A N A B A S I S

Thalatta ! Thalatta !

Schlagwort-Archiv: Kurt Tucholsky

Außen rot und innen weiß

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Sonntag, 12. Februar 2023: Bellarmin an Mephisto

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Feldfrüchte

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Sinnend geh ich durch den Garten,

still gedeiht er hinterm Haus;

Suppenkräuter, hundert Arten,

Bauernblumen, bunter Strauß.

Petersilie und Tomaten,

eine Bohnengalerie,

ganz besonders ist geraten

der beliebte Sellerie.

Ja, und hier -? Ein kleines Wieschen?

Da wächst in der Erde leis

das bescheidene Radieschen:

außen rot und innen weiß.

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Sinnend geh ich durch den Garten

unsrer deutschen Politik;

Suppenkohl in allen Arten

im Kompost der Republik.

Bonzen, Brillen, Gehberockte,

Parlamentsroutinendreh…

Ja, und hier -? Die ganz verbockte

liebe gute SPD.

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Hermann Müller, Hilferlieschen

blühn so harmlos, doof und leis

wie bescheidene Radieschen:

außen rot und innen weiß.

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Kurt Tucholsky (1890 – 1935)

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»Jenosse«, sahre ick, »woso wählst du eijentlich SPD –?« Ick dachte, der Mann kippt mir vom Stuhl! »Donnerwetter«, sacht er, »nu wähl ick schon ssweiunsswanssich Jahre lang diese Pachtei«, sacht er, »aber warum det ick det dhue, det hak ma noch nie iebalecht!«

Kurt Tucholsky (1890 – 1935)

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Es wieder wagen, das Offensichtliche zu sagen

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30. Juli 2022: Hans Christian an Mephisto

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Des Kaisers neue Kleider

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Vor vielen Jahren lebte ein Kaiser, der so ungeheuer viel auf neue Kleider hielt, daß er all‘ sein Geld dafür ausgab, um recht geputzt zu sein. Er kümmerte sich nicht um seine Soldaten, kümmerte sich nicht um Theater, und liebte es nicht, in den Wald zu fahren, außer um seine neuen Kleider zu zeigen. Er hatte einen Rock für jede Stunde des Tages, und ebenso wie man von einem König sagt, er ist im Rat, so sagte man hier immer: „Der Kaiser ist in der Garderobe!“

In der großen Stadt, in welcher er wohnte, ging es sehr munter her. An jedem Tage kamen viele Fremde an, und eines Tages kamen auch zwei Betrüger, die gaben sich für Weber aus und sagten, daß sie das schönste Zeug, was man sich denken könne, zu weben verständen. Die Farben und das Muster seien nicht allein ungewöhnlich schön, sondern die Kleider, die von dem Zeuge genäht wurden, sollten die wunderbare Eigenschaft besitzen, daß sie für jeden Menschen unsichtbar seien, der nicht für sein Amt tauge oder der unverzeihlich dumm sei.

„Das wären ja prächtige Kleider,“ dachte der Kaiser; „wenn ich solche hätte, könnte ich ja dahinter kommen, welche Männer in meinem Reiche zu dem Amte, das sie haben, nicht taugen, ich könnte die Klugen von den Dummen unterscheiden! Ja, das Zeug muß sogleich für mich gewebt werden!“ Er gab den beiden Betrügern viel Handgeld, damit sie ihre Arbeit beginnen sollten.

Sie stellten auch zwei Webstühle auf, thaten, als ob sie arbeiteten, aber sie hatten nicht das Geringste auf dem Stuhle. Trotzdem verlangten sie die feinste Seide und das prächtigste Gold, das steckten sie aber in ihre eigene Tasche und arbeiteten an den leeren Stühlen bis spät in die Nacht hinein.

„Nun möchte ich doch wissen, wie weit sie mit dem Zeuge sind!“ dachte der Kaiser, aber es war ihm beklommen zu Mute, wenn er daran dachte, daß der, welcher dumm sei oder schlecht zu seinem Amte tauge, es nicht sehen könne. Nun glaubte er zwar, daß er für sich selbst nichts zu fürchten brauche, aber er wollte doch erst einen andern senden, um zu sehen, wie es damit stehe. Alle Menschen in der ganzen Stadt wußten, welche besondere Kraft das Zeuge habe, und alle waren begierig zu sehen, wie schlecht oder dumm ihr Nachbar sei.

„Ich will meinen alten, ehrlichen Minister zu den Webern senden,“ dachte der Kaiser; „er kann am besten beurteilen, wie das Zeug sich ausnimmt, denn er hat Verstand, und keiner versieht sein Amt besser als er!“

Nun ging der alte, gute Minister in den Saal hinein, wo die zwei Betrüger saßen und an den leeren Webstühlen arbeiteten. „Gott behüte uns!“ dachte der alte Minister und riß die Augen auf. „Ich kann ja nichts erblicken!“ Aber das sagte er nicht.

Beide Betrüger baten ihn näher zu treten, und fragten, ob es nicht ein hübsches Muster und schöne Farben seien. Dann zeigten sie auf den leeren Stuhl und der arme, alte Minister fuhr fort die Augen aufzureißen, aber er konnte nichts sehen, denn es war nichts da. „Herr Gott,“ dachte er, „sollte ich dumm sein? Das habe ich nie geglaubt, und das darf kein Mensch wissen! Sollte ich nicht zu meinem Amte taugen? Nein, es geht nicht an, daß ich erzähle, ich könne das Zeug nicht sehen!“

„Nun, Sie sagen nichts dazu?“ fragte der eine von den Webern.

„O, es ist niedlich, ganz allerliebst!“ antwortete der alte Minister und sah durch seine Brille. „Dieses Muster und diese Farben! – Ja, ich werde dem Kaiser sagen, daß es mir sehr gefällt!“

„Nun, das freut uns!“ sagten beide Weber, und darauf benannten sie die Farben mit Namen und erklärten das seltsame Muster. Der alte Minister merkte gut auf, damit er dasselbe sagen könne, wenn er zum Kaiser zurückkomme, und das that er auch.

Nun verlangten die Betrüger mehr Geld, mehr Seide und mehr Gold, um es zum Weben zu gebrauchen. Sie steckten alles in ihre eigenen Taschen, auf den Webstuhl kam kein Faden, aber sie fuhren fort, wie bisher an den leeren Stühlen zu arbeiten.

Der Kaiser sandte bald wieder einen anderen tüchtigen Staatsmann hin, um zu sehen, wie es mit dem Weben stehe und ob das Zeug bald fertig sei; es ging ihm aber gerade wie dem ersten, er sah und sah; weil aber außer dem Webstuhle nichts da war, so konnte er nichts sehen.

„Ist das nicht ein hübsches Stück Zeug?“ fragten die beiden Betrüger und zeigten und erklärten das prächtige Muster, welches gar nicht da war.

„Dumm bin ich nicht,“ dachte der Mann; „es ist also mein gutes Amt, zu dem ich nicht tauge! Das wäre seltsam genug, aber das muß man sich nicht merken lassen!“ Daher lobte er das Zeug, welches er nicht sah, und versicherte ihnen seine Freude über die schönen Farben und das herrliche Muster. „Ja, es ist ganz allerliebst!“ sagte er zum Kaiser.

Alle Menschen in der Stadt sprachen von dem prächtigen Zeuge. Nun wollte der Kaiser es selbst sehen, während es noch auf dem Webstuhl sei. Mit einer ganzen Schar auserwählter Männer, unter welchen auch die beiden ehrlichen Staatsmänner waren, die schon früher dagewesen, ging er zu den beiden listigen Betrügern hin, die nun aus allen Kräften webten, aber ohne Faser oder Faden.

„Ja, ist das nicht prächtig?“ sagten die beiden ehrlichen Staatsmänner. „Wollen Ew. Majestät sehen, welches Muster, welche Farben?“ und dann zeigten sie auf den leeren Webstuhl, denn sie glaubten, daß die andern das Zeug wohl sehen könnten.

„Was!“ dachte der Kaiser; „ich sehe gar nichts! Das ist ja erschrecklich! Bin ich dumm? Tauge ich nicht dazu, Kaiser zu sein? Das wäre das Schrecklichste, was mir begegnen könnte. O, es ist sehr hübsch,“ sagte er; „es hat meinen allerhöchsten Beifall!“ und er nickte zufrieden und betrachtete den leeren Webstuhl; er wollte nicht sagen, daß er nichts sehen könne. Das ganze Gefolge, was er mit sich hatte, sah und sah, aber es bekam nicht mehr heraus, als alle die andern, aber sie sagten gleichwie der Kaiser: „O, das ist hübsch!“ und sie rieten ihm, diese neuen prächtigen Kleider das erste Mal bei dem großen Feste, das bevorstand, zu tragen. „Es ist herrlich, niedlich, ausgezeichnet!“ ging es von Mund zu Mund, und man schien allerseits innig erfreut darüber. Der Kaiser verlieh jedem der Betrüger ein Ritterkreuz, um es in das Knopfloch zu hängen, und den Titel Hofweber.

Die ganze Nacht vor dem Morgen, an dem das Fest statthaben sollte, waren die Betrüger auf und hatten über sechszehn Lichte angezündet. Die Leute konnten sehen, daß sie stark beschäftigt waren, des Kaisers neue Kleider fertig zu machen. Sie thaten, als ob sie das Zeug aus dem Webstuhl nähmen, sie schnitten in die Luft mit großen Scheren, sie nähten mit Nähnadeln ohne Faden und sagten zuletzt: „Sieh, nun sind die Kleider fertig!“

Der Kaiser mit seinen vornehmsten Beamten kam selbst und beide Betrüger hoben den einen Arm in die Höhe, gerade, als ob sie etwas hielten, und sagten: „Seht, hier sind die Beinkleider! hier ist das Kleid! hier der Mantel!“ und so weiter. „Es ist so leicht wie Spinnewebe; man sollte glauben, man habe nichts auf dem Körper, aber das ist gerade die Schönheit dabei!“

„Ja!“ sagten alle Beamte, aber sie konnten nichts sehen, denn es war nichts.

„Belieben Ew. kaiserliche Majestät Ihre Kleider abzulegen,“ sagten die Betrüger, „so wollen wir Ihnen die neuen hier vor dem großen Spiegel anziehen!“

Der Kaiser legte seine Kleider ab, und die Betrüger stellten sich, als ob sie ihm ein jedes Stück der neuen Kleider anzögen, welche fertig genäht sein sollten, und der Kaiser wendete und drehte sich vor dem Spiegel.

„Ei, wie gut sie kleiden, wie herrlich sie sitzen!“ sagten alle. „Welches Muster! welche Farben! Das ist ein kostbarer Anzug!“ –

„Draußen stehen sie mit dem Thronhimmel, welche über Ew. Majestät getragen werden soll!“ meldete der Oberceremonienmeister.

„Seht, ich bin ja fertig!“ sagte der Kaiser. „Sitzt es nicht gut?“ und dann wendete er sich nochmals zu dem Spiegel; denn es sollte scheinen, als ob er seine Kleider recht betrachte.

Die Kammerherren, welche die Schleppe tragen sollten, griffen mit den Händen gegen den Fußboden, als ob sie die Schleppe aufhöben, sie gingen und thaten, als hielten sie etwas in der Luft; sie wagten es nicht, es sich merken zu lassen, daß sie nichts sehen konnten.

So ging der Kaiser unter dem prächtigen Thronhimmel, und alle Menschen auf der Straße und in den Fenstern sprachen: „Wie sind des Kaisers neue Kleider unvergleichlich! Welche Schleppe er am Kleide hat! Wie schön sie sitzt!“ Keiner wollte es sich merken lassen, daß er nichts sah; denn dann hätte er ja nicht zu seinem Amte getaugt, oder wäre sehr dumm gewesen. Keine Kleider des Kaisers hatten solches Glück gemacht als diese.

„Aber er hat ja gar nichts an!“ sagte endlich ein kleines Kind. „Hört die Stimme der Unschuld!“ sagte der Vater; und der eine zischelte dem andern zu, was das Kind gesagt hatte.

„Aber er hat ja gar nichts an!“ rief zuletzt das ganze Volk. Das ergriff den Kaiser, denn das Volk schien ihm recht zu haben, aber er dachte bei sich: „Nun muß ich aushalten.“ Und die Kammerherren gingen und trugen die Schleppe, die gar nicht da war.

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Hans Christian Andersen (1805 -1875)

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nomen est omen

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6. November 2021: Bellarmin an Mephisto

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Es gab einmal einen Film, in dem konkurrierten zwei Konzerne. Ich glaube, der eine Konzern hieß Sodom. Der andere hieß Gomorrha. Die Umstände ihres Konflikts sind meinem Gedächtnis entfallen, aber es ging wohl um den Verkauf von Geräten, um Hartwär im heutigen Dummdeutsch. Es ging um den Verkauf von perfekt illusionistischen Fernsehern. Also es ging darum, den Zuschauern, also den Zuschauenden im heutigen Dummdeutsch, es ging demnach darum, den Kundenden beileibe nicht nur simple Bilder mit Schallwellen zu bieten.

I bewahre!

Sondern wenn in einer Filmszene eines Films in dem Film es etwa nach etwas röche, dann sollte auch derdiedas zuschauende Kundende dasselbe ebenfalls riechen! Oder, präziser gesagt, die Illusion geboten bekommen, genau dasselbe zu riechen.

Den weißen, den blauen und den lila Flieder und jeden Furz!

Leif!

Und falls in dem Film des Films jemandenderIn etwas äße, eine männliche oder weibliche oder transsexuelle Forelle vielleicht, dann sollten Kundende nebst allen Diversenden exakt männlichen, weiblichen oder transsexuellen Forellengeschmack spüren auf ihren Zungen.

Und, jetzt paß auf!

Anschließend auch sattsein im Magen!

Obwohl die zuschauenden Kundenden selber keinerlei Forelle zu sich genommen haben müßten!

Sobald der Protagonistende in dem Film des Films gesättigt worden wäre von der transsexuellen Forelle wären die Kundenden sofort selber satt!

Leif!

Und bei diesen Apparaten, also bei der Hartwär im heutigen Dummdeutsch, bei diesen Fernsehern in dem Film mit den furzenden Filmen der konkurrierenden Konzerne Sodom und Gomorrha, also da gab es die reinsten Luxusklassen!

Du mußt Dir das auch nicht vorstellen wie heute, wo Du da vor so einem Bildschirm sitzt, vor einem Displäy ein Meter mal eins fünfzig in Deiner Einzimmerwohnung des Morgens beim furzfreien Frühstücksfernsehen.

Nein!

Noch viel viel schöner!

Da war nichts mehr von einer Mattscheibe. Wie die Hartwär früher hieß im treffenden Volksmund der Landessprache. Sondern, also die Dinger, Du mußt Dir das so vorstellen, die sahen vollkommen aus wie herumliegende Särge.

Total!

Aber paß auf, das war praktisch. Du konntest dieses Hartwärding nämlich auch völlig normal aufklappen wie einen Sarg.

Indem Du den Sargdeckel hochklapptest, und dann konntest Du Dich bequem reinlegen in die Hartwär von Sodom oder Gomorrha.

Drinnen war natürlich alles aufs behaglichste weich gepolstert. Mit gewissen Unterschieden vielleicht hinsichtlich der Stoffe, Muster und Farbgebungen, je nach Preisklasse.

Aber durch die Bank, nein, durch den Sarg komplett gepolstert!

Damit Du auf jeden Fall angenehm lägest.

Denn das Wohl der Kundenden lag sowohl Sodom als auch Gomorrha selbstverständlich am Herzen.

Und drinnen hatte derdiedas Kundende an der Deckelunterseite einen ergonomischen Griff, das war gut durchdacht.

Und je nach Preisklasse vielleicht sogar vergoldet.

Und Du konntest Dich also gemütlich hineinlegen und dann den Sargdeckel bequem von innen schließen.

Und sogar störungsfrei verriegeln.

Und lagst drinnen weich in der Hartwär und konntest alles riechen, schmecken und fühlen.

Wie leif!

Ist doch schön so bequem.

Manche sind sogar verhungert, ohne es zu merken! Die haben den Deckel nie mehr hochgeklappt.

Weil der Film so schön war.

Ein schöner Tod.

Besser kann man wohl auch kaum sterben: vollkommen satt!

Genial!

Nun hat Zuckerbergs Mark seinen Konzern umbenannt. Weil es um die Herstellung eines völlig neuen Produktes ginge. Marinela Potor versuchte am 3. November auf BASIC thinking, es zu beschreiben, das neue Zuckerberg-Produkt:

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Das ist in der Tat nicht ganz so leicht zu fassen– und zwar nicht, weil wir über 3D-Grafiken, VR und erweiterte Realität (AR) sprechen. Das liegt vielmehr daran, dass das Metaverse bislang eher eine Vision ist, die es noch nicht gibt.

In seiner Keynote hat Mark Zuckerberg sich darum auch darauf konzentriert, diese Vision greifbarer zu machen. Wir haben in verschiedenen Simulationen gesehen, wie Influencer virtuelle Fanpartys planen und eine Frau aus Japan plötzlich in Form ihres Avatars mitten auf einem Konzert in den USA tanzte.

Eine VR-Expertin hat uns erklärt, wie unsere Avatare im Metaverse unsere Gesichtsausdrücke nahezu in Echtzeit nachahmen werden. Und ein AR-Fachmann hat gezeigt, wie er mit einem Team Hardware entwickelt, die die Bewegung unserer Hände so exakt nachahmen kann, dass wir in der VR-Welt eine realistische physische Erfahrung haben.

Im Kern geht es also im Metaverse darum, eine virtuelle Zweitwelt zu erschaffen, die sich einerseits so echt anfühlt wie unsere physische Realität, uns andererseits aber auch neue Möglichkeiten bringt.

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Genial!

Das stillt ja genau wieder unsere Sehnsucht, von der wir bisher selbst noch nichts ahnten. Und das ist es, was unser Planet jetzt braucht! Und da sollen diese Aktivistenden noch mal kommen von wegen, wir hätten nur eine Erde!

Der Zuckerberg schenkt uns, um zum besseren Verständnis es auch ohne dieses lange Herumgeeiere einmal in der von unseren Politikenden stets im Munde geführten Transparenz auszudrücken, der Zuckerberg in seiner ganzen Großherzigkeit schenkt uns eine virtuelle Welt. Oder, falls Du es immer noch nicht begriffen hast, „virtuelle Welt“, klar ausgedrückt in der Sprache unseres Volkes, in unserer Volkssprache, die auch die Sprache Luthers und Lessings, Goethes, Schillers, Hölderlins, Heines, Tucholskys und Kästners war: Es geht um eine Scheinwelt.

Was für ein prägnantes, treffendes, einfaches, klares, deutliches, deutsches Wort für das, worum es „im Kern geht“.

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Deutschland, deine Spitzen!

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4. September 2021: Bellarmin an Mephisto

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Ein sogenanntes Triell. Drei Kandidaten, das Personal, das Aufgebot an Spitzenkandidaten des deutschen „Wahlkampfs“ anno 2021!

In einer „Debatte“!

Die von der Wortbildung her abgeleitet wurde im Anklang an, nun ja, „Triell“ stammt von „Duell“. Tatsächlich!

Selbst von einem Schlagabtausch ging die Rede!

OGottoGott!

Man denke nur an die Runden Brandt, Barzel, Strauß und Scheel oder später mit Wahlkämpfern wie Schmidt, Strauß, Genscher.

Und selbst Kohl!

In Zeiten übrigens, als man es demokratischerweise noch für unabdingbar hielt, auch der größten Oppositionspartei des Bundestages Gelegenheit zu geben und ihr das demokratische Recht einzuräumen, sich in mindestens einer Debatte gleichberechtigt mit der Regierungsseite dem Fernsehpublikum, das ja aufgerufen ist zur Wahl zwischen Verschiedenem, ausgiebig, das heißt, nicht in bloßen Satzfetzen tendenziös zusammengeschnitten, mit ihren Ansichten zu präsentieren… Zur damals dem Publikum zugetrauten Mündigkeit einer eigenen Urteilsbildung aus ungefilterter Anschauung.

Man stelle sich das vor!

Obwohl die doch die falsche Meinung hatten!

Also Dinge gab’s damals! Mir wird ganz schlecht…

Doch zum Glück hat der als Serienmörder ins Gerede gekommene Auftraggeber im Kreml inzwischen die „gelenkte Demokratie“ erfunden…

Zur Sache, zum „Triell“.

Es wimmelte nur so an unerhörtem Gedankengut in „einem neuen Abschnitt der Modernisierung Deutschlands“ „nach der Ära Merkel“…

Gut, das war ein Scherz.

Interessant war nämlich auch, welche Themen keinerlei Erwähnung, geschweige denn einer Diskussion, für wichtig erachtet wurden. Wie beispielsweise die Frage der nicht nur unsere europäischen Nachbarn erregenden Gasleitung, also der „Gaspeiplein“ (journalistisches Dummdeutsch) „NordStream 2“ und die Haltung der SPD zum offenen Putinlobbyisten Gerhard Schröder. Oder die Frage zum imperialistischen Gehabe des Auftraggebers im Kreml und seinen kriegerischen Aggressionen.

Gegen die Ukraine.

Gegen die Ukraine beispielsweise.

Ich stelle mir Armin Laschet gerade gutmenschlich zuredend beim Auftraggeber im Kreml vor.

Überhaupt spielte Außenpolitik, abgesehen von pflichtschuldigen Heucheleien zu Afghanistan, keine Rolle! In einer bundesdeutschen „Wahlkampfdebatte“ anno 2021!

Zudem spielte es keine Rolle, daß nunmehr seit Jahren verläßlichen Umfragen zufolge über die Hälfte der Eingeborenen dieses Landes sich von den Medien dieses Landes nicht mehr wahrheitsgemäß unterrichtet fühlt.

Und sich selbst nicht mehr traue, offen seine Meinung zu sagen!

Was doch ein ungeheuerlicher Befund ist.

Und woran das denn wohl liegen könnte…

An welchen Ursachen!

U R S A C H E N !

Und wie es zum Besseren zu richten wäre.

Und warum 2015 nun ein Fehler gewesen sein soll, während man doch inbrünstig immer posaunte, 2015 alles richtig gemacht zu haben.

Und wer anderes behaupte, sei des Teufels!

Und sogar der AfD!

Usw.!

Usf.!

Also, der Deutschlandfunk behauptet, am Montag, dem 30. August 2021, nachrichtlich gesendet zu haben:

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Triell: Baerbock, Laschet und Scholz liefern sich ersten Schlagabtausch

In Berlin haben sich die drei Kanzlerkandidatinnen und -kandidaten von Union, SPD und Grünen einem TV-Triell gestellt. Vier Wochen vor der Bundestagswahl wurden der CDU-Vorsitzende Laschet, Finanzminister Scholz von der SPD sowie die Grünen-Vorsitzende Baerbock in einer knapp zweistündigen Live-Sendung befragt. Nach eher zurückhaltendem Beginn wurde die Debatte mit der Zeit lebhafter, etwa bei den Themen Klimaschutz und Steuerpolitik.

Zum Auftakt sagte Baerbock, ihr Ziel sei es, das Land zu erneuern und klimaneutral zu machen. Jahre des Abwartens mit Union und SPD hätten Deutschland nicht vorangebracht. Scholz betonte, er wolle eine Gesellschaft, die in die Zukunft aufbreche. Auch in vielen Jahren müssten noch viele Arbeitsplätze erhalten geblieben sein. Laschet erklärte, die Unionsparteien verfügten über einen klaren Kompass, der für ökonomische und soziale Kompetenz sowie Nachhaltigkeit stehe. Nach der Ära Merkel beginne nun ein neuer Abschnitt der Modernisierung Deutschlands. Alle drei legten zu Beginn Wert auf einen fairen Umgang. Auf die Frage, warum einer der anderen „nicht Kanzler kann“, lehnten sie jeweils eine konkrete Antwort ab und verwiesen darauf, sie wollten lieber für sich selbst werben. Im Verlauf der Debatte gab es dann aber doch einige Vorwürfe an eine der Gegenseiten. Publikum war im Studio nicht anwesend, daher ließen sich keinerlei Rückschlüsse aus möglichen Zuschauer-Reaktionen ziehen.

Afghanistan

Erstes Thema war die Lage am Hindukusch. Laschet, Scholz und Baerbock sprachen sich gleichermaßen für eine verbesserte Ausstattung der Bundeswehr aus, legten dabei aber unterschiedliche Akzente. Laschet sprach wörtlich von einem „Desaster des Westens und Desaster der Bundesregierung“. Er erhob dabei den Vorwurf gegen Scholz, die Beschaffung bewaffneter Drohnen zu blockieren, die auch dem Schutz deutscher Soldaten dienten. Dies wies der Finanzminister zurück und verwies auf eine gemeinsame Drohnen-Bestellung mit Frankreich, die nach Ansicht Laschets aber nur zu Aufklärungszwecken gedacht ist. Für die Grünen kündigte Baerbock an, eine Außenpolitik zu gestalten, die – so wörtlich – „sich nicht wegducke“, wenn es schwierig werde. Allerdings ergebe das Ziel der Nato, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung anzuheben, für sie „keinen Sinn“.

Corona-Pandemie

Mit Blick auf die Pandemie-Bekämpfung meinte Laschet, es gelte, mit den Impfungen wieder in ein normales Leben zurück zu finden. Die „2G“-Regel für mehr Rechte nur für Geimpfte und Genesene komme für ihn indes nicht infrage. Scholz sagte, bis zu einer Normalität werde es angesichts noch zu vieler Ungeimpfter noch eine Weile dauern. Vorsichtsmaßnahmen seien daher weiter angebracht. Baerbock betonte, Normalität könne es erst geben, wenn auch Kinder und Jugendliche und andere, die sich bislang nicht impfen lassen könnten, geschützt werden könnten. Alle drei waren sich darin einig, dass ein neuer allgemeiner Lockdown verhindern (sic!) werden müsse.

Klimaschutz

Mit diesem Thema wurde die Debatte deutlich lebhafter. Baerbock fasst ihre Prioritäten im Kampf gegen den Klimawandel so zusammen: Erneuerbare Energien deutlich ausbauen, Solarpflicht für alle Dächer und den Kohleausstieg deutlich vorziehen. Laschet und Scholz warf sie vor, zu langsam handeln zu wollen. Der Vizekanzler verwies auf 250 Jahre deutsche Industriegeschichte, die innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten stark umgebaut werden müsse. Dabei müsse auch auf Arbeitsplätze und soziale Fragen geachtet werden. Laschet warf den Grünen vor, immer nur mit neuen Verordnungen, Vorschriften und Verboten regieren zu wollen. Auch dürfe man die Unternehmen nicht mit höheren Steuern belasten, wenn sie auf marktwirtschaftliche Art im Wettbewerb klimafreundliche Innovationen entwickeln sollen.

Auf die Frage nach finanziellen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger bekräftigte Baerbock ihren Vorschlag für ein sogenanntes „Energiegeld“, mit dem die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Menschen zurückgegeben werden sollten. Dies wären zunächst 75 Euro pro Person, weiter ansteigend analog zur weiter steigenden CO2-Bepreisung. Scholz plädierte für einen moderaten Weg der Besteuerung von Kohlendioxid-Emissionen. Im Gegenzug müsse man die Haushalte über die EEG-Umlage entlasten. Für deren vollständige Abschaffung ebenso wie der Stromsteuer sprach sich Laschet aus. Wer aber „nicht umsteigt und sich nicht klimafreundlich verhält“, für den werde es teurer werden.

Steuern

Die Grünen-Kandidatin forderte, dass starke Schultern mehr tragen müssten, verwies auf Armut in einer an sich reichen Gesellschaft und schlug eine Kindergrundsicherung jenseits des Hartz-IV-Systems vor. Die Kosten von etwa zehn Milliarden Euro würden auch über die verbliebenen zehn Prozent Zahler des Solidaritätszuschlags mit höheren Einkommen finanziert. Scholz betonte, angesichts hoher Schulden seien Steuerentlastungen für Wohlhabende und Unternehmen mit hohen Gewinnen nicht zeitgemäß. Junge Menschen müssten sich außerdem auf eine auch in Zukunft sichere Rente verlassen können. Der SPD-Kandidat kündigte an, er wolle das Steuersystem „besser austarieren“. Menschen in seiner Einkommenskategorie sollten etwas mehr zahlen. Laschet warf SPD und Grünen vor, immer nur auf Steuererhöhungen zu setzen. CDU und CSU wollten den Solidaritätszuschlag für alle und nicht nur 90 Prozent der Bevölkerung abschaffen. Außerdem sei Kindern am ehesten damit geholfen, den Menschen aus der Grundsicherung heraus zu helfen, indem man die Wirtschaft nicht weiter belaste und „mehr Arbeit“ schaffe. Steuerhöhungsideen seien „geradezu töricht“.

Weitere Trielle folgen

Die Fragen stellten diesmal Ex-Tagesthemen-Moderatorin Pinar Atalay und RTL-Nachrichten-Anchorman Peter Kloeppel. Im September werden dann auch ARD und ZDF gemeinsam sowie die Fernsehsender ProSieben, Sat.1 und Kabeleins, die zu einer Sender-Gruppe gehören, mit jeweils eigenen Triellen folgen.

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Man stelle sich vor, diesen Schlagabtausch hätte Herbert Wehner erlebt!

Die einzige ganze Stelle von anderthalb, die einer Debatte immerhin nahekam statt einem Schleiertanz, gab es am Schluß, als Eiertänzer Laschet den Buddha Scholz anging mit der Aufforderung zu einer konkreten, zu einer klaren JA/NEIN-Aussage hinsichtlich einer Regierungsbeteiligung der populistischen Partei DIE LINKE (Wahlkampfslogan: „Nehmt den Wessis das Kommando!“) im Falle seiner Kanzlerschaft. Auf die Scholz, rhetorisch darauf natürlich vorbereitet, nicht mit eindeutiger Haltung antwortete.

Was indessen auch eine Antwort ist.

Das Zeittypische an jener einzigen ganzen Stelle von anderthalb, die einer Debatte nahekam, war jedoch, daß ausgerechnet dies dem armen Armin Laschet nun aber im Nachhinein mehrfach negativ angekreidet wurde!

Laschet hätte sich da aggressiv gebärdet bei seinem Insistieren auf Klarheit („Transparenz“ im journalistischen Dummdeutsch).

Was hätten wohl Ludwig Börne, Heinrich Heine, Kurt Tucholsky oder Sebastian Haffner zu solcher Debatte gemeint…

Armes, geistig verarmtes Deutschland, angesichts des Kommenden, mir graut vor deiner Zukunft!

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Gemein ist allen Parteien, dass sie das Thema Flucht und Asyl in ihren Programmen überbetonen, obwohl Asylerstantragstellende 2020 nur gut zehn Prozent der gesamten Migration nach Deutschland ausmachten.“

Policy Brief Nr. 157: Studie von Tobias Heidland, Direktor des Forschungszentrums für Internationale Entwicklung am Institut für Weltwirtschaft und Finja Krüger, Migrationsforscherin:

Zuwanderung und Flüchtlingsschutz im Wahlkampf: Zerrbild statt Chancenorientierung

(Hervorhebung von Bellarmin)

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Hohmskuling in Sachen Deutsch

 

13. Februar 2021: Bellarmin an Mephisto

 

Ja, so war das. Ende Oktober vergangenen Jahres sah man sich im Deutschlandfunk veranlaßt, endlich einmal Stellung zu nehmen zur Verwahrlosung unserer Muttersprache. Am Beispiel des Unwortes „Lockdaun“. Das war um so bemerkenswerter, als es zeigte, daß es doch eine beträchtliche Anzahl Menschen gibt, die sich zur Wehr setzen gegen die beständige Vergewaltigung unserer Sprache durch bundesdeutsche Journalisten und Politiker.

„Lockdown“, der Begriff ist derzeit allgegenwärtig – und er wird streng genommen meist falsch benutzt. Soviel steht fest. Dennoch kommt er weiter in unseren Nachrichten vor. Und das hat seine Gründe.

Uns wird entgegengehalten, dass es sich nicht nur um einen unnötigen Anglizismus handle. Der Begriff werde überdies nicht treffend verwendet.

Wir haben dann aber nach und nach zur Kenntnis genommen, dass der Sprachgebrauch auch in diesem Fall mächtiger ist als das Wörterbuch. Fast alle sprechen vom „Lockdown“, nachdem es im Frühjahr noch eher um den „Shutdown“ ging, und wichtiger noch: Fast alle verstehen, was gemeint ist und was nicht.

Deshalb übernehmen wir bis auf Weiteres den „Lockdown“, sofern wir nicht Gelegenheit haben, die einzelnen konkreten Einschränkungen zu benennen. Das ist präziser und daher vorzuziehen. Es ist aber eben oft auch zu lang – und zudem in ermüdender Weise wiederholend, wenn der Kontext eh als bekannt vorausgesetzt werden kann.

Mit dieser Einschätzung stehen wir nicht alleine. Begriffe sind nicht statisch, ihre Bedeutungen verändern sich. Auch beim „Lockdown“ erkennt die Sprachwissenschaft bereits eine derartige Begriffsausweitung. Das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache etwa wartet mit folgender Definition auf: „Zeitraum, in dem fast alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten auf politische Anordnung hin stillgelegt sind (zum Beispiel zum Infektionsschutz)“.

Es würde mich nicht wundern, wenn der Duden eines Tages nachzöge.

Sancta Simplicitas!

Ja, es wunderte mich bestimmt nicht, wenn der taube Duden eines Tages nachzöge. Wie gegenwärtig gerade wieder zum Beispiel beim Jendan. Obwohl das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache doch eine wahrlich passende Definition hingelegt hat für den ins Schwarze treffenden Begriff „Stillstand“: „Zeitraum, in dem fast alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten auf politische Anordnung hin stillgelegt sind (zum Beispiel zum Infektionsschutz)“.

Und der Deutschlandfunk argumentiert hier ähnlich wie der taube Duden, gegen den Sprachgebrauch könne man gar nichts machen.

Doch man kann! Wie wir zum Beispiel lernen können bei unseren französischen Nachbarn. Und stammen denn konformistische Bildungen wie „Bürger*innenmeister*in“ oder „Bauern*innenfrühstück“ tatsächlich aus dem Sprachgebrauch? Oder doch eher aus einer weltfremden Kanzleisprache von Verwaltungsvorschriften? Und aus den „Innen“-Verrenkungen politischer OpportunistInnen? Statt aus dem Maule gewöhnlichen Volkes, das es ja auch noch gibt in beträchtlichem Ausmaß?

Dem man gleichzeitig und völlig unverdrossen gegen die eigenen Argumente eine Benutzung bestimmter Wörter vorschreibt?

Oder verbietet?

Journalisten, Politiker, Lehrer und Geistliche verfügen über die Wortmacht in jeder Gesellschaft. Und deshalb kann man schon was machen. Ähnlich wie Clemenceau, der in seiner Rolle als einstiger Schriftleiter einer Zeitung ein Schild aufgehängt haben soll in seiner Redaktion: „Bevor sie einen Anglizismus hinschreiben, kommen Sie zu mir in den dritten Stock und fragen, ob er nötig ist!“

Was sagst Du? Das sei eine Feknju? Der Clemenceau habe Adjektive gemeint statt Anglizismen?

Da kannst Du gleich mal in den dritten Stock laufen!

Im Deutschland von heute fördert man ja geradezu mutwillig den Sprachverfall, und man kürt, wie blöde und völlig kritikfrei, einen „Anglizismus des Jahres“.

Hosianna! Hosianna!

Richtig, dieses Jahr, wahrscheinlich heimarbeitend im steuerlich abgesetzten Arbeitszimmer des Hohmoffis, dieses Jahr ist es der „Lockdaun“.

Ich will jetzt aber mal wieder einen Katt machen und lieber einen Inzeider wisselbloan lassen, der ein paar Hottspotts autet der Sprache, die, zusammen mit dem Griechischen sowohl von Hegel als auch von Heidegger für die überhaupt einzige philosophietaugliche Sprache gehalten wurde, die Sprache Luthers, Gryphius, Lessings, Goethes, Schillers, Hölderlins, Heines und Rilkes, die Sprache von Thomas Mann, Franz Kafka, Karl Kraus, Kurt Tucholsky, Mascha Kaléko, Else Lasker-Schüler, Erich Kästner und Paul Celan, die Sprache des einstigen Landes der Dichter und Denker:

 

Was sind die Vorzüge unserer Sprache? Beginnen wir mit dem Einfachsten: der deutsche Wortschatz scheint größer zu sein als der englische und der französische; genaue Zahlenangaben sind freilich nicht möglich, denn wer könnte verbindlich entscheiden, wieviel zusammengesetzte Wörter, Fremd- und Lehnwörter oder Fachausdrücke zu dem „Wortschatz“ eines Volkes gerechnet werden sollen. Um diesem Satz durch einige beliebig gegriffene Beispiele Farbe zu geben: dem Französischen fehlen alle Ausdrücke der Bewegung: gehen, fahren, reiten, fliegen, segeln, steigen, sinken werden sämtlich mit dem einen Wort aller wiedergegeben; es fehlen im Französischen auch stehen, sitzen und liegen. Überhaupt versucht der Franzose mit den drei Zeitwörtern faire, mettre, und prendre einige Dutzend deutscher Begriffe zu ersetzen. Ähnlich verwendet der Engländer to get an Stelle von hundert verschiedenen deutschen Ausdrücken. Der Reichtum der Deutschen beruht zum großen Teil darauf, durch Vor- und Nachsilben und durch Zusammensetzungen neue Wörter zu schaffen. Der Deutsche bildet etwa zu dem Wort fallen Dutzende von Ableitungen: hinfallen, abfallen, ausfallen, zusammenfallen, verfallen, herunterfallen, niederfallen, einfallen; der Franzose hat für alle nur das eine Wort tomber. Welchen Reichtum an Zeitwörtern, der wichtigsten aller Wortarten, verschaffen wir uns auf diesem Wege! Welche Sprache kann so bequem wie die deutsche alles sagen und versagen, ansagen und aussagen, vorsagen und nachsagen, aufsagen und untersagen? Wer kann so leicht wie wir sich sattessen und kranklachen, gesundbeten und totschwitzen? Mühelos verschmilzt die deutsche Sprache Hauptwort und Zeitwort und Beiwort und bildet mit allen Abschattierungen hoffnungsvoll, hoffnungslos, hoffnungsreich, hoffnungsarm? Für das Wort Liebe nennt das Grimmsche Wörterbuch mehrere hundert Zusammensetzungen. Der Reichtum an Vor- und Nachsilben erlaubt es der deutschen Sprache noch heute, neue Wörter aus eigenen Wortstämmen zu prägen; das Englische und das Französische sind schon lange unfruchtbar und können neue Begriffe nur bezeichnen, indem sie griechische und lateinische Brocken ausleihen. Der Baum der deutschen Sprache steht noch im grünenden, saftigen Wachstum, während bei den anderen die äußersten Äste schon zu verdorren beginnen.

Das Französische hat im 17. Jahrhundert eine Hungerkur durchmachen müssen: um eines möglichst reinen Stiles willen warf man alles über Bord, was veraltet oder unklar oder undefinierbar erschien; alles Mundartliche, Niedrige, Bourgeoismäßige, alle Sonderausdrücke der Soldaten, Handwerker, Gelehrten und Arbeiter. Der Mensch sollte, von allen Abhängigkeiten seines Stammes und Standes befreit, als abstrakte personnage eine allgemeine Sprache reden: klar wie destilliertes Wasser und gemeinverständlich wie das Einmaleins. Welche Sprachverarmung von Montaigne bis Voltaire! Wie ein Klavier, dem die unteren und die oberen Oktaven fehlen, und das auch in den Mittellagen keine schwarzen Tasten hat. (Hofmiller)

Aber der Reichtum an Wörtern ist nicht der wichtigste Reichtum unserer Sprache. Die entscheidenden Sprachfragen liegen jenseits der Statistik. Mag das Französische oder das Englische keine 50 000 Wörter haben: Shakespeare ist mit 20 000 ausgekommen, Homer mit 9000 und das Neue Testament mit 5000. Wenn der Franzose auch nicht Ruhmestag zu bilden vermag, so schlägt sein Herz bei le jour de gloire nicht minder hoch. Die wesentlichen Unterschiede liegen tiefer.

Die deutsche Sprache beruht durchgängig auf deutschen Wurzeln, die französische dagegen auf lateinischen, und auch die Engländer haben eine Fülle französischer Wurzeln in ihre Sprache aufgenommen, als 1066 die französisch sprechenden Normannen das Land eroberten und die Angelsachsen unterwarfen. Diese Mischung germanischer und romanischer Wurzeln hat das Englische auch besonders anfällig gemacht für den Einfall immer neuer Fremdwörter. … Die englische Bibelübersetzung enthält zu 97 vom Hundert angelsächsische Wörter, Shakespeare noch zu 85, Gibbon zu 50, aber bei den modernen Schriftstellern geraten die angelsächsischen Wörter meist in die Minderheit. Besonders für Begriffe des geistigen und seelischen Lebens haben sich normannische Wörter durchgesetzt; die Normannen bildeten die geistig führende Oberschicht. Nun haben Wörter aus fremder Wurzel keinen bildlichen Gehalt für den, der sie heute spricht. Sie sind ihm ein leerer Schall, dessen Laut ihn an nichts Bekanntes erinnert. Der Deutsche hört bei Grundsatz den Anklang an Grund und Boden, der Engländer und Franzose spürt in principe oder principle nichts von dem lateinischen Wort primus, mit dem sie verwandt sind. Fichte folgert kühn: die Engländer und Franzosen hätten eigentlich gar keine Muttersprache; es seien tote Sprachen, und nur bei Völkern mit lebenden Sprachen greife die Geistesbildung ins Leben ein, nur sie hätten Fleiß, Ernst und Gemüt!

Aber man darf auch dies Argument nicht überanstrengen. Gewiß, in Begriff und Erfahrung könnte der Deutsche noch die anschaulichen Wurzeln be-greifen und er-fahren heraushören, aber tut er dies wirklich? Hat der Engländer wirklich bei dem angelsächsischen sorrow eine so ganz andere Empfindung als bei dem normannischen grief, bei remember eine andere als bei remind?

Wir wollen uns damit begnügen, uns der Erdhaftigkeit der deutschen Sprache zu freuen; Vischer hat gesagt, das Französische sei wie Likör und Biskuit, das Italienische wie Rotwein und Orangen, das Holländische ganz Hering, das Deutsche dagegen sei wie gutes Roggenbrot und Bier. –

Ein bedeutsamerer Vorzug des Deutschen ist die Freiheit der Wortstellung. Die Ausdrucksfähigkeit einer Sprache hängt nicht nur von dem Wortschatz ab, sondern nicht minder von der Art der Wortfolge. Wir können in dem Satz Vater hat mir gestern den Apfel geschenkt die Wörter auf fünf verschiedene Arten stellen und so mit denselben Wörtern fünf verschiedene Gedanken ausdrücken.

Ohne Umschreibung können die meisten lebenden Sprachen das nicht wiedergeben. Das Englische und das Französische können sich diese Freiheit der Wortumstellung nicht gestatten, weil sie den Werfall und den Wenfall nicht unterscheiden; le père aime le fils kann man nicht einfach umstellen, denn wenn man den Sohn voranstellt, so ist er es, der liebt. Dieser Freiheit der Wortstellung verdanken wir eine erstaunliche Schattierung des Ausdrucks.

Die deutsche Sprache benötigt die starren Regeln der französischen Wortstellung auch deshalb nicht, weil sie das Verständnis durch andere Mittel erleichtert: durch die Eigenart ihrer Betonung. Der Ton liegt im Deutschen stets auf der entscheidenden Silbe des Wortes, der Stammsilbe; die Logik geht allen Klangerwägungen voraus. Kein Grieche und kein Lateiner hätte gewagt, mehrsilbige Wörter wie διϰαιοσύνη oder cupiditatibus auf der Stammsilbe zu betonen. Der Franzose vollends betont stets die oft unwichtige Endsilbe, die in zahlreichen Worten gleichlautet und verleiht dadurch seiner Prosa etwas spechtartig Trommelndes und seiner Poesie eine Fülle von Reimen, aber von banalen Reimen, gleich als wenn wir auf -heiten, -keiten und -ungen reimen würden.

Dies sind also die handgreiflichen Vorzüge der deutschen Sprache: Wortreichtum, Wurzelhaftigkeit, freie Wortstellung, Logik der Betonung. Hebbel hat einige dieser Vorzüge in einem Gedicht zusammengestellt:

 

Schön erscheint sie mir nicht, die deutsche Sprache, und schön ist

 auch die französische nicht, nur die italienische klingt.

Aber ich finde sie reich, wie irgend eine der Völker,

 finde den köstlichsten Schatz treffender Wörter gehäuft,

finde unendliche Freiheit, sie so und anders zu stellen,

 bis der Gedanke die Form, bis er die Färbung erlangt,

bis er sich leicht verwebt mit fremden Gedanken und dennoch

 das Gepräge des Ichs, dem er entsprang, nicht verliert.

Denn der Genius, welcher im Ganzen und Großen hier waltet,

 fesselt den schaffenden Geist nicht durch ein strenges Gesetz,

überläßt ihn sich selbst, vergönnt ihm die freiste Bewegung

 und bewahrt sich dadurch ewig lebendigen Reiz.

 

Diese Freiheit ist das wahre Geheimnis unserer Sprache.

 

 

Ludwig Reiners Stilkunst

 

Über sensationelle Entdeckungen. Und über Scheinheiligkeit.

 

27. Oktober 2019: Bellarmin an Mephisto

 

Hier in Deutschland ist was los! Das war eine Woche! Stell Dir vor, man hat plötzlich entdeckt, die Meinungsfreiheit wäre bedroht!

Ja! Hier bei uns!

Diese Woche!

Kaum zu glauben!

Das Herz pocht mir bis zum Halse, ich bin ganz aufgeregt.

Doch ich muß ruhig bleiben.

Wo fang ich an?

Am besten beherrscht, besonnen, gezügelt, gefaßt.

Vielleicht mit einem beliebigen Beispiel.

Kannst Du Dich an dieses Buch erinnern, „Animal triste“, das Du mir einst empfahlst? Das war doch gut! Richtig, das stammt von dieser Schriftstellerin, der Monika Maron. Die hat auch „Flugasche“ geschrieben und „Stille Zeile Sechs“ zum Beispiel oder jüngst „Munin oder Chaos im Kopf“, und sie hat 2004/05 die Frankfurter Poetik-Vorlesungen gehalten und hat den Deutschen Nationalpreis bekommen und den Lessing-Preis und ist Kleist-Preisträgerin.

Jedoch weiß ich nicht, ob Du weißt, die ist offensichtlich auf die schiefe Bahn geraten und wird seit einiger Zeit, seit einigen Jahren schon angegiftet von den bundesdeutschen Bigotten.

Richtig, den Korrektgläubigen.

2017 hatte sie zum Beispiel geschrieben in der NZZ:

Die Wahrheit ist, dass ich vor dem Islam wirklich Angst habe. Aber warum ist das krankhaft und nicht vernünftig? Die gleichen Zeitungen, die mir meine verachtenswerte Gesinnung attestieren, berichten täglich von blutrünstigen Verbrechen, die im Namen dieser Religion begangen werden, wobei sie natürlich betonen, dass das nicht an der Religion, sondern nur an deren Missbrauch liegt. Missbraucht wurde in der Menschengeschichte fast alles. Während für meine Kritiker der Missbrauch des Nationalen aber nur den Schluss zulässt, dass man den Nationalstaat abschaffen müsse, bleibt der missbrauchte Islam ganz ungeschoren.

Und Du erinnerst Dich an Uwe Tellkamp, der mit dem Bachmann-Preis und Uwe-Johnson-Preis und Deutschem Buchpreis und anderen Preisen geehrte, und an seinen preisgekrönten Roman „Der Turm“. Und nachdem voriges Jahr auf der Leipziger Buchmesse der Mann mit dem Durs Grünbein, beide eingeladen zu einem sogenannten Streitgespräch, aneinandergeraten war, weil der Uwe Tellkamp ebenfalls eine politische unkorrigierte Meinung vertreten haben soll, unmutmaßlich, da hatte die Monika Maron den trotzdem noch verteidigt! Im Deutschlandfunk Anfang April 2018:

Jeder weiß – und auch das kann man überall lesen und das wird niemand bestreiten -, dass der Islam sich auf der ganzen Welt radikalisiert. Und wir wissen auch, was an unseren Schulen passiert, dass auch da eine konservative oder auch aggressive islamische Tendenz sich durchsetzt. Und wir wissen, was in den Moscheen zum großen Teil gepredigt wird. Wenn mich das alles nicht irgendwie besorgt, oder wenn ich mir darüber keine Gedanken mache, dann finde ich das leichtfertig.

Das hat ja nichts damit zu tun, dass man, weiß ich, den Islam nun als Religion verteufelt. Der Islam hat einen politischen Anspruch. Der Islam kann sich überhaupt nur auch als weltliche Religion verstehen. Er ist nicht eine Religion wie alle anderen. Das wissen wir mittlerweile, oder können es wissen. Insofern, finde ich, haben wir allen Grund, uns darüber Gedanken zu machen.

Ich sehe, dass viele Leute – wir sind ja auch geschützt. Uwe Tellkamp ist geschützt, auch ich bin in gewisser Weise geschützt, weil wir haben einen öffentlichen Beruf und haben eine gewisse Bekanntheit. Das schützt uns auf der einen Seite, macht uns auch angreifbar auf der anderen.

Aber wir sind nicht so abhängig wie weiß ich nicht, Leute, na ja, die einfach nur irgendwo arbeiten oder Lehrer sind, von denen ich weiß, dass sie zum Teil nicht mehr reden sollen öffentlich über die Angelegenheiten in der Schule.

Und wenn Leute in abhängigen Arbeitsverhältnissen sind, dann haben sie vielleicht mehr Angst und sind ein bisschen weniger mutig. Das kann ich auch verstehen, auch wenn ich es nicht gut finde.

Ich erlebe das, ob beim Friseur oder sonst wo. Die Leute vergewissern sich erst mal, mit wem sie reden und ob Sie offen reden wollen oder nicht. Man kommt dafür nicht ins Gefängnis etwa, es droht einem auch keine schwere Strafe, aber es droht einem eine kleine oder größere Ächtung. Das haben die Leute oft genug erlebt und das erleben sie ja jetzt bei Uwe Tellkamp.

Was bedeutet denn das, wenn man zu einem Streitgespräch aufruft, dazu gehören zwei Kontrahenten, die unterschiedlicher Meinung sind, und am nächsten Tag steht der eine von beiden am Pranger? Was ist denn das für ein Streitgespräch, wenn ich das damit bezahle, dass mich am nächsten Tag alle möglichen Leute anspucken.

Man kann auch diskutieren. Aber dann muss man sagen, warum das nicht stimmt, was er gesagt hat. Ich kann nicht finden, was falsch war. Er hat gesagt, dass der Islam sich hier ziemlich ausbreitet, in unseren Alltag eindringt. Das stimmt. Nach meiner Ansicht stimmt das.

Er hat gesagt, dass die Grenzöffnung juristisch nicht einwandfrei war, dass es darüber Diskussionen gibt und auch Gutachten gibt. Da hat ihm Grünbein sogar zugestimmt. Dann muss man doch sagen, was ist an dem falsch, was Uwe Tellkamp gesagt hat, und nicht einfach sagen, der ist AfD und das haben wir schon bei Pegida gehört. Das ist doch keine Antwort!

Also das zu Deiner gefälligen Erinnerung. Als kleines winziges Beispielchen.

Mittwoch vor einer Woche war an der Hamburger Uni bei seiner Antrittsvorlesung über Makroökonomik der Wirtschaftswissenschaftler Bernd Lucke durch „Hau ab“-Brüllende am Reden gehindert worden. Zudem bombardierte man ihn mit vorbereiteten Wurfgeschossen aus Papierkugeln.

Ich stelle mir das vor als symbolisierte Steinigung.

Und er wurde sogar, wie es hieß, tätlich „angegangen“.

Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Man hinderte den Mann am Reden.

Er mußte die Vorlesung abbrechen.

Er mußte sich in Sicherheit bringen.

Weil er Mitbegründer der stärksten im Bundestag vertretenen Oppositionspartei gewesen ist.

Der „rassistischen“ AfD!

Mir fällt ein, wäre es da nicht doch humaner, den Lucke wegzusperren wegen „Staatsfeindlicher Hetze“?

Paragraph 106 StGB der DDR.

Es war nicht alles schlecht in der DDR!

Wenn er die weltoffenen, für Minderheitenrechte in den fernsten Ländern kämpfenden Guten und Gerechten derart aufregt?

Schutzhaft wär auch gut! Das ersparte außerdem die Verfahrenskosten.

Doch zurück zu jenem Mittwoch: Keine Meldung darüber in der Tagesschau.

Nun will ich zu dieser Woche kommen.

Diesen Montagabend wurde in Göttingen der ehemalige Bundesminister Thomas de Maizière von der „Antifaschistischen Linken“ an der Vorstellung seines Buches „Regieren“ gehindert. Die „Antifaschistische Linke“ hatte sich zusammengerottet und blockierte den Zugang des Alten Rathauses. Seinen Auftritt verhinderten die Antifaschisten, weil Thomas de Maizière eine „menschenverachtende Politik“ betrieben habe.

Am Mittwoch dann, am Mittwoch dann, fing auch der Lucke wieder an.

Der wollte erneut sprechen!

Wurde aber erneut attackiert.

Erfolgreich!

Und ausgerechnet am selbigen Tage debattierte der Bundestag in einer wahrlich Aktuellen Stunde über Meinungsfreiheit. Der Antrag war gestellt worden von der FDP-Fraktion. Weil, wie man bei dieser Gelegenheit erfuhr, ihr Parteivorsitzender Christian Lindner ebenfalls am Reden verhindert worden war, und ebenfalls an der Hamburger Universität.

Man hatte eine Veranstaltung mit ihm untersagt.

Über die Bundestagsdebatte hatte der Deutschlandfunk nachrichtlich meldend berichtet unter der, wie ich finde, dem Thema unangemessenen Überschrift: „Bundestag über Meinungsfreiheit: Einige sprechen von Zensur und Gesinnungstotalitarismus, andere nennen es Erzählungen von Rechtsextremisten“:

Die meisten Parteienvertreter betonten, dass es darum grundsätzlich gut bestellt sei. Vertreter der AfD indes sprachen von Gesinnungstotalitarismus und einer Zensur, die durch Staat, Medien und Teilen der Gesellschaft durchgesetzt werde.
Dem hielt der CSU-Politiker Ullrich entgegen, das seien Erzählungen von Rechtsextremisten. Die SPD-Abgeordnete Hendricks fügte die (sic!) hinzu, die AfD erkläre auf diese Weise lediglich Kritik an ihren Haltungen zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit. Auch andere Abgeordnete betonten, es gebe kein Anrecht darauf, ohne Widerspruch zu bleiben.

Du hast richtig gelesen.

Das macht sprachlos.

Übrigens, der Vizepräsident des Deutschen Bundestages Wolfgang Kubicki schrieb Freitag dieser Woche in der Welt: „Ich finde es allerdings erschreckend, wie häufig man in die wirklich unangenehme Situation kommt, die demokratischen Rechte der Rechtspopulisten verteidigen zu müssen.“

Zur Sache: „Die AfD erkläre auf diese Weise lediglich Kritik an ihren Haltungen zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit…“

Das ist derart perfide, unanständig, obszön, die Dinge verdrehend.

Jeder SED-Bonze hätte genauso reagiert.

Es ist erschreckend.

Also dem Lucke geschieht schon recht so, wie man den behandelt, der muß das bißchen Kritik schon ertragen. Es gibt kein Anrecht, ohne Widerspruch zu bleiben.

Sofern er von uns kommt, von den Anständigen.

Mit der richtigen Meinung!

Es ist noch nicht lange her, Ende August erst, daß die Bundesregierung auf eine Anfrage hin bekannt geben mußte, daß in mehr als Dreiviertel der von der Polizei im Bundesgebiet registrierten Fälle von Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung Politiker der AfD Opfer gewesen seien, Opfer „meist“ von Tätern „aus dem linken Spektrum“.

Selbst Schuld!

Folgerichtig keine Diskussion darüber in den Medien oder die kleinste Meldung in der Tagessschau.

Denn es gebe kein Anrecht darauf, ohne Widerspruch zu bleiben…

Ich bilde jetzt einen Ob-Satz:

Ob das auch gilt, wenn AfD-Anhänger demnächst Gregor Gysi tätlich „angingen“ oder die Parteimitglieder der Partei DIE LINKE Spießruten laufen ließen zum Tagungsgebäude ihres nächsten Parteitags?

Richtig, das geht ja nicht. Das wäre ja unmöglich.

Denn DIE LINKE, was hat denn die zu tun mit Populismus…

Also das alles am Mittwoch.

Kein Wort von der Bundestagsdebatte mit den „Erzählungen der Rechtsextremisten“ in der abendlichen Tagesschau. Sowas verwirrt ja die Leute bloß.

Erst am Freitag meldete man, nachdem der Bundespräsident etwas zur deutschen Meinungsfreiheit verlautbart habe, daß es wohl ein Problem gebe.

Aber das erspare ich Dir.

Auch die nichtexistente Frage nach einer Mitschuld der Medien an dem Problem…

Viel lieber möchte ich verweisen auf ein freitägliches Interview mit Christian Lindner im Dlf, bei dem mir schlecht wurde. Und das ging so:

Sandra Schulz: Zum Einstieg in unser Thema jetzt, da muss ich Ihnen ausnahmsweise mal mit einem Gesetzestext kommen: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“, sagt Artikel fünf des Grundgesetzes über die Meinungsfreiheit, also das Grundrecht, das das Bundesverfassungsgericht als Grundlage jeder Freiheit überhaupt bezeichnet hat und immer wieder hochgehalten. Wie frei kann man in Deutschland seine Meinung sagen?

Die Diskussion darüber hat in den letzten Tagen wieder an Fahrt gewonnen. Die Fälle habe ich gerade schon zitiert und schon seit langem mischt auch die FDP, mischt FDP-Chef Christian Lindner in dieser Debatte um Meinungsfreiheit mächtig mit. Anfang der Woche hat er sich öffentlich darüber beschwert, dass ein geplanter Auftritt an der Uni Hamburg nicht stattfinden konnte, und unter anderem darüber können wir sprechen in den kommenden Minuten. Sie haben das ja scharf kritisiert, dass die Veranstaltung, zu der die Liberale Hochschulgruppe Sie eingeladen hat, nicht stattfinden konnte. Jetzt hat Wissenschaftssenatorin Fegebank geschrieben, Universitäten müssten nach ihrer Überzeugung neutral sein, dürften nicht die Bühne für Parteipolitik sein. Was ist daran falsch?

Christian Lindner: Daran ist nichts falsch, wenn das eine allgemein gültige Regel wäre. Man kann das diskutieren, ob die verfasste Studierendenschaft mit ihrem allgemeinpolitischen Mandat nicht auch Mandatsträger einladen darf oder nicht. Aber ich würde akzeptieren, wenn es eine allgemeingültige Regel ist. Ich fände gut, wenn Hochschulen nicht steril sind, wenn dort angehende Akademikerinnen und Akademiker auch den politischen Diskurs führen. Das wäre kein Problem. Im Fall Hamburg aber sehe ich als problematisch an, dass Veranstaltungen mit Sahra Wagenknecht oder mit dem Juso-Chef Kevin Kühnert stattfinden, die ausweislich der Plakate keinen wissenschaftlichen Charakter haben, dass aber meine Diskussion auf Einladung der Liberalen Hochschulgruppe untersagt wird. Daran sehe ich eine Ungleichbehandlung. Offensichtlich haben manche dort Probleme mit Meinungen, die nicht links der Mitte sind.

Schulz: Herr Lindner, das ist Ihre Schlussfolgerung. Jetzt argumentiert die Hamburger Uni ja mit unterschiedlichen Formaten. Aber inhaltlich stellen Sie ja den Zusammenhang vor allem zur Meinungsfreiheit her. Wenn das so ein dringliches Herzensbedürfnis für Sie ist, mit der Liberalen Hochschulgruppe in Hamburg zu diskutieren, warum muss das dann an der Hamburger Uni stattfinden?

Lindner: Ich mache solche Veranstaltungen ja dutzendfach. In den letzten Jahren war ich ganz regelmäßig an Hochschulen. Man kann bei YouTube die Mitschnitte der Veranstaltungen mitunter sehen. Ich bemühe mich da übrigens um eine gewisse Objektivität und Mäßigung, denn ansonsten würde man im gemischten Publikum auch auf Empörung stoßen, wenn man dort plumpe Parteipolitik machen wollte. Aber ich will noch mal kurz zurück, weil Sie sagen, die Uni argumentiert mit unterschiedlichen Formaten. Die Zuhörerinnen und Zuhörer können auf Twitter, auf meinem Account die Plakate der Veranstaltung von Frau Wagenknecht und Herrn Kühnert sehen, und das sind mitnichten wissenschaftliche Veranstaltungen. Darauf redet sich die Hochschulleitung raus. Ich behaupte, dort wird mit unterschiedlichem Maß gemessen. Konkret werde ich in Hamburg eine Veranstaltung machen, jetzt außerhalb der Räume der Hochschule, aber das kann nicht Sinn und Zweck sein. Man muss diskutieren, dass hier unterschiedliche Maßstäbe angewandt worden sind.

Schulz: Die Diskussion läuft ja jetzt. Da wird die Hamburger Uni sicherlich auch noch Argumente liefern. Aber ich wollte jetzt noch mal genauer verstehen. Sie haben das ja wie gesagt zitiert als Fall, als Gefahr für die Einschränkung der Meinungsfreiheit, obwohl Sie ja jederzeit die Möglichkeit haben, jetzt hier im Interview. Direkt nachdem Sie von der Absage erfahren haben, haben Sie das Journalisten mitgeteilt. Sie haben es auf Social Media geteilt. Sie können jeden Tag viel ins Internet schreiben. Inwiefern ist da jetzt Ihr Recht in Gefahr, sich in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern, wie es in Artikel fünf heißt?

Stellt sie sich doof oder ist sie doof? Man kann es kaum glauben! Er hat ihr das gerade eindeutig an (s)einem Beispiel bewiesen, wie linke Meinungsäußerungen hofiert und vermeintlich nichtlinke, also falsche, herausselektiert werden! Kann oder will sie nicht abstrahieren? Hat unsere Journalistin Wahrnehmungsstörungen?

Lindner: Wir haben in Deutschland, wenn wir auch von meinem konkreten Fall etwas abstrahieren, natürlich das formal garantierte Recht der Meinungsfreiheit.

Schulz: Und das ist in Gefahr?

Lindner: Das formal garantierte Recht ist nicht in Gefahr. Die Frage ist, die praktische Nutzung dieses Rechts, wie steht es darum. Und schaut man in aktuelle Untersuchungen etwa von Allensbach oder auch in die jüngste Shell-Jugendstudie, so sagen die Menschen in Deutschland mehrheitlich, dass sie das Gefühl haben, zu bestimmten Themen könne man seine Meinung nicht mehr frei äußern. Da kann es nicht um das formale Recht gehen. Das ist im Grundgesetz garantiert. Aber offensichtlich haben Menschen das Gefühl, wenn sie sich äußern in bestimmter Weise, gibt es eine Form von sozialer Sanktion, möglicherweise in Form eines Shitstorms. Im Fall von Herrn Lucke und Herrn de Maiziére hat man gesehen: Dort gab es sogar harten Protest. Dort sind Meinungen, die nicht als akzeptabel eingeschätzt worden sind, von den Gegnern niedergebrüllt worden.

Schulz: Das ist ja auch viel kritisiert worden. Das konnten die an dieser Stelle nicht tun. Herr Lucke war inzwischen in einer Talkshow, Herr de Maiziére hat im Bundestag offen gesprochen.

Es sei viel kritisiert worden? Hast Du was mitbekommen in den öffentlich rechtlichen Medien? Und kein Wort über die offensichtliche Gewalt!  Stattdessen: Wer irgendwo kritisiert, also tätlich „angegangen“ wird, könne ja wohl woanders hingehen!

Empörend!

Wo leben wir inzwischen?

Jetzt möchte ich noch mal genau sein. Sie zitieren diese Allensbach-Studie und sagen, die Leute hätten gesagt, sie könnten ihre Meinung nicht frei sagen. Was die Leute gesagt haben, ungefähr die 60 Prozent, die jetzt immer zitiert werden; die sagen, man müsse sehr aufpassen, zu welchen Themen man sich wie äußert. Es gäbe viele ungeschriebene Gesetze, was da jetzt akzeptabel ist. Was ist denn daran schlecht, wenn bei rassistischen Äußerungen, bei sexistischen Äußerungen, bei antisemitischen Äußerungen die Sensibilität inzwischen höher ist?

Lindner: Frau Schulz, es ist ganz interessant, wie Sie es jetzt auffassen, weil Sie natürlich sofort den Diskursraum jetzt verengen und auf einen Punkt kommen. Selbstverständlich sind rassistische Äußerungen, sexistische Äußerungen nicht akzeptabel. Aber die Frage ist ja, ob möglicherweise eine kritische Position zum Thema der konkreten Migrationspolitik, ob man die sofort in einen Zusammenhang mit Rassismus stellen muss. Ich erlebe beispielsweise, dass Menschen bei genau diesen Themen sich am liebsten gar nicht mehr öffentlich äußern wollen, weil sie das Gefühl haben, sofort in einen bestimmten Zusammenhang gerückt zu werden.

Schulz: Können Sie denn ein Beispiel nennen, wo es wirklich einem Akteur, einem Sprecher nicht möglich war, seine Meinung zu äußern?

Es ist kaum zum Aushalten, dieses Beispiel des Niedergangs des deutschen Journalismus! Kurt Tucholsky, Sebastian Haffner, es war einmal!

Denn man darf ja nicht zwei Sachverhalte verwechseln. Einmal: Jemand sagt was, erntet darauf Kritik. Oder jemand hat gar nicht erst die Möglichkeit, was zu sagen, weil er staatliche Repressionen fürchtet. Können Sie da einen Sachverhalt schildern, in dem wirklich jemand von vornherein mundtot ist?

Lindner: Das war ja nicht mein Punkt.

Schulz: So habe ich Sie verstanden.

!!!

Lindner: Nee! Ich habe ja vor ungefähr zwei Minuten gesagt, dass das formale Recht der Meinungsäußerung in Deutschland selbstverständlich nicht rein rechtlich eingeschränkt ist, sondern dass es eher das Gefühl ist, es gibt eine soziale Sanktion, wenn man sich in bestimmter Hinsicht äußert. Wenn 60 Prozent der Menschen sagen, man müsse sehr genau aufpassen – in der Shell-Jugendstudie wird bewusst auch das Thema Migration beispielsweise genannt –, dann scheint das für die Menschen eine Alltagserfahrung zu sein. Man hat das Gefühl, man kann bestimmte Dinge nicht offen äußern.

Schulz: Was ist diese soziale Sanktion, von der Sie sprechen?

Lindner: Die deutete sich in Ihrer Frage eben an. Wenn man sich sexistisch oder rassistisch äußert, was ist schlecht daran, Kritik zu bekommen? Da ist nichts an Kritik falsch, aber die Frage ist, ob nicht möglicherweise der Diskursraum bei bestimmten Fragen eingeschränkt ist. Ich will nicht von anderen sprechen, sondern gerne von mir. Ich erlebe sehr oft in politischen Debatten, auch im Deutschen Bundestag – ich lasse mich davon nicht einschüchtern, meine Kolleginnen und Kollegen auch nicht –, dass man in einen bestimmten Zusammenhang gerückt wird. Ganz schnell heißt es dann vom politischen Mitbewerber, jetzt bezogen auf die FDP, dieses oder jenes, das sei ja eine AfD-Politik. Unser Spitzenkandidat in Thüringen, Herr Kemmerich, äußert sich in einer Fernsehdiskussion kritisch zur aktuellen Politik der Bundesregierung in Flüchtlingsfragen. Prompt wird seine Hauswand beschmiert und es heißt, er sei AfD-Sympathisant. Ich glaube, das sind die Extrempunkte eines verengten Debattenraums.

Schulz: Aber ist dieser Vergleich mit der AfD nicht mit der Meinungsfreiheit gedeckt?

Hilfe !!!

Dagegen können Sie sich doch sofort im Diskurs wieder wehren.

Lindner: Frau Schulz, wir schon. Wir lassen uns ja nicht einschüchtern. Wir sind ja politische Auseinandersetzung gewohnt. Und es ist auch legitim, wenn der politische Gegner einen hart angreift. Das ist hier nicht mein Problem.

Schulz: Wer lässt sich denn einschüchtern?

Sancta Simplicitas!

Lindner: Offensichtlich die 60 Prozent in Umfragen, die sagen, man könne in bestimmten Dingen nicht einfach so sprechen, sondern müsse sehr genau überlegen. Das ist ja auch verkappt. Sehr genau überlegen bedeutet, man kann es nicht so sagen, wie man es meint. Ein Extrempunkt ist natürlich, wenn eine Hauswand beschmiert wird. Da geht es nicht nur um Sachbeschädigung. Ich glaube, das ist wirklich Demokratiebeschädigung. Aber mir geht es darum: Der Diskursraum ist eingeschränkt, und um an den Ausgangspunkt des Gespräches zurückzukommen: Ich lese sehr viel von Kolleginnen und Kollegen, von vielen Journalisten, die berichten, was an Hochschulen passiert und wie an Hochschulen in besonderer Weise der Diskursraum eingeschränkt wird, weil sehr schnell sehr oft damit argumentiert wird, eine bestimmte Äußerung, eine bestimmte Position sei beispielsweise sexistisch.

Schulz: Ich habe es immer noch nicht verstanden. Wodurch wird der Diskursraum eingeschränkt? Durch Kritik, die ja, wie Sie mir gerade schon gesagt haben, auch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.

Also, noch mal ganz langsam, anderes Beispiel:

Nehmen wir mal an, Frau Schulz, Sie lebten in der Deutschen Demokratischen Republik, in der die Presse- und Meinungsfreiheit ebenfalls formal garantiert war, und versuchten während einer Wahlveranstaltung einen nicht nach den „Prinzipien des demokratischen Zentralismus“ staatlich vorgegebenen Kandidaten, also einen frei wählbaren Kandidaten, auf die Wahlliste setzen zu lassen, dann wäre garantiert irgend ein Bonze, es könnte auch eine Bonzin gewesen sein, der die das wäre aufgesprungen, hätte sie gemustert, nach ihrem Namen gefragt und in vollem Einverständnis im Sinne der von Ihnen, Frau Schulz, propagierten Meinungsfreiheit zu Ihnen, Frau Schulz, verurteilend gefragt:

„Sie wollen hier in unserem Arbeiter- und Bauernstaat doch wohl nicht die bürgerliche Demokratie einführen? Mit Gegenkandidaten, Wahlkämpfen und Wahlschlachten und so weiter?

Wie bei den Bonner Ultras und dem Kriegsbrandstifter Brandt aus der Frontstadt?“

Sie wären also sofort in die Ecke von „Revanchisten“ in der Beärrdee gerückt worden. Die Oberländer, Strauß und Globkes, die die Oder-Neiße-Friedensgrenze nicht anerkennen mochten. Und damit wäre es erledigt gewesen mit ihrem Vorschlag eines Gegenkandidaten. Außer daß Sie sehr wahrscheinlich noch namentlich registriert worden wären und sich gewundert hätten, daß womöglich Ihre nächste Ferienreise in das begehrte FDGB-Erholungsheim „Völkerfreundschaft“ auf der Insel Hiddensee nicht genehmigt worden wäre, Frau Schulz, wegen Überfüllung.

Im günstigsten Fall.

Und dann hätten Sie sich das bei der nächsten Gelegenheit vermutlich überlegt mit Ihrem Vorschlag eines Gegenkandidaten.

Und es ging hier, damit Sie es verstehen, um Ihre Meinungsfreiheit, Frau Schulz. Haben Sie das nun verstanden?

Nein?

Wo genau ist das Problem?

Lindner: Ich kann mich nur wiederholen. Das Problem, das viele Leute empfinden, ausweislich der Umfragen, ist: Man äußert bestimmte Positionen und Meinungen und ist sofort konfrontiert mit harten Sanktionen, beispielsweise dadurch, dass man in einen Zusammenhang gerückt wird mit der AfD, mit Rassismus, mit Sexismus, um Ihre beiden Worte aufzunehmen, obwohl es eigentlich eine Äußerung ist, von der die Menschen sagen, das müsste noch in der legitimen Bandbreite geäußerter Meinungen sein.

Schulz: Es ist jetzt immer noch sehr im Abstrakten, was Sie schildern. Wenn das jetzt in der öffentlichen Debatte immer in einem Atemzug genannt wird, einmal diese Verwechslung, Kritik an einem Debattenbeitrag wird umgemünzt in eine Gefahr für die Meinungsfreiheit, in ein das darf man ja nicht sagen – das ist ja das, was in der Tat die AfD auch ganz stark macht. Die spricht von einer Meinungsdiktatur zum Beispiel. Wenn die Meinungsfreiheit konsequent schlecht geredet wird, ist das nicht auch eine Gefahr für die Meinungsfreiheit, und könnte nicht auch das einer der Gründe sein, warum die Leute in Umfragen sagen, wir können uns nicht frei äußern?

Lindner: Das könnte sein, aber das kann nicht dazu führen, dass man diese Probleme nicht diskutiert, sondern ganz im Gegenteil. Ich glaube, alleine die Debatte darüber ist für viele schon ein wichtiges Signal, dass eine öffentliche Sensibilität dafür wächst. Die Bandbreite der Meinungen muss größer sein.

Schulz: Die Debatte führen wir jetzt ja auch.

Lindner: Frau Schulz, genau! Das ist ja auch wichtig. Ich hätte sie gerne auch mit Frau Fegebank bei Ihnen geführt. Das müssen die Zuhörerinnen und Zuhörer auch wissen. Ursprünglich sollte es ein Streitgespräch mit Frau Fegebank geben. Die wollte sich dem nicht stellen.

Schulz: Die hat aus terminlichen Gründen abgesagt.

etc. pp.

Armer Christian Lindner!

Und arme Sandra Schulz! Was hätte sie für Karriere machen können in der DDR!

Beim Sender „Stimme der DDR“!

Und nun ahnst Du, warum die Menschen sich heutzutage über die sogenannten Eliten aufregen und voller Grausen abwenden von den Medien!

 

Die Redefreiheit wird unter Verweis auf die Political Correctness eingeschränkt, wenn ein selbst ernannter demokratischer Mainstream darüber befindet, was diskutiert werden darf und was nicht. Meinungsfreiheit sichert nur, wer sie konsequent anwendet, das heißt: andere, womöglich sogar abwegige Meinungen auszuhalten, mit ihnen fair umzugehen und in einem sachorientierten, produktiven Streit zu treten.“

Wolfgang Schäuble, Präsident des Deutschen Bundestages

 

Abgesang auf die unglaubwürdigste Partei Deutschlands

 

3.November 2018: Bellarmin an Mephisto

 

Das im wahrsten Wortsinn stupideste Wahlplakat, das anläßlich der Wahl am letzten Sonntag in Hessen zu entdecken war, trumpfte auf mit einem singulären Spruch:

„Zukunft jetzt machen“.

Du darfst raten von welcher Partei.

Ja, für die Erfindung solch mitreißender Sprüche darf man keine Wahlkampfkosten scheuen. Der Schwung der Erneuerung blies den Wählern heiß ins Antlitz und riß sie elektrisiert vom Hocker.

Nun gut, ich sehe Dich grinsen. Du weißt Bescheid. Dir kann man auch nichts verbergen: Die arme Pappe „Zukunft jetzt machen“ trug in einer Unterzeile den Namen „Thorsten Schäfer-Gümbel“.

Und über „Zukunft jetzt machen“ stand zu lesen in verschmitztem Rot „SPD“…

Da bleibt kein Auge trocken und man staunt, daß die Wahlverluste für die Partei der „jetztzumachenden“ Zukunft lediglich 11 Prozentpunkte „ausmachten“.

Ich höre gerade, Thorsten Schäfer-Gümbel wäre bereit, in der „jetztzumachenden“ Zukunft auch als Juniorpartner „mitzumachen“. In einer Ampelkoalition.

Ich höre gerade, SPD-Vizeparteichef Thorsten Schäfer-Gümbel fordere seine Partei auf, jetzt klare Positionen zu beziehen!!

Denn die Menschen wüßten nicht mehr, wofür die SPD stünde!!

Ja, so was!

Und, fügt er gleich forsch hinzu, deshalb solle die Erbschaftssteuer reformiert werden!

Wouw!

Ich höre gerade aus Berlin, Olaf Scholz (SPD), seines Zeichens Finanzminister, lehne die Erhöhung des Mindestlohnes von 8 Euro 84 auf 9 Euro19 ab.

Nachdem er ihr im Kabinett zugestimmt hatte…

Oh Bebel, Wels, Schumacher, Brandt, Schmidt – was haben sie „gemacht“ aus eurer Partei?

Eine Partei der Schröder, Schulz und Scholz…

Und Stegner!

Ach ja, und dann war ja da noch die Andrea Ypsilanti….

Mittenmang mit anderen dazwischen.

Aus der SPD ist eine Partei gemacht worden, die krampfhaft, womöglich mittels Berater- und Werbefirmen, nach Wahlkampfthemen sucht…

Mehr zu wissen ist nicht nötig.

Die älteste Partei Deutschlands hat ihre Daseinsberechtigung verloren!

Die älteste Partei Deutschlands hat ihre Zukunft verspielt!

Die älteste Partei Deutschlands ist überflüssig!

Und das liegt beileibe nicht an der Agenda 2010.

Das Wort „Unglaubwürdigkeit“ fällt übrigens so gut wie nie bei der angestrengten Ursachensuche.

Auch ist nie die Rede von prinzipienloser Kompromißbereitschaft zwecks Regierungsbeteiligung um jeden Preis. Von skrupelloser Politikausrichtung nach Umfrageergebnissen. Von stetiger Unterschätzung der Intelligenz des umworbenen Wählers. Von dümmlicher, typisch spdämlicher, also durchsichtigster Effekthascherei aus augenscheinlich niederen Beweggründen, um Stimmen zu fischen.

Von Sozialklempnerei statt Sozialdemokratie.

Irgendwie erscheint die europäische Sozialdemokratie entlarvt, und die Menschen sind heute zu intelligent für ihr Eiapopeia und durchschauen es als bloßen Vorwand für den Machterhalt.

Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts existierte einmal der Begriff „Geschäftssozialisten“. Die Lily Braun wurde einst damit bedacht.

Der unversöhnliche Riß durch die Gesellschaft wird hinfort wohl nicht mehr verlaufen zwischen der SPD und dem bürgerlichen Lager, das ist ja schon lange vorbei, sondern zwischen den Grünen und der AfD…

 

»Jenosse«, sahre ick, »woso wählst du eijentlich SPD –?« Ick dachte, der Mann kippt mir vom Stuhl! »Donnerwetter«, sacht er, »nu wähl ick schon ssweiunsswanssich Jahre lang diese Pachtei«, sacht er, »aber warum det ick det dhue, det hak ma noch nie iebalecht

Kurt Tucholsky (1890 – 1935)

 

Das Schöne im Kalten Krieg

 

23. April 2018: Bellarmin an Mephisto

Das Schöne im Kalten Krieg war, der Journalismus im Westen brachte völlig nüchtern und unängstlich sogar schier unangenehmste Tatsachendarstellungen, die selbst der östlichen Propaganda hätten nützen können und nützten, wie beispielsweise von Studentenunruhen und Polizeieinsätzen und NPD und mißlungenen US-Raketenstarts, und wie die Beate Klarsfeld 1968 den Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger ohrfeigte.

Den Kiesinger, den ehemaligen NSDAP-Pg, mit dem „der Kriegsbrandstifter Brandt“, ehemals Bürgermeister in der „Frontstadt“ (Stereotypen östlicher Nachrichten Anfang der sechziger Jahre) koalierte!

Man stelle sich vor: Brandt mit einem alten Nazi!

Und die westliche Nachrichtenberichterstattung darüber ohne zu werten!

Und man hatte den Eindruck: a u s g e w o g e n, faktenreich und ohne Weglassung.

Das war bestechend stark: man hielt das Publikum für mündig!

Und, wie sich zeigte, zu Recht!

Sehr zu empfehlen ist das Studium westlicher und, au contraire, östlicher Nachrichtenberichterstattung vor allem der sechziger Jahre.

Und heute?

Heute ist der deutsche Journalismus herabgesunken auf ein Niveau, das jede gutgeartete kritischere, also ideologisch unverknotete Seele geradezu ängstigen muß.

Die Linsenschleifer der Nation, die öffentlich-rechtlichen Nachrichten- und Berichtserstattungsmedien Deutschlands, die sich vermutlich etwas einbilden auf gediegene Objektivität und Seriosität und Unabhängigkeit, auf Ausgewogenheit und Parteienproporz und, natürlich, auf politische Korrektheit, machen Angst. Sie vermitteln ein gefährlich falsches Bild von der Welt, mindestens durch Unterlassung und äußerst fragwürdige Gewichtung. Sie degradieren die Deutschen zu einem Volk, bei dem es tatsächlich als eine von den Medien(!!!) gefeierte Heldentat gilt, daß einer der zurückgetretenen Verteidigungsminister es „gewagt“ habe, die bereits langjährige „Mission“ der Bundeswehr in Afghanistan als Kampfeinsatz zu bezeichnen…

Humorlos hätte man jenes Beispiel ja auch als das werten können, was es in Wahrheit ist, nämlich als ungewolltes (und unbemerktes!!!) Eingeständnis von Unfähigkeit und einer tendenziösen Nachrichtenberichterstattung mit den Merkmalen: Weglassung, Ausblendung des Wesentlichen, euphemistische Lexik, Nivellierung von Unterschieden oder gar Insuffizienz in ihrem Erkennen, demnach analytisches Unvermögen nebst mangelhafter Durchdringung des Weltgeschehens.

Und schließlich und immer wieder: Falschbewertung und -gewichtung mit dem generellen Hang zur teilweise grotesk anmutenden Überbewertung von Nullnachrichten und Nebensächlichkeiten, von Eintagsgeschwätz und von Eintagsfliegen: Der hat dies gesagt und der hat das gesagt anstelle von Fakten. Tellerrand statt Horizont und Verdrängung der Realität.

Heute ist der deutsche Journalismus herabgesunken auf ein Niveau, auf dem in all den Jahren der Eurorettung in Griechenland sage und schreibe ein einziges Mal, in einem Nebensatz, erwähnt wurde, von 300 Sparauflagen seien 211 nicht erfüllt worden.

Ohne jegliche weitere Erörterung!

Ein Niveau, auf dem keinem einzigen Journalisten die Dimension der Tatsache auffällt, daß der Außenminister sich hinstellt auf einer gemeinsamen Pressekonferenz zusammen mit dem Botschafter einer fremden Macht, nämlich der chinesischen, um die Regierungschefin öffentlich zu tadeln, weil sie den Dalai-Lama empfängt!

Man stelle sich eine derartige Szene vor beispielsweise in Frankreich!

Selbiger Außenminister, der zweitschlechteste, den die Bundesrepublik je hatte, ist heute Bundespräsident, und leitete am letzten Tag der Deutschen Einheit den zentralen Teil seines Diskurses ein mit der bemerkenswerten Floskel „Wir müssen uns ehrlich machen…“!

Er handelte im weiteren von der sogenannten Flüchtlingspolitik…

Der höchste Mann im Staate gesteht im Schreck nach den allgemein als desaströs empfundenen Wahlen, man sei bisher unehrlich gewesen gegenüber irgendwem aus irgendeinem Grund!

Was ja wohl heißt, man habe gelogen!

Und nicht ein einziger bundesrepublikanischer Journalist stürzt sich darauf mit einer untertänigen Frage!

Was verdammt erinnert an das Brechtgedicht über die nichtfeststellbaren Fehler der Kunstkommission…

Keine Erörterung, keinerlei Diskussion – und es hätte nur so rauschen müssen im Blätterwald!

Unehrlich?

Warum haben wir denn davon nichts gemerkt?

Immerhin wurde nach der Wahl zwei oder sogar drei ganze Tage lang endlich einmal unterschieden zwischen Flüchtlingen und Zuwanderern…

Aber nicht von Journalisten!

Sondern von erschrockenen Politikern!

Doch man erholte sich rasch, und wie während des Wahlkampfes wurden auch nach dem Wahlkampf die doch essentiellen Fragen, welche die Deutschen am meisten bewegen, in den Medien nie angemessen diskutiert geschweige denn den für tumb erklärten Stammtischen beantwortet:

Wie kommt es, daß die Menschen zu Zehn- und Hunderttausenden und über Dutzende Ländergrenzen hinweg ausgerechnet nach Deutschland streben statt beispielsweise nach Saudi-Arabien oder Katar?

Wie kommt es, daß davon 80 Prozent zwar keine Ausweispapiere jedoch mindestens ein Smartphone besitzen?

Warum dauerte es vom Beginn der so genannten Flüchtlingskrise bis vorigen Monat, daß zum ersten Mal die interessante Wortbildung „Identitätsverweigerer“ auftauchte, und zwar wiederum nicht in den Medien, bzw. dort nur unerörtert wiedergegeben aus dem Mund des Innenministers?

Warum wird in deutschen Medien nicht ausführlich informiert und diskutiert, daß 60 bis 80 Prozent der Asylantragsteller in Europa nicht anerkannt werden aus den und den Gründen?

Das sind die Fragen, die die Menschen bewegten und bewegen!

Die heutige Berichterstattung erinnert fatal an die einstmalige der DDR, ja sie ist mittlerweile angekommen auf dem Niveau des DDR-Fernseh-Chefkommentators Karl-Eduard von Schnitzler.

Im Volksmund genannt „Sudel-Ede“.

Kennzeichen: „Parteilichkeit“ (offen gefordert im ostdeutschen Journalismus!).

Sie drückt sich heute aus z. B. in Etikettierungen:

Die Afd hieß von Beginn an unisono (in den Nachrichten!!!) „die eurofeindliche AfD“, dann „die europafeindliche AfD“, avancierte kurzzeitig, nach dem vorhersehbaren Einzug in die ersten Landesparlamente auf einmal respektvoll zur „eurokritischen“ und „europakritischen“ Partei, um schließlich zu enden als die „populistische AfD“ und endlich nur noch als die „rechtspopulistische AfD“.

Dieses Etikett einzig für die AfD. Niemals hieß es „die populistische Linkspartei“ oder gar und am angemessensten für die populistischste Partei Deutschlands: „die populistische SPD“.

Das ist nicht nur undemokratisch, sondern es handelt sich um mediale Hetze.

Wer darf entscheiden, ob und welche Partei in der Nachrichtenberichterstattung wie etikettiert wird?

Schnitzler hatte eine Sendung im Ostfernsehen, die hieß „Der schwarze Kanal“. Gemeint war das Westfernsehen. Hier klitterte der Mann Sequenzen aus jenem zusammen, das war Hetze pur, um die absurdesten Behauptungen gegen die „revanchistische“ Beärrdee zu belegen.

Die originale Machart fand ihre Auferstehung in der Berichterstattung über Pegida und AfD: Ungünstigste Kameraeinstellungen, blitzschnelle Schnitte, nie ein Gesamtüberblick oder gar einen zusammenhängenden argumentativen Redeausschnitt zur eigenen Urteilsbildung, ausschließlich Dumpfbackendarstellung, Beschränkung auf vordergründigste Etikettierung, Abstempelung statt Gegenargumentation: Also es gibt da keinen einzigen intelligenten Menschen, geschweige denn einen sympathischen, da laufen nur Idioten, und man staunt, wenn man, nach Jahr und Tag, in einem Nebensatz und ohne weitere Erörterung aus einer Studie zitiert erfährt, ach, das ist ja die dortige Mittelschicht…

Die übrigens eine derartige Berichterstattung ja aus dem Ostfernsehen kennt und deshalb Journalisten haßt.

Über Pegida sind sich alle Anständigen einig…

Man stelle sich vor, Nachrichtenredakteure unserer öffentlich-rechtlichen Medien wären samt ihrer korrekten Anständigkeit unvermittelt versetzt ins Paris des Jahres 1789 und kennten aber genauso wenig wie damalige Zeitgenossen der Welt Zukunft. Und an einem linden Juninachmittag, flanierend örtlich auf dem heutigen Boulevard Raspail vielleicht, wären sie plötzlich konfrontiert mit einem ungeordneten Haufen “Ça ira, ça ira!” grölender, teils betrunken anmutender Gestalten. Unsere wackeren Journalisten vernehmen auch entsetzliche “Les aristocrates à la lanterne!”-Rufe!

Und sollten darüber selbstverantwortlich einordnend nun in der abendlichen Tagesschau berichten…

Nein diese tumben, von Haß und Vorurteilen und Abstiegsängsten geplagten und von Kriminellen mit Stammtischparolen aufgehetzten Irregeleiteten aber auch! Also wirklich!

Und Frauke Petry stets fotografiert von unten, ihre Nasenlöcher in Großaufnahme…

Ebenso die anderen: immer ungünstig.

Man stelle sich in der Tagesschau eine derartige Aufnahmeperspektive auch nur einmal für die Kanzlerin vor!

Man merkt die Absicht und man ist verstimmt…

Allein schon wegen der permanenten Unterschätzung des Intelligenzniveaus der Rezipienten.

Und die Methode erinnert extrem an die russische zur Sowjetzeit gegenüber dem Dissidenten Sacharow. Während der Verbannung heimlich gefilmt und ohne sein Wissen landesweit im Fernsehen veröffentlicht: hilflos im Unterhemd beim Arzt.

Die Saat des in „Political Correctness” umbenannten Opportunismus ist aufgegangen, sogar bei Journalisten. Bloß keine störenden Fakten! Und schon gar nicht in Eigenverantwortung!

Das Unwort par excellence, das Hüllwort für Hüllwörter, das Metahüllwort, definierte einst völlig unbekümmert das elektrische DEUTSCHE UNIVERSALWÖRTERBUCH aus dem Verlagshaus DUDEN als: „Political Correctness, die; – – (engl. political correctness, eigtl. = politische Korrektheit): von einer bestimmten (linken, liberalen) Öffentlichkeit als richtig eingestufte Gesinnung, die dazu führt, daß bestimmte Wörter, Handlungen o. Ä. vermieden werden, die als diskriminierend od. pejorativ empfunden werden könnten“.

Da sollten alle Alarmschrillen glocken! Von einer bestimmten(!) Öffentlichkeit(!!)… als richtig(!!!) eingestuft(!!!!)… Gesinnung(!!!!!)… vermieden werden… hätte, könnte, würde…

Was heißt, die Gesinnung einer elitären Gruppe gerechter Linksgläubiger (in jedem Krieg steht Gott ja auf Seiten der Gerechten… folglich auf unserer Seite!), also die infolge Linksgläubigkeit gerechte Gesinnung einer sich Kompetenz anmaßenden „Öffentlichkeit” „führt” dazu, daß „vermieden” werde…

Also man zensuriert, schreibt vor, diktiert dem dummen, pardon, dem bildungsfernen Volk zwangsläufig Ersetzungen des aus konjunktionalen Erwägungen Vermiedenen. Euphemismus statt Pejorativ. Jobcenter statt Arbeitslosenzentrum.

Schöne neue Welt.

„Vermeintliche Probleme der Kommunen” statt „Probleme”. „Gefühlte Bedrohung” durch Kriminalität statt „Bedrohung”. „Möglicher Sozialmissbrauch” durch Zuwanderer aus EU-Staaten statt „Sozialmißbrauch”. Und Unpassendes lasse man in den Nachrichten am besten gleich ganz weg! Zum Beispiel über Ausländerkriminalität. Oder über Bewilligungszahlen von Asylanträgen von Antragsstellern bestimmter Herkunftsländer. Oder sogar Zahlen rechtsextremer Gewalttaten, differenziert nach Bundesländern.

Damit die Leute nicht auf unrichtige Gedanken kommen.

Früher, in Zeiten, in welchen unsere Journalisten noch über Geschichtskenntnisse verfügten und ein wenig deutsch sprechen und mitunter sogar schreiben konnten, hieß Political Correctness, um nur einige Stationen zu nennen, in kontinuierlicher Praxis Pharisäertum, Bigotterie, doppelplusgutes Neusprech oder Parteilinie. Osten erglüht, China ist jung, rote Sonne grüßt Mao Tse Tung. In der Deutschen Demokratischen Republik, was ja auch ein schönes Wort war für „Sowjetische Besatzungszone”, hieß die politische Korrektur „sozialistisches Bewußtsein”. Wenn man also „Russe” sagte statt „Sowjetmensch”, wurde man tadelnd zurechtgewiesen, tatsächlich, mit „Mensch, was haben Sie denn für ein sozialistisches Bewußtsein!?”

Günstigstenfalls.

Seltsamerweise jedoch hat es sich jüngst gerade wieder herausgestellt, daß es besser ist, auch skrupellos das wahrzunehmen, was die Augen zeigen, und Russen immer Russen zu nennen.

Und die Mauer hieß „antifaschistischer Schutzwall“.

Sonst kein Abitur!

Oder, willkürlich herausgefischt aus einem inzwischen unendlichen Ozean, ein weiterer Eklat: In der Mittagsinformationssendung des Deutschlandfunks vermeldet anfänglich ein aufgeregter Journalist, der Alexander Gauland von der AfD habe Jérôme Boateng beleidigt! Gauland hätte geäußert, er wolle Boateng nicht als Nachbarn haben. Erst am Schluß der Sendung klang das dann etwas anders: Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung zitiere Gauland unter der Überschrift „Gauland beleidigt Boateng“ mit den beiden Sätzen: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“

Diese beiden aus jedem weiteren Kontext gelösten Sätze wurden nun unentwegt von sämtlichen Medien, ohne erneute wörtliche Zitierung, in einen Strom der Entrüstung gestellt, vielfach in einem Atemzug mit der Wiederholung, Gauland habe Boateng beleidigt. Meist mit der triumphierenden Einleitung: „Boateng ist Deutscher, Nationalspieler, engagiert sich für soziale Projekte. Er ist in Berlin geboren, Vater Ghanaer, Mutter Deutsche.“ (Bild)

Über Twitter, dem Medium der inkontinenten Inkompetenten, meldeten prompt SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann und Linken-Chef Bernd Riexinger fast wortgleich, Gauland sei ein Rassist!

Und natürlich fügte die unvermeidliche Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckard ihren Senf hinzu, ihr sei Boateng in der Nachbarschaft viel lieber als Gauland. Ebenfalls fast wortgleich mit der Landesvorsitzenden der CDU in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner.

Vizekanzler, also ein Regierungsvertreter, Sigmar Gabriel meinte sagen zu müssen: „Gauland ist nicht nur gegen Fremde, sondern auch gegen das Gute an Deutschland“!

Und natürlich unser oberster Rechtspfleger und Rechtshüter, der ebenso stets unvermeidliche Justizminister Heiko Maas, den man offensichtlich vergaß bei seinen juristischen Studienabschlüssen, über die Unschuldsvermutung zu examinieren, über die Unschuldsvermutung unter anderem, der Heiko Maas also, ein Regierungsvertreter, nannte „Gaulands Äußerung“ „niveaulos und inakzeptabel“.

Der Deutschlandfunk frohlockte: „Im Internet schwillt unter dem Schlagwort ‚Nachbar‘ die Empörung über AfD-Vize Alexander Gauland zum Shitstorm an.“

Unverhohlene Freude eines öffentlich-rechtlichen Mediums über Shitstorm!

Und meldet nachrichtlich: „Bundeskanzlerin Merkel hat die Äußerung von AfD-Vizechef Gauland im Zusammenhang mit dem Fußballnationalspieler Jérôme Boateng verurteilt. Der Satz, der gefallen sei, sei niederträchtig und traurig, sagte Merkels Sprecher Seibert in Berlin.“

Die Regierungschefin!

„Niederträchtig und traurig“.

Indessen muß ich traurig zugeben, daß meine Kenntnisse aristotelischer Logik und mathematischer Schlußweise nicht ausreichen, aus den beiden Sätzen „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“, wenn sie denn so gefallen sein sollten, eine „Beleidigung“ Boatengs oder einen „Rassisten“ Gauland zu folgern.

Es erweckte den Anschein einer konzertierten Inszenierung.

Und erinnerte ebenfalls wieder an die des Chefkommentators der DDR, also an Sudel-Edes Inszenierung von Hetzkampagnen.

Um mich nicht noch weiter in die Vergangenheit zurückzudenken.

Um das Wort „faschistoide Stimmungsmache“ noch einmal zurückzuhalten.

Der gesamte Staat totalitär gegen Gauland!

Keine einzige journalistische Stimme, die den Rufmord Rufmord nannte! Und noch heute wird kolportiert, Gauland hätte gesagt, er würde Boateng nicht zum Nachbarn haben wollen.

Erbärmlich!

Widerlich!

Beängstigend!

Auch wußte und weiß man immer korrekt anzugeben, wer die „rechtspopulistische Partei“, also wer falsch wählt! Daher weiß ich zum Beispiel, daß unter jenen Wählern kein einziger intelligenter Mensch sich befindet, der solches aus rationaler Überlegung täte! Sondern das sind ausnahmslos verängstigte, abgehängte, modernisierungsskeptische, fremdenfeindliche, rassistische Neonazis.

Da kennt man nix von wegen „man spreche von“ und „es hieße“ oder „mutmaßlich“!

In der bundesdeutschen Medienlandschaft ist kaum ein eigenständig kritischer Geist mehr in Sicht. Kein Sebastian Haffner, kein Friedrich Luft, kein Kurt Tucholsky, kein Karl Kraus, nicht zu reden von Lessing, Börne oder Heine.

Man sollte Nachrichtensendungen studieren aus der Zeit des Kalten Krieges, insbesondere die Rundschau-Magazine des RIAS.

Man sollte dieses Senders gedenken!

Der moderne bundesdeutsche Journalismus hat versagt, und ich wage die These, Pegida und AfD sind in hohem Maße Produkt dieses Versagens.

 

Die Sprache wird immer unverständlicher

 

21.1.18 Bellarmin an Mephisto

Anfang Dezember hatte die sogenannte Gesellschaft für deutsche Sprache den Begriff „Jamaika-Aus“ tatsächlich zum sogenannten Wort des Jahres gekürt. Wenn diese occasionelle, oder vielleicht deutlicher, wenn einen diese temporäre Bildung journalistischer Originalität auch nicht unbedingt vom Hocker riß, gegenüber eines seiner Wortdesjahres-Vorgänger besaß „Jamaika-Aus“ immerhin den nicht zu unterschätzenden Vorteil, daß man das Monstrum zum Zeitpunkt seiner Verkündung schon einmal vernommen hatte. Aber offenbar nur aufgrund eben gerade der mangelnden sprachlichen Originalität der Berufskollegen seines Schöpfers: Zum fraglichen Zeitpunkt hämmerten es die Medien im Gleichschritt, also alternativfrei, der hilflos ausgelieferten Öffentlichkeit ein.

Dennoch wage ich die Prognose: Das bemühte Wort des Jahres 2017 wird wohl kaum dauerhaft in den Wortschatz der ehemaligen Sprache der Dichter und Denker sickern.

Wie man erfahren konnte, sei auf Platz zwei einer Anwartschaft für das sogenannte Wort des Jahres wahrhaftig der verlogene Begriff „Ehe für alle“ gelandet!

Das ist uns also erspart geblieben.

Und wir hoffen, daß uns, entgegen der fragwürdigen und anläßlich des spdämlichen Überfalls im Bundestag kritisch nicht hinterfragten Argumentation für diesen offensichtlichen Euphemismus zur Durchsetzung des unbeschränkten Adoptionsrechtes homosexueller Paare, wenigstens die mohammedanische Vielehe und die inzestuöse Ehe, die ja als logische Folge jener flachköpfigen Begründungen ihre Gleichberechtigung ebenso einklagen dürften, unserem Lande erspart bleiben.

Ehe für alle“ – womit wir natürlicherweise der Sache nach anlangen beim „Unwort des Jahres 2017“.

Dessen Verkündung ich angesichts seiner Vorgänger begreiflicherweise wieder mit Bangen harrte.

Und die kam.

Das Unwort des Jahres 2017 wäre „alternative Fakten“, verkündete bei uns in Deutschland die Darmstädter Jury.

Der Ausdruck stehe für den Versuch, Falschbehauptungen in der öffentlichen Debatte salonfähig zu machen. Eine Beraterin von US-Präsident Trump hatte die Formulierung verwendet. Die Sprachwissenschaftler rügten zudem den Begriff ‚Shuttleservice‘ im Zusammenhang mit der Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer sowie das Wort ‚Genderwahn‘“, vermeldete man beflissen.

Shuttleservice“, also „Fährdienst“, ist deshalb ein hilfreicher Begriff, weil er als schmerzhaft Wahrheit enthüllendes Wort ein grelles Schlaglicht wirft auf unhaltbare Zustände vor der libyschen Küste, die allerdings in Deutschland weitgehend ausgeblendet immerhin vor italienischen Gerichten eine juristische Aufarbeitung finden. Und zwar nicht „im Zusammenhang mit der Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer“ sondern im Zusammenhang einer Zusammenarbeit mit Verbrecherbanden übelster Sorte, nämlich sogenannten Schleppern.

Bei „Genderwahn“ handelt es sich ebenfalls um eine durch und durch akzeptable, weil diskussionsanregende Wortschöpfung, sofern man nicht dem politischen Korrekturwahn unterliegt. Mark Lilla, Professor für Ideengeschichte in New York an der Columbia University wird im SPIEGEL vom 13.1. als „Prophet der amerikanischen Linken“ zitiert mit einem Satz aus seinem „meistgelesenen Gastkommentar des Jahres“ in der NEW YORK TIMES:

Wenn man als linksliberales Establishment aufhöre, die weiße Unterschicht zu verachten, sie nicht mehr als Rednecks oder Deplorables beschimpfe und ein bißchen weniger über die LGBTQ-Community (Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transgender und Queer) redete, würden vielleicht die Menschen jenseits der liberalen Küstenstädte wieder zuhören.

Und:

Vielen Wählern sei nicht zu vermitteln, warum Transsexuelle auf die Toilette ihrer Wahl gehen sollten.

In dem Artikel ging es übrigens um die Ursachen für die Präsidentschaft eines Typs wie die Donald Trumps…

Aber „Jender“ an sich ist natürlich ein Unwort im Deutschen.

Wenn man über ein Minimum an Sprachempfinden verfügte.

Doch nun sind es also die „alternative Fakten“… Ein durchaus zu kritisierender, aber vielleicht auch eher im Sinne Heines oder Tucholskys zu verlachender und so der befreienden Kraft der Lächerlichkeit auszusetzender Begriff. Der im übrigen anläßlich des Momentums seiner Kreation hochintelligenterweise von Kellyanne Conway im Hinblick auf den nachweislich der Lüge überführten, pardon, über den Njus fäkenden Sean Spicer sogar ironisierend gemeint gewesen sein könnte.

Und im deutschen Sprachgebrauch von anderen Unwörtern wahrlich weit übertroffen wird!

Wenn man bei einer Unwortvergabe statt der die Jury mit Blindheit schlagenden einseitig linkslastigen, also unwissenschaftlichen Empörungshaltung auch einmal die Pflege unserer schönen Sprache und ihres überreichen Wortschatzes in sein Blickfeld rückte.

Angesichts all des Fäknjus-Gefasels unserer Journalisten.

Lügen, so wurde die Verdrehung der Tatsachen früher genannt“, schrieb das BADISCHE TAGBLATT im Hinblick auf die diesjährige Unwortvergabe, womit wir ganz vortrefflich auch den idiotischen Gebrauch von „Fäknjus“ charkterisiert finden.

Ich fäke Njus, du fäkst Njus, er, sie es fäkt Njus, wir fäken Njus, ihr fäkt Njus, sie fäken Njus und sie haben Njus gefäkt.

Himmel-, Arsch- und Wolkenbruch, wer hat diese tauben Versager bloß mit ihrem Amt bestallt?

Jender“ steht auf Platz 3 meiner Favoriten an Unwörtern aus dem Jahr 2017.

Auf Platz 2 kommen die unsäglichen „Fäknjus“.

Und, Tätärätä!, auf Platz 1 steht wieder unschlagbar und in 99,99999999999… Prozent der Fälle völlig überflüssig und im Restfall leicht im Deutschen ersetzbar verwendete „leif“.

 

 

Das Problem mit dem Unwort des Jahres ist, dass die Jury mit der Auszeichnung das Gegenteil ihres Anliegens bewirkt. … Die ‚alternativen Fakten‘ erhalten so eine Bedeutung, die sie nicht verdienen. Wörter mit dem Präfix „un-“ sind nur selten positiv. Auch das Unwort bringt die Welt nicht weiter. So ist es vor allem eines: unsinnig.

FLENSBURGER TAGEBLATT am 17.1.

 

Denn tatsächlich hatte die Formulierung entlarvenden Charakter. Sie legte frühzeitig offen, dass nicht nur Donald Trump, sondern auch sein Stab willentlich gegen Grundregeln des rationalen Diskurses und der Redlichkeit verstoßen.

Von „Alternativen Fakten“ zu sprechen, war insofern eine vernichtende intellektuelle Selbstbezichtigung – weshalb der Begriff auch kaum Verteidiger gefunden hat. Allein die rechtspopulistischen „Breitbart News“ bemühten sich um Rechtfertigung, indem sie „Alternative Fakten“ als neuen Ausdruck für die je persönliche Perspektive auf ein Ereignis definieren wollten. Das aber war viel zu durchsichtig, um flächendeckend zu verfangen.

Gewiss, es mag vereinzelt geistig anspruchslose Menschen geben, denen „Alternative Fakten“ als tolle Alternative zum herkömmlichen Fakten-Begriff erscheinen. Und der konventionelle Begriff ‚Faktum‘ hat auch durchaus gewisse Unschärfen. Doch er erweist sich als so stabil, dass die Variante „Alternative Fakten“ mühelos als das miserable Flötenspiel von Rattenfängern zu erkennen bleibt.

‚Alternative Fakten‘ mag also auf dem Papier ein übles Unwort sein, in der Realität hat es nach kurzer Aufregung zumindest in Deutschland wenig Schaden angerichtet. Eigentlich hat es keine Auszeichnung verdient.

Arno Orzessek am 16.1. im Deutschlandfunk

 

18.9.17 Bellarmin an Mephisto

 

Du hast Recht. So schmerzlich es klingt angesichts der Geschichte, aber die SPD ist tot, ein lebender Leichnam, und weiß es nur selber noch nicht oder will es nicht wahrhaben.

Da kleben ja Karrieren dran.

Erst heute hörte ich wieder einen Journalisten und einen Politikwissenschaftler orakeln, woran es denn wohl läge, daß diese Partei nicht herauskomme aus dem Umfragetief. Wo sie doch erst Anfang des Jahres den Schulzeffekt, pardon, den Heip hatte.

Die Frage war natürlich verkehrt gestellt und hätte eher lauten müssen, warum diese Partei überhaupt noch einmal in so etwas wie einen derartigen Aufwärtstrend geraten konnte. Man einigte sich indessen auf die Erklärung, daß Schulz ja von außen gekommen war. Als Unbekannter…

Na ja.

Das Wort „Unglaubwürdigkeit“ fiel übrigens nicht bei der angestrengten Ursachensuche.

Auch war nicht die Rede von prinzipienloser Kompromißbereitschaft zwecks Regierungsbeteiligung um jeden Preis. Von skrupelloser Politikausrichtung nach Umfrageergebnissen. Von stetiger Unterschätzung der Intelligenz des umworbenen Wählers. Von dümmlicher, typisch spdämlicher, also durchsichtigster Effekthascherei aus augenscheinlich niederen Beweggründen, um Stimmen zu fischen.

Von Sozialklempnerei statt Sozialdemokratie.

Irgendwie erscheint die europäische Sozialdemokratie entlarvt, und die Menschen sind heute zu intelligent für ihr Eiapopeia und durchschauen es als bloßen Vorwand für den Machterhalt.

Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts existierte einmal der Begriff „Geschäftssozialisten“. Die Lily Braun wurde einst damit bedacht.

 

Feldfrüchte

 

Sinnend geh ich durch den Garten,

still gedeiht er hinterm Haus;

Suppenkräuter, hundert Arten,

Bauernblumen, bunter Strauß.

Petersilie und Tomaten,

eine Bohnengalerie,

ganz besonders ist geraten

der beliebte Sellerie.

Ja, und hier -? Ein kleines Wieschen?

Da wächst in der Erde leis

das bescheidene Radieschen:

außen rot und innen weiß.

 

Sinnend geh ich durch den Garten

unsrer deutschen Politik;

Suppenkohl in allen Arten

im Kompost der Republik.

Bonzen, Brillen, Gehberockte,

Parlamentsroutinendreh…

Ja, und hier -? Die ganz verbockte

liebe gute SPD.

 

Hemann Müller, Hilferlieschen

blühn so harmlos, doof und leis

wie bescheidene Radieschen:

außen rot und innen weiß.

 

Kurt Tucholsky (1890 – 1935)

 

 

»Jenosse«, sahre ick, »woso wählst du eijentlich SPD –?« Ick dachte, der Mann kippt mir vom Stuhl! »Donnerwetter«, sacht er, »nu wähl ick schon ssweiunsswanssich Jahre lang diese Pachtei«, sacht er, »aber warum det ick det dhue, det hak ma noch nie iebalecht!«

 

Kurt Tucholsky (1890 – 1935)