A N A B A S I S

Thalatta ! Thalatta !

Schlagwort-Archiv: Armin Laschet

Wenn Ungeist auf Kleingeister trifft…

.

18. September 2021: Bellarmin an Mephisto

.

.

Es gab einmal Zeiten, da stand auf Wahlplakaten der SPD zu lesen:

.

Das will die SPD:

Entspannung im gesicherten Gleichgewicht. Gegenseitige Rüstungskontrolle und Abrüstung.

Soziale Sicherheit. Garantierte Altersversorgung.

Vollbeschäftigung durch aktiven Staat. Sicherung der Mitbestimmung.

Unsere DM als eine der härtesten Währungen.

Sichere Energieversorgung durch internationale Partnerschaft.

Vorrang durch heimische Kohle. Kernenergie, soweit wie nötig.

Gesamtverantwortlich weiter die Umwelt schützen. Mehr Lebensqualität.

Staatlich geförderten Wohnungsbau und eine Verbesserung der Wohnumwelt.

Leistungen für die Familie.

Innere Sicherheit im freien und selbstbewußten Rechtsstaat.

Bundeskanzler Helmut Schmidt.

.

Das will die SPD auf keinen Fall:

Konfrontation, militärische Abenteuer und ungebremste Aufrüstung.

Soziale Demontage. Angstpropaganda auf Kosten der Rentner.

Arbeitslosigkeit – gewollt oder hingenommen. Mit Tricks gegen Arbeitnehmerrechte.

Angstmacherei auf Kosten der Sparer.

Versorgungskrisen durch militärische Einsätze. Energiepolitik einfach von oben diktiert.

Kohle vernachlässigen und Kernenergie um jeden Preis.

Die Umwelt allein dem Markt überlassen. Lebenswerte Umwelt nur für Privilegierte.

Den sozialen Wohnungsbau abschaffen. Abbau des Mieterschutzes.

Unbezahlbare Versprechungen.

Erdrückte Freiheit durch Terrorismus und Angststaat.

F. J. Strauß.

.

Richtig, derartige Wahlplakate, das ist lange her!

Das war 1980…

Tja, also…

Also was soll man sagen?

Tja…

Über das bemüht spitzfindig so benannte zweite „Triell“ sagte am Montag nach jenem Sonntagabend die Wochenzeitung CICERO:

.

Sagen wir es so: Wenn eine mit der deutschen Politik nicht vertraute Person diese Sendung gesehen hätte, würde er oder sie sich zwangsläufig fragen: Warum treten Scholz, Laschet und Baerbock überhaupt gegeneinander an? Die scheinen doch, bis auf ein paar Details, alle einer Meinung zu sein. Es wurde jedenfalls so deutlich wie nie, dass diese Form des Triells komplett an der gesellschaftlichen Wirklichkeit des Landes vorbeigeht.

.

Oder die SCHWÄBISCHE ZEITUNG aus Ravensburg sagte am selben Tage:

.

Jetzt wäre also die Stunde der Diskussion, der Bewertung von Argumenten, der klaren Hinweise, was denn nun in naher Zukunft geschehen soll. Doch die Debatten zünden nicht. Es werden oberflächlich die Phrasen aus den Schubladen der Kommunikationsprofis geholt, aber eine klare Antwort etwa auf die deutsche Außenpolitik nach dem Afghanistan-Desaster gibt es nicht. Früher war nicht alles besser, auch nicht der Wahlkampf. Aber dieser Austausch von Belanglosigkeiten, der stößt dennoch sauer auf.

.

Derweil wurden wir konfrontiert mit einem der zahlreichen härteren Belange im Staate Deutschlands anno 2021. Eine „rechtsextreme“ Splitterpartei namens „III. Reich“, nein, eine faschistoide Partei unter dem Tarnnamen „III. Weg“ hat finanzielle Mittel investiert und sich ausgerechnet, damit Wählerstimmen zu gewinnen mit also druckkostenbezahlten Wahlplakaten, auf denen zu lesen steht: „Hängt die Grünen“!

Du lasest richtig!

Doch es kommt noch härter!

Während in Bayern sämtliche Polizeipräsidien durch das Innenministerium angewiesen wurden, diese eindeutige Mordhetze zu entfernen, verfügte, zufälligerweise im Osten „der gesellschaftlichen Wirklichkeit des Landes“, das Verwaltungsgericht Chemnitz, daß diese eindeutigen Aufrufe zu Morden an Andersdenkenden nicht entfernt werden dürften!

So, und hier käme, bei Vorhandensein, menschliches Format ins Spiel.

Beispielsweise auf Seiten der ordinären in diesem „Wahlkampf“ für hohe politische Ämter kandidierenden Maulaufreißer und Maulaufreißerinnen.

Aber sie haben die Chance auf menschliche Größe verpaßt.

Was wäre das für eine Geste gewesen eines derzeitigen Spitzenpolitikers bei diesem Thema von Belang „der gesellschaftlichen Wirklichkeit des Landes“, was wäre das für eine essentielle Geste gewesen zum Beispiel für einen Politiker aus den Reihen der stärksten Oppositionspartei des Bundestages, stehenden Fußes sämtliche anderen demokratischen Parteien zu einer geschlossenen Allianz, jawohl, zu einer Einheitsfront der Demokraten gegen die Mordhetze dieser Nazis aufzurufen!

Was wäre das für eine Gelegenheit gewesen!

Wenn man Format gehabt hätte…

Aber!

Ich fürchte aber: jener augenblicklich doch naheliegendste Gedanke ist keinem gekommen.

Oder vielleicht sogar schlimmer: er wurde verworfen!

Aus Gründen parteipolitischer Opportunität!

.

.

Eine große Epoche hat das Jahrhundert geboren,

Aber der große Moment findet ein kleines Geschlecht.“

(GOETHE / SCHILLER Xenien Der Zeitpunkt)

.

Deutschland, deine Spitzen!

.

4. September 2021: Bellarmin an Mephisto

.

.

Ein sogenanntes Triell. Drei Kandidaten, das Personal, das Aufgebot an Spitzenkandidaten des deutschen „Wahlkampfs“ anno 2021!

In einer „Debatte“!

Die von der Wortbildung her abgeleitet wurde im Anklang an, nun ja, „Triell“ stammt von „Duell“. Tatsächlich!

Selbst von einem Schlagabtausch ging die Rede!

OGottoGott!

Man denke nur an die Runden Brandt, Barzel, Strauß und Scheel oder später mit Wahlkämpfern wie Schmidt, Strauß, Genscher.

Und selbst Kohl!

In Zeiten übrigens, als man es demokratischerweise noch für unabdingbar hielt, auch der größten Oppositionspartei des Bundestages Gelegenheit zu geben und ihr das demokratische Recht einzuräumen, sich in mindestens einer Debatte gleichberechtigt mit der Regierungsseite dem Fernsehpublikum, das ja aufgerufen ist zur Wahl zwischen Verschiedenem, ausgiebig, das heißt, nicht in bloßen Satzfetzen tendenziös zusammengeschnitten, mit ihren Ansichten zu präsentieren… Zur damals dem Publikum zugetrauten Mündigkeit einer eigenen Urteilsbildung aus ungefilterter Anschauung.

Man stelle sich das vor!

Obwohl die doch die falsche Meinung hatten!

Also Dinge gab’s damals! Mir wird ganz schlecht…

Doch zum Glück hat der als Serienmörder ins Gerede gekommene Auftraggeber im Kreml inzwischen die „gelenkte Demokratie“ erfunden…

Zur Sache, zum „Triell“.

Es wimmelte nur so an unerhörtem Gedankengut in „einem neuen Abschnitt der Modernisierung Deutschlands“ „nach der Ära Merkel“…

Gut, das war ein Scherz.

Interessant war nämlich auch, welche Themen keinerlei Erwähnung, geschweige denn einer Diskussion, für wichtig erachtet wurden. Wie beispielsweise die Frage der nicht nur unsere europäischen Nachbarn erregenden Gasleitung, also der „Gaspeiplein“ (journalistisches Dummdeutsch) „NordStream 2“ und die Haltung der SPD zum offenen Putinlobbyisten Gerhard Schröder. Oder die Frage zum imperialistischen Gehabe des Auftraggebers im Kreml und seinen kriegerischen Aggressionen.

Gegen die Ukraine.

Gegen die Ukraine beispielsweise.

Ich stelle mir Armin Laschet gerade gutmenschlich zuredend beim Auftraggeber im Kreml vor.

Überhaupt spielte Außenpolitik, abgesehen von pflichtschuldigen Heucheleien zu Afghanistan, keine Rolle! In einer bundesdeutschen „Wahlkampfdebatte“ anno 2021!

Zudem spielte es keine Rolle, daß nunmehr seit Jahren verläßlichen Umfragen zufolge über die Hälfte der Eingeborenen dieses Landes sich von den Medien dieses Landes nicht mehr wahrheitsgemäß unterrichtet fühlt.

Und sich selbst nicht mehr traue, offen seine Meinung zu sagen!

Was doch ein ungeheuerlicher Befund ist.

Und woran das denn wohl liegen könnte…

An welchen Ursachen!

U R S A C H E N !

Und wie es zum Besseren zu richten wäre.

Und warum 2015 nun ein Fehler gewesen sein soll, während man doch inbrünstig immer posaunte, 2015 alles richtig gemacht zu haben.

Und wer anderes behaupte, sei des Teufels!

Und sogar der AfD!

Usw.!

Usf.!

Also, der Deutschlandfunk behauptet, am Montag, dem 30. August 2021, nachrichtlich gesendet zu haben:

.

Triell: Baerbock, Laschet und Scholz liefern sich ersten Schlagabtausch

In Berlin haben sich die drei Kanzlerkandidatinnen und -kandidaten von Union, SPD und Grünen einem TV-Triell gestellt. Vier Wochen vor der Bundestagswahl wurden der CDU-Vorsitzende Laschet, Finanzminister Scholz von der SPD sowie die Grünen-Vorsitzende Baerbock in einer knapp zweistündigen Live-Sendung befragt. Nach eher zurückhaltendem Beginn wurde die Debatte mit der Zeit lebhafter, etwa bei den Themen Klimaschutz und Steuerpolitik.

Zum Auftakt sagte Baerbock, ihr Ziel sei es, das Land zu erneuern und klimaneutral zu machen. Jahre des Abwartens mit Union und SPD hätten Deutschland nicht vorangebracht. Scholz betonte, er wolle eine Gesellschaft, die in die Zukunft aufbreche. Auch in vielen Jahren müssten noch viele Arbeitsplätze erhalten geblieben sein. Laschet erklärte, die Unionsparteien verfügten über einen klaren Kompass, der für ökonomische und soziale Kompetenz sowie Nachhaltigkeit stehe. Nach der Ära Merkel beginne nun ein neuer Abschnitt der Modernisierung Deutschlands. Alle drei legten zu Beginn Wert auf einen fairen Umgang. Auf die Frage, warum einer der anderen „nicht Kanzler kann“, lehnten sie jeweils eine konkrete Antwort ab und verwiesen darauf, sie wollten lieber für sich selbst werben. Im Verlauf der Debatte gab es dann aber doch einige Vorwürfe an eine der Gegenseiten. Publikum war im Studio nicht anwesend, daher ließen sich keinerlei Rückschlüsse aus möglichen Zuschauer-Reaktionen ziehen.

Afghanistan

Erstes Thema war die Lage am Hindukusch. Laschet, Scholz und Baerbock sprachen sich gleichermaßen für eine verbesserte Ausstattung der Bundeswehr aus, legten dabei aber unterschiedliche Akzente. Laschet sprach wörtlich von einem „Desaster des Westens und Desaster der Bundesregierung“. Er erhob dabei den Vorwurf gegen Scholz, die Beschaffung bewaffneter Drohnen zu blockieren, die auch dem Schutz deutscher Soldaten dienten. Dies wies der Finanzminister zurück und verwies auf eine gemeinsame Drohnen-Bestellung mit Frankreich, die nach Ansicht Laschets aber nur zu Aufklärungszwecken gedacht ist. Für die Grünen kündigte Baerbock an, eine Außenpolitik zu gestalten, die – so wörtlich – „sich nicht wegducke“, wenn es schwierig werde. Allerdings ergebe das Ziel der Nato, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung anzuheben, für sie „keinen Sinn“.

Corona-Pandemie

Mit Blick auf die Pandemie-Bekämpfung meinte Laschet, es gelte, mit den Impfungen wieder in ein normales Leben zurück zu finden. Die „2G“-Regel für mehr Rechte nur für Geimpfte und Genesene komme für ihn indes nicht infrage. Scholz sagte, bis zu einer Normalität werde es angesichts noch zu vieler Ungeimpfter noch eine Weile dauern. Vorsichtsmaßnahmen seien daher weiter angebracht. Baerbock betonte, Normalität könne es erst geben, wenn auch Kinder und Jugendliche und andere, die sich bislang nicht impfen lassen könnten, geschützt werden könnten. Alle drei waren sich darin einig, dass ein neuer allgemeiner Lockdown verhindern (sic!) werden müsse.

Klimaschutz

Mit diesem Thema wurde die Debatte deutlich lebhafter. Baerbock fasst ihre Prioritäten im Kampf gegen den Klimawandel so zusammen: Erneuerbare Energien deutlich ausbauen, Solarpflicht für alle Dächer und den Kohleausstieg deutlich vorziehen. Laschet und Scholz warf sie vor, zu langsam handeln zu wollen. Der Vizekanzler verwies auf 250 Jahre deutsche Industriegeschichte, die innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten stark umgebaut werden müsse. Dabei müsse auch auf Arbeitsplätze und soziale Fragen geachtet werden. Laschet warf den Grünen vor, immer nur mit neuen Verordnungen, Vorschriften und Verboten regieren zu wollen. Auch dürfe man die Unternehmen nicht mit höheren Steuern belasten, wenn sie auf marktwirtschaftliche Art im Wettbewerb klimafreundliche Innovationen entwickeln sollen.

Auf die Frage nach finanziellen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger bekräftigte Baerbock ihren Vorschlag für ein sogenanntes „Energiegeld“, mit dem die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Menschen zurückgegeben werden sollten. Dies wären zunächst 75 Euro pro Person, weiter ansteigend analog zur weiter steigenden CO2-Bepreisung. Scholz plädierte für einen moderaten Weg der Besteuerung von Kohlendioxid-Emissionen. Im Gegenzug müsse man die Haushalte über die EEG-Umlage entlasten. Für deren vollständige Abschaffung ebenso wie der Stromsteuer sprach sich Laschet aus. Wer aber „nicht umsteigt und sich nicht klimafreundlich verhält“, für den werde es teurer werden.

Steuern

Die Grünen-Kandidatin forderte, dass starke Schultern mehr tragen müssten, verwies auf Armut in einer an sich reichen Gesellschaft und schlug eine Kindergrundsicherung jenseits des Hartz-IV-Systems vor. Die Kosten von etwa zehn Milliarden Euro würden auch über die verbliebenen zehn Prozent Zahler des Solidaritätszuschlags mit höheren Einkommen finanziert. Scholz betonte, angesichts hoher Schulden seien Steuerentlastungen für Wohlhabende und Unternehmen mit hohen Gewinnen nicht zeitgemäß. Junge Menschen müssten sich außerdem auf eine auch in Zukunft sichere Rente verlassen können. Der SPD-Kandidat kündigte an, er wolle das Steuersystem „besser austarieren“. Menschen in seiner Einkommenskategorie sollten etwas mehr zahlen. Laschet warf SPD und Grünen vor, immer nur auf Steuererhöhungen zu setzen. CDU und CSU wollten den Solidaritätszuschlag für alle und nicht nur 90 Prozent der Bevölkerung abschaffen. Außerdem sei Kindern am ehesten damit geholfen, den Menschen aus der Grundsicherung heraus zu helfen, indem man die Wirtschaft nicht weiter belaste und „mehr Arbeit“ schaffe. Steuerhöhungsideen seien „geradezu töricht“.

Weitere Trielle folgen

Die Fragen stellten diesmal Ex-Tagesthemen-Moderatorin Pinar Atalay und RTL-Nachrichten-Anchorman Peter Kloeppel. Im September werden dann auch ARD und ZDF gemeinsam sowie die Fernsehsender ProSieben, Sat.1 und Kabeleins, die zu einer Sender-Gruppe gehören, mit jeweils eigenen Triellen folgen.

.

Man stelle sich vor, diesen Schlagabtausch hätte Herbert Wehner erlebt!

Die einzige ganze Stelle von anderthalb, die einer Debatte immerhin nahekam statt einem Schleiertanz, gab es am Schluß, als Eiertänzer Laschet den Buddha Scholz anging mit der Aufforderung zu einer konkreten, zu einer klaren JA/NEIN-Aussage hinsichtlich einer Regierungsbeteiligung der populistischen Partei DIE LINKE (Wahlkampfslogan: „Nehmt den Wessis das Kommando!“) im Falle seiner Kanzlerschaft. Auf die Scholz, rhetorisch darauf natürlich vorbereitet, nicht mit eindeutiger Haltung antwortete.

Was indessen auch eine Antwort ist.

Das Zeittypische an jener einzigen ganzen Stelle von anderthalb, die einer Debatte nahekam, war jedoch, daß ausgerechnet dies dem armen Armin Laschet nun aber im Nachhinein mehrfach negativ angekreidet wurde!

Laschet hätte sich da aggressiv gebärdet bei seinem Insistieren auf Klarheit („Transparenz“ im journalistischen Dummdeutsch).

Was hätten wohl Ludwig Börne, Heinrich Heine, Kurt Tucholsky oder Sebastian Haffner zu solcher Debatte gemeint…

Armes, geistig verarmtes Deutschland, angesichts des Kommenden, mir graut vor deiner Zukunft!

.

Gemein ist allen Parteien, dass sie das Thema Flucht und Asyl in ihren Programmen überbetonen, obwohl Asylerstantragstellende 2020 nur gut zehn Prozent der gesamten Migration nach Deutschland ausmachten.“

Policy Brief Nr. 157: Studie von Tobias Heidland, Direktor des Forschungszentrums für Internationale Entwicklung am Institut für Weltwirtschaft und Finja Krüger, Migrationsforscherin:

Zuwanderung und Flüchtlingsschutz im Wahlkampf: Zerrbild statt Chancenorientierung

(Hervorhebung von Bellarmin)

.

Die Politik der vollen Hosen

.

28. August 2021: Bellarmin an Mephisto

.

.

Es heißt, und von deutschen mit der Sache befaßten Politikern wird mit inbrünstiger Wonne im Chore darauf verwiesen, im Falle Afghanistans hätten sämtliche Geheimdienste versagt: Niemand hätte vorhersehen können, daß das Land derart schnell an die Taliban fiele.

Ich glaube, es gibt eine ganze Menge Menschen, die nach jener Definition Niemand heißen. Und auch ich kann mich dazurechnen, entgegen den mit der Sache befaßten deutschen Politikern zumindest Tage vor ihnen gewußt zu haben, daß man endlich in die Gänge kommen muß.

Um Menschen zu retten!

Die selber schon, und von Tag zu Tag verzweifelter, uns um Hilfe anflehten!

Während man von deutscher Seite sich tatsächlich darauf verstieg zu erklären, für die entsprechende Visa-Erteilung wäre ja die afghanische Seite zuständig, an der „hake“ es, man könne da gar nichts weiter tun…

Nach dem Einfall der Taliban in Kabul vernahm man aus den öffentlich-rechtlichen Medien den Bundeskanzlerkandidaten der SPD und auch den Bundeskanzlerkandidaten der CDU in jeweils blitzschnellen Sequenzen hingenuschelter Äußerungen mit anschließendem abrupten Schnitt, man werde den Fehler von 2015 nicht wiederholen…

Ich meinte, ich höre nicht recht!

Ohne jegliche Erörterung oder auch nur der bescheidensten Nachfrage eines Medienvertreters.

Was mit „dem Fehler von 2015“ denn explizit und vollkommen unhastig ausgesprochen gemeint sein könnte.

Wo man vereint doch all die Jahre über getönt hatte regierungsseitig: „Wir haben alles richtig gemacht“?

Statt daß 2015 ein Fehler gewesen wäre.

Denn solches hätte ja auch sicher ausführlich eine unüberhörbare Debatte gegeben in unseren kritischen öffentlich-rechtlichen Medien über den ominösen Fehler von 2015.

Und in welchem Zusammenhang selbiger 2021 urplötzlich mit dem Fall Kabuls stünde.

Was könnte denn das gewesen sein?

Anscheinend setzen die Politiker und Medienleute voraus, daß jedermann im Lande wüßte, was gemeint wäre, wenn sie „Fehler von 2015“ sagen?

Und einzig ich, der ja Niemand heißt statt Jedermann, steh wie die Kuh vorm neuen Tore?

Da fällt mir ein beim Grübeln: Könnte es vielleicht nicht auch sein, daß es sich um eine Art Abart eines „freudschen (Ver)sprechers“ handelte beim unkommentierten Nuscheln „Fehler von 2015“?

Und offenbarte demnach etwas aus einer tiefer sitzende Schicht in den nuschelnden Schädeln?

Einen dort kristallisierten Schreck?

Eine Art manifestierter Angst?

Die zu einer selbst im Wahlkampf (!), und noch dazu parteiübergreifend (!) in den Regierungsparteien, nachwirkenden Lähmung der politisch Handelnden führte?

Mit der Folge, daß sich in Kabul verzweifelte Menschen an die Fahrwerke startender Flugzeuge klammern und zwangsläufig in einen grausamen Tod gestürzt werden?

Weil Politiker in Deutschland aus Angst vor der Wahrheit die Augen verschlossen?

.

.

Spart üch die kränz
Ihr künnt mich nit blende.
Die Betroffenheitsphrase sinn zynisch
Su falsch wie Krokodilsträne.

Ihr sitt widderlich
Nimieh zo erdraare

Ihr sitt penetrant
Wohre Asoziale

Ihr sitt ignorant.
Wat kammer vun üch schon erwaade?
Karrierejeil sitt ihr Versaager

Sonst nix.
Ihr sitt widderlich!

.

Aus dem BAP-Song „Widderlich“ (Text: Wolfgang Niedecken)

.

Freude, schöne Pressefreiheit!

.

8. Mai 2021: Bellarmin an Mephisto

.

.

Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker auf einander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried‘ und Friedenszeiten.
Goethe: Faust. Eine Tragödie.

.

Montag, 3. Mai 2021, Deutschlandfunk nachrichtlich zum „internationalen Tag der
Pressefreiheit“:

In der EU stehen einige Mitgliedsstaaten in der Kritik, weil sie in den vergangenen
Jahren die Medienfreiheit eingeschränkt haben. Die EU-Kommission hatte im März
ausdrücklich Ungarn, Polen und Slowenien in dieser Frage kritisiert.

O das tut gut! Vor Augen geführt zu bekommen, wie schön es doch ist, zu leben in
einem Lande, in dem die Pressefreiheit unbeschnitten ist im Gegensatz zu Ungarn,
Polen und Slowenien oder gar zur Türkei mit ihrem gesetzlich geschützten
Türkentum. Wenn es unter uns Pastorentöchtern bleibt (sonst möchten mich die
Leute wohl für eitel halten): Mir war die Pressefreiheit sogar schon einen ganzen Tag früher
aufgefallen als dem Deutschlandfunk!

Tatsächlich!

Nämlich als der nämliche Sender meldete:

Sonntag, 2. Mai 2021, Deutschlandfunk:

Hans-Georg Maaßen (CDU), der wegen seiner Haltung unter anderem zur
Flüchtlingspolitik der Bundesregierung umstritten ist, wurde in Suhl in Thüringen
zum Direktkandidaten für die Bundestagswahl im Wahlkreis 196 gekürt.

Bereits am Samstag hatte man in der gleichen Art und identischen Wortwahl, da kennen sie nix, seine Nominierung als Kandidat gemeldet und im Pressespiegel die Welt zitiert, welche zitiert, wie die Süddeutsche Zeitung Armin Laschet zitiert, und was er so meint über Hans-Georg Maaßen.

Das ist gelebte Pressefreiheit!

Und nicht, daß Du etwa denkst, damit hat sich’s!

Weit gefehlt!

Am Montag zitierte der Pressespiegel des Deutschlandfunks dann, was die
Zeitungsredakteure der Mitteldeutschen Zeitung zu Hans-Georg Maaßen meinen,
und was die Zeitungsredakteure der Süddeutschen Zeitung zu Hans-Georg Maaßen
meinen, und was die Zeitungsredakteure der Passauer Neuen Presse zu Hans-Georg
Maaßen meinen, und was die Zeitungsredakteure des Berliner Tagesspiegel zu Hans-
Georg Maaßen meinen, und was die Zeitungsredakteure vom Straubinger Tagblatt
zu Hans-Georg Maaßen meinen, und was die Zeitungsredakteure der Neuen
Osnabrücker Zeitung
zu Hans-Georg Maaßen meinen, und was die
Zeitungsredakteure der Allgemeinen Zeitung zu Hans-Georg Maaßen meinen.

Das ganze Meinungsspektrum über Hans-Georg Maaßen!

Und wie damals in der Deutschen Demokratischen Republik!

Vom NEUEN DEUTSCHLAND über jede Bezirkszeitung ausnahmslos hinab bis zur letzten Kreiszeitung!

Einhellig!

Das ist Pressefreiheit!

Da können die Ungarn, Polen, Slowenen und vor allem auch die Türken mit ihrem
gesetzlich geschützten Türkentum was lernen!

Und sich eine Scheibe abschneiden davon!

Von unserer bundesrepulikanischen Pressefreiheit.

Das Tollste ist aber, und das wissen die noch gar nicht: Ich bin mir sicher, die
verantwortlichen Redakteurinnen und Redakteure des Deutschlandfunks und der
übrigen öffentlich-rechtlichen Medien und der Allgemeinen Zeitung und der Neuen
Osnabrücker Zeitung
und des Straubinger Tagblatt und des Tagesspiegel und
der Passauer Neuen Presse und der Süddeutschen Zeitung und der
Mitteldeutschen Zeitung und der Welt und all die anderen, die werden natürlich
ihre Korrespondenten und Korrespondentinnen beauftragt haben: „Auf! Auf! Die
Pferde gesattelt! Die Stiefel gespornt! Und ab in den Wahlkreis 196! Da soll
tatsächlich einer sein in Deutschland, der eine umstrittene Haltung hat unter
anderem zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung! Und daß ihr nicht ohne den
Gekürten wiederkommt! Weil ihr ihn euch habt schnöde wegschnappen lassen vor
eurer Nase von einer der anderen Nasen, die darüber berichteten, was andere darüber
berichteten, was andere über Hans-Georg Maaßen meinten! Mag er noch so zappeln und zetern und
sich wehren und sich weigern! Bringt den Mann, der in Deutschland eine umstrittene Haltung hat unter anderem zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung ins Aufnahmestudio! Für ein ausführliches Interview! Denn das hat jeder Journalist gelernt auf seiner Schule und weiß jede Journalistin einer freien Presse: Ein Kerl, über den alle berichten, was andere darüber berichten, was andere über ihn meinen, ist einfach die Sensation fürs Publikum!

Und das dient sogar einer wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit!

Und steigert nebenbei die Auflagen und Einschaltquoten und ist Gold und alle Mühe wert!

Und es war getan, fast eh gedacht! Und nun reiten sie durch Nacht und Wind und
Corona und halten ihn warm in ihrem Arm und reiten und reiten und reiten.

Und sind bestimmt schon auf dem Rückritt.

.

.

Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.“

Rosa Luxemburg (1871 – 1919)

.

Wenn ich mir was wünschen dürfte

 

3. Januar 2021: Bellarmin an Mephisto

 

Wenn ich mir was wünschen dürfte,

Käm‘ ich in Verlegenheit,

Was ich mir denn wünschen sollte,

Eine schlimme oder gute Zeit.

 

Wenn ich mir was wünschen dürfte,

Möcht‘ ich etwas glücklich sein,

Denn wenn ich gar zu glücklich wär‘

Hätt‘ ich Heimweh nach dem Traurigsein…

 

Das hatte Marlene Dietrich einst gesungen.

Verklungenerweise.

Wenn dagegen ich mir etwas wünschen dürfte für das neue Jahr, das von Geschichtsbanausen tatsächlich schon für eines der neuen Goldenen Zwanziger gehalten wird, dann wünschte ich, daß auf dieser Welt kein Kind mehr hungern müßte. Unbedacht hätte ich dieses mir sogar in der Illusion gewünscht, daß auf dieser Welt kein Kind mehr abends hungrig in sein Bettchen stiege.

Aber wieviele Kinder auf unserem Planeten haben denn überhaupt ein Bett?

Die Antwort weiß ganz allein der Wind…

Auch diesen Nobelpreisträger-Song hatte die Dietrich einst gesungen in deutscher Übersetzung.

Neulich allerdings gab es immerhin ein paar Zahlen. Am Freitag, dem 20. November, meldete der Deutschlandfunk nachrichtlich:

Jedes fünfte Kind auf der Welt wächst in einem bewaffneten Konflikt auf.

Das geht aus einem aktuellen Bericht der Organisation Save the Children hervor. Demnach stieg die Zahl der von Gewalt in ihrer Umgebung betroffenen Kinder im vergangenen Jahr um rund zehn Millionen auf 426 Millionen. Die gefährlichsten Staaten für Kinder waren Afghanistan, die Demokratische Republik Kongo, Irak, Jemen, Mali, Nigeria, Somalia, Sudan, Südsudan, Syrien und die Zentralafrikanische Republik.
Seit dem Jahr 2010 sind den Angaben von Save the Children zufolge 93.000 Kinder weltweit getötet oder verstümmelt worden. Das entspricht im Durchschnitt 25 pro Tag.

Derartige Meldungen lassen unstillbar in mir einen zweiten Wunsch erwachen. Stell Dir vor, ich wünsche nämlich, daß unausrottbar eine neue Seuche käme über unser Land! Die zufälligerweise einmal nicht aus China zu uns getragen würde. Garantiert nicht aus China! Auch handelte es sich um ein besonderes Virus, um eines das lediglich in Deutschland Wirte fände aus irgend einem Grunde.

Weil es hier nur als Berufskrankheit um sich griffe und unter einer bestimmten Berufsgruppe.

Ich wünsche nämlich, diesen unseren bundesdeutschen Journalisten das hierzulande seit etlichen Jahren leider ausgerottete Virus Erotemata in ihren Hals! Und zwar speziell in der Mutation Intelligenzia!

Daß sie zum Beispiel angesichts einer derartigen Meldung „…Republik Kongo, Irak, Jemen, Mali, Nigeria, Somalia, Sudan, Südsudan, Syrien und die Zentralafrikanische Republik…“ erstens bemerkten infolge ihres Infektes mit dem Virus Erotemata: Seltsam, sind das nicht samt und sonders alles Staaten mit mohammedanischen Volksgruppen?

Die Staaten, in denen weltweit die meisten Kinder getötet oder verstümmelt werden?

Na so was!

Und zweitens dann:

Wie kommt denn das?

Was könnte denn dafür die Ursache sein?

Oder wenn der Ministerpräsident Laschet aus Nordrhein-Westfalen in den Nachrichten zitiert wird, daß er sich entschuldige für die sogenannte Kölner Silvesternacht und offen eingesteht nach fünf Jahren, „der Staat“ habe die Opfer „im Stich gelassen“…

O, da wünschte ich mir, daß die Seuche des Erotemata unsere bundesdeutschen Journalisten erbarmungslos plagte bis zum Erbrechen mit der Frage: Was war denn der eigentliche Grund dafür, daß die Vertreter eines mitteleuropäischen Staatswesens des einundzwanzigsten Jahrhunderts tatenlos zusehenden Auges fast tausend Frauen hilfeverweigernd einem vorwiegend orientalischen Mob auslieferten zum stundenlangen Begrabschen, Vergewaltigen und Berauben?

Und sich taub stellten gegenüber den verzweifelten Hilfeschreien?

Und wer wurde denn in den fünf verflossenen Jahren nun justiziabel belangt seitens der inzwischen präsidial hochherzig bezeugten Straftat unterlassener Hilfeleistung?

Oder in Anbetracht der von bundesdeutschen Nachrichtenmedien in den letzten Jahren gepflegten Mode, nachrichtlich irgendwelche Umfrageergebnisse zu verkünden, wünschte ich, daß bundesdeutsche Journalisten die Seuche derart schüttelte mit der Frage, warum das inzwischen durchgängig zur Bevölkerung degradierte Volk der Eingeborenen nicht schon längst einmal befragt worden war, ob es die Berichterstattung bundesdeutscher Medien über die sogenannte Flüchtlingskrise für sachlich, unvoreingenommen, unparteiisch, umfassend, ausgewogen, faktenbasiert, vollständig und wahrhaftig halte.

Oder etwa für ideologisch blickwinkelbeschränkt.

„Das ist so einfach, und ihr kommt nicht drauf“, würde Otto Reutter singen.

Oder wenn die Bundeskanzlerin ihre Jahrespressekonferenz abhält in der artigen Atmosphäre journalistischen Wohlgefallens, daß einen, wenigstens einen Hofberichterstatter das Virus packte mit einer, wenigstens einer kritischen, also unbequemen Frage.

Vielleicht der, was denn die Kanzlerin gemeint haben könnte mit ihrem während ihrer 15jährigen Kanzlerschaft einmalig angekündigten Kampf gegen „Identitätsverweigerer“.

Ja, wer denn das überhaupt wäre, bei diesem zuvor in Regierungserklärungen nie gehörten, dem staunenden Volke nie erklärten und in bundesdeutschen Medien nie erörterten Begriff.

Aus irgend einem Grunde.

Und welche Siege unsere tapfere Jeanne d’Arc denn nun errungen habe zum Ende ihrer Kanzlerinnenschaft in ihrem beherzt angekündigten Kampfe.

Denn es müsse doch zahlreiche Identitätsverweigerer geben, wenn die Kanzlerin in persona gegen sie ins Feld zu ziehen sich gezwungen dünkte.

Wenngleich deutsche Journalisten nie auf die Idee gekommen waren, über sie zu recherchieren und zu berichten oder jene Identitätsverweigerer gar zu interviewen.

Woher sie kämen.

Warum sie kämen.

Warum sie nach Deutschland kämen statt nach dem ruhmredigen Rußland beispielsweise oder nach Saudi-Arabien.

Und warum sie ihre Papiere durchs Klobecken spülten.

Oder warum man im Lande ungeheuerlichster Mutmaßlichkeiten, in dem die Medien unbekümmert Sätze in die Welt setzen wie „Der mutmaßliche Mörder konnte fliehen“, warum man während all der Jahre bis heute nicht auf die Idee kommt aus irgend einem Grunde, zu differenzieren zwischen Flüchtlingen und Zuwanderern. Also warum bundesdeutsche Journalisten über all die Jahre sämtliche über zig Ländergrenzen hinweg zielgerichtet nach Deutschland und sonst nirgendwohin Strömenden von vorn herein und vehement ohne die geringste Mutmaßlichkeit als Flüchtlinge deklarieren in ihrer Berichterstattung.

Und warum als Flüchtlinge über zig Ländergrenzen hinweg nach Deutschland?

„Das ist die Frage aller Fragen“, wie Cliff Richard sang.

Das wäre sogar die simpelste aller Fragen.

Die dem tumben Volke auf der Zunge liegt seit Jahren.

Und die deutsche Journalisten sich nie zu stellen wagten.

Oder wenn sich die üblichen Verdächtigen in Deutschland tränenreich echauffieren, daß der Vater eines nach Deutschland „unbegleitet“ über das Mittelmeer „geflüchteten“ neunjährigen Jungen nicht einreisen darf aus Tunesien, und eine Reporterin hinfährt und jenen dort in Lohn und Brot stehenden Vater mitfühlsam interviewt in seiner Wohnung allein mit seinem unermeßlichen Leid und sich erkundigt nach Einkommen und Miethöhe, warum ihr dabei nicht auch die Frage in ihren journalistisch geschulten Sinn tritt, was diesen Kerl denn trieb, seinen Sohn in ein lebensgefährliches Boot mörderischer Schlepper verfrachten zu lassen, und warum er seinen Jungen, nach dem er sich nun so unbeschreiblich sehnt, auf der tödlichen Mittelmeerroute nach Deutschland sandte.

Man muß es sich vorstellen, die elementarste aller Fragen, die wird nicht gestellt.

In Deutschland.

Auch die Frage, gerade in diesem Zusammenhang, ob „Lügenpresse“-Rufe und „Lückenjournalismus“-Vorwürfe tatsächlich unbegründet seien.

O das wären Fragen über Fragen, die zu stellen sie das Virus piesackte.

Vierundzwanzig Stunden am Tag und selbst im Hohmoffis!

Oder, wenn wir einmal in einem kurzen Augenblick geistiger Klarheit annähmen, die in Deutschland beförderte journalistische, also parteiische Meinung, daß die demokratische Mehrheit der Briten plötzlich dumm geworden wäre und nicht mehr denken könnte, weil sie sich habe verführen lassen von diesen verdammten Populisten, das wäre eine irrige Annahme, und uns somit einmal wenigstens der Frage zuwendeten: Was könnten denn respektable Gründe sein für die von deutscher Journalistik ausgeblendete Mehrheit, was könnten denn die Gründe sein für ihr dann wohl doch, einmal wenigstens, ernst zu nehmendes und demnach bedenkenswertes Streben nach einer Abkehr von der sogenannten Europäischen Union?

Ob es, was natürlich kein Mensch glauben könnte angesichts der jahrelangen Berichterstattung bundesdeutscher Medien, ob es tatsächlich nicht auch ernsthafte Gründe geben könnte für einen Ausstieg aus der sogenannten Europäischen Union.

Und wenn ja, warum sie nie angemessen erörtert wurden in Deutschland.

Warum interviewte man so gut wie ausschließlich nur Vertreter der Brexit-Gegner?

In Deutschland.

Fragen über Fragen…

Welch schreckliches Virus!

Oder, weshalb deutsche Journalisten der deutschen Kassiererin im deutschen Supermarkt nicht ein einziges Mal erklärt haben nach ihrem harten Arbeitstage, was denn der Unterschied wäre zwischen Lockdaun und Schattdaun.

Und wann man warum Lockdaun sagen müsse wofür. Und wann warum Schattdaun wofür.

Und ob bald alle in Deutschland Englisch können müssen, um deutsche Journalisten und deutsche Politiker zu verstehen.

Oder ob sie aus Dummheit oder Absicht elitär zu uns redeten wie zu Abgehängten.

Und zu den vielzitierten Bildungsfernen.

Für die andererseits der Deutschlandfunk als mildtätiges Extra bereithält: „Nachrichten in verständlicher Sprache“.

Ein schöner Zug.

Ob man dort wenigsten einmal übersetzte in die Landessprache, in die Sprache Luthers, Goethes und Hegels, was denn das eigentlich heiße, bläck leifs mätter…?

Letzten Samstag meldete der Deutschlandfunk zerknirscht, die Quote für eine erfolgreiche Absolvierung eines Deutsch-Tests von Zuwanderern sei rückläufig:

Wie die „Neue Osnabrücker Zeitung“ berichtet, bestanden in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres rund 59 Prozent der Teilnehmer die Prüfung. Fünf Jahre zuvor seien es 72 Prozent gewesen.

Oder jüngst, wenn Politiker behaupten, daß sich die Frage nach eventuellen Privilegien für Geimpfte gegen das Coronavirus nicht stelle angesichts des eklatanten Mangels an Impfstoffen, würde das die vom Erotemata-Virus befallenen Journalisten vielleicht zu der Frage aller nicht Gedächtnisgestörten geradezu hinreißen, wieso Politiker noch vor keinem ganzen Jahr, als es bei weitem nicht ausreichend Masken gab für sämtliche Einwohner, Pardon, für sämtliche Einwohnenden der Bundesrepublik Deutschland, wieso Politiker in voller Kenntnis jenes Mangels, allen unmaskierten Einwohnenden das Betreten von Lebensmittelgeschäften verbieten durften…

Noch dazu, wenn die Politiker kurz zuvor noch abgestritten hatten, daß Masken überhaupt etwas nützten gegen eine weitere Verbreitung des Corona-Virus!

Ohne jeglichen Aufschrei einer berechtigten Empörung!

Oder auch nur einer untertänigsten Nachfrage unserer kritischen Journalisten.

Fragen über Fragen…

Oder wenn Vattenfall in Schweden zur Jahreswende ein überaltertes Atomkraftwerk stillegte, wie denn dieses Land das Problem der Endlagerung der Jahrhunderttausende strahlenden Abfallprodukte gelöst habe.

Im Vergleich zur Bundesrepublik.

Wäre doch lehrreich.

Hier fällt mir gleich die schrödersche Nordstriem ein.

Da wird triumphierend gemeldet zum neuen Jahresanfang: „Erstes Pipelinegas aus Aserbaidschan nach Europa geflossen“.

Und:

Erstmals beziehen einige EU-Staaten Gas aus der Südkaukasusrepublik Aserbaidschan.

Und:

Der letzte Abschnitt der Leitung war erst vor wenigen Wochen fertiggestellt worden. Die knapp 4 Milliarden Euro teure Pipeline gilt in der EU als strategisch bedeutsames Infrastrukturvorhaben.

Und:

Damit gilt der aserbaidschanische Gasexport als Konkurrenz für die Rohstoffmacht Russland.

Nanu, fragten sich an dieser Stelle die vom Erotemata-Virus befallenen Journalisten, der Gasexport durch diese neue Leitung (Peiplein auf Dummdeutsch) ist strategisch bedeutsam für die Europäische Union?

Weil sonst Abhängigkeiten entstünden von der ruhmredigen „Rohstoffmacht“ Rußland?

Ja, ist es möglich, daß man also lieber abhängig wäre von Verbündeten oder sogar von Drittstaaten?

Als von Rußland?

Warum hat uns denn das keiner gesagt?

Und daß außer Deutschland so gut wie alle Staaten der deutschseitig stets solidarisch angemahnten EU gegen das Nordstriem-Projekt sind?

Und sogar noch einige mehr?

Und daß man zum Beispiel unsere polnischen und baltischen Nachbarn sehr brüskiert mit unserer deutsch-sowjetischen Freundschaftspflege?

Und daß man über die Haltung der anderen Staaten und des Europäischen Parlaments ausgiebig berichten sollte in bundesdeutschen Medien?

Statt sie zu verschweigen?

Gut, ich schwimme nicht weiter in diesem unendlichen Ozean.

Sonst stoße ich sogar noch auf die Türkei und die unsäglichen Beitrittsverhandlungen etc. pp.

Nur noch, weil aller guten Wünsche drei sind: Ich wünsche mir im neuen Jahr, daß die populistischste Partei Deutschlands, also die SPD, nicht mehr in der künftigen Regierung vertreten wäre auch deshalb, damit endlich die für die deutsch-russischen Beziehungen entscheidenden Schaltstellen nicht noch länger als unbegreiflicherweise unermüdlich besetzt werden von den nützlichen Idioten des Kremls wie Matthias Platzeck.

Wenn es nur das wäre!

Ach, wäre das schon schön!

 

 

„Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberstes Gebot der Presse.“

Oberstes Gebot des bundesdeutschen Pressekodex