gab Epochen, da wurde das Opfern gepflegt als gesellschaftlicher Ritus…

Was heute alles hinausliefe auf eine revolutionär organisatorische Umgestaltung der existentiellen Daseinsformen.

In kürzester Zeit.

Das aber ist derart unwahrscheinlich, daß man sagen kann: Es wird nicht sein. Schon allein der Erkenntnisprozeß ist unwahrscheinlich. Bisher ist man noch nicht einmal dazu gelangt, die an sich auf der Hand liegende simpelste Frage zu stellen: Unter der Voraussetzung, es gelänge die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen bis zum Jahre 2100, was wäre damit gewonnen gegenüber dem Jahr 2101 und den folgenden?

Obwohl sich gerade diese Frage zumindest ohne weiteres beantworten ließe: Die Erhitzung steigt natürlich weiter.

Das Scheitern unserer Zivilisation bei der Sicherung ihres Fortbestandes in jetziger Fülle und Form offenbart sich jedoch bereits darin, daß sich, bisher zumindest, niemand die eigentlich naheliegendste aller Frage auch nur zu denken, geschweige denn zu stellen traut: Was können wir tun, um möglichst viele Menschen zu retten, wenn sich unser Planet um mehr als 1,5 Grad erhitzt? Wir sollten doch endlich darüber nachzudenken beginnen, ob es zum Beispiel Sinn macht, künftige Städte unterirdisch zu errichten für die Überlebenden.

Der Planet wird weder zehn noch acht Milliarden Menschen vertragen mit individuellen Freiheitsrechten nicht nur in modischer Kleidung, sondern auch mit den aller Welt doch offensichtlich geradezu symbolhaft widernatürlichen Veranstaltungen wie derzeit in Katar.

Und das Häuflein der Wenigen, das eben das begriffen hat, nennt sich in seinem Entsetzen verzweifelt „Letzte Generation“…

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Denn er [der Mensch] mißbraucht gewiß seine Freiheit in Ansehung anderer Seinesgleichen; und ob er gleich als vernünftiges Geschöpf ein Gesetz wünscht, welches der Freiheit Aller Schranken setze: so verleitet ihn doch seine selbstsüchtige thierische Neigung, wo er darf, sich selbst auszunehmen.“

Immanuel Kant (1724 – 1804): Ideen zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht

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Was ist Glück?

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Samstag, 22. Oktober 2022: Serapion an Mephisto

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Die Aufhebung der Preisbindung führte bei vielen Lebensmitteln zu drastischen Preisanstiegen. Butter, Rind- und Schweinefleisch, Kartoffeln, Eier und Bier verteuerten sich um bis zu 30 %. Die Hersteller von Margarine verlangten für 1 kg des Speisefetts 2,11 DM, für 1 kg Butter waren 7,30 DM zu bezahlen. Im Angebot waren auch wieder frühere Mangelwaren wie helles Mehl, Zucker und Bohnenkaffee, allerdings zu hohen Preisen. 1 kg Bohnenkaffee kostete 32,50 DM, dafür musste ein Industriearbeiter 18,5 Stunden arbeiten (bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 47,5 Stunden).

Quelle: Harenberg-Kalender „Chronik 2022“ (Redaktionsschluß: 4.11.2020) im Rückblick auf das Jahr 1952

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Mein Lebtag trocken Brot will ich essen, wenn nur die Bombenalarme aufhören!“

Überlieferter Spruch aus nächtlichen Luftschutzkellern der deutschen Reichshauptstadt während der anglo-amerikanischen Luftangriffe

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6. und 7. Oktober 1952

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Freitag, 7. Oktober 2022: Bellarmin an Mephisto

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In einem Festakt in der Staatsoper zu Berlin wurde laut Tägliche Rundschau am 6. Oktober der dritte Jahrestag der Gründung der DDR unter Teilnahme einer Delegation des Präsidiums des Obersten Sowjets und der Regierung der UdSSR, geführt vom Vorsitzenden des Obersten Sowjets N. M. Schwernik, und von Regierungsdelegationen der Volksdemokratien gefeiert. Schwernik sagte in einer Ansprache u.a.:

»Indem sie die Grundinteressen des deutschen Volkes zum Ausdruck bringt, führt die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik einen unermüdlichen und edlen Kampf gegen die Schaffung einer westdeutschen Söldnerarmee mit den faschistischen Hitlergeneralen an der Spitze gegen die von den Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritanniens und Frankreichs, Westdeutschland aufgezwungenen Bonner und Pariser »Abkommen« über ein direktes militärisches Bündnis der aggressiven Kräfte dieser Länder mit den Revanchepolitikern Westdeutschlands. Die unauslöschliche Flamme des Kampfes des deutschen Volkes gegen einen neuen Krieg und für die nationale Vereinigung Deutschlands lodert von Tag zu Tag immer stärker und heller auf. Die Tatsachen zeugen davon, daß das deutsche Volk nicht zum Kanonenfutter der Brandstifter eines neuen Krieges werden will. Ohne Zweifel wird es nicht zulassen, daß das Schicksal Deutschlands gegen seinen Willen und ohne seine Teilnahme entschieden wird. Die entscheidende Rolle in der Sache der Vereinigung Deutschlands fällt dem deutschen Volk selbst zu. Als Kampfaufruf für das deutsche Volk wie auch für andere Völker, klingen die Worte des Genossen Stalin: ‚Der Friede wird erhalten und gefestigt werden, wenn die Volker die Sache der Erhaltung des Friedens in ihre Hände nehmen und den Frieden bis zum äußersten verteidigen. Der Krieg kann unvermeidlich werden, wenn es den Kriegshetzern gelingt, die Volksmassen durch Lügen irrezuführen, sie zu betrügen und sie in einen neuen Weltkrieg hineinzuziehen.‘ Das Sowjetvolk wünscht dem deutschen Volke neue Erfolge in seinem Kampf für die Schaffung eines einheitlichen, unabhängigen, demokratischen und friedliebenden Deutschland, im Kampf um den Frieden.«

Am 7. Oktober demonstrierten am Marx-Engels- Platz zu Berlin in einer Massenkundgebung über 600 000 Männer und Frauen für den Frieden an der Ehrentribüne vorbei, auf der Präsident Wilhelm Pieck und der Leiter der Sowjetdelegation, N. M. Schwernik, Platz genommen hatten. Am Vorbeimarsch vor der Tribüne nahmen auch Formationen der deutschen Volkspolizei (erstmalig in neuen olivgrünen Uniformen), der Grenzpolizei und der Seepolizei teil. Schwernik besichtigte auch das Eisenhüttenkombinat Ost bei Fürstenfeld.

Zitiert nach Archiv der Gegenwart

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Was dieser heute bawt / reist jener morgen ein

Andreas Gryphius (1616 – 1664)

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Der wahre Kriegsgrund

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Freitag, 23. September 2022: Bellarmin an Mephisto

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Der Auftraggeber von Auftragsmorden sagte vorgestern in der Frühe hinter seinem Schreibtisch, Rußland müsse sich verteidigen.

Der Auftraggeber von Auftragsmorden sagte vorgestern in der Frühe hinter seinem Schreibtisch, es gehe um den Schutz der Souveränität, der Sicherheit und der territorialen Integrität Rußlands.

Der Auftraggeber von Auftragsmorden sagte vorgestern in der Frühe hinter seinem Schreibtisch, Rußland müsse nicht nur gegen ukrainische Neonazis sich zur Wehr setzen, sondern auch gegen Nazis im Westen, in Washington, in London und in Brüssel.

Der Auftraggeber von Auftragsmorden sagte vorgestern in der Frühe hinter seinem Schreibtisch, alle drängten die Ukraine, den Krieg auf russisches Gebiet zu übertragen. Um Rußland am Ende vollständig auszurauben.

Der Auftraggeber von Auftragsmorden sagte vorgestern in der Frühe hinter seinem Schreibtisch, Rußland müsse diejenigen stoppen, die nach der Weltherrschaft streben, die drohen, Rußland zu zerstückeln und zu versklaven.

Das sagte der Auftraggeber von Auftragsmorden vorgestern in der Frühe hinter seinem Schreibtisch.

Die tradionelle Russentümelei besteht seit Jahrhunderten aus einem bisweilen nicht mehr zu trennendem Gemengsel aus Lüge, bis hin zur Absurdität, und generell kognitiver Störung. In der Regel befinden sich russische Wahrnehmung und russische Weltsicht und russische Interpretation des Weltgeschehens, bis hin zur Verschrobenheit, in auffälliger Diskrepanz zur Wahrnehmung und Weltsicht und Interpretation desselben Weltgeschehens durch den Rest der nichtrussischen Weltbewohner.

Das sollte der Westen beachten.

Der wahre Kriegsgrund aber ist eine tiefsitzende Angst der jeweiligen Machthaber Rußlands vor der Gedankenfreiheit autonomer Individuen. Welche Freiheit der Gedanken, weil gegenwärtig mit global grenzüberschreitenden Möglichkeiten, die russische, also eine besonders primitiv reaktionäre und über die Jahrhunderte hervorstechend menschenverachtende Despotie gefährdet. In Rußland manifestiert sich wohl mit am deutlichsten der grundlegende dialektische Widerspruch zwischen den totalitären Forderungen eines Staates, bis hin zur Selbstaufgabe seiner Untertanen, und dem Unabhängigkeitsstreben des Individuums.

Und ob Zarentum, ob Bolschewismus oder Putinismus, in Rußland handelt es sich über die Jahrhunderte immer um dasselbe Herrschaftssystem: die Despotie.

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Lache, wenn er lacht!“

(altägyptische Grabinschrift)

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Ich bin nie in Gegenwart eines Vorgesetzten geschlagen worden!“

(altägyptische Grabinschrift)

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Das Bewußtsein bestimmt das Sein

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Samstag, 10. September 2022: Bellarmin an Mephisto

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Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt. Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um.

Karl Marx: Zur Kritik der politischen Ökonomie

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Die allgemein zitierte Kurzform hierfür lautet unter Marxisten: „Das Sein bestimmt das Bewußtsein.“

Mit dem daraus als Filetstück des Marxismus abgeleiteten dialektischen „Grundwiderspruch“ des „Historischen Materialismus“, der die Entwicklung der Menschheit bestimmend von der „Sklavenhaltergesellschaft“ über die Jahrtausende zur Paradiesverheißung des Kommunismus führe: Der Widerspruch zwischen den Produktivkräften und den Produktionsverhältnissen.

Gemäß jener marxistischen Irrlehre, die beispielsweise an sämtlichen Universitäten und Hochschulen der Deutschen Demokratischen Republik in dem unumgänglichen Pflichtfach „Marxismus / Leninismus“ gelehrt wurde als „einzig wissenschaftliche Weltanschauung“ inklusive erstplazierter Prüfungszensur aller Hochschulabschlußexamina, gemäß jener marxistischen Irrlehre sollte demnach naturgesetzlich im entwickeltesten kapitalistischen Land das „Sein“, nämlich die Produktivkräfte, das „Bewußtsein“, nämlich die gesellschaftlich zurückgebliebenen Produktionsverhältnisse, den gesellschaftlichen Überbau, sprengen und infolge einer proletarischen Revolution hinwegfegen.

In Wahrheit und vollkommen uninterpretiert von den sich im Ostblock tummelnden marxistisch-leninistischen „Gesellschaftswissenschaftlern“ und ihren Lehren war exakt das Gegenteil passiert: Im unterentwickelten, weitgehend agrarisch produzierenden Rußland putschte sich heimtückisch eine Clique von „Berufsrevolutionären“ an die Macht und verwandelte kraft des humanitär skrupellosen Bewußtseins ihrer marxistischen Religion, nämlich der unantastbaren Dogmen ihres unfehlbaren Gottvaters Marx, zwangsweise, nämlich durch historisch beispiellosen gesellschaftlichen Terror, nicht nur das gesellschaftliche Sein Rußlands: Ein Gespenst ging hinfort um in der Welt – das Gespenst des Kommunismus.

Mit den Merkmalen:

  • Erschießung Zehntausender von Geiseln oder ohne Urteil Eingekerkerten und Massaker an Hunderttausenden revoltierender Arbeiter und Bauern zwischen 1918 und 1922
  • Hungersnot von 1922, die den Tod von fünf Millionen Menschen verursachte
  • Liquidierung und Deportation der Donkosaken 1920
  • Ermordung Zehntausender in den Konzentrationslagern zwischen 1918 und 1930
  • Liquidierung von annähernd 690 000 Menschen während der Großen Säuberung 1937/38
  • Deportation von zwei Millionen Kulaken (bzw. Menschen, die als solche bezeichnet wurden) 1930 bis 1932
  • Vernichtung von sechs Millionen Ukrainern durch die absichtlich hervorgerufene und nicht gelinderte Hungersnot von 1932/33
  • Deportation hunderttausender Polen, Ukrainer, Balten, Moldauer, Bessarabier 1939 bis 1941 und nochmals 1944/45
  • Deportation der Wolgadeutschen 1941
  • Verbannung der Krimtataren 1943
  • Verbannung der Tschetschenen 1944
  • Verbannung der Inguschen 1944
  • Deportation/Liquidierung der städtischen Bevölkerung Kambodschas zwischen 1975 und 1978
  • allmähliche Vernichtung der Tibeter durch die Chinesen seit 1950 usw.

(Stéphane Courtois, Nicolas Werth, Jean-Louis Panné, Andrzej Paczkowski, Karel Bartosek, Jean-Louis Margolin: Das Schwarzbuch des Kommunismus)

Und mit einer vorsichtig geschätzten Gesamtbilanz an Opfern:

  • Sowjetunion: 20 Millionen Tote
  • China: 65 Millionen Tote
  • Vietnam: 1 Million Tote
  • Nordkorea: 2 Millionen Tote
  • Kambodscha: 2 Millionen Tote
  • Osteuropa: 1 Millionen Tote
  • Lateinamerika: 150 000 Tote
  • Afrika: 1,7 Millionen Tote
  • Afghanistan: 1,5 Millionen Tote
  • kommunistische Internationale und nicht an der Macht befindliche kommunistische Parteien: etwa 10 000 Tote

(ebenda)

In dem seinerzeit industriell am weitesten entwickelten Land, in dem laut marxistischer Gesellschaftstheorie der „einzig wissenschaftlichen Weltanschauung“ durch eine „Epoche sozialer Revolution“ „der ganze ungeheure Überbau“ mit seinen kapitalistischen Eigentumsverhältnissen hätte naturgesetzlich umgewälzt werden müssen, ist diesen Donnerstag nach siebzigjähriger Regentschaft die Königin gestorben, und ihr Nachfolger wurde heute nach jahrhundertaltem Ritus offiziell inthronisiert.

In Deutschland, an der Berliner Humboldt-Universität, an der vor wenigen Wochen erst der Vortrag einer Biologin mit der Binsenweisheit, daß es wissenschaftlich erwiesen in der Natur nur zwei Geschlechter gebe, abgesagt wurde aus ideologischen Gründen, an der Berliner Humboldt-Universität also mit ihrem einstigen Lehrstuhl für Marxismus-Leninismus prangt in der Eingangshalle an der Wand noch immer demagogisch der Spruch mit dem marxistischen Schwachsinn:

Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“

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