A N A B A S I S

Thalatta ! Thalatta !

Schlagwort-Archiv: Friedrich Schiller

Politisch korrekte Verrenkung

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19. Juni 2022: Sehmann an Mephisto

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Sprachliche Begrifflichkeit ist die Brille, durch die wir die Welt sehen. Und mehr noch, mittels jener Begrifflichkeit schenkt uns ja einzig die „Sprache, die für dich dichtet und denkt“ (Schiller) überhaupt erst das Vermögen zu denken. Die Begriffe sind es, die die Möglichkeiten und die Richtung unseres Denkens vorherbestimmen.

Nun soll kommende Woche auf Vorschlag von Bündnis 90/Die Grünen die(?) Politolog(?)in(?) Ferda Ataman zur Leiter(?)in der Antidiskriminierungsstelle der Bundesrepublik Deutschland ernannt werden. In der heute abgerufenen Wikipedia ist über die(?) Frau(?) Ataman zu lesen [um Himmels Willen, ich will der Antidiskriminierungsbeaftragten in spe natürlich nicht zu nahe treten und er sie es und so weiter diskriminieren, nehme mir aber, wie andere auch, die Freiheit heraus, das weibliche Geschlecht anzunehmen!]:

Im Juni 2018 schrieb Ataman für eine Publikation der Amadeu Antonio Stiftung: „Politiker, die derzeit über Heimat reden, suchen in der Regel eine Antwort auf die grassierende ‚Fremdenangst‘. Doch das ist brandgefährlich. Denn in diesem Kontext kann Heimat nur bedeuten, dass es um Blut und Boden geht: Deutschland als Heimat der Menschen, die zuerst hier waren.“ Ein Heimatministerium sei vor allem „Symbolpolitik für potenzielle rechte Wähler“.

Horst Seehofer sagte daraufhin als erster Bundesinnenminister seine Teilnahme am Integrationsgipfel ab. Er wolle nicht teilnehmen, wenn mit Ataman „eine Teilnehmerin meine Strategie für Heimat in einem Artikel […] mit dem Heimat-Begriff der Nationalsozialisten in Verbindung bringt“.

Der ehemalige ARD-Korrespondent Werner Sonne, der gemeinsam mit Ataman den Mediendienst Integration aufgebaut hatte, kritisierte im Spiegel, es sei zwar„Unfug“, ihr die Absage Seehofers „in die Schuhe zu schieben“, doch habe sie „den Streit mit Angela Merkel immer weiter“ eskaliert und verlange die Abschaffung des Begriffs Migrationshintergrund, weil Menschen mit diesem Hintergrund in Deutschland „doch längst in der Mehrheit“ seien. Diese Behauptung Atamans würde „ausdrücklich die vielen Millionen Vertriebenen und Flüchtlinge“ einbeziehen, „die als Folge des Zweiten Weltkriegs ihre alte Heimat verlassen mussten“. Dies sei ein absurder Versuch, „diese Menschen mit Zuwanderern gleichzusetzen, die unbestreitbar aus anderen Kulturkreisen nach Deutschland gekommen sind“ und sei „Wasser auf die Mühlen derjenigen, die dieses Land spalten wollen“.

Ataman hatte mit einer Spiegel-Kolumne 2020 für Debatten gesorgt, als sie die Bezeichnung „Kartoffel“ für Deutsche ohne Migrationshintergrund verteidigte. Als Reaktion auf diese Aussage wurde ihr vorgeworfen, sie würde selbst einen angeblich diskriminierenden Jargon verwenden.

Der Autor Ahmad Mansour wirft Ferda Ataman vor, es gehe ihr um „Ideologie und wenig um den Abbau von Rassismus oder Diskriminierung“, und beklagt sich über ihr „abstruses Weltbild“, das impliziere: „Rassist ist, wer alt, weiß und männlich ist“.

Dem bliebe Mannigfaltiges und noch einiges mehr hinzuzufügen und Ergänzendes zu sagen, und der Eintrag an sich ist natürlich eine wahre Fundgrube. Aber Zeit ist kostbar, und darum will ich mich hier nur pars pro toto beschränken. Dafür sei zur Verdeutlichung noch zitiert aus einer Meldung des Deutschlandfunks von gestern:

Die Debatte über die geplante Ernennung der Publizistin und Politologin Ferda Ataman zur Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat sich fortgesetzt.

Der Politologin werden unter anderem verbale Ausfälle gegenüber Menschen ohne Migrationshintergrund vorgeworfen.

Also in der sich fortgesetzt habenden Debatte werden der in Deutschland wahrscheinlich schwer unter Diskriminierung gelitten habenden Politologin(?), die(?) Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Moderner vorderer Orient und Migration an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und dem Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin studiert und das Studium 2005 mit dem Diplom abgeschlossen hatte, „verbale Ausfälle gegenüber Menschen ohne Migrationshintergrund vorgeworfen“.

Die merken gar nichts mehr!

Menschen ohne Migrationshintergrund“…

Was für eine verschrobene Verrenkung!

Könnte es sein, daß der politisch korrigierte Journalismus dieses Landes damit Menschen meint, die nicht zugewandert sind?

Um zu sprechen in der Landessprache?

Um klar und deutlich deutsch zu reden?

Und könnte es sogar sein, daß „Menschen ohne Migrationshintergund“ dieses Landes Deutsche sind?

Wie in Frankreich Franzosen, in Spanien Spanier, in Italien Italiener und in der Ukraine Ukrainer?

Könnte es sein, daß der Satz in der Landessprache hieße:

Der Politologin werden unter anderem verbale Ausfälle gegenüber Deutschen vorgeworfen.“?

Könnte es also sein, daß neben der „Bevölkerung“ hierzulande mit einer wunderschönen Sprache sogar ein Volk existiert?

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Kopf gut schütteln vor Gebrauch!“

Erich Kästner (1899 – 1974)

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nomen est omen

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6. November 2021: Bellarmin an Mephisto

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Es gab einmal einen Film, in dem konkurrierten zwei Konzerne. Ich glaube, der eine Konzern hieß Sodom. Der andere hieß Gomorrha. Die Umstände ihres Konflikts sind meinem Gedächtnis entfallen, aber es ging wohl um den Verkauf von Geräten, um Hartwär im heutigen Dummdeutsch. Es ging um den Verkauf von perfekt illusionistischen Fernsehern. Also es ging darum, den Zuschauern, also den Zuschauenden im heutigen Dummdeutsch, es ging demnach darum, den Kundenden beileibe nicht nur simple Bilder mit Schallwellen zu bieten.

I bewahre!

Sondern wenn in einer Filmszene eines Films in dem Film es etwa nach etwas röche, dann sollte auch derdiedas zuschauende Kundende dasselbe ebenfalls riechen! Oder, präziser gesagt, die Illusion geboten bekommen, genau dasselbe zu riechen.

Den weißen, den blauen und den lila Flieder und jeden Furz!

Leif!

Und falls in dem Film des Films jemandenderIn etwas äße, eine männliche oder weibliche oder transsexuelle Forelle vielleicht, dann sollten Kundende nebst allen Diversenden exakt männlichen, weiblichen oder transsexuellen Forellengeschmack spüren auf ihren Zungen.

Und, jetzt paß auf!

Anschließend auch sattsein im Magen!

Obwohl die zuschauenden Kundenden selber keinerlei Forelle zu sich genommen haben müßten!

Sobald der Protagonistende in dem Film des Films gesättigt worden wäre von der transsexuellen Forelle wären die Kundenden sofort selber satt!

Leif!

Und bei diesen Apparaten, also bei der Hartwär im heutigen Dummdeutsch, bei diesen Fernsehern in dem Film mit den furzenden Filmen der konkurrierenden Konzerne Sodom und Gomorrha, also da gab es die reinsten Luxusklassen!

Du mußt Dir das auch nicht vorstellen wie heute, wo Du da vor so einem Bildschirm sitzt, vor einem Displäy ein Meter mal eins fünfzig in Deiner Einzimmerwohnung des Morgens beim furzfreien Frühstücksfernsehen.

Nein!

Noch viel viel schöner!

Da war nichts mehr von einer Mattscheibe. Wie die Hartwär früher hieß im treffenden Volksmund der Landessprache. Sondern, also die Dinger, Du mußt Dir das so vorstellen, die sahen vollkommen aus wie herumliegende Särge.

Total!

Aber paß auf, das war praktisch. Du konntest dieses Hartwärding nämlich auch völlig normal aufklappen wie einen Sarg.

Indem Du den Sargdeckel hochklapptest, und dann konntest Du Dich bequem reinlegen in die Hartwär von Sodom oder Gomorrha.

Drinnen war natürlich alles aufs behaglichste weich gepolstert. Mit gewissen Unterschieden vielleicht hinsichtlich der Stoffe, Muster und Farbgebungen, je nach Preisklasse.

Aber durch die Bank, nein, durch den Sarg komplett gepolstert!

Damit Du auf jeden Fall angenehm lägest.

Denn das Wohl der Kundenden lag sowohl Sodom als auch Gomorrha selbstverständlich am Herzen.

Und drinnen hatte derdiedas Kundende an der Deckelunterseite einen ergonomischen Griff, das war gut durchdacht.

Und je nach Preisklasse vielleicht sogar vergoldet.

Und Du konntest Dich also gemütlich hineinlegen und dann den Sargdeckel bequem von innen schließen.

Und sogar störungsfrei verriegeln.

Und lagst drinnen weich in der Hartwär und konntest alles riechen, schmecken und fühlen.

Wie leif!

Ist doch schön so bequem.

Manche sind sogar verhungert, ohne es zu merken! Die haben den Deckel nie mehr hochgeklappt.

Weil der Film so schön war.

Ein schöner Tod.

Besser kann man wohl auch kaum sterben: vollkommen satt!

Genial!

Nun hat Zuckerbergs Mark seinen Konzern umbenannt. Weil es um die Herstellung eines völlig neuen Produktes ginge. Marinela Potor versuchte am 3. November auf BASIC thinking, es zu beschreiben, das neue Zuckerberg-Produkt:

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Das ist in der Tat nicht ganz so leicht zu fassen– und zwar nicht, weil wir über 3D-Grafiken, VR und erweiterte Realität (AR) sprechen. Das liegt vielmehr daran, dass das Metaverse bislang eher eine Vision ist, die es noch nicht gibt.

In seiner Keynote hat Mark Zuckerberg sich darum auch darauf konzentriert, diese Vision greifbarer zu machen. Wir haben in verschiedenen Simulationen gesehen, wie Influencer virtuelle Fanpartys planen und eine Frau aus Japan plötzlich in Form ihres Avatars mitten auf einem Konzert in den USA tanzte.

Eine VR-Expertin hat uns erklärt, wie unsere Avatare im Metaverse unsere Gesichtsausdrücke nahezu in Echtzeit nachahmen werden. Und ein AR-Fachmann hat gezeigt, wie er mit einem Team Hardware entwickelt, die die Bewegung unserer Hände so exakt nachahmen kann, dass wir in der VR-Welt eine realistische physische Erfahrung haben.

Im Kern geht es also im Metaverse darum, eine virtuelle Zweitwelt zu erschaffen, die sich einerseits so echt anfühlt wie unsere physische Realität, uns andererseits aber auch neue Möglichkeiten bringt.

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Genial!

Das stillt ja genau wieder unsere Sehnsucht, von der wir bisher selbst noch nichts ahnten. Und das ist es, was unser Planet jetzt braucht! Und da sollen diese Aktivistenden noch mal kommen von wegen, wir hätten nur eine Erde!

Der Zuckerberg schenkt uns, um zum besseren Verständnis es auch ohne dieses lange Herumgeeiere einmal in der von unseren Politikenden stets im Munde geführten Transparenz auszudrücken, der Zuckerberg in seiner ganzen Großherzigkeit schenkt uns eine virtuelle Welt. Oder, falls Du es immer noch nicht begriffen hast, „virtuelle Welt“, klar ausgedrückt in der Sprache unseres Volkes, in unserer Volkssprache, die auch die Sprache Luthers und Lessings, Goethes, Schillers, Hölderlins, Heines, Tucholskys und Kästners war: Es geht um eine Scheinwelt.

Was für ein prägnantes, treffendes, einfaches, klares, deutliches, deutsches Wort für das, worum es „im Kern geht“.

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Wenn Ungeist auf Kleingeister trifft…

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18. September 2021: Bellarmin an Mephisto

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Es gab einmal Zeiten, da stand auf Wahlplakaten der SPD zu lesen:

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Das will die SPD:

Entspannung im gesicherten Gleichgewicht. Gegenseitige Rüstungskontrolle und Abrüstung.

Soziale Sicherheit. Garantierte Altersversorgung.

Vollbeschäftigung durch aktiven Staat. Sicherung der Mitbestimmung.

Unsere DM als eine der härtesten Währungen.

Sichere Energieversorgung durch internationale Partnerschaft.

Vorrang durch heimische Kohle. Kernenergie, soweit wie nötig.

Gesamtverantwortlich weiter die Umwelt schützen. Mehr Lebensqualität.

Staatlich geförderten Wohnungsbau und eine Verbesserung der Wohnumwelt.

Leistungen für die Familie.

Innere Sicherheit im freien und selbstbewußten Rechtsstaat.

Bundeskanzler Helmut Schmidt.

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Das will die SPD auf keinen Fall:

Konfrontation, militärische Abenteuer und ungebremste Aufrüstung.

Soziale Demontage. Angstpropaganda auf Kosten der Rentner.

Arbeitslosigkeit – gewollt oder hingenommen. Mit Tricks gegen Arbeitnehmerrechte.

Angstmacherei auf Kosten der Sparer.

Versorgungskrisen durch militärische Einsätze. Energiepolitik einfach von oben diktiert.

Kohle vernachlässigen und Kernenergie um jeden Preis.

Die Umwelt allein dem Markt überlassen. Lebenswerte Umwelt nur für Privilegierte.

Den sozialen Wohnungsbau abschaffen. Abbau des Mieterschutzes.

Unbezahlbare Versprechungen.

Erdrückte Freiheit durch Terrorismus und Angststaat.

F. J. Strauß.

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Richtig, derartige Wahlplakate, das ist lange her!

Das war 1980…

Tja, also…

Also was soll man sagen?

Tja…

Über das bemüht spitzfindig so benannte zweite „Triell“ sagte am Montag nach jenem Sonntagabend die Wochenzeitung CICERO:

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Sagen wir es so: Wenn eine mit der deutschen Politik nicht vertraute Person diese Sendung gesehen hätte, würde er oder sie sich zwangsläufig fragen: Warum treten Scholz, Laschet und Baerbock überhaupt gegeneinander an? Die scheinen doch, bis auf ein paar Details, alle einer Meinung zu sein. Es wurde jedenfalls so deutlich wie nie, dass diese Form des Triells komplett an der gesellschaftlichen Wirklichkeit des Landes vorbeigeht.

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Oder die SCHWÄBISCHE ZEITUNG aus Ravensburg sagte am selben Tage:

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Jetzt wäre also die Stunde der Diskussion, der Bewertung von Argumenten, der klaren Hinweise, was denn nun in naher Zukunft geschehen soll. Doch die Debatten zünden nicht. Es werden oberflächlich die Phrasen aus den Schubladen der Kommunikationsprofis geholt, aber eine klare Antwort etwa auf die deutsche Außenpolitik nach dem Afghanistan-Desaster gibt es nicht. Früher war nicht alles besser, auch nicht der Wahlkampf. Aber dieser Austausch von Belanglosigkeiten, der stößt dennoch sauer auf.

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Derweil wurden wir konfrontiert mit einem der zahlreichen härteren Belange im Staate Deutschlands anno 2021. Eine „rechtsextreme“ Splitterpartei namens „III. Reich“, nein, eine faschistoide Partei unter dem Tarnnamen „III. Weg“ hat finanzielle Mittel investiert und sich ausgerechnet, damit Wählerstimmen zu gewinnen mit also druckkostenbezahlten Wahlplakaten, auf denen zu lesen steht: „Hängt die Grünen“!

Du lasest richtig!

Doch es kommt noch härter!

Während in Bayern sämtliche Polizeipräsidien durch das Innenministerium angewiesen wurden, diese eindeutige Mordhetze zu entfernen, verfügte, zufälligerweise im Osten „der gesellschaftlichen Wirklichkeit des Landes“, das Verwaltungsgericht Chemnitz, daß diese eindeutigen Aufrufe zu Morden an Andersdenkenden nicht entfernt werden dürften!

So, und hier käme, bei Vorhandensein, menschliches Format ins Spiel.

Beispielsweise auf Seiten der ordinären in diesem „Wahlkampf“ für hohe politische Ämter kandidierenden Maulaufreißer und Maulaufreißerinnen.

Aber sie haben die Chance auf menschliche Größe verpaßt.

Was wäre das für eine Geste gewesen eines derzeitigen Spitzenpolitikers bei diesem Thema von Belang „der gesellschaftlichen Wirklichkeit des Landes“, was wäre das für eine essentielle Geste gewesen zum Beispiel für einen Politiker aus den Reihen der stärksten Oppositionspartei des Bundestages, stehenden Fußes sämtliche anderen demokratischen Parteien zu einer geschlossenen Allianz, jawohl, zu einer Einheitsfront der Demokraten gegen die Mordhetze dieser Nazis aufzurufen!

Was wäre das für eine Gelegenheit gewesen!

Wenn man Format gehabt hätte…

Aber!

Ich fürchte aber: jener augenblicklich doch naheliegendste Gedanke ist keinem gekommen.

Oder vielleicht sogar schlimmer: er wurde verworfen!

Aus Gründen parteipolitischer Opportunität!

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Eine große Epoche hat das Jahrhundert geboren,

Aber der große Moment findet ein kleines Geschlecht.“

(GOETHE / SCHILLER Xenien Der Zeitpunkt)

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Zur Ursache der Niederlage des Westens im „Krieg gegen den Terror“

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11. September 2021: Serapion an Mephisto

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Die Ursache der Niederlage des Westens im sogenannten „Krieg gegen den Terror“ halte ich vor allem für kognitiv begründet. Der liberale Westen hat völlig offensichtlich Wahrnehmungsschwierigkeiten an sich sowie auch bei der rückhaltlosen Interpretation des Wahrgenommenen. Die Zahl der Beispiele ist unendlich! Da brauchten wir gar nicht erst anzufangen mit Afghanistan und der Tatsache, daß augenscheinlich während all der 20 Jahre des dortigen westlichen Engagements im beschworenen „Krieg gegen den Terror“ es nach meiner Beobachtung nicht ein einziges Mal auch nur ansatzweise eine Rolle gespielt hat in irgendeiner Betrachtung, einer politischen Analyse oder Berichterstattung, daß zum Zeitpunkt des Einmarsches der alliierten Truppen rund 70 Prozent der eingeborenen Völkerschaften Analphabeten waren. Eine Tatsache doch von geradezu elementarer Wichtigkeit! Oder ebenso exemplarisch war die nahezu hysterische Aufregung, die in den deutschen Medien herrschte, als nach bereits langen Jahren der „Verteidigung Deutschlands am Hindukusch“ der seinerzeitige Verteidigungsminister es „gewagt“(!) hatte, von einem „Kampfeinsatz“ zu sprechen!

Man stelle sich das vor: bundesdeutsche Soldaten in einem „Krieg gegen den Terror“ befänden sich in einem Kampfeinsatz!

Sagt plötzlich der Verteidigungsminister!

Und die deutschen Medien fallen aus allen Wolken. Davon haben wir ja gar nichts gewußt!

Eher sollten wir uns zuwenden der schon krampfartig zu nennenden Verschleierung der Realität mittels Begriffskonstruktionen wie „islamistisch“ oder „radikalislamisch“ für schlicht und treffend: „traditioneller Mohammedanismus“.

Und weiter:

Eine typisch westliche Reaktion auf das zum Beispiel im August 2017 in Barcelona von Mohammedanern verübte typische Attentat:

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Sonntag, 20. August 2017, EL PERIODICO DE CATALUNYA aus Barcelona:

Anders als in manchen Fällen in anderen europäischen Ländern haben wir es nicht einfach mit einem Problem zu tun, das von außen an uns herangetragen worden ist. Vielmehr geht es um Jugendliche, die unsere Schulen besucht haben und damit theoretisch auch unsere Werte kennen gelernt haben müssten. Aber irgendwann haben sie sich radikalisiert. Das darf in uns keine islamfeindlichen Gefühle wecken. Statt vorschneller Verurteilungen sollten wir daher unsere muslimische Gemeinschaft für den Kampf gegen den Terror gewinnen.

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Wenn wir einmal davon absehen, daß eventuelle Verurteilungen kaum noch vorschnell genannt werden können in Betracht allein des Zeitraums seit dem 11. September 2001 zum 17. August 2017 und angesichts der zivilisatorischen Singularität einer Ideologie, die das grauenvolle Abschlachten heimtückisch überwältigter und damit vollkommen wehrloser Menschen, als Zufallsopfer, zur beglückenden Heldentat stilisiert, könnten wir uns endlich einer nüchternen Tatsache stellen: Die beschworene mohammedanische Gemeinschaft ist selbst angesichts der entsetzlichsten Morde in all den Jahren nicht in den „Kampf gegen den Terror“ eingetreten.

Und ich wage die Prognose: Die mohammedanische Gemeinschaft wird trotz der homöopathisch vereinzelten Tapferen, der wahren Helden, die wir endlich erleben durften und für ihren Mut bewundern müssen, und die wir hoffentlich vor ihren Glaubensgenossen schützen können, die mohammedanische Gemeinschaft wird weder im wesentlichen noch überhaupt nur im entfernt erforderlichen Ausmaß in den „Kampf gegen den Terror“ eintreten.

Das wird nicht sein.

Aber jene hilflosen Wenigen zeigen uns, dem jammernden, dem die Welt nicht mehr verstehenden Westen eines:

Den „Kampf gegen den Terror“, was meint den Kampf beispielsweise gegen den sogenannten „sogenannten Islamischen Staat“, also den Kampf gegen sogenannte Islamisten, also gegen diese unzähligen Gruppierungen unter unzähligen Namen, was meint also, auf den Punkt gebracht, den Kampf gegen mohammedanischen Terror zur (Wieder-)Einführung der mohammedanischen Tradition, diesen Kampf kann der attackierte Westen nur ideologisch gewinnen.

Hierfür sollte insbesondere seine vielbesungene vorurteilsfreie Presse sich endlich selbst befreien von einigen linksideologischen Scheuklappen.

Beispielsweise in Gestalt der ritualisierten Selbstbezichtigungen:

„Es ist unsere Schuld, wir haben die Muslime nicht integriert.“

Oder

„Es ist unsere Schuld, wir bieten Muslimen keine Perspektive.“

Oder

„Die Terroristen sind Opfer schlimmer sozialer Verhältnisse in unserem Staate.“

Der Westen muß den Kampf ideologisch führen und kann ihn nur ideologisch gewinnen! Aber auf diesem Felde könnte er ihn tatsächlich gewinnen, und dies ist die positive Botschaft.

Hierzu sollte man sich klar werden über den eigentlich selbstverständlichen aber politisch korrigiert ausgeblendeten Umstand, daß es Menschen gibt, die durchaus aus persönlichen Gründen dauerhaft scheitern.

Statt aus gesellschaftlichen Gründen.

Daß demnach ihr sozialer Abstieg und ihre mehrheitsgesellschaftliche Abseitigkeit etwas zu tun haben kann mit persönlicher Schuld statt mit gesellschaftlicher. Auch wenn gerade diese Menschen, aus naheliegenden Gründen, den Hang verspüren, ihre Situation und ihr beständiges Scheitern und sich selbst als Opfer böser gesellschaftlicher Umstände zu interpretieren.

Ein Schulabbrecher der achten Klasse wird selten eingestehen: „Ich bin zu dumm.“ Sondern er wird die Schuld eher den dubiosesten Bewandtnissen und gesellschaftlichen Faktoren und staatlichen Zuständen zuschreiben und der „klaffenden Schere zwischen Arm und Reich“.

In den heutzutage entwickelten Staaten muß demnach so genannte Bildungsferne nicht immer die Folge sozialer Unterschiede sein, sondern soziale Unterschiede sind dort eher die Folge von „Bildungsferne“.

Also in vernünftigem Deutsch Martin Luthers und der Gebrüder Grimm: von Dummheit.

Die auch bestehen oder gepaart sein kann aus oder mit sogenannter Beratungsresistenz.

Man sollte doch endlich wieder die elementare Tatsache zur Kenntnis nehmen, daß es auch dumme und weiterbildungsunfähige Menschen gibt auf Erden.

Denn gar nicht so wenige sind ihres Unglückes Schmied.

Zumindest sollte man dies in Betracht ziehen und könnte es vielleicht sogar öffentlich erörtern oder wenigstens thematisieren in einer freien, demnach auch vorurteilsfreien Presse.

Das gliche im heutigen Deutschland mittlerweile der Entdeckung eines neuen Kontinents.

Dass es ohne Verschulden der Gesellschaft und der staatlichen Zustände Menschen gibt, die mitunter, selbst generationenweise, in schlechteren sozialen Umständen leben als andere.

Und RTL 2 goutieren statt ARTE.

Auch wage ich die Behauptung, daß in den entwickelten westlichen Staaten Kriminalität, insbesondere auch Kleinkriminalität, im allgemeinen nicht die Folge sozialer Not, sondern soziale Not die Folge von Kriminalität ist.

Und somit die Folge von Mentalität.

Statt von Sozialität.

Was nach meiner Erfahrung Kriminelle und Kommunisten so gut wie ausnahmslos anders sehen.

Nicht selten besitzen mohammedanische Attentäter nachweislich kriminelle Karrieren und stilisieren sich als Opfer.

Der Westen muß offensiv den mohammedanischen Märtyrerbegriff angreifen!

Und hierüber offensiv und stets aufs neue mohammedanische Autoritäten, insbesondere Theologen, öffentlich zur Stellungnahme herausfordern. Nach jeder Untat und auch dazwischen! Unermüdlich aufs neue! Man kann und muß sie auch einzeln namentlich ansprechen!

Es ist nicht zuviel verlangt, eine Stellungnahme abzuverlangen von mohammedanischen Autoritäten, wenn am Flughafen von Kabul vollkommen wehrlose, verzweifelt hilfesuchende Menschen hinterhältig auf grausame Weise umgebracht werden, Kinder, Frauen, Männer, zufällig versammelte Menschen.

Auch wenn es noch so trivial erscheint, gerade deswegen muß überhaupt und immer wieder klar ausgesprochen werden, daß es von erbärmlicher Feigheit und Heimtücke zeugt, wehrlose Menschen zu töten.

Daß es u n e h r e n h a f t ist!

Die Unehrenhaftigkeit dieser im Westen tatsächlich als „Kämpfer“ titulierten Verbrecher muß permanent benannt, ihre menschenfeindliche Primitivität muß fortlaufend thematisiert werden!

Diese Mordtaten müssen mental entwürdigt werden. „Terrorist“ muß werden ein Synonym für „elender Versager“, für „feiger Idiot“.

„Terror“ ist ein zu abstrakter Begriff, dessen Schändlichkeit muß der Westen mit seinen als mutig geltenden Medien unermüdlich konkretisieren!

Beim mohammedanischen Terrorismus als Glaubenskrieg, wenn nicht als „Kampf der Kulturen“, handelt es sich übrigens in jedem Fall um eine der zahlreichen Widerlegungen jener marxschen Grundthese, daß das Sein das Bewußtsein bestimme, und beweist uns an einem aktuellen und sehr konkreten Beispiel die schmerzhafte Richtigkeit der Antithese.

Es gab übrigens einmal Zeiten mit bildungsnäheren Politikern!

Die noch andere Wörter kannten als „inakzeptabel“ für Massenmord.

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Lale Akgün, Publizistin aus Köln, im SPIEGEL 34/2017 vom 19. August 2017 (Hervorhebung von Serapion):

Für mich ist es ganz klar, dass wir in Deutschland mittlerweile ein massives Problem mit einem fundamentalistischen Islam haben. Durch ihn werden Attentäter wie in Berlin oder zuletzt in Hamburg radikalisiert. Schuld sind die Imame, die ihre Gemeinden abschotten und den Gläubigen eintrichtern, dass alle Nichtmuslime auf dem falschen Weg seien – sogar jene, die nur einer anderen Strömung ihrer eigenen Glaubensrichtung angehören. Diesen Imamen müsste doch klar sein, wie das wirken kann, nicht nur auf psychisch Kranke. Sie sind es, die den einfachen Gläubigen die Feindbilder einpflanzen und sich nicht von den problematischen Suren im Koran distanzieren, die zur Gewalt aufrufen. Wenn der sogenannte Islamische Staat seine menschenverachtende Politik mit Koransuren rechtfertigt, dann ist das Terror im Namen des Islam. Und dann reicht es eben nicht aus, als Reaktion darauf ständig zu wiederholen, der Islam habe mit Terror nichts zu tun. Auch dem konservativsten Islamvertreter müsste mittlerweile klar sein, dass den Terroristen die theologische Grundlage entzogen werden müsste. Wir brauchen dringend eine Reformation des Islam und eine viel größere und schonungslosere Debatte. Solange nur eine kleine Minderheit der Muslime bereit ist, sich kritisch mit ihrer Religion auseinanderzusetzen, werden wir das Terrorproblem nicht lösen können. Im Gegenteil, es wird größer werden.

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Und im Abgrund wohnt die Wahrheit.

Friedrich Schiller (1759 – 1805)

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Hohmskuling in Sachen Deutsch

 

13. Februar 2021: Bellarmin an Mephisto

 

Ja, so war das. Ende Oktober vergangenen Jahres sah man sich im Deutschlandfunk veranlaßt, endlich einmal Stellung zu nehmen zur Verwahrlosung unserer Muttersprache. Am Beispiel des Unwortes „Lockdaun“. Das war um so bemerkenswerter, als es zeigte, daß es doch eine beträchtliche Anzahl Menschen gibt, die sich zur Wehr setzen gegen die beständige Vergewaltigung unserer Sprache durch bundesdeutsche Journalisten und Politiker.

„Lockdown“, der Begriff ist derzeit allgegenwärtig – und er wird streng genommen meist falsch benutzt. Soviel steht fest. Dennoch kommt er weiter in unseren Nachrichten vor. Und das hat seine Gründe.

Uns wird entgegengehalten, dass es sich nicht nur um einen unnötigen Anglizismus handle. Der Begriff werde überdies nicht treffend verwendet.

Wir haben dann aber nach und nach zur Kenntnis genommen, dass der Sprachgebrauch auch in diesem Fall mächtiger ist als das Wörterbuch. Fast alle sprechen vom „Lockdown“, nachdem es im Frühjahr noch eher um den „Shutdown“ ging, und wichtiger noch: Fast alle verstehen, was gemeint ist und was nicht.

Deshalb übernehmen wir bis auf Weiteres den „Lockdown“, sofern wir nicht Gelegenheit haben, die einzelnen konkreten Einschränkungen zu benennen. Das ist präziser und daher vorzuziehen. Es ist aber eben oft auch zu lang – und zudem in ermüdender Weise wiederholend, wenn der Kontext eh als bekannt vorausgesetzt werden kann.

Mit dieser Einschätzung stehen wir nicht alleine. Begriffe sind nicht statisch, ihre Bedeutungen verändern sich. Auch beim „Lockdown“ erkennt die Sprachwissenschaft bereits eine derartige Begriffsausweitung. Das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache etwa wartet mit folgender Definition auf: „Zeitraum, in dem fast alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten auf politische Anordnung hin stillgelegt sind (zum Beispiel zum Infektionsschutz)“.

Es würde mich nicht wundern, wenn der Duden eines Tages nachzöge.

Sancta Simplicitas!

Ja, es wunderte mich bestimmt nicht, wenn der taube Duden eines Tages nachzöge. Wie gegenwärtig gerade wieder zum Beispiel beim Jendan. Obwohl das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache doch eine wahrlich passende Definition hingelegt hat für den ins Schwarze treffenden Begriff „Stillstand“: „Zeitraum, in dem fast alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten auf politische Anordnung hin stillgelegt sind (zum Beispiel zum Infektionsschutz)“.

Und der Deutschlandfunk argumentiert hier ähnlich wie der taube Duden, gegen den Sprachgebrauch könne man gar nichts machen.

Doch man kann! Wie wir zum Beispiel lernen können bei unseren französischen Nachbarn. Und stammen denn konformistische Bildungen wie „Bürger*innenmeister*in“ oder „Bauern*innenfrühstück“ tatsächlich aus dem Sprachgebrauch? Oder doch eher aus einer weltfremden Kanzleisprache von Verwaltungsvorschriften? Und aus den „Innen“-Verrenkungen politischer OpportunistInnen? Statt aus dem Maule gewöhnlichen Volkes, das es ja auch noch gibt in beträchtlichem Ausmaß?

Dem man gleichzeitig und völlig unverdrossen gegen die eigenen Argumente eine Benutzung bestimmter Wörter vorschreibt?

Oder verbietet?

Journalisten, Politiker, Lehrer und Geistliche verfügen über die Wortmacht in jeder Gesellschaft. Und deshalb kann man schon was machen. Ähnlich wie Clemenceau, der in seiner Rolle als einstiger Schriftleiter einer Zeitung ein Schild aufgehängt haben soll in seiner Redaktion: „Bevor sie einen Anglizismus hinschreiben, kommen Sie zu mir in den dritten Stock und fragen, ob er nötig ist!“

Was sagst Du? Das sei eine Feknju? Der Clemenceau habe Adjektive gemeint statt Anglizismen?

Da kannst Du gleich mal in den dritten Stock laufen!

Im Deutschland von heute fördert man ja geradezu mutwillig den Sprachverfall, und man kürt, wie blöde und völlig kritikfrei, einen „Anglizismus des Jahres“.

Hosianna! Hosianna!

Richtig, dieses Jahr, wahrscheinlich heimarbeitend im steuerlich abgesetzten Arbeitszimmer des Hohmoffis, dieses Jahr ist es der „Lockdaun“.

Ich will jetzt aber mal wieder einen Katt machen und lieber einen Inzeider wisselbloan lassen, der ein paar Hottspotts autet der Sprache, die, zusammen mit dem Griechischen sowohl von Hegel als auch von Heidegger für die überhaupt einzige philosophietaugliche Sprache gehalten wurde, die Sprache Luthers, Gryphius, Lessings, Goethes, Schillers, Hölderlins, Heines und Rilkes, die Sprache von Thomas Mann, Franz Kafka, Karl Kraus, Kurt Tucholsky, Mascha Kaléko, Else Lasker-Schüler, Erich Kästner und Paul Celan, die Sprache des einstigen Landes der Dichter und Denker:

 

Was sind die Vorzüge unserer Sprache? Beginnen wir mit dem Einfachsten: der deutsche Wortschatz scheint größer zu sein als der englische und der französische; genaue Zahlenangaben sind freilich nicht möglich, denn wer könnte verbindlich entscheiden, wieviel zusammengesetzte Wörter, Fremd- und Lehnwörter oder Fachausdrücke zu dem „Wortschatz“ eines Volkes gerechnet werden sollen. Um diesem Satz durch einige beliebig gegriffene Beispiele Farbe zu geben: dem Französischen fehlen alle Ausdrücke der Bewegung: gehen, fahren, reiten, fliegen, segeln, steigen, sinken werden sämtlich mit dem einen Wort aller wiedergegeben; es fehlen im Französischen auch stehen, sitzen und liegen. Überhaupt versucht der Franzose mit den drei Zeitwörtern faire, mettre, und prendre einige Dutzend deutscher Begriffe zu ersetzen. Ähnlich verwendet der Engländer to get an Stelle von hundert verschiedenen deutschen Ausdrücken. Der Reichtum der Deutschen beruht zum großen Teil darauf, durch Vor- und Nachsilben und durch Zusammensetzungen neue Wörter zu schaffen. Der Deutsche bildet etwa zu dem Wort fallen Dutzende von Ableitungen: hinfallen, abfallen, ausfallen, zusammenfallen, verfallen, herunterfallen, niederfallen, einfallen; der Franzose hat für alle nur das eine Wort tomber. Welchen Reichtum an Zeitwörtern, der wichtigsten aller Wortarten, verschaffen wir uns auf diesem Wege! Welche Sprache kann so bequem wie die deutsche alles sagen und versagen, ansagen und aussagen, vorsagen und nachsagen, aufsagen und untersagen? Wer kann so leicht wie wir sich sattessen und kranklachen, gesundbeten und totschwitzen? Mühelos verschmilzt die deutsche Sprache Hauptwort und Zeitwort und Beiwort und bildet mit allen Abschattierungen hoffnungsvoll, hoffnungslos, hoffnungsreich, hoffnungsarm? Für das Wort Liebe nennt das Grimmsche Wörterbuch mehrere hundert Zusammensetzungen. Der Reichtum an Vor- und Nachsilben erlaubt es der deutschen Sprache noch heute, neue Wörter aus eigenen Wortstämmen zu prägen; das Englische und das Französische sind schon lange unfruchtbar und können neue Begriffe nur bezeichnen, indem sie griechische und lateinische Brocken ausleihen. Der Baum der deutschen Sprache steht noch im grünenden, saftigen Wachstum, während bei den anderen die äußersten Äste schon zu verdorren beginnen.

Das Französische hat im 17. Jahrhundert eine Hungerkur durchmachen müssen: um eines möglichst reinen Stiles willen warf man alles über Bord, was veraltet oder unklar oder undefinierbar erschien; alles Mundartliche, Niedrige, Bourgeoismäßige, alle Sonderausdrücke der Soldaten, Handwerker, Gelehrten und Arbeiter. Der Mensch sollte, von allen Abhängigkeiten seines Stammes und Standes befreit, als abstrakte personnage eine allgemeine Sprache reden: klar wie destilliertes Wasser und gemeinverständlich wie das Einmaleins. Welche Sprachverarmung von Montaigne bis Voltaire! Wie ein Klavier, dem die unteren und die oberen Oktaven fehlen, und das auch in den Mittellagen keine schwarzen Tasten hat. (Hofmiller)

Aber der Reichtum an Wörtern ist nicht der wichtigste Reichtum unserer Sprache. Die entscheidenden Sprachfragen liegen jenseits der Statistik. Mag das Französische oder das Englische keine 50 000 Wörter haben: Shakespeare ist mit 20 000 ausgekommen, Homer mit 9000 und das Neue Testament mit 5000. Wenn der Franzose auch nicht Ruhmestag zu bilden vermag, so schlägt sein Herz bei le jour de gloire nicht minder hoch. Die wesentlichen Unterschiede liegen tiefer.

Die deutsche Sprache beruht durchgängig auf deutschen Wurzeln, die französische dagegen auf lateinischen, und auch die Engländer haben eine Fülle französischer Wurzeln in ihre Sprache aufgenommen, als 1066 die französisch sprechenden Normannen das Land eroberten und die Angelsachsen unterwarfen. Diese Mischung germanischer und romanischer Wurzeln hat das Englische auch besonders anfällig gemacht für den Einfall immer neuer Fremdwörter. … Die englische Bibelübersetzung enthält zu 97 vom Hundert angelsächsische Wörter, Shakespeare noch zu 85, Gibbon zu 50, aber bei den modernen Schriftstellern geraten die angelsächsischen Wörter meist in die Minderheit. Besonders für Begriffe des geistigen und seelischen Lebens haben sich normannische Wörter durchgesetzt; die Normannen bildeten die geistig führende Oberschicht. Nun haben Wörter aus fremder Wurzel keinen bildlichen Gehalt für den, der sie heute spricht. Sie sind ihm ein leerer Schall, dessen Laut ihn an nichts Bekanntes erinnert. Der Deutsche hört bei Grundsatz den Anklang an Grund und Boden, der Engländer und Franzose spürt in principe oder principle nichts von dem lateinischen Wort primus, mit dem sie verwandt sind. Fichte folgert kühn: die Engländer und Franzosen hätten eigentlich gar keine Muttersprache; es seien tote Sprachen, und nur bei Völkern mit lebenden Sprachen greife die Geistesbildung ins Leben ein, nur sie hätten Fleiß, Ernst und Gemüt!

Aber man darf auch dies Argument nicht überanstrengen. Gewiß, in Begriff und Erfahrung könnte der Deutsche noch die anschaulichen Wurzeln be-greifen und er-fahren heraushören, aber tut er dies wirklich? Hat der Engländer wirklich bei dem angelsächsischen sorrow eine so ganz andere Empfindung als bei dem normannischen grief, bei remember eine andere als bei remind?

Wir wollen uns damit begnügen, uns der Erdhaftigkeit der deutschen Sprache zu freuen; Vischer hat gesagt, das Französische sei wie Likör und Biskuit, das Italienische wie Rotwein und Orangen, das Holländische ganz Hering, das Deutsche dagegen sei wie gutes Roggenbrot und Bier. –

Ein bedeutsamerer Vorzug des Deutschen ist die Freiheit der Wortstellung. Die Ausdrucksfähigkeit einer Sprache hängt nicht nur von dem Wortschatz ab, sondern nicht minder von der Art der Wortfolge. Wir können in dem Satz Vater hat mir gestern den Apfel geschenkt die Wörter auf fünf verschiedene Arten stellen und so mit denselben Wörtern fünf verschiedene Gedanken ausdrücken.

Ohne Umschreibung können die meisten lebenden Sprachen das nicht wiedergeben. Das Englische und das Französische können sich diese Freiheit der Wortumstellung nicht gestatten, weil sie den Werfall und den Wenfall nicht unterscheiden; le père aime le fils kann man nicht einfach umstellen, denn wenn man den Sohn voranstellt, so ist er es, der liebt. Dieser Freiheit der Wortstellung verdanken wir eine erstaunliche Schattierung des Ausdrucks.

Die deutsche Sprache benötigt die starren Regeln der französischen Wortstellung auch deshalb nicht, weil sie das Verständnis durch andere Mittel erleichtert: durch die Eigenart ihrer Betonung. Der Ton liegt im Deutschen stets auf der entscheidenden Silbe des Wortes, der Stammsilbe; die Logik geht allen Klangerwägungen voraus. Kein Grieche und kein Lateiner hätte gewagt, mehrsilbige Wörter wie διϰαιοσύνη oder cupiditatibus auf der Stammsilbe zu betonen. Der Franzose vollends betont stets die oft unwichtige Endsilbe, die in zahlreichen Worten gleichlautet und verleiht dadurch seiner Prosa etwas spechtartig Trommelndes und seiner Poesie eine Fülle von Reimen, aber von banalen Reimen, gleich als wenn wir auf -heiten, -keiten und -ungen reimen würden.

Dies sind also die handgreiflichen Vorzüge der deutschen Sprache: Wortreichtum, Wurzelhaftigkeit, freie Wortstellung, Logik der Betonung. Hebbel hat einige dieser Vorzüge in einem Gedicht zusammengestellt:

 

Schön erscheint sie mir nicht, die deutsche Sprache, und schön ist

 auch die französische nicht, nur die italienische klingt.

Aber ich finde sie reich, wie irgend eine der Völker,

 finde den köstlichsten Schatz treffender Wörter gehäuft,

finde unendliche Freiheit, sie so und anders zu stellen,

 bis der Gedanke die Form, bis er die Färbung erlangt,

bis er sich leicht verwebt mit fremden Gedanken und dennoch

 das Gepräge des Ichs, dem er entsprang, nicht verliert.

Denn der Genius, welcher im Ganzen und Großen hier waltet,

 fesselt den schaffenden Geist nicht durch ein strenges Gesetz,

überläßt ihn sich selbst, vergönnt ihm die freiste Bewegung

 und bewahrt sich dadurch ewig lebendigen Reiz.

 

Diese Freiheit ist das wahre Geheimnis unserer Sprache.

 

 

Ludwig Reiners Stilkunst

 

SPD im Verzweiflungskampf

 

28. Oktober 2018: Bellarmin an Mephisto

 

Am 19. Oktober jährte sich zum 140. Mal der Tag, an dem der deutsche Reichstag 1878 das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie verabschiedete und damit die bismarcksche Sozialistenverfolgung legalisierte. 1912 wurde die SPD dann mit 34,8 Prozent der Stimmen stärkste Partei des Reichstags. Am 30. September 1946 hatte die SPD in den Westzonen und Berlin 7500 Ortsvereine und war mit 633000 Mitgliedern die größte Partei Deutschlands. 1972 erreichte die SPD bei den Bundestagswahlen nach dem Mißtrauensvotum gegen Willy Brandt 45,8 Prozent der Stimmen und wurde stärkste Partei im Bundestag.

Vergangen, vergessen, vorüber, vergangen, vergessen, vorbei! Die Zeit deckt den Mantel darüber, vergangen, vergessen, vorbei.

Heute liefert sich die SPD im bundesdeutschen Trend das vielzitierte „Kopf-an-Kopf-Rennen“ mit…

Mit der AfD!

Und scheint von der verhaßten Partei sogar überholt zu werden!

In Bayern wurde die deutsche Sozialdemokratie einstellig!

Und die Genossinnen und Genossen, also die Genossinnen und Genossen, die Genossinnen und Genossen machen sich so ihre Gedanken und suchten analytisch schon mehrhundertseitig nach Gründen und hadern mit der Agenda 2010…

Doch Andrea Nahles gibt sich frohgemut, wie immer, und präsentiert ohne ein Wort darüber zu verlieren drei Tage nach der Bayernwahl „mit strahlendem Gesicht“ (TAZ) dem Publikum für die kommende Europawahl die derzeitige Justizministerin des Bundes, Katarina Barley, als SPD-Spitzenkandidatin.

„Die Beste der SPD-Reste“ titelte die TAZ.

War da nicht was? Wie hieß denn der noch, der war doch immer gepriesen als der superkompetente Europapolitiker der SPD, der mit dem typisch deutschen Allerweltsnamen… Ach ja, Schulz hieß der, Martin Schulz! Und der kam, in seinem Wahlkampf betontermaßen, aus Würselen…

Die sozialpopulistische Partei Deutschlands!

Die SPD…

Ein Rudel von 9 ehemaligen Parteivorsitzenden der SPD, in Worten: neun, hat vorgestern einen flammenden Appell an die Weltöffentlichkeit des bundesdeutschen Wahlvolkes gerichtet nach der Drohung Trumps, den INF-Vertrag des Verbots atomarer Mittelstreckenwaffen aufzukündigen, und die glorreichen Neun warnen vor einem „Atom-Wettrüsten“. Das ehrt sie und erinnert das Wahlvolk an die Politik des Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt. Von der man gefährlicherweise in der SPD immer noch glaubt, mit ihr auch heutzutage den russischen Imperialismus einfrieden zu können.

Die Ehre wäre größer und sogar mindestens genauso groß wie das Grinsen über die Anzahl der wie das Hemd gewechselten Parteivorsitzenden, wenn der Appell gleichermaßen schon bei Gelegenheit des Bruchs des INF-Vertrages durch Putin erfolgt wäre.

Die Ehre!

Und vor allem die Glaubwürdigkeit…

Und war da nicht was? Wie hieß denn der noch, der mit dem typisch deutschen Allerweltsnamen? Ach ja, Schmidt hieß der, Helmut Schmidt. Das war der, der den NATO-Doppelbeschluß durchgesetzt hat. Ich glaube, der hätte sich für das durchsichtige Wahlkampfmanöver nicht hergegeben, obzwar er wohl auch und aus gutem Grund gegen eine dümmliche Aufkündigung des INF-Vertrages gewesen wäre, die Putin ja beispielsweise alle Vorwände für seine weitere Aufrüstung auf dem Tablett darböte…

Andrea Nahles hat den Appell nicht unterschrieben.

Sie ist ja auch noch im Amt.

Jetzt hat der Arbeiter-Samariter-Bund seine ursprüngliche Zusage zurückgezogen, Mitarbeitern der AfD-Fraktion des Bundestages vereinbarungsgemäß drei Erste-Hilfe-Kurse zu geben. Auf Anweisung der Geschäftsführung. Der Präsident des Bundes heißt Franz Müntefering, seines Zeichens ebenfalls Ex-SPD-Chef…

Und der führt an als Begründung:

Es ist die grundlegende Auffassung der Samariterinnen und Samariter, dass alle Menschen gleich viel wert sind. Wenn sich die AfD in diesem Sinne zu den allgemeinen Menschenrechten der Vereinten Nationen und zum Artikel 1.1 unseres Grundgesetzes bekennt, wird der ASB das Anliegen auf Durchführung eines Erste-Hilfe-Kurses noch einmal prüfen.

Am 19. Oktober jährte sich zum 140. Mal der Tag, an dem der deutsche Reichstag 1878 das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie verabschiedete und damit die bismarcksche Sozialistenverfolgung legalisierte. 1912 wurde die SPD dann mit 34,8 Prozent der Stimmen stärkste Partei des Reichstags…

 

Eine große Epoche hat das Jahrhundert geboren,

Aber der große Moment findet ein kleines Geschlecht.

(GOETHE / SCHILLER Xenien Der Zeitpunkt)

 

Nur Beharrung führt zum Ziel

 

20. Juli 2018: Serapion an Mephisto

 

 

Spruch des Konfuzius

 

Dreifach ist des Raumes Maß:

Rastlos fort ohn Unterlaß

Strebt die Länge, fort ins Weite

Endlos gießet sich die Breite,

Grundlos senkt die Tiefe sich.

 

Dir ein Bild sind sie gegeben:

Rastlos vorwärts mußt du streben,

Nie ermüdet stille stehn,

Willst du die Vollendung sehn;

Mußt ins Breite dich entfalten,

Soll sich dir die Welt gestalten;

In die Tiefe mußt du steigen,

Soll sich dir das Wesen zeigen.

Nur Beharrung führt zum Ziel,

Nur die Fülle führt zur Klarheit,

Und im Abgrund wohnt die Wahrheit.

 

 

Friedrich Schiller (1759 – 1805)

 

Unterscheiden zwischen Verschiedenem

 

2. März 2018: Bellarmin an Mephisto

Auf das Abweisen von Ausländern an der Essener Tafel folgte vorhersehbar als typischer Reflex der typische Aufschrei der typischen Verdächtigen:

„Diskriminierung!“ „Ausländerhaß!“ „Rassismus!“

Hierzu für Dich ein Interview gestern im Deutschlandfunk:

Barenberg: Sie haben sich zu Wort gemeldet und Sie haben sich an die Seite der Essener Tafel gestellt. Warum war Ihnen das ein Bedürfnis?

Schröder: Die Leitung der Tafel hat gesagt, dass wegen der vielen Migranten, die im Wesentlichen junge, kräftige Männer sind, sehr viele alte Frauen und alleinstehende Mütter weggeblieben sind, weil sie sich verdrängt fühlen. Jetzt ist die ganze Diskussion auf Deutsche oder Ausländer getrimmt worden. Ich bitte darum, mal zu bedenken, dass es um kräftige, junge Männer auf der einen Seite geht, die zum Teil wenig Rücksicht gegenüber Frauen haben, weil das in ihrer Kultur nicht üblich ist, und auf der anderen Seite hilfsbedürftige Frauen handelt. Und da habe ich dafür plädiert, dass durch die Entscheidung, Frauen, alte Frauen, alleinstehende Mütter wieder eingeladen werden, auch zur Tafel zugelassen zu werden, denn die Migranten mit den Ellenbogen haben inzwischen 75 Prozent der Kapazität für sich gekapert.

Sie haben das doch gehört! Der Integrationsminister von NRW hat das auch angesprochen und gesagt, Leute mit schlechtem Benehmen sollen von der Tafel ausgeschlossen werden. Das müssen wir mal feststellen, dass es das gibt! Es gibt Migranten mit schlechtem Benehmen.

Barenberg: Sie haben gerade ja diesen Unterschied gemacht. Es gibt Menschen mit schlechtem Benehmen und Menschen mit gutem Benehmen. Die Essener Tafel allerdings macht ja die Sache an dem Pass selber fest. Wenn von zwei Bedürftigen der ohne deutschen Pass abgewiesen wird, handelt der sich nicht automatisch und zurecht den Vorwurf ein zu diskriminieren?

Schröder: Diskriminieren heißt Unterschiede machen. Unterschiede werden gemacht. – Wissen Sie, es gibt keine alten Frauen und alleinstehende Mütter unter den Migranten. Die kommen nicht! Das ist nun mal so.

Barenberg: Da kann ich Ihnen aber ein Gegenbeispiel nennen, Herr Schröder.

Schröder: Ja, ein Gegenbeispiel. Das gibt es immer.

Barenberg: Aus Essen wurde gestern berichtet, dass beispielsweise jetzt nach den neuen Regeln eine 65-jährige Frau aus dem ehemaligen Jugoslawien abgewiesen wurde. Sie ist seit 1971 in Essen ansässig. Sie hat eine kleine Rente. Sie zahlt seit Jahrzehnten Steuern, wie sie sagt, und ist jetzt abgelehnt worden. Ihr Schein läuft gegen Ende März aus. Zeigt das nicht das ganze Dilemma, in das sich die Tafel in Essen genau mit der Orientierung am Pass selber gebracht hat?

Schröder: Das sehe ich nicht so. Sie brauchen ja irgendein Kriterium, um das unbestreitbare Ungleichgewicht wiederherzustellen. Es soll ja auch nur eine zeitlich begrenzte Maßnahme sein. Und das muss man auch mal sagen: Die Tafel ist kein staatliches Instrument zur Unterstützung von Hilfsbedürftigen, sondern eine Verteilung von Lebensmitteln mit Verfallsdatum. Und irgendein Kriterium braucht man, wenn ein solches Ungleichgewicht sich hergestellt hat. Man kann das auf diese Weise einigermaßen korrigieren.

Ich selber habe das Vorgehen mit dem Pass gar nicht für das Optimale gehalten, sondern gesagt, es wäre besser, wenn man die Tage verteilt. Es gibt eine steigende Nachfrage und das Angebot lässt sich nicht steigern, denn es handelt sich ja um Lebensmittel kurz vorm Verfall. Das werden ja nicht plötzlich mehr, wenn mehr Leute kommen.

In Chemnitz hat man dann zum Beispiel gesagt, einen Tag nur Migranten, alles was da ist, geht an Migranten, einen oder zwei Tage haben die da, glaube ich, für Einheimische, und dann haben sie noch einen dritten Tag für Behinderte, weil das nämlich auch eine Problemgruppe ist, die fühlen sich zum Teil auch durch die mit deutschem Pass insofern Gesunden beeinträchtigt und kommen lieber unter sich dahin. Das ist in meinen Augen eine sinnvollere Lösung als die mit dem Pass alleine.

Barenberg: Genau das lag ja auch dem Hinweis, den Sie selber gemacht haben, auf die Bemerkung von Joachim Stamm zugrunde, dem FDP-Integrationsminister in Nordrhein-Westfalen. Der sagt, deutsch oder nicht deutsch ist die falsche Frage. Es geht darum, ob sich jemand anständig benimmt oder nicht den anderen gegenüber.

Schröder: Jawohl!

Barenberg: Das wäre Ihre Empfehlung, sich an Lösungen zu orientieren, …

Schröder: Na ja, das ist schon besser. Aber wissen Sie, wollen wir denn – – Ich meine, wenn sich jemand schlecht benimmt, dann wird er ausgeschlossen. Das ist relativ einfach. Aber bei der Zulassung, dann wissen Sie doch nicht, ob der sich schlecht benimmt oder gut. Deswegen finde ich es vertretbar, dass man hier, um ein offensichtliches Ungleichgewicht auszuräumen, auf Zeit sagt, jetzt werden keine weiteren Migranten zugelassen. Die 75 Prozent Migranten, die bleiben doch. Es wird doch niemand ausgeschlossen, sondern es wird nicht zusätzlich aufgenommen.

Barenberg: Stephan Mayer ist innenpolitischer Sprecher der Union im Bundestag. Er ist Abgeordneter der CSU und er sagt jetzt, wir müssen den Eindruck vermeiden, dass wegen der Flucht und der Migration und wegen der enormen Mittel, die der Staat aufbringt, der Eindruck entsteht, die würden für Flüchtlinge aufgewendet, hilfsbedürftige Deutsche würden aber schlechter gestellt. Ist es nicht genau diese fatale Rutschbahn, auf die man mit einer solchen Entscheidung gerät, anders, als wenn man wie Sie sagt, man soll das nach Gruppen differenzieren, oder nach der Art und Weise, wie sich die Menschen dort verhalten?

Schröder: Ich sage noch mal: Sie können doch nicht voraussehen, wie sich die Menschen verhalten werden. Es gibt einen Durchschnittswert, der besagt, dass unter den Migranten, die nämlich irrtümlich der Meinung sind, dass die Tafel ein ihnen zustehender Anspruch sei, sehr viele, sagen wir mal, sehr rabiate Verhaltensweisen an den Tag gelegt haben. Sie können doch den Tatbestand nicht aus der Welt schaffen, dass, wie ich vorhin schon gesagt habe, Frauen, alleinstehende Frauen und alte Frauen unter den Migranten sehr selten sind. Und wenn die verdrängt werden, dann hat das in der Tat den Effekt, dass man den Eindruck hat – und der ist natürlich fürs öffentliche Klima Gift -, um die Migranten kümmert man sich und um die Einheimischen nicht. Man muss auch diesen Eindruck, der ja niemandes Menschen Intention bei der Tafel ist, man muss auch den Eindruck vermeiden.

Barenberg: Ich würde zum Schluss gerne noch einen anderen Punkt ansprechen, den Sie erwähnt haben. Die Essensausgabe der Tafeln sei keine staatliche Leistung, kein staatliches Instrument. Ich erwähne das deshalb, weil unter den Kritikern ja auch viele sind, die sagen, dass diese Situation in Essen so gekommen ist, sei ein großes Alarmsignal und ein Zeichen dafür, dass der Staat seiner Verantwortung bei der Bekämpfung von Armut, bei der Betreuung von Hilfsbedürftigen gar nicht gerecht wird.

Schröder: Das ist ein Argument, was nichts taugt – deshalb: Wissen Sie, wenn irgendjemand, der schlecht bei Kasse ist, die Möglichkeit angeboten bekommt, billige Nahrungsmittel zu erwerben, dann wird er das nicht nur dann tun, wenn er Hunger hat, sondern auch dann tun, wenn er dadurch Geld spart, mit dem er zum Beispiel mal ins Kino gehen kann. Ich gönne das ja den Leuten. Aber zu behaupten, dass jeder so viel Geld bekommen sollte, dass er, weil es sich für ihn nicht mehr lohnt, nicht zur Tafel geht, was ist denn das für eine merkwürdige Logik. Es ist ja nicht so, dass die Tafel die Leute vorm Hungern rettet, sondern sie sparen Geld, das sie für anderes verwenden können. Das gönne ich auch den Bedürftigen. Aber zu behaupten, der Staat müsste so viel zahlen, dass die Leute an der Tafel vorbeigehen und sagen, was soll ich denn dort, das ist doch eine absurde Erwartung!

Barenberg: … sagt der evangelische Theologe und Sozialdemokrat Richard Schröder.

Richard Schröder war nach dem Mauerfall Fraktionschef der SPD in der DDR-Volkskammer und saß später auch für die SPD im Bundestag.

 

Und im Abgrund wohnt die Wahrheit.

Friedrich Schiller (1759 – 1805)

 

7.7.17 Bellarmin an Mephisto

 

Da gäbe es beispielsweise das Thema des aufreizend frechen, des vorsätzlichen und nicht zuletzt darum um so heimtückischeren Betruges deutscher Autokonzerne an weltweit Millionen und aber Millionen mit krimineller Energie belogener Klienten und, ganz nebenbei erwähnt, um den daraus folgenden Schaden an der Gesundheit unzähliger Unbeteiligter.

Da gäbe es beispielsweise das Thema der offenbar erfolgreichen Lobbyarbeit verbrecherischer Konzernspitzen auf die sogenannten Volksvertreter hinsichtlich deren verantwortungslosen Wegschauens und Blödstellens.

Da gäbe es beispielsweise das Thema der versuchten Einflußnahme (teilweise mittels offen rassistisch hetzerischer Bedrohung deutscher Staatsbürger und Parlamentarier!) seitens türkischer, doch bisweilen nichtsdestoweniger sogar dreist in deutschem Hoheitsgebiet agierender Stellen sowie ranghöchster Politiker auf die deutsche Innenpolitik.

Das wären nur drei der für Deutschland zur Zeit essentiellen Themen…

Die im Wahlkampf für den deutschen Bundestag keine Rolle spielen.

Donnerstag, 29. Juni 2017, LIDOVE NOVINY:

Statt dessen geht es um die ‚Ehe für alle‘, ein Euphemismus für die Ehe homosexueller Paare.

Samstag, 1. Juli 2017, FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, einen Tag nach der Abstimmung im Bundestag über die „Ehe für alle“:

Die Nein-Sager sahen sich plötzlich in die Rolle der Besiegten versetzt, der Minderheit, die nun um Respekt für ihren Standpunkt geradezu flehen muss. Solange das angesichts einer teils hasserfüllten Lobbyarbeit nötig ist und der Holzhammer angeblicher Homophobie selbst über dem Bundesverfassungsgericht schwebt, wird es mit dem gesellschaftlichen Frieden, den sich Angela Merkel von der Abstimmung versprach, nicht weit her sein.

 

Der Staat muß untergehn, früh oder spät,

Wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.“

Friedrich Schiller (1759 – 1805)

 

2.12.16 Mephisto an Bellarmin

 

„In der Satire wird der Widerspruch der Wirklichkeit mit dem Ideal zum Gegenstand gemacht; die Wirklichkeit als Mangel dem Ideal als der höchsten Realität gegenübergestellt.“

Friedrich Schiller (1759 – 1805)

 

Kommen wir also in Zeiten Hans Wursts, pardon, in Zeiten des Kunstfreiheitskämpfers Jan Böhmermann (=> Drei Merksätze für deutsche Nichtdenker) auf die „Wirklichkeit als Mangel“:

Mittwoch, 30. November, Deutschlandfunk:

Die Bundespressekonferenz, eine Vereinigung von Hauptstadtjournalisten, hat mit einer Satire über Flüchtlinge Empörung bei Journalistenkollegen und Politikern ausgelöst.

In einem Beitrag, der am Wochenende in einem Magazin anlässlich des Bundespresseballs erschien, ist die Rede von einer angeblichen Bundesbade-Agentur, die Schwimmkurse für Flüchtlingskinder und -babys anbietet. Eine Karte zeigt das Mittelmeer als Schwimmschule. …
Der Vorstand der Bundespressekonferenz bat um Entschuldigung für die Satire-Aktion. Man bedauere, dass Gefühle und Wertvorstellungen verletzt worden seien. In überspitzender Form habe der Verein auf die Katastrophe von Tausenden von Toten im Mittelmeer aufmerksam machen wollen.

Wie schmerzhaft schmerzlos muß man eigentlich sein, wie intellektuell verbildet, wie empfindungsfrei, von Gespür gar nicht zu reden, um angesichts des Elends dieser Idee zu verfallen und dann zu behaupten, das sei Satire? Hätte Tucholsky auch nur entfernt geahnt, sein Satz, seine Wahrheit, Satire dürfe alles, werde später von geistigen Flachstfliegern derart mißdeutet und mittlerweile schon inflationär als Rechtfertigung für widerlichsten Klamauk mißbraucht, ich denke, er hätte sich dessen Niederschrift noch einmal überlegt. Oder vielleicht ergänzt: Satire darf alles, aber nicht alles ist Satire.

Eine Bundesbade-Agentur, die Schwimmkurse für Flüchtlingskinder und Flüchtlingsbabys im Mittelmeer anbietet… Als Satire… Wer wird hier verspottet? Was wird hier getadelt? Was wird angeprangert? Wer wird lächerlich gemacht? Wodurch?

Wer wird verhöhnt?

 

„Der Mensch erkaltet schneller als der Planet, auf dem er sitzt.“

Albert Einstein (1879 – 1955)