A N A B A S I S

Thalatta ! Thalatta !

Schlagwort-Archiv: RIAS

Öffentlich-rechtliche Rechenkünste

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6. Januar 2023: Der Ritter vom heiligen Geist an Mephisto

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Am 1. Oktober 2014 hatten der seinerzeitige Innenminister de Maiziere und der Chef des Bundeskriminalamtes Ziercke den aktuellen Lagebericht zur organisierten Kriminalität vorgestellt. Die Zahl der Ermittlungsverfahren war gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent, die der Tatverdächtigen um 15 Prozent, nämlich auf mehr als 9.000 gestiegen. Es seien immer mehr kriminelle Banden aktiv, von denen viele aus Polen, Litauen und Albanien gesteuert würden. Vor allem gehe es um Rauschgifthandel, Einbrüche, Autodiebstähle und Geldwäsche. Das Rauschgiftgeschäft in Deutschland sei in albanischer Hand, der Diebstahl von Autos werde häufig von Polen oder Litauen abgespult. Einbrecher und Ladendiebe seien häufig in Organisationen aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion heraus tätig. Ein Großteil der deutschen Verdächtigen gehöre der Rockerszene an. Und aus irgend einem Grund mahnte de Maiziere auch noch eine internationale Zusammenarbeit an.

Diese Informationen hatte ich damals nicht aus dem Bericht, den ich im Deutschlandfunk über die Pressekonferenz hörte, entnehmen können, sondern sie entstammten im wesentlichen der Neuen Osnabrücker Zeitung vom Folgetag. Aus irgendeinem Grund fühlte man sich in dem Blatt noch zu der lobenden Bemerkung hingerissen:

De Maiziere und Ziercke scheuten sich nicht, die Dinge nach Auswertung der Statistik beim Namen zu nennen.“

Dem Bericht des Deutschlandfunks damals entnahm ich allerdings die mir verdächtig vorkommende Rechnung, die Mehrzahl der Verbrechen organisierter Kriminalität werde von Deutschen verübt.

Nämlich vierzig Prozent.

Die übrigen verteilten sich auf andere Nationen…

„Political Correctness“, womit nach meiner Vermutung das im Deutschen klarere Wort „Politische Korrektheit“ verschwammigt werden soll, vereint begrifflich „politisch“ mit „korrekt“. Wobei „korrekt“ etymologisch als Fachwort aus der Druckersprache zurückgeführt werden kann auf „korrigiert“, „berichtigt“, „verbessert“. Was verbessert und berichtigt wird und in welchem Sinn, fixiert das vorangestellte Attribut „politisch“. „Political Correctness“ steht demnach als Hüllwort für „in politischem Sinne verfälscht“. Es handelt sich also bei als „politisch korrekt“ Etikettiertem um jeweilige aus politischen Gründen verfälschte Tatsachen. „Nach Auswertung der Statistik“ um die Welt als Wille und Vorstellung.

Am Sonntag, dem Neujahrstag, meldete der Deutschlandfunk,

Sonntag, 1. Januar 2023, Deutschlandfunk:

Nach zahlreichen Angriffen auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht fordert der Berliner Landesverband der Gewerkschaft der Polizei ein weitgehendes Böllerverbot. Der Berliner GdP-Vorsitzende Weh sagte, man habe deutschlandweit gesehen, dass Pyrotechnik ganz gezielt als Waffe gegen Menschen eingesetzt werde. Das müsse ein Ende haben.

Es brauche ein Verkaufsverbot für alle, die nicht beruflich und dementsprechend verantwortungsvoll damit hantierten, betonte der GdP-Landeschef. Viele Baumärkte hätten in diesem Jahr bereits klar Stellung bezogen. Auch die Bevölkerung sei viel weiter, als man denke.

Der erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Frei, nannte die Angriffe auf Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte verachtenswert. Der CDU-Politiker sprach sich in der „Rheinischen Post“ für eine konsequente Bestrafung, aber gegen ein generelles Feuerwerksverbot aus. Auch die FDP-Politikerin Aschenberg-Dugnus hält ein allgemeines Böllerverbot nicht für zielführend. Berlins Regierende Bürgermeisterin Giffey sagte dem „Tagesspiegel“, sie verurteile die teils massiven Übergriffe auf Polizei und Feuerwehr auf das Schärfste. Man werde Konsequenzen ziehen müssen. Konkret erwähnte sie eine mögliche Ausweitung der bereits bestehenden Böllerverbotszonen.

Die Menschen in Deutschland feierten den Beginn des neuen Jahres mit deutlich mehr Böllern und Raketen als in den vergangenen beiden Jahren, in denen wegen der Corona-Pandemie und zur Entlastung der Krankenhäuser ein Verkaufsverbot galt. Bei der Polizei in Berlin wurden nach bisherigen Erkenntnissen 18 Beamte verletzt. Mehr als 100 Personen wurden während des gesamten Einsatzes festgenommen. Nach Angaben der Berliner Feuerwehr gab es insgesamt 38 Übergriffe, bei denen 15 Einsatzkräfte verletzt wurden.

Auch in anderen Städten gab es ähnliche Vorfälle. So teilte die Feuerwehr in Essen mit, Einsatzkräfte seien in der Silvesternacht immer wieder mit Feuerwerkskörpern beworfen worden. Ähnliche Vorfälle wurden aus Mannheim gemeldet. In Leipzig wurde ein 17-Jähriger während des Hantierens mit Feuerwerk tödlich verletzt.

Wir lenken unsere Aufmerksamkeit erst einmal auf die typische Struktur bundesdeutscher Nachrichtenberichterstattung öffentlich-rechtlicher Medien des 21. Jahrhunderts: Wenn es sich partout nicht mehr vermeiden läßt, neben reinen Sprechblasen-Meldungen, à la der hat dies gesagt und der hat das gesagt, über ein wirklich wahres Geschehnis, einen Vorfall, ein Faktum zu berichten, dann beginnt die Nachricht zwecks Volkserziehung generell statt mit dem Primären zuerst mit kommentierenden Denkrichtungsvorgaben. Damit jeder wisse, wie er richtig zu denken habe.

Und dabei lassen sich auch gezielt Wahrheiten wattieren und verschleiern.

Die Methode wurde übrigens ausgiebig verwendet in der Deutschen Demokratischen Republik beim „Fernsehfunk“ in der halbstündigen „Aktuellen Kamera“ täglich ab 19’30 Uhr.

Es war einmal, da gab es hingegen Zeiten, in denen hätte die Meldung etwa gelautet:

Die Menschen in Deutschland feierten den Beginn des neuen Jahres mit deutlich mehr Böllern und Raketen als in den vergangenen beiden Jahren, in denen wegen der Corona-Pandemie und zur Entlastung der Krankenhäuser ein Verkaufsverbot galt. Bei der Polizei in Berlin wurden nach bisherigen Erkenntnissen 18 Beamte verletzt. Mehr als 100 Personen wurden während des gesamten Einsatzes festgenommen. Nach Angaben der Berliner Feuerwehr gab es insgesamt 38 Übergriffe, bei denen 15 Einsatzkräfte verletzt wurden.

Auch in anderen Städten gab es ähnliche Vorfälle. So teilte die Feuerwehr in Essen mit, Einsatzkräfte seien in der Silvesternacht immer wieder mit Feuerwerkskörpern beworfen worden. Ähnliche Vorfälle wurden aus Mannheim gemeldet.“

Punkt.

Das hätte im wesentlichen zwei Vorteile geboten: Zum einen hätte man vorausgesetzt, daß Landeskinder, die bundesdeutsche Schulen absolvierten, zur Mündigkeit befähigt wurden und demnach selbständig denkend über das mitgeteilte Geschehnis sich ein eigenes Urteil bilden. Und zum anderen hätte sich die erfreuliche Möglichkeit geboten in der Kürze der Zeit einer Nachrichtensendung, sich den wesentlichen Zusammenhängen des Ereignisses zu widmen. Zum Beispiel der auf der Hand liegende Frage, in welchen Stadtteilen wurden denn die 18 Beamten in Berlin verletzt und 100 Personen festgenommen?

Und zu welchem widerlichen Mob gehörten denn diese feigen Angreifer?

Und statt des Politikers Frei und statt der Politikerin Aschenberg-Dugnus und statt der Politikerin Giffey, bei der es noch dazu Anlässe gibt, die Frau für verlogen zu halten, hätte man in Zeiten des RIAS, des Rundfunks im amerikanischen Sektor, hierzu wenigstens einen der verletzten Feuerwehrleute oder Polizisten zitieren können.

Das sind nämlich mündige Bürger mit zwei Augen im Kopf, die doch das Geschehen selbst miterlebt haben und ihre authentischen Einschätzungen, beispielsweise ob es sich in dem der womöglich permanent in Rede stehenden Viertel, gleichgültig ob afghanisch oder syrisch oder mit deutschem Paß, um einen der typisch irrationalen Gewaltexzesse eines eher mohammedanisch sozialisierten Mobs gehandelt haben könnte.

Und, statt zu fordern, daß die Provenienz jener offenbar lynchgierigen Canaille politisch nicht diskutabel zu sein habe (Bundesinnenministerin Faeser, SPD), könnten verantwortungsvolle Politiker und gedächtnisbegabte Journalisten, was bezeichnenderweise bisher noch kein einziges Mal geschah, wenigstens einmal eins und eins zusammenzählen und sich fragen: Hat es in Deutschland nicht schon einmal eine entsetzliche Silvesternacht gegeben?

Und wenn ja, gibt es etwa gemeinsame Merkmale?

Eventuell?

Und wenn ja: Welche?

Mit gemeinsamen Merkmalen sind nicht gemeint das übliche Zerreden des Wesentlichen, wie beispielsweise seinerzeit nach der Kölner Silvesternacht von den üblichen Schwachköpfinnen: Auch deutsche Männer würden Frauen vergewaltigen…

Obwohl sich zuvor und danach kein einziger im Lande fand, der dies bestritten hätte.

Aber es handelt sich hier ja geradezu exemplarisch um den banalsten aller banalen rhetorischen Kniffe, einem nicht selten sogar völlig fiktiven Gegenüber eine nie behauptete Behauptung in den Mund zu legen, gegen die es sich dann trefflich polemisieren läßt.

Zum Beispiel aus triebhaftem Geltungsbedürfnis.

Oder aus Darstellungssucht der eigenen rechtgläubigen Gesinnung.

In jedem Fall aus mangelbehafteter Intelligenz.

Gegenwärtig offenbart sie sich in der Polemik über unmutmaßlich unterstellten Rassismus.

Sobald die Frage der Herkunft der mordlüsternen Horde berührt wird.

Aber um bei der Gelegenheit noch einmal zurückzukommen auf gemeinsame Merkmale zwischen Ereignissen und ihrer politisch-korrigerten „Bewältigung“ durch öffentlich-rechtliche Rechenkünste: Auf der ARD-Webseite stand als Gipfel der offenen Volksverarschung tatsächlich zu lesen:

Im Zusammenhang mit den Krawallen hatte die Polizei 145 Menschen festgenommen [zum Glück keine Tiere, gemeint sind wahrscheinlich Personen] – zunächst hatte sie von 145 Festgenommen berichtet, die Zahl aber später korrigiert. Erstmals machte die Polizei nun auch Angaben zur Herkunft der mutmaßlichen Täter [also der unmutmaßlich aus irgend einem Grund auf frischer Tat Festgenommenen]. Demnach haben sie 18 verschiedene Staatsangehörigkeiten. [Jetzt kommt’s:] Die meisten [sic!] – 45 Tatverdächtige [von 145] – seien Deutsche [also Inhaber eines deutschen Passes]. Danach folgen 27 Verdächtige afghanischer Nationalität [also in Afghanistan existiert, im Gegensatz zu Deutschland, noch Nationalität] und 21 Syrer.“

Also die meisten hatten noch nicht einmal einen deutschen Paß…

Mittwoch, 4. Januar 2023, FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

Wer bestimmte Minderheiten kritisch anspricht, wird niedergemacht. Nichts wird dadurch so sehr gehemmt wie eine Debatte über die Konflikte, die Migration nun einmal mit sich bringt. Stattdessen beginnt das große Relativieren. Ja, aber nicht alle Jugendlichen mit Migrationshintergrund seien so. Ja, aber kulturelle Hintergründe spielten keine Rolle. Ja, aber wir wollen keine Sündenböcke. Ja, aber das Thema dürfe nicht instrumentalisiert werden. Ja, aber wir wollen ‚den Rechten‘ nicht in die Hände spielen. Ergebnis dieser Flucht aus der Ursachenforschung in die Tabuzonen der Republik sind Vorschläge wie Böllerverbot oder Verschärfung von Gesetzen.

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Es handelt sich um Krieg

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31. Dezember 2021: Bellarmin an Mephisto

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Nach ihrem heimtückischen Putsch, der ruhmredig sogenannten Oktoberrevolution, beabsichtigten die Bolschwisten, also die russischen Kommunisten, im Zentrum Moskaus ein Regierungsgebäude zu bauen. Das sollte werden ein Palast. Ach, was rede ich, es sollte sein, welch Zufall aber auch, es sollte sein das jemals errichtete gigantischste Gebäude der Welt!

Russisch ruhmredig sollte es sein ein „Palast der Sowjets“.

Die „proletarische“ Architektur sah vor eine Höhe von 420 Metern!

Obenauf natürlich noch eine Statue des Mörders Uljanow, genannt Lenin.

Zufälligerweise mit einer ruhmredigen Höhe von 70 Metern.

Vermutlich, ach, was rede ich, ganz sicher: goldig glänzend.

Wie schön!

So eben echt heimelig russisch.

Das Wort Protz soll sich übrigens herleiten von einer sich aufblasenden Kröte. Es soll in Verbindung stehen mit dem mittelhochdeutschen „brozzen“.

Für „anschwellen“.

Auf dem vorgesehenen Baugrund wurde 1921 die 1883 geweihte Christ-Erlöser-Kathedrale gesprengt.

Der „Palast der Sowjets“ wurde zufälligerweise nie fertig. Aber gerade auch wegen seines typischen Wolltemalundkonntenicht und des typischen mehr Schein als Sein steht er neben dem typischen Gigantismus für mich ebenso treffend als ein Symbol für Rußland wie die potemkinschen Dörfer.

Typisches Bolschoi Theater eben.

Ach ja, bei Gelegenheit der potemkinschen Dörfer fällt mir ebenso noch ein als Symbol Rußlands das russische Sprichwort:

Groß ist das heilige russische Land, aber die Wahrheit hat nirgends Platz.“

Womit wir bei der Sache wären.

Es kann keine Lösung des Ukrainekonflikts geben. Denn es gibt keinen Ukrainekonflikt. Es gibt, neben der aktuellen Bedrohung, eine seit Jahren anhaltende kriegerische Aggression Russlands gegen die unglücklichen Anrainerstaaten.

Es handelt sich um Krieg.

Unter anderem gegen die Ukraine.

Verbunden mit der heimtückischen Abtrennung mehrerer wesentlicher Gebiete der Ukraine. Infolge des typisch russischen Imperialismus. Und mit Sicherheit getragen von der mehrheitlichen Zustimmung typisch russischer Mentalitäten.

Die Aggressionen nach dem jahrhundertalten russischen Muster des „Sammelns russischer Erde“.

Wie in Transnistrien.

Wie in Südossetien.

Wie in Abchasien.

Nie in Zusammenhänge gesetzt von den öffentlich-rechtlichen Medien Deutschlands!

Jedesmal steckt man seinen Kopf in den Sand. Man stellt in Deutschland sowohl zwischen den Aggressionen als auch zwischen den offenkundigen Morden und Mordanschlägen des von berufenem Munde als Mörder bezeichneten Auftraggebers von Auftragsmorden keine Zusammenhänge her.

Bei den Auftragsmorden sieht man in deutschen Medien kein Zusammenhang zum auftraggebenden Killer im Kreml!

Im Gegenteil, man fragt bei euch bisweilen grüblerisch, ob denn der gute König auch davon gewußt habe.

Also tatsächlich: Ob ohne Wissen Wladimir Wladimirowitschs sein Geheimdienst sich Plutonium oder geheime Nervengifte beschafft hätte, um damit, noch dazu meistens im Ausland(!), Gegner Wladimir Wladimirowitschs zu ermorden.

Jüngstes Beispiel ist das Urteil im Prozeß um den russischen Mord an einem Georgier in der Parkanlage des Kleinen Tiergartens in Berlin. Die öffentlich-rechtlichen Medien sprechen statt von Mord von Erschießung, immerhin wenigstens nicht von mutmaßlicher Erschießung, und melden unkommentiert (Deutschlandfunk am 20. Dezember 2021: „Nach Überzeugung der Richter handelte der Mann im Auftrag staatlicher russischer Stellen. … Moskau weist eine Verwicklung in den Mordfall zurück.“ Um sich im weiteren über diplomatische Verwicklungen auszulassen.

Und zum Glück für die öffentlich-rechtlichen Medien gibt es ja die Corona und man kann außerdem tagelang im voraus als erste Meldung die fünfminütige Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten ankündigen und zitieren, um unangenehme Themen zu vermeiden…

Früher hätte beispielsweise der RIAS gemeldet: „Infolge einer erdrückenden Beweislast stellte das Gericht fest, daß es sich bei der Tat um einen staatlich angeordneten russischen Auftragsmord handelt.“

Und nicht eine derartige Meldung, sondern der Mord wäre als Ungeheuerlichkeit empfunden und entsprechend umfangreich kommentiert und erörtert worden.

Es gibt eine und unbedenklich von deutschen öffentlich-rechtlichen Medien treu dämlich durch Übernahme des russischen Propagandabegriffs als „Separatisten“ deklarierte Söldnertruppe in der Ostukraine. Nach dem Muster der seit Jahrhunderten im Ausland operierenden typischen russischen fünften Kolonnen. In welcher erwiesenermaßen reguläre russische Soldaten kämpfen.

Und die beispielsweise ohne finanziellen und materiellen Unterhalt des Kremls augenblicklich zusammenbräche.

Übrigens in Zeiten des euphemistisch unter dem Propagandabegriff „Sowjetunion“ firmierenden Sowjetrußlands hieß eines der russischen Hüllwörter für „fünfte Kolonne“ „Komintern“.

Und später „Kominform“.

Es gibt eine bis heute von bundesdeutschen Medien und Politikern unkommentierte Sperrung des Asowschen Meeres durch Russland.

Und es gibt jenes unsägliche Münchner Abkommen von Minsk, in dem der Aggressor Russland behandelt wird als unbeteiligte Partei zur Befriedung eines „Ukrainekonflikts“. Und dessen vorhersehbares Scheitern immer noch nicht bei einer der typischen fünften Kolonnen des Kremls, neben beispielsweise der Linkspartei und der AfD, ins Bewußtsein der Schröder-Scholz-Schwesig-PD gedrungen ist. Deren Fraktionsvorsitzender und glücklicherweise als Außenminister verhinderter Mützenich mit Parteikadermiene angesichts der russischen Truppenaufmärsche jüngst allen Ernstes vor „gegenseitigen“ Drohungen warnte.

Statt den die Ukraine unverhüllt Bedrohenden auch nur einmal zu benennen.

Einmal wenigstens!

Der zum Glück als Außenminister verhinderte Mützenich also kongruent spdämlich redend wie zu Zeiten der Krim-Annexion der zweitschlechteste Außenminister, den die Bundesrepublik je hatte. Und der im 24-Stundentakt den Westen(!) ermahnte, doch gefälligst seine Drohkulissen zu unterlassen.

Der Mann ist heute Bundespräsident und hat sich jüngst, ein Vorgang ohne Beispiel in der Geschichte der Bundesrepublik, eigenhändig als erneuten Präsidentschaftskandidaten nominiert.

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Freitag, 31. Dezember 2021, DE VOLKSKRANT:

Indem er mit gezogener Waffe verhandelt, zielt er auf die Schwachstelle Europas: die mangelnde Bereitschaft, in Kategorien von Macht und Krieg zu denken. Die Frage für das Jahr 2022 wird sein, ob die europäischen Mächte eine Antwort darauf finden. Bislang wurde die militärische Einschüchterung der Ukraine mit Schweigen quittiert. Starrt Europa wie ein verängstigtes Kaninchen in Putins Scheinwerferlicht?

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Freitag, 24. Dezember 2021, NEUE ZÜRCHER ZEITUNG:

Der Kanzler hat schon klargemacht, dass er von Sanktionen gegen Nord Stream 2 wenig hält. Die Außenministerin hat also wenig Gestaltungsspielraum. Zudem dürften sich die Koalitionspartner blockieren. Die SPD ist russlandfreundlich und will die Absatzchancen der Wirtschaft nicht schmälern. Die Grünen verachten seit ihren Anfängen die Leisetreterei der Sozialdemokraten. Statt Führungsstärke in Europa ist eher Stagnation zu erwarten. Nichts Neues also in Berlin, denn auch in der Vergangenheit vermieden es Kanzleramt und Auswärtiges Amt, Akzente zu setzen. Das wiederum ist das eigentlich Deprimierende an der deutschen Außenpolitik.

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Freitag, 31. Dezember 2021, RZECZPOSPOLITA:

Wir wissen, was Russland will. Putin geht es darum, die Länder an der Nato-Ostflanke spüren zu lassen, dass Entscheidungen über ihre Sicherheit über ihre Köpfe hinweg getroffen werden. Wir wissen, dass Moskau nicht die Absicht hat, zurückzuweichen. Putin pokert hoch. Es geht ihm um die Wiedererrichtung eines Imperiums.

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Knapp daneben

 

8. August 2020: Serapion an Mephisto

 

Um 1350 kam die Pest zufälligerweise einmal aus China und nahm ihren Weg nach Europa zufälligerweise auf den Handelsstraßen. Und zwar über Indien und Persien. Die Seuche entvölkerte etwa 200.000 Dörfer und Siedlungsflecken vollständig und brachte mehr als ein Viertel der europäischen Gesamtbevölkerung um.

25 Millionen Menschen allein in Europa.

Die Pariser medizinische Fakultät riet zwecks Vorbeugung:

Man soll kein Geflügel essen, keine Wasservögel, kein Spanferkel, kein altes Ochsenfleisch, überhaupt kein fettes Fleisch. Wir empfehlen Brühen mit gestoßenem Pfeffer.

Bei Tage schlafen ist schädlich. Der Schlaf darf nicht länger dauern als bis zum Morgengrauen.

Unschädlich sind trockene und frische Früchte, wenn man sie mit Wein nimmt.

Kalte, feuchte und wäßrige Speisen sind größtenteils schädlich. Fisch soll man nicht essen. Man koche nichts mit Regenwasser. Zu den Mahlzeiten nehme man etwas Theriak; Olivenöl zur Speise ist tödlich.

Gefährlich ist das Ausgehen zur Nachtzeit bis um drei Uhr morgens wegen des Taus. Fette Leute sollten sich der Sonne aussetzen.

In Europa traf die Seuche zuerst auf die Handelsstadt Florenz. Zeitzeuge Boccaccio schrieb:

Mit Beginn des Frühlings begann die Seuche ihre schmerzensreichen Wirkungen auf eine gräßliche Art zu zeigen. Und sie begann hier nicht wie im Orient mit Nasenbluten, dem sicheren Zeichen unvermeidlichen Todes, sondern es entstanden bei Männern wie bei Frauen Geschwülste unter der Achsel, bis zur Größe eines Apfels, die das Volk Pestbeulen nannte. Von dort aus verbreitete sich das tödliche Pestgift über den ganzen Leib.

Später nahm die Krankheit eine andere Gestalt an: Es entstanden schwarze oder bläuliche Flecken am Arm oder am Oberschenkel und weiterhin am ganzen Körper. Und wie anfangs die Beulen ein sicheres Zeichen des kommenden Todes gewesen waren, so wurden es jetzt die Flecken für jeden, der sie bekam. Kein ärztlicher Rat und keine Kraft der Arzneien erwiesen sich als heilsam. Jedenfalls genasen nur sehr wenige, und fast alle starben rasch binnen drei Tagen nach dem Auftreten jener Zeichen, gewöhnlich ohne alles Fieber und andere Zufälle.

Die Verderblichkeit dieser Seuche war um so größer, als der Todeskeim von den Kranken auf die Gesunden übergriff wie Zunder auf trockene oder fettige Gegenstände. Und zwar nicht nur beim Umgang mit den Kranken selbst, sondern auch beim Berühren ihrer Kleider und Sachen. Deswegen hatten fast alle das Ziel, die Kranken und deren Sachen zu meiden und zu fliehen.

Manche dachten, daß ein mäßiges Leben die Widerstandskraft erheblich fördere. Sie vereinigten sich zu Gesellschaften und lebten von allen abgesondert. Und indem sie sich in Häusern, in denen kein Kranker war, versammelten und einschlossen, genossen sie die schmackhaftesten Speisen und den besten Wein, aber mit Maß und auf der Hut vor aller Schwelgerei. Niemand erhielt zu ihnen Zutritt, und keine Todes- oder Krankennachricht durfte ihnen hinterbracht werden. Andere dagegen behaupteten, die sicherste Arznei bei einem solchen Übel sei, reichlich zu trinken, sich gute Tage zu machen, mit Gesang und Scherz umherzuziehn, jeglicher Begierde, wo es nur möglich sei, Genüge zu tun, und über das was kommen werde, zu lachen und zu spotten.

Eine dritte Gruppe waren die sogenannten Geißelbrüder. Die zogen als Büßer zu Tausenden übers Land von Ort zu Ort, unbeschuht, doch ein jeglicher mit einer dreisträngigen Geißel in der Hand, davon jeder Strang bewehrt mit drei dornigen Knoten. Ab und zu entblößten sie dann ihre Rücken und schlugen sich, bis ihr Blut hervorströmte.

Und in den Städten jagten und lynchten sie die Juden, weil die natürlich, wie immer, und heute zusammen mit den Amis, die Schuldigen sind und waren an allem.

Es gibt nichts neues unter der Sonne.

Also am ersten August in Berlin…

Dazu am Dienstag der Deutschlandfunk:

Knapp 20.000 Menschen demonstrierten am Wochenende in Berlin gegen die deutschen Infektionsschutzmaßnahmen, die eine weitere Ausbreitung des Coronavirus verhindern sollen.

Zuerst einmal aus tiefer Dankbarkeit Hochachtung vor dem charakterisierenden charakteristischen Niveau. Für die Erläuterung, wozu Infektionsschutzmaßnahmen dienen.

Wer hätte es gedacht.

Du siehst, unsere öffentlich-rechtlichen Medien nehmen ihren Aufklärungsauftrag ungeheuer ernst, und erkennst, was sie darunter verstehen…

Auf Punkt und Komma!

„Knapp 20.000 Menschen…“

Wenn es „rund“ geheißen hätte!

Oder „ungefähr“…

Aber dieses verräterische Knapp!

Das heißt und soll singen und sagen: Stop! Auf keinen Fall 20.001!

Oder noch mehr.

„Knapp 20.000“ heißt ja „etwa 19.900“ oder, toleranter gesehen, vielleicht 19.500.

Allerdings „knapp 20.000“ kann auf keinen Fall bedeuten 19.000! Denn wer „knapp 20.000“ zu schätzen in der Lage ist, kann auch „etwa 19.000“ schätzen.

Botschaft: Auf keinen Fall mehr und über!

Nun ist das so eine Sache mit dem knappen Wörtchen „knapp“.

Knapp schwanger geht nicht.

Denn knapp richtig wäre ganz falsch.

Und knapp wahr ist unwahr.

Aus irgendeinem Grund nur in Sekundenbruchteilen zeigte man im Fernsehen aus der Vogelperspektive einmalig eine nahezu knappste Kameraaufnahme der Demonstranten.

Etwa von der Siegessäule bis zum Brandenburger Tor.

Alles voller Menschen!

Diese knappe Bildschnitt-Blitztechnik kennt man ja aus der DDR-Fernsehfunk-Berichterstattung über den bösen Westen vornehmlich durch den deutschen demokratischen Chefpropagandisten Joseph, nein, Karl-Eduard von Schnitzler, und sie sollte andenkenhalber eigentlich Schnitzel-, nein, Schnitzlertechnik genannt werden. In der Deutschen Demokratischen Republik gab es einen bis zu zehn Jahre Freiheitsentzug einbringenden Paragraphen des Strafgesetzes, der hieß „Staatsfeindliche Hetze“. Staatsfreundliche Hetze blieb unbestraft und von Schnitzlers „Der schwarze Kanal“ lief im Fernsehfunk jeden Montag über dreißig Jahre lang bis 1989.

Nach meiner Beobachtung wurde seine Schnitzlertechnik das erste Mal übernommen von der bundesdeutschen Journalistik anläßlich der Berichterstattung über die Pegida in Dresden. Doch erst nachdem die dortige Anzahl der Demonstranten die Zahl 10.000 unknapp überstiegen hatte. Die Monate zuvor hatte man die Methode noch nicht eingesetzt bei diesen Demonstrationen.

Weil man überhaupt nicht über diese politisch Unkorrigierten berichtet hatte.

Um die richtig Denkenden vor Verwirrung zu schützen.

Aber nun!

In knappster Schnitzleristik!

Daß Du ohne zeitliche Belastung in knappsten Sekundenbruchteilen klar erkanntest: Lauter Deppen!

Abstiegsverängstigte, modernisierungsskeptische, fremdenfeindliche, islamophobe, rassistische, abgehängte, weiße, alte Männer!

Wie bei von Schnitzler: Alles Nazis!

Ebenso knapp etwa ein Dreivierteljahr später in einem knappen Halbsatz die Erwähnung des Ergebnisses einer soziologischen Studie: Es handelt sich um die dortige Mittelschicht…

Um aber auf die erwähnte Vogelperspektive der Straße des 17. Juni vom Großen Stern bis zum Brandenburger Tor zurückzukommen: auch die kannte ich bereits. Nur eben ohne jede Schnitzleristik in ausführlichen Bildsequenzen. Ansonsten völlig identisch angefüllt mit Menschenmassen. Das war anläßlich der seinerzeitigen Lafparät in Berlin. Wenn ich mich recht erinnere, wurde damals die Teilnehmerzahl beziffert ohne jedes Knapp mit mehreren hunderttausend.

Wenn nicht sogar mit Million.

Weißt Du, was der RIAS, der Rundfunk im amerikanischen Sektor Berlins, der beste Sender, den es je gab, weißt Du, was der gemacht hätte? Der wäre beispielsweise hingefahren mit seinem Ü-Wagen, Ü für Übertragung! Und hätte direkt, (zu deutsch: leif), von jener Massendemonstration berichtet. Und zwar nicht nur in verwackelten blitzschnellen Sequenzen. Sondern, wie es sich bei seriöser Berichterstattung gehörte, vermittels gebührenfinanzierter und teuer bezahlter Kamera- und Mikrofontechnik des 21. Jahrhunderts.

Und der RIAS wäre durch die Stadt gefahren und hätte ausgiebig Leute interviewt.

Was?

Das hätte sich der RIAS gar nicht wagen dürfen?

Weil die Demonstranten den Ü-Wagen platt gemacht hätten?

Und die rechten Menschen gar nicht mit der Presse geredet hätten?

Das glaube ich eher nicht!

Weil nämlich in Zeiten des RIAS das Klima jener ungeheuerlichen „Lügenpresse!“-Sprechchöre erst überhaupt nicht entstanden wäre.

Aus Mangel an Gründen.

Denn nichts entsteht ja grundlos.

Die RIAS-Reporter wären also rausgefahren zu der Kundgebung. Denn die Kundgebung war ja angemeldet.

Also legitim.

Sonst wäre sie ja auch verboten worden.

Es handelte sich also um eine demokratische Versammlung.

Und wir leben doch in einem demokratischen Staat. In welchem Berichterstatter die Kundgebenden eines legitimierten Willens nicht ohne weiteres und von vornherein als „rechts“ oder „rechtspopulistisch“ in diskriminierender Absicht zu etikettieren und tendenziös abzuwerten haben. Noch dazu ohne jegliches ansonsten heute so beliebte „mutmaßlich“.

Sondern die RIAS-Reporter aus dem Ü-Wagen hätten berichtet von einer Kundgebung, auf welcher dies und jenes gefordert wurde von den Demonstranten. Und hätten berichtet: Auf den Transparenten beispielsweise standen folgende Parolen zu lesen.

Und ein Redner habe unter anderem dies und jenes gesagt.

So sah einst Berichterstattung aus!

Und dem Rezipienten wurde anheimgestellt, mündig zu sein und eigenmächtig aus dem Bericht nach Belieben und Gutdünken und eigener Meinung zu schlußfolgern in einem Staat mit grundgesetzlich garantierter Meinungsfreiheit, welcher Couleur die Demonstrierenden wohl zuzurechnen seien.

Wenn ihm die Couleur wichtig wäre neben dem Eigentlichen.

Neben dem sachlichen Anliegen der Demonstranten.

Und ich als Rezipient hätte mich übrigens nach meinem eigenen Vorurteil auf keinen Fall in einen Bus gesetzt und wäre nach Berlin gefahren. Ich hätte eher gedacht an meinen Freund Erich Kästner: „Kopf gut schütteln vor Gebrauch!“

Denn ich leide auch nicht unter der Vorstellung, die vereinte Welt würde mir das Virus und seine Opfer nur vorspielen. Und gleichzeitig denken, am Virus und seinen Opfern hätten die Amis und die Juden schuld.

Ich riete im Gegenteil, auf keinen Fall auf diese Art Querdenker vom Schlage Ballweg, Janich oder Jebsen zu hören. Auch neige ich dazu, im Internet auf das Suffix „.ru“ zu achten. Ich denke zum Beispiel, ein Auftraggeber von Auftragsmorden hätte womöglich Interesse, Thesen der verwirrenden Verirrtheit streuen zu lassen in der verhaßten westlichen Hemisphäre.

Aus seiner nach Machorka stinkenden Abteilung „Zersetzung“.

Und potentiellen Teilnehmern hätte ich geraten, ihre Zeit lieber zu nutzen für das Studium der Geometrie von Dreiecken.

Das schult das Denkvermögen.

Und für das Studium der Weltgeschichte.

Das macht geistig gesünder.

 

Das Hitlerreich war als Ganzes mit allen seinen Folgen ein Zeichen für die Macht der Worte über die Vernunft.

Rupert Lay

 

Das Sein und das Bewußtsein

 

10. Januar 2019: Bellarmin an Mephisto

 

Der typische Knallkörperkäuferkopf zählt nach meiner Beobachtung zu den runden, ist als Vertreter männlichen Jenders schlecht rasiert und in seiner nördlichen Hälfte verhüllt von einer umgeschlagenen Wollmütze. Das Beinkleid des klassischen Knallkörperkäufers besteht aus einer Trainingshose, pardon, aus einer mit den unabdingbaren weißen Seitenstreifen gezierten „Jogginghose“. Die nicht dazugehörige Jacke ist dünn und wird schlenkrig offen getragen, so daß man sich vor dem Schwenkbereich des Knallkörperkäufers hüten sollte. Zumal in den Momenten, wenn der zur Gedrungenheit neigende Knallkörperkäuferkörper mit langstielig pyrotechnischen Knallkörpern in Händen sich von der Verkaufsauslage aufrichtet und, sei es aus voller Glückseligkeit, sei es aus tiefem Mißmut, in jedem Fall jedoch mit nicht zu vernachlässigendem Drehmoment in hastiger Plötzlichkeit und unbedacht jeglicher Wirkung auf Menschen in seinem unmittelbaren Schwenkbereich zu rotieren anfängt.

Wie ich Manfred Overeschs und Friedrich Wilhelm Saals Geschichtskalendarium „Droste Geschichtskalendarium. Chronik deutscher Zeitgeschichte. Politik – Wirtschaft – Kultur“ (Düsseldorf 1982 – 1986) entnehmen kann, sang man Heiligabend hundert Jahre vor unserer Spezies des gegenwärtigen Knallkörperkäufers das Lied „O Tannenbaum, o Tannenbaum, der Kaiser hat in d’n Sack gehauen!“ In München wurde die Schließung sämtlicher Betriebe bis hinter den Jahreswechsel verordnet. Wegen Knappheit an Kohlen. In Berlin besetzen Arbeiter einen Tag nach Heiligabend die Redaktion des SPD-Blattes „Vorwärts“ und veranlassen gewaltsam das Veröffentlichen eines „Roten Vorwärts“.

Selbigen Tages in Magdeburg gründet sich als Bund der Frontsoldaten der „Stahlhelm“.

Am 28. Dezember, also exakt hundert Jahre vor dem diesjährigen ersten Tag des Knallkörperverkaufs, marschierten die erste Freiwilligenverbände durch Berlin. Währenddessen nimmt der preußische Kultusminister den erst am 29. November 1918 verkündeten Erlaß über die Freiwilligkeit einer Teilnahme am Religionsunterrichts zurück. Wegen massiver Proteste seitens der Kirchen. Einen Tag später, es ist Sonntag, kommt es in Berlin vor dem Reichstag zu einer großen Kundgebung der SPD vereint mit den Linksliberalen gegen die „Blutdiktatur des Spartakus“. Schon im Monat davor hatten in Berlin die Soldatenräte verkündet, sämtliche Spartakisten „vor die Türe zu setzen“. Als Grund wurde angegeben: Wegen ständiger „Quertreiberei“. Und die deutsche Regierung hatte sich veranlaßt gesehen, die russische Forderung, in Berlin eine Regierung Liebknecht zu bilden, als unberechtigte Einmischung in deutsche Verhältnisse zurückzuweisen.

Hinzu kommt, am Nikolaustag 1918 hatte Adolf Abramowitsch Joffe, seines Zeichens sowjetischer Exdiplomat in Berlin, sogar erklärt, „finanzielle Kontakte“ zu USPD-Politikern geknüpft zu haben. Mit dem Zweck einer „Waffenbeschaffung“. Woraufhin der Vorwurf sein züngelndes Haupt erhob, die deutsche Revolution sei vermittels russischer Gelder befördert worden…

Denn, behauptet Nietzsche, wo das Vertrauen fehle, spräche der Verdacht.

Und warum sollten allein die Deutschen fähig sein, sich Revolutionen zu kaufen?

Jedenfalls einen Tag vor dem Jahreswechsel 1918/1919 treffen sich in Berlin Delegierte der spartakistischen Vereinigungen unter Teilnahme einer sowjetischen Delegation, zu deren Mitgliedern Karl Bernhardowitsch Radek zählt, und gründen die Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands.

Und lehnen bei der Gelegenheit jegliche Beteiligung an Wahlen zur Nationalversammlung ab.

Am Tag nach Neujahr protestiert die deutsche Regierung in Moskau gegen die illegale Einreise Radeks. Der ja erst 1917 im plombierten Wagen mit Lenin nach Rußland expediert worden war. Und der nach 1920, als Mitglied des Zentralkomitees der Bolschewisten, innerhalb der Komintern für den Ausbau und die Anleitung der Kommunistischen Partei in Deutschland verantwortlich zeichnen wird. Also der nämlichen KPD, die infolge russischer Anleitung und Vorgabe unter Thälmann die Sozialdemokraten zum Hauptfeind erklären und gemeinsam mit den Nationalsozialisten gegen die verhaßte Weimarer Republik streiken und marschieren sollte.

Silvester treten die Dadaisten George Grosz und die Gebrüder John Heartfield und Wieland Herzfelde der neuen kommunistischen Partei bei.

Am 5. Januar nehmen sich die Kommunisten prompt die Absetzung des Berliner Polizeipräsidenten Emil Eichhorn aus der USPD durch den preußischen Innenminister Eugen Ernst aus der SPD zum Vorwand für den „Ausbruch“ des sogenannten Spartakusaufstandes in Berlin, zur Beförderung der von den Bolschewisten herbeigesehnten „Weltrevolution“. Spontan werden schlagartig große Zeitungshäuser besetzt. Der „Vorwärts“ wird gezwungen, am 6. Januar als „Organ der revolutionären Arbeiterschaft von Groß-Berlin“ zu erscheinen, und ein „Revolutionsausschuß“ von „revolutionären Obleuten“ des Spartakusbundes und der USPD, unter ihnen Liebknecht, ruft auf zum Sturz der Regierung. Gleichzeitig stürmen Regierungstruppen jedoch das zwischenzeitlich von „Spartakisten“ besetzte Wolffsche Telegraphenbüro, während der Berliner Vollzugsrat die Absetzung des Polizeipräsidenten mit großer Mehrheit bestätigt.

In München gründet sich, als Vorgängerin der NSDAP, die Deutsche Arbeiterpartei und, es gibt tatsächlich Zufälle in der Geschichte, in Berlin beschwört der Dichter Dehmel vermittels einer pathetischen Rede seinen Glauben an ein „drittes Reich“.

Am 7. Januar besetzen „Spartakisten“ in Braunschweig, Dortmund, Düsseldorf, Halle, Nürnberg und Zwickau ebenso spontan wie in Berlin die Zeitungsredaktionen, richten eine Zensur ein und zwingen die „Düsseldorfer Nachrichten“ als „Rote Fahne vom Niederrhein“ zu erscheinen.

Wogegen zu ihrer Überraschung sämtliche Drucker Düsseldorfs in Streik treten…

Der Historiker Ernst Piper in seiner Biographie Rosa Luxemburgs („Rosa Luxemburg – ein Leben“) kommt zu dem richtigen Schluß:

„Die Massenbasis für ihre soziale Utopie war nicht vorhanden.“

Was ja wohl heißt: Die Menschen wollten das nicht.

Und gerade auch der Sieg der sogenannten Oktoberrevolution in Rußland ist, wenn man einmal undogmatisiert nachzudenken sich bemühen wollte, die exakte Widerlegung der marxschen These, daß das Sein das Bewußtsein bestimme: Hier triumphierte nämlich das ideologisierte Bewußtsein einer diszipliniert putschenden Parteiclique über das Sein eines nicht nur industriell rückständigen Landes.

In welchem das materielle Sein eben nicht revolutionsreif gewesen wäre im Gegensatz zu England.

Nach marxschem Sinnen.

Übrigens, am selben Tage, als die „Spartakisten“ in Braunschweig, Dortmund, Düsseldorf, Halle, Nürnberg und Zwickau ausgerechnet die Zeitungszentralen unter Zensur stellen wollen mit der offensichtlichen Absicht einer Bewußtseinsmanipulation, wird das gesellschaftliche Sein in Sachsen bestimmt an jenem 7. Januar 1918 durch das unter Strafandrohung stehende Verbot jeglichen Beheizens von öffentlichen Veranstaltungsräumen, Kinos, Kirchen und Theatern.

Wegen Kohlenknappheit.

Was mich natürlich an die Jahreswende in dem extremen Winter 1946/47, ein Kriegsende später, denken läßt.

So ist über den Heiligabend 1946 und die Folgetage in der Chronik beispielsweise zu lesen:

 

24. Dezember 1946, Dienstag

„Die Nachttemperaturen in Berlin betragen 15-20° minus.“

„General McNarney verkündet in Frankfurt/Main die Amnestie für nur nominelle Nationalsozialisten.“

„Die Berliner Bevölkerung erhält von den Militärregierungen Weihnachtssonderzuteilungen. Die Russen stellen 900000 Flaschen Wodka sowie größere Mengen Zucker und Mehl zur Verfügung; die Engländer liefern Süßigkeiten, die Amerikaner Trockenobst, Früchtekonserven, Fruchtsäfte und die Franzosen 100000 Flaschen deutschen Sekt und 3000 l Moselwein. Die Verteilung soll ohne Rücksicht auf die Sektorengrenzen erfolgen.“

„Die Enttrümmerung Berlins wird nach Ansicht von Fachleuten 25 Jahre dauern und 2,7 Mrd. RM kosten.“

„In Saarbrücken hebt die französische Militärregierung die Sperrzeiten auf.“

„Die gesamte Schiffahrt auf dem westdeutschen Kanalnetz ist durch den strengen Frost der letzten Tage zum Stillstand gekommen.“

„Das Treibeis auf dem Rhein nimmt zu, und verschiedentlich ist der Fluß schon bis zur Hälfte zugefroren. Von dem Stillstand des Schiffsverkehrs werden vor allem Lieferungen von Lebensmitteln, Kohlen und Düngemitteln betroffen.“

„In Leipzig wird eine Filiale der internationalen Buchzentrale in Moskau eröffnet, über die russische Literatur für die sowjetische Zone bezogen werden kann.“

 

27. Dezember 1946, Freitag

„Die amerikanische Militärregierung genehmigt die Sendung von Care-Paketen jetzt auch für die sowjetische Zone.“

 

28. Dezember 1946, Samstag

„In Hamburg werden z. Z. durchschnittlich pro Tag 20-30 Schwarzhändler verhaftet.“

 

31. Dezember 1946, Dienstag

„Um 18.00 Uhr tritt das vom amerikanischen Präsidenten Truman proklamierte offizielle Ende des Zweiten Weltkrieges in Kraft.“

„Josef Kardinal Frings predigt im Kölner Dom über das Gebot ‚Du darfst nicht stehlen‘. Er führt aus: ‚Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der einzelne das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit notwendig hat, wenn er es auf andere Weise durch seine Arbeit oder durch Bitten nicht erlangen kann.‘ Nach dieser Predigt macht das Wort ‚fringsen‘ als Ausdruck für ein unrechtmäßiges Aneignen von fremdem Eigentum seine Runde.“

„Von 9598952 Heimatvertriebenen in den vier Zonen und Berlin stehen 25,4% im Alter bis zu 14 und 10% zwischen 14 und 20 Jahren. In den Westzonen werden 5,5 Mill. Kinder und Jugendliche gezählt, die durch den Krieg ihr Elternhaus verloren haben. 4,75 Mill. davon stammen aus dem Osten. Aus den deutschen Ostgebieten, die unter polnischer Verwaltung stehen, sind in diesem Jahr 1635627 Deutsche ausgesiedelt worden. Seit Beginn der Aktion erfaßte die Aussiedlung 2091949 Deutsche. Beispiele der Aufnahme: Bayern hat in diesem Jahr 544100 Ostflüchtlinge und 1089860 Ausgewiesene aus der Tschechoslowakei aufgenommen.“

„Der Oberbefehlshaber der britischen Zone, Luftmarschall Sir Sholto Douglas, hat eine zeitweilige Unterbrechung in der Umsiedlung der deutschen Bevölkerung aus den polnisch verwalteten Gebieten in die britische Zone verfügt und begründet diese Unterbrechung mit der außerordentlichen Kälte in Mitteleuropa.“

„In der amerikanischen Zone sind in diesem Jahr durch deutsche Gerichte 419600 Personen und durch Militärgerichte 859536 Personen abgeurteilt worden.“

„Die drei westlichen Zonen haben über 30% ihrer Produktion von 1938 wieder erreicht (zum Vergleich: andere westeuropäische Staaten 90%).“

„Das Volkswagen-Werk hat im vergangenen Jahr 10020 VW hergestellt.“

„In Bayern werden 1946 2917 Radiogeräte gebaut. 630 wurden an politisch Verfolgte, 114 an die Militärregierung, 488 an andere Länder der amerikanischen Zone, 603 an Blinde und Schwerstversehrte, 437 an die Presse und Behörden verteilt. 645 verblieben bei den Firmen zum Tausch gegen Materialien.“

„Die aus der sowjetischen Zone gelieferten Briketts tragen die aufgeprägten Texte: ‚UdSSR 30 Jahre Säule des Friedens‘ oder ‚Arbeiter und Bauern der UdSSR bauen eine neue Welt‘.“

„Trotz aller Anstrengungen der Wohltätigkeitsorganisationen kommt in diesem Jahr in den Westzonen einschließlich Berlins nur ein Care-Paket auf 146 Personen. Durchschnittlich können 0,62 kg Lebensmittel pro Person ausgegeben werden.“

„Nach amtlichen Statistiken stehen jedem Deutschen an Wohnraum zu: In der britischen Zone 6,2 qm, in der amerikanischen 7,6 qm, in der französischen 9,4 qm. Über die sowjetische Zone liegen keine Angaben vor.“

Einer Tabelle ist zu entnehmen: Die Wochenlöhne der Industriearbeiter betrugen 1946 in der britischen Zone für Männer an die 40 RM und für Frauen um die 20 RM.

Und

„Im letzten Sommersemester waren etwa 73000 Studierende eingeschrieben, im ersten Nachkriegsjahr 1919 waren es 89160. Mit 6300 Studenten weist die Universität München die größte Hörerzahl auf. Etwa die zehnfache Anzahl von Abiturienten ist wegen des bestehenden Numerus clausus und der Entnazifizierungsbestimmungen nicht zugelassen worden.“

„In Berlin und der sowjetischen Zone erscheinen 81 Tageszeitungen (89 Wochenzeitungen und Zeitschriften), in der amerikanischen 65, in der britischen 159 und in der französischen 88. 1932 gab es in Deutschland 4705 Tageszeitungen mit 120 unterschiedlichen Richtungsangaben.“

„Die Anzahl der ortsfesten Kinotheater in den Westzonen und in West-Berlin beläuft sich auf 2125. In diesem Jahr wurden 300 Mill. Eintrittskarten verkauft, was einer jährlichen Besucherfrequenz von 6,5 pro Kopf der Bevölkerung entspricht.“

 

1. Januar 1947, Mittwoch

„Jakob Kaiser schreibt in der ›Neuen Zeit‹ den Leitartikel ‚Deutscher Weg 1947‘. ‚Wenn nicht alle Zeichen trügen, stehen wir am Beginn des Jahres, das Deutschland eine neue Einheit gibt.’“

„Adenauer erklärt in seinem Aufruf an seine Partei, kein christlich-demokratischer Politiker werde einen Friedensvertrag unterschreiben, in dem die Oder/Neisse-Linie anerkannt wird.“

„2,37 Mill. deutsche Gefangene befinden sich noch in alliiertem Gewahrsam, je zur Hälfte in westlichen und östlichen Lagern.“

„Die SED richtet Kreisparteischulen des Marxismus- Leninismus ein.“

„In Berlin brennen von den ehemals 86000 Gaslaternen wieder 12000.“

„In der französischen Zone wird das nächtliche Ausgehverbot aufgehoben. Deutsche Kraftwagen dürfen jedoch zwischen 22.00 und 05.00 Uhr nicht verkehren.“

 

2. Januar 1947, Donnerstag

„Aufgrund zunehmender Überfälle werden Fußgänger in Potsdam in den Abendstunden mit Polizeischutz begleitet. An bestimmten Sammelstellen und Straßenbahnhaltestellen versammeln sich Fußgänger, um in Polizeibegleitung entfernter gelegene Vororte zu erreichen.“

„Auf Anordnung der britischen Militärregierung richtet der Krupp-Konzern eine eigene ‚Abbruchs-Abteilung‘ ein.“

„Wegen Kohlenmangels werden die Weihnachtsschulferien in Bremen und Hamburg bis zum 14. Januar verlängert.“

 

4. Januar 1947, Samstag

„In Oslo wird mit der Versendung norwegischer Truppen nach Deutschland begonnen.“

„In Hamburg erscheint erstmalig die Zeitschrift ‚Diese Woche‘, konzipiert als deutsches Pendant der britischen ‚News Review‘. Die britischen Presseoffiziere fordern von dem Blatt: ‚Objektive Nachrichten, um der besseren Lesbarkeit willen mit Ursache, Ablauf und Wirkung.’“ ! ! !

 

5. Januar 1947, Sonntag

„In Nürnberg werden verstärkte Stromabschaltungen notwendig. Wechselweise im nördlichen und südlichen Stadtgebiet wird von 7.30 bis 11.30 Uhr und 13.00 bis 18.00 Uhr der Strom abgeschaltet.“

 

6. Januar 1947, Montag

„Erstmalig dürfen auf einer Pressekonferenz der amerikanischen Militärregierung im OMGUS-Gebäude in Berlin wieder deutsche Pressevertreter teilnehmen.“

„Das VW-Werk in Wolfsburg muß wegen Kohlenmangels stillgelegt werden; die Arbeitspause reicht bis zum 10. März 1947.“

 

Und natürlich ist auch eine Reminiszenz an die wichtige Jahreswende vor 70 Jahren wertvoll:

 

24. Dezember 1948, Freitag

„Nach Angaben des Internationalen Roten Kreuzes befinden sich in Frankreich und Nordafrika noch 24140 deutsche Kriegsgefangene, in Polen noch 40000, in Albanien etwa 1000.“

„Nach Angaben der Zeitung ‚Neues Deutschland‘ dienen mindestens 40000 ehemalige deutsche Soldaten als Fremdenlegionäre in Indochina.“

„Nach Angaben des Vorsitzenden der SED, Otto Grotewohl, befinden sich noch etwa 300000 Kriegsgefangene in der Sowjetunion. Nach Angaben des bayerischen Roten Kreuzes muß sich die Zahl der Kriegsgefangenen und Vermißten in der Sowjetunion jedoch auf mindestens 1,5 Mill. belaufen.“

„Viele Werke teilen Weihnachtsgratifikationen aus. Die Belegschaft der Kölner Klöckner-AG erhält als Weihnachtsgabe u.a. 3352,5 kg Fett und 19800 Tafeln Schokolade. Im Herbst 1948 beschaffte das Werk 34000 Ztr. Einkellerungskartoffeln für die Belegschaft, die zu 5,70 DM/je Ztr. verrechnet wurden. Der Preis lag damit um 60 Pf unter dem festgesetzten amtlichen Preis.“

 

25. Dezember 1948, Samstag

„Das Leipziger ›Börsenblatt‹ ehrt in einem mehrspaltigen Artikel in Stalin den ‚Wissenschaftler und Schriftsteller‘.“

 

26. Dezember 1948, Sonntag

„Während der bisherigen 6monatigen Luftbrücke wurden 96640 Flüge nach Berlin durchgeführt. In dieser Zeit konnten 700172 t Ware nach Berlin gebracht werden. Insgesamt gingen neun Flugzeuge durch Absturz verloren, dabei waren 26 Todesopfer zu beklagen.“

 

29. Dezember 1948, Mittwoch

„Im ‚Neuen Deutschland‘ stellt Walter Ulbricht den ‚Übergang zur Volksdemokratie in der sowjetisch besetzten Zone‘ in Abrede.

Ulbricht erklärt ferner im ‚Neuen Deutschland‘: In der Westpresse wird ‚behauptet, auf der Halleschen Kreiskonferenz der Bauern sei von der Kollektivierung der deutschen Landwirtschaft gesprochen worden. Diese Meldung ist von Anfang bis Ende erlogen. Niemand wird gegen die Großbauern vorgehen.’“

 

31. Dezember 1948, Freitag

„In seiner Silvesteransprache im NWDR erklärt Ernst Reuter über die Lage in Berlin u.a.: ‚Dunkel sind die Abende, kalt sind die Wohnungen, und was das Allerschlimmste ist, wir sind abgeschnitten von jeder Berührung mit der Außenwelt.’“

„Das Evangelische Hilfswerk für Kriegsgefangene und Internierte hat im vergangenen Jahr mehr als 210000 Briefe, Pakete und Bahnsendungen an deutsche Kriegsgefangene in aller Welt verschickt. In mehr als 1600 Fällen konnte das Hilfswerk die Angehörigen von in Kriegsgefangenschaft verstorbenen Deutschen benachrichtigen. Nach britischen Berichten hat sich der durchschnittliche Gesundheitszustand der aus der Sowjetunion heimkehrenden deutschen Kriegsgefangenen in den letzten Monaten verschlechtert.“

„Nach britischen Angaben sind bei Kriegsende 3730995 deutsche Kriegsgefangene in der Sowjetunion gewesen. Diese Aussagen beruhen auf in London gesammelten russischen Heeresberichten. Nach den Akten des Viermächtekomitees in Berlin sind bis zum 1. März 1948 erst 252395 deutsche Kriegsgefangene aus der Sowjetunion heimgekehrt; daraus ergibt sich, daß gegenwärtig 3478600 deutsche Soldaten aus der Sowjetunion noch nicht zurückgekehrt sind; die meisten sind jedoch zu diesem Zeitpunkt vermißt oder verstorben. Seit März 1946 bis zum Jahresende 1948 sind über 104000 ehemalige Kriegsgefangene nach Berlin (West) zurückgekehrt. Wie das Hauptsozialamt des Magistrats mitteilt, kamen davon 43259 aus dem Osten.“

„Während der FDGB am 1. Mai 1948 in Großberlin etwa 600000 Mitglieder hatte, sind es Ende 1948 nur noch 403000. Die ausgetretenen Mitglieder haben sich überwiegend in der UGO zusammengeschlossen, obwohl sie im Sowjetsektor Berlins nicht zugelassen ist.“

„Im Jahre 1948 flüchteten etwa 150000 Menschen aus der sowjetischen Zone nach Westdeutschland.“

„In Berlin gibt es 113000 Arbeitslose und 67000 Kurzarbeiter. Aufgrund der Blockade mußten von 62500 Betrieben 5712 stillgelegt und 10480 auf Kurzarbeit umgestellt werden.“

„Der Vollhauer-Durchschnittslohn im Ruhrbergbau beträgt im Jahresdurchschnitt 10,96 DM/je Schicht.“

„Im VWG erhält der Normalverbraucher 1800 Kal. pro Tag; davon werden 1100 durch die Inlandsproduktion gedeckt (1947: 700 – 800 Kal.). 300 – 400 Kal. werden als zusätzliche Erwerbsmöglichkeit pro Kopf und Tag geschätzt.“

„1 US-Dollar kostet 3,70 DM, 1 Paar Damenstrümpfe 10,- DM. Die Berliner Wechselstuben verkaufen 1 DM (West) für 3,50 DM (Ost).“

„Die Realeinkommen der Industriearbeiter der Bizone liegen bei 67% des Standes von 1938.“

„1948 ist das Rekordjahr der Scheidungswelle. In den drei Westzonen kommen auf 100000 Einwohner 186 Scheidungen; noch 1950 werden nur etwa 60% der gesamten bundesdeutschen Bevölkerung in ‚vollständigen Familien‘ leben.“

„In den Westzonen erhöht sich die Zahl der Kinotheater im Laufe des Jahres auf 2975. Die jährliche Besuchsfrequenz erreichte 9,1 pro Kopf der Bevölkerung. In den Westzonen Deutschlands werden im Laufe des Kalenderjahres 23 Filme uraufgeführt.“

„Die Besucherzahl der Kinos in der sowjetischen Zone ist 1948 gegenüber den Vorjahren gesunken. Vor allem der russische Film hat bei einem Besucherdurchschnitt von 30-40% bei Jahresanfang einen Stand von 10-15% am Jahresende erreicht. Lediglich politisch untendenziöse Filme wie ›Steinerne Blume‹ oder ›Wolfsblut‹ sind erfolgreich.“

„In Deutschland waren Ende 1948 bei den einzelnen Oberpostdirektionen rd. 9,8 Mill. Rundfunkhörer angemeldet. In der britischen Zone sind es 3550000, in der amerikanischen 2435000, in der französischen 600000 und in der sowjetischen 2500000. Berlin hat 730000 Hörer.“

 

1. Januar 1949, Samstag

„Der Urlaub für Bergarbeiter wird um 60% erhöht.“

„Jeder Erwerbstätige im Raum der drei westlichen Zonen wird im Jahr 1949 etwa 200 DM für die Deckung der Besatzungskosten zahlen.“

„Für den Monat Januar beträgt die Ration für Normalverbraucher: 11000 g Brot, 1625 g Nährmittel, 500 g Fleisch, 800 g Fisch, 625 g Fett, 125 g Käse und 1500 g Zucker.“

„Die Post eröffnet den Fernsprechdienst mit Finnland. Im Laufe des Jahres wird der Sprechdienst mit weiteren 46 Staaten der Welt (am 23. Dezember 1949 zuletzt mit den Philippinen) wieder aufgenommen.“

„Zur Aufhebung von kriegsbedingten Beleuchtungsvorschriften dürfen in der Bizone Kraftfahrzeuge nur noch mit 2 funktionierenden Scheinwerfern und roten Rückleuchten fahren, Motorräder müssen mindestens 1 Scheinwerfer und 1 Rücklicht haben, Pferdefuhrwerke müssen mindestens zwei weiße Lampen vorn und 1 rote Lampe hinten haben.“

„Das seit 19. Dezember 1947 geplante ‚Forschungsinstitut für den wissenschaftlichen Sozialismus‘ der SED nimmt seine Arbeit auf.“

 

3. Januar 1949, Montag

„Ernst Reuter, Oberbürgermeister von Berlin (West), fordert vor der SPD die Eingliederung Berlins in den vorgesehenen westdeutschen Staat.“

„In Berlin nimmt die ‚Zentrale für politische Ostzonenflüchtlinge‘ ihre Arbeit auf.“

„Die organisatorische Trennung der KPD der drei Westzonen von der SED findet statt. Die zuvor, am 27. April 1948, beschlossene Umbenennung der KPD in ‚Sozialistische Volkspartei Deutschlands‘ wird von den Militärregierungen in den Westzonen nicht genehmigt. Die offizielle Lösung der KPD von der SED findet in Frankfurt/Main statt.“

„Der Parteivorstand der KPD gibt in Düsseldorf seine organisatorische Trennung von der SED bekannt, um die ‚besonderen Kampfbedingungen in Bizonien‘ besser erfüllen zu können.“

„Auf Befehl der SMAD muß der Landesvorstand Brandenburg der Sowjetzonen-CDU allen Angestellten kündigen, die in einem der Berliner Westsektoren wohnen.“

„Der erste Fruchtdampfer seit 1939 ist im Hamburger Hafen mit 41600 Kisten Zitronen und Apfelsinen eingetroffen.“

 

4. Januar1949, Dienstag

„Über 150 Flüchtlinge aus der sowjetischen Zone melden sich bei der Eröffnung einer vom verfassungsmäßigen Berliner Magistrat eingerichteten ‚Ostzonenflüchtlingsfürsorgestelle‘.“

„Auf sowjetischen Befehl werden alle im Postamt 17 im Sowjetsektor Berlins eingetroffenen Auslandspakete für Westberliner Empfänger beschlagnahmt. Personen, die ihre Sendung bereits erhalten haben und sich noch im Schalterraum aufhalten, müssen ihre Sendung wieder zurückgeben. Ein Angestellter des Postamtes erklärt, daß Pakete an Westberliner nicht mehr ausgeliefert werden.“

 

5. Januar1949, Mittwoch

„Im RIAS starten die ‚Insulaner‘ ihre bekanntgewordenen Funkkabarett-Sendungen. Das Leitmotiv ihrer Programme ist: ‚Der Insulaner verliert die Ruhe nicht‘.“

 

8. Januar 1949, Samstag

„200. Tag der Berliner Luftbrücke. Vom 14. Dezember bis zum 4. Januar 1949 wurden täglich im Durchschnitt 1626 t Lebensmittel nach Berlin geflogen. Im November waren es im Tagesdurchschnitt 1128 t. Die Gesamtmenge der über die Luftbrücke nach Berlin beförderten Lebensmittel betrug zwischen dem 28. Juni 1948 und dem 4. Januar 1949 227314 t.“

 

Also, gesundes neues Jahr!

 

Der RIAS in Chemnitz

 

28. September 2018: Bellarmin an Mephisto

 

Nun ist seit den „Vorkommnissen“ in Chemnitz bereits wieder ein Monat ins Land und in die Bundesländer gegangen. Ohne daß außer einem Fahndungsaufruf gegen einen dritten Verdächtigen und der Entlassung eines der beiden verhafteten Verdächtigen die Staatsanwaltschaft sich befleißigt gefühlt hätte, der offenbar extrem interessierten und zu großen Teilen verunglimpften Öffentlichkeit gnadenhalber wenigstens eine der doch sonst üblichen Pressekonferenzen nach einer Untat derartigen Ausmaßes zu gewähren und durch Mitteilung des bisher gesicherten Erkenntnisstandes etwas zur Beruhigung beizutragen.

Sage nicht, es würde die Ermittlungen gefährden, wenn endlich einmal bestätigt würde, ob es sich nun um eine Messerstecherei gehandelt hatte oder um eine Messerattacke, was ja wohl einen Unterschied bedeutet. Und ob die beiden bei den „Vorkommnissen“, also der „vorgekommenen“ Messerstecherei oder Messerattacke einmalig am 26. August 2018 erwähnten Verletzten oder gar, wie es einmal hieß und dann nie wieder, der Schwerletzten, ob diese inzwischen genasen und vielleicht sogar aus der stationären Behandlung entlassen werden konnten.

Anläßlich selbiger Gelegenheit und sogar im Einklang mit unserem in dieser Hinsicht einer Wahrheitsfindung sonst eher undienlichen Pressekodex hielte ich es nicht für unwichtig zu erwähnen, ob es sich bei den drei Opfern der Messerstecherei oder der Messerattacke um Bundesbürger gehandelt hatte. Und bei den anderen, also den Tatverdächtigen eines Messerangriffs, nicht.

Unsere aus irgendwelchen Gründen der Lügen bezichtigten Medien scheint das alles allerdings nicht weiter zu interessieren.

Apropos, da wir justament wieder an jenem Punkt sind, weißt Du, was ich mir angesichts der „Vorkommnisse“ und ihrer Folgen vorstelle unter normaler Pressearbeit?

Weißt Du, was der RIAS, der Rundfunk im amerikanischen Sektor Berlins, der beste Sender, den es je gab, weißt Du, was der gemacht hätte? Der wäre beispielsweise am Montag, dem 27. August hingefahren nach Chemnitz mit seinem Ü-Wagen, Ü für Übertragung, und hätte direkt, also leif, von jener Massendemonstration der 8.000 „Chaoten und Hooligans von außerhalb Sachsens“ (Sachsens Innenminister) berichtet. Und zwar nicht nur in verwackelten blitzschnellen Sequenzen. Sondern, wie es sich bei seriöser Berichterstattung gehörte, vermittels gebührenfinanzierter und teuer bezahlter Kamera- und Mikrofontechnik des 21. Jahrhunderts.

Und der RIAS wäre durch die Stadt gefahren, auch in den Folgetagen, und hätte ausgiebig Leute interviewt. Insonderheit Einheimische aus der Innenstadt.

Aus sozialen Brennpunkten.

Aus Tatortnähe.

Und der RIAS hätte gedrungen auf eine Übertragung, also Leifsendung, vom Zusammentreffen des sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer und der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Ludwig mit 500 geladenen Bürgern der Stadt.

Sie können Ihre Meinung sagen, aber was nicht geht, dass man eine Meinung mit einer Hetzjagd ausdrücken will.“ (Ludwig)

Bei welcher Gelegenheit auch der Ministerpräsident es nicht verabsäumte zu verlautbaren, es müsse dafür gesorgt werden, daß nicht „Halbwahrheiten“, „Fake News“, (also Falschmeldungen, Anmerkung von mir), und „Stimmungsmache“ „die Oberhand“ gewönnen.

Demnach hätte der RIAS auf öffentliche Übertragung der Versammlung mit 500 geladenen Stadtbürgern gedrungen sogar im Einklang in dem vom Ministerpräsidenten bekundeten Sinn!

Denn warum auch sollten der Ministerpräsident Kretschmer und die Oberbürgermeisterin Ludwig Angst haben vor der Wahrheit?

Nicht wahr?

In einem gnadenvollen Akt der Milde ließ sich der Landesvater selbstredend hinreißen zu der gefühlvollen Bemerkung, pardon, zu dem emotionalen Stätment, er wisse, daß nicht alle in Chemnitz rechtsradikal seien!

Diese Sternstunde der persönlichen Menschlichkeit hätte der RIAS übertragen!!

Leif!

Da wäre kein Auge trocken geblieben!

Und dann wären die Reporter auch rausgegangen und hätten sich ausgiebig unterhalten mit den 900 rechten Menschen auf der „rechten Kundgebung in Hör- und Sichtweite“ des Treffpunktes der 500 zum Landesvater und der Stadtmutter geladenen Bürger.

Was?

Das hätte sich der RIAS gar nicht wagen dürfen?

Weil die „Chaoten und Hooligans“ den Ü-Wagen platt gemacht hätten?

Und die rechten Menschen gar nicht mit der Presse geredet hätten?

Das glaube ich eher nicht!

Weil nämlich in Zeiten des RIAS das Klima jener ungeheuerlichen „Lügenpresse!“-Sprechchöre erst überhaupt nicht entstanden wäre.

Aus Mangel an Gründen.

Denn nichts entsteht ja grundlos.

Die RIAS-Reporter wären also rausgegangen zu der Kundgebung. Denn die Kundgebung war ja angemeldet, also legitim.

Sonst wäre sie ja auch verboten worden.

Es handelte sich also um eine demokratische Versammlung.

Und wir leben doch in einem demokratischen Staat. In welchem Berichterstatter die Kundgebenden eines legitimierten Willens nicht ohne weiteres und von vornherein als „rechts“ oder „rechtspopulistisch“ in diskriminierender Absicht zu etikettieren und tendenziös abzuwerten haben. Noch dazu ohne jegliches ansonsten heute so beliebte „mutmaßlich“.

Sondern die RIAS-Reporter aus dem Ü-Wagen in Chemnitz hätten berichtet von einer Gegenkundgebung, auf welcher dies und jenes gefordert wurde von den im übrigen absolut friedlichen Demonstranten. Und hätten berichtet: Auf den Transparenten beispielsweise standen folgende Parolen zu lesen.

Und ein Redner habe unter anderem dies und das gesagt.

So sah einst Berichterstattung aus!

Und dem Rezipienten wurde anheimgestellt, mündig zu sein und eigenmächtig aus dem Bericht nach Belieben und Gutdünken und eigener Meinung zu schlußfolgern in einem Staat mit grundgesetzlich garantierter Meinungsfreiheit, welcher Couleur die gegen die landesväterliche Konferenz Demonstrierenden wohl zuzurechnen seien.

Wenn ihm die Couleur wichtig wäre neben dem Eigentlichen.

Neben dem sachlichen Anliegen der Demonstranten.

Womit wir bei der Frage wären, was man den Journalisten heutzutage beibringe auf den bundesdeutschen Journalistenschulen.

Im sonntäglichen Presseclub der ARD war am 2. September ein Beispiel zu sehen. Zur Einstimmung zeigte man zum Beginn einen kurzen Filmbericht zu der legitimen Demonstration in Chemnitz am vorausgegangen Montag, in welchem die Berichterstatterin einen der Veranstalter in durchschaubarer Absicht des Vorführens mit der Frage konfrontierte: „Ist das wieder so ein breites Bündnis von Hooligans bis AfD?“

Worauf der Angesprochene antwortet: „Das ist auf alle Fälle wieder so, ja. Ja hier kommen ganz verschiedene Gruppen zusammen, und ich denke, das ist auch nicht verkehrt.“

Das wirklich Miese daran ist: Die Frage in dem Filmbericht wird im Gegensatz zur Antwort hörbar nicht direkt auf der Kundgebung gestellt, sondern ist im Nachhinein vor die Antwort gesetzt! Warum das? Der Verdacht drängt sich auf, die Frage könnte vor Ort auch anders gelautet haben.

Der Verdacht drängt sich auf, es könnte sich um eine gezielte Unterstellung handeln.

Nach all dem Erlebten.

Bei der Kundgebung vor dem landesväterlichen Bürgertreffen kam übrigens, ebenfalls in der ARD, hier jedoch in der Tagesschau, sogar eine Frau zu Wort mit einem vollständigen Satz des Inhalts, man traue sich nicht mehr in die Innenstadt.

Bildschnitt.

Infolge der öffentlich-rechtlichen Berichterstattung hätte man schier annehmen müssen, die rechte Frau habe Angst vor „Chaoten und Hooligans von außerhalb Sachsens“. Privaten Medien konnte man allerdings entnehmen, Chemnitzer Eingeborene fürchteten sich in der Innenstadt eher vor der nächtlichen Dominanz ausländischer Banden und stellten dummerweise aus irgendeinem Grund irgendwelche Zusammenhänge her zu der Messerstecherei oder Messerattacke mit einem Toten und zwei Verletzten.

Und deshalb ihr Zorn, ihre ohnmächtige Wut und ihre anhaltende Trauer.

 

Wahr spricht, wer Schatten spricht.“

Paul Celan (1920 – 1970)

 

Das Schöne im Kalten Krieg

 

23. April 2018: Bellarmin an Mephisto

Das Schöne im Kalten Krieg war, der Journalismus im Westen brachte völlig nüchtern und unängstlich sogar schier unangenehmste Tatsachendarstellungen, die selbst der östlichen Propaganda hätten nützen können und nützten, wie beispielsweise von Studentenunruhen und Polizeieinsätzen und NPD und mißlungenen US-Raketenstarts, und wie die Beate Klarsfeld 1968 den Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger ohrfeigte.

Den Kiesinger, den ehemaligen NSDAP-Pg, mit dem „der Kriegsbrandstifter Brandt“, ehemals Bürgermeister in der „Frontstadt“ (Stereotypen östlicher Nachrichten Anfang der sechziger Jahre) koalierte!

Man stelle sich vor: Brandt mit einem alten Nazi!

Und die westliche Nachrichtenberichterstattung darüber ohne zu werten!

Und man hatte den Eindruck: a u s g e w o g e n, faktenreich und ohne Weglassung.

Das war bestechend stark: man hielt das Publikum für mündig!

Und, wie sich zeigte, zu Recht!

Sehr zu empfehlen ist das Studium westlicher und, au contraire, östlicher Nachrichtenberichterstattung vor allem der sechziger Jahre.

Und heute?

Heute ist der deutsche Journalismus herabgesunken auf ein Niveau, das jede gutgeartete kritischere, also ideologisch unverknotete Seele geradezu ängstigen muß.

Die Linsenschleifer der Nation, die öffentlich-rechtlichen Nachrichten- und Berichtserstattungsmedien Deutschlands, die sich vermutlich etwas einbilden auf gediegene Objektivität und Seriosität und Unabhängigkeit, auf Ausgewogenheit und Parteienproporz und, natürlich, auf politische Korrektheit, machen Angst. Sie vermitteln ein gefährlich falsches Bild von der Welt, mindestens durch Unterlassung und äußerst fragwürdige Gewichtung. Sie degradieren die Deutschen zu einem Volk, bei dem es tatsächlich als eine von den Medien(!!!) gefeierte Heldentat gilt, daß einer der zurückgetretenen Verteidigungsminister es „gewagt“ habe, die bereits langjährige „Mission“ der Bundeswehr in Afghanistan als Kampfeinsatz zu bezeichnen…

Humorlos hätte man jenes Beispiel ja auch als das werten können, was es in Wahrheit ist, nämlich als ungewolltes (und unbemerktes!!!) Eingeständnis von Unfähigkeit und einer tendenziösen Nachrichtenberichterstattung mit den Merkmalen: Weglassung, Ausblendung des Wesentlichen, euphemistische Lexik, Nivellierung von Unterschieden oder gar Insuffizienz in ihrem Erkennen, demnach analytisches Unvermögen nebst mangelhafter Durchdringung des Weltgeschehens.

Und schließlich und immer wieder: Falschbewertung und -gewichtung mit dem generellen Hang zur teilweise grotesk anmutenden Überbewertung von Nullnachrichten und Nebensächlichkeiten, von Eintagsgeschwätz und von Eintagsfliegen: Der hat dies gesagt und der hat das gesagt anstelle von Fakten. Tellerrand statt Horizont und Verdrängung der Realität.

Heute ist der deutsche Journalismus herabgesunken auf ein Niveau, auf dem in all den Jahren der Eurorettung in Griechenland sage und schreibe ein einziges Mal, in einem Nebensatz, erwähnt wurde, von 300 Sparauflagen seien 211 nicht erfüllt worden.

Ohne jegliche weitere Erörterung!

Ein Niveau, auf dem keinem einzigen Journalisten die Dimension der Tatsache auffällt, daß der Außenminister sich hinstellt auf einer gemeinsamen Pressekonferenz zusammen mit dem Botschafter einer fremden Macht, nämlich der chinesischen, um die Regierungschefin öffentlich zu tadeln, weil sie den Dalai-Lama empfängt!

Man stelle sich eine derartige Szene vor beispielsweise in Frankreich!

Selbiger Außenminister, der zweitschlechteste, den die Bundesrepublik je hatte, ist heute Bundespräsident, und leitete am letzten Tag der Deutschen Einheit den zentralen Teil seines Diskurses ein mit der bemerkenswerten Floskel „Wir müssen uns ehrlich machen…“!

Er handelte im weiteren von der sogenannten Flüchtlingspolitik…

Der höchste Mann im Staate gesteht im Schreck nach den allgemein als desaströs empfundenen Wahlen, man sei bisher unehrlich gewesen gegenüber irgendwem aus irgendeinem Grund!

Was ja wohl heißt, man habe gelogen!

Und nicht ein einziger bundesrepublikanischer Journalist stürzt sich darauf mit einer untertänigen Frage!

Was verdammt erinnert an das Brechtgedicht über die nichtfeststellbaren Fehler der Kunstkommission…

Keine Erörterung, keinerlei Diskussion – und es hätte nur so rauschen müssen im Blätterwald!

Unehrlich?

Warum haben wir denn davon nichts gemerkt?

Immerhin wurde nach der Wahl zwei oder sogar drei ganze Tage lang endlich einmal unterschieden zwischen Flüchtlingen und Zuwanderern…

Aber nicht von Journalisten!

Sondern von erschrockenen Politikern!

Doch man erholte sich rasch, und wie während des Wahlkampfes wurden auch nach dem Wahlkampf die doch essentiellen Fragen, welche die Deutschen am meisten bewegen, in den Medien nie angemessen diskutiert geschweige denn den für tumb erklärten Stammtischen beantwortet:

Wie kommt es, daß die Menschen zu Zehn- und Hunderttausenden und über Dutzende Ländergrenzen hinweg ausgerechnet nach Deutschland streben statt beispielsweise nach Saudi-Arabien oder Katar?

Wie kommt es, daß davon 80 Prozent zwar keine Ausweispapiere jedoch mindestens ein Smartphone besitzen?

Warum dauerte es vom Beginn der so genannten Flüchtlingskrise bis vorigen Monat, daß zum ersten Mal die interessante Wortbildung „Identitätsverweigerer“ auftauchte, und zwar wiederum nicht in den Medien, bzw. dort nur unerörtert wiedergegeben aus dem Mund des Innenministers?

Warum wird in deutschen Medien nicht ausführlich informiert und diskutiert, daß 60 bis 80 Prozent der Asylantragsteller in Europa nicht anerkannt werden aus den und den Gründen?

Das sind die Fragen, die die Menschen bewegten und bewegen!

Die heutige Berichterstattung erinnert fatal an die einstmalige der DDR, ja sie ist mittlerweile angekommen auf dem Niveau des DDR-Fernseh-Chefkommentators Karl-Eduard von Schnitzler.

Im Volksmund genannt „Sudel-Ede“.

Kennzeichen: „Parteilichkeit“ (offen gefordert im ostdeutschen Journalismus!).

Sie drückt sich heute aus z. B. in Etikettierungen:

Die Afd hieß von Beginn an unisono (in den Nachrichten!!!) „die eurofeindliche AfD“, dann „die europafeindliche AfD“, avancierte kurzzeitig, nach dem vorhersehbaren Einzug in die ersten Landesparlamente auf einmal respektvoll zur „eurokritischen“ und „europakritischen“ Partei, um schließlich zu enden als die „populistische AfD“ und endlich nur noch als die „rechtspopulistische AfD“.

Dieses Etikett einzig für die AfD. Niemals hieß es „die populistische Linkspartei“ oder gar und am angemessensten für die populistischste Partei Deutschlands: „die populistische SPD“.

Das ist nicht nur undemokratisch, sondern es handelt sich um mediale Hetze.

Wer darf entscheiden, ob und welche Partei in der Nachrichtenberichterstattung wie etikettiert wird?

Schnitzler hatte eine Sendung im Ostfernsehen, die hieß „Der schwarze Kanal“. Gemeint war das Westfernsehen. Hier klitterte der Mann Sequenzen aus jenem zusammen, das war Hetze pur, um die absurdesten Behauptungen gegen die „revanchistische“ Beärrdee zu belegen.

Die originale Machart fand ihre Auferstehung in der Berichterstattung über Pegida und AfD: Ungünstigste Kameraeinstellungen, blitzschnelle Schnitte, nie ein Gesamtüberblick oder gar einen zusammenhängenden argumentativen Redeausschnitt zur eigenen Urteilsbildung, ausschließlich Dumpfbackendarstellung, Beschränkung auf vordergründigste Etikettierung, Abstempelung statt Gegenargumentation: Also es gibt da keinen einzigen intelligenten Menschen, geschweige denn einen sympathischen, da laufen nur Idioten, und man staunt, wenn man, nach Jahr und Tag, in einem Nebensatz und ohne weitere Erörterung aus einer Studie zitiert erfährt, ach, das ist ja die dortige Mittelschicht…

Die übrigens eine derartige Berichterstattung ja aus dem Ostfernsehen kennt und deshalb Journalisten haßt.

Über Pegida sind sich alle Anständigen einig…

Man stelle sich vor, Nachrichtenredakteure unserer öffentlich-rechtlichen Medien wären samt ihrer korrekten Anständigkeit unvermittelt versetzt ins Paris des Jahres 1789 und kennten aber genauso wenig wie damalige Zeitgenossen der Welt Zukunft. Und an einem linden Juninachmittag, flanierend örtlich auf dem heutigen Boulevard Raspail vielleicht, wären sie plötzlich konfrontiert mit einem ungeordneten Haufen “Ça ira, ça ira!” grölender, teils betrunken anmutender Gestalten. Unsere wackeren Journalisten vernehmen auch entsetzliche “Les aristocrates à la lanterne!”-Rufe!

Und sollten darüber selbstverantwortlich einordnend nun in der abendlichen Tagesschau berichten…

Nein diese tumben, von Haß und Vorurteilen und Abstiegsängsten geplagten und von Kriminellen mit Stammtischparolen aufgehetzten Irregeleiteten aber auch! Also wirklich!

Und Frauke Petry stets fotografiert von unten, ihre Nasenlöcher in Großaufnahme…

Ebenso die anderen: immer ungünstig.

Man stelle sich in der Tagesschau eine derartige Aufnahmeperspektive auch nur einmal für die Kanzlerin vor!

Man merkt die Absicht und man ist verstimmt…

Allein schon wegen der permanenten Unterschätzung des Intelligenzniveaus der Rezipienten.

Und die Methode erinnert extrem an die russische zur Sowjetzeit gegenüber dem Dissidenten Sacharow. Während der Verbannung heimlich gefilmt und ohne sein Wissen landesweit im Fernsehen veröffentlicht: hilflos im Unterhemd beim Arzt.

Die Saat des in „Political Correctness” umbenannten Opportunismus ist aufgegangen, sogar bei Journalisten. Bloß keine störenden Fakten! Und schon gar nicht in Eigenverantwortung!

Das Unwort par excellence, das Hüllwort für Hüllwörter, das Metahüllwort, definierte einst völlig unbekümmert das elektrische DEUTSCHE UNIVERSALWÖRTERBUCH aus dem Verlagshaus DUDEN als: „Political Correctness, die; – – (engl. political correctness, eigtl. = politische Korrektheit): von einer bestimmten (linken, liberalen) Öffentlichkeit als richtig eingestufte Gesinnung, die dazu führt, daß bestimmte Wörter, Handlungen o. Ä. vermieden werden, die als diskriminierend od. pejorativ empfunden werden könnten“.

Da sollten alle Alarmschrillen glocken! Von einer bestimmten(!) Öffentlichkeit(!!)… als richtig(!!!) eingestuft(!!!!)… Gesinnung(!!!!!)… vermieden werden… hätte, könnte, würde…

Was heißt, die Gesinnung einer elitären Gruppe gerechter Linksgläubiger (in jedem Krieg steht Gott ja auf Seiten der Gerechten… folglich auf unserer Seite!), also die infolge Linksgläubigkeit gerechte Gesinnung einer sich Kompetenz anmaßenden „Öffentlichkeit” „führt” dazu, daß „vermieden” werde…

Also man zensuriert, schreibt vor, diktiert dem dummen, pardon, dem bildungsfernen Volk zwangsläufig Ersetzungen des aus konjunktionalen Erwägungen Vermiedenen. Euphemismus statt Pejorativ. Jobcenter statt Arbeitslosenzentrum.

Schöne neue Welt.

„Vermeintliche Probleme der Kommunen” statt „Probleme”. „Gefühlte Bedrohung” durch Kriminalität statt „Bedrohung”. „Möglicher Sozialmissbrauch” durch Zuwanderer aus EU-Staaten statt „Sozialmißbrauch”. Und Unpassendes lasse man in den Nachrichten am besten gleich ganz weg! Zum Beispiel über Ausländerkriminalität. Oder über Bewilligungszahlen von Asylanträgen von Antragsstellern bestimmter Herkunftsländer. Oder sogar Zahlen rechtsextremer Gewalttaten, differenziert nach Bundesländern.

Damit die Leute nicht auf unrichtige Gedanken kommen.

Früher, in Zeiten, in welchen unsere Journalisten noch über Geschichtskenntnisse verfügten und ein wenig deutsch sprechen und mitunter sogar schreiben konnten, hieß Political Correctness, um nur einige Stationen zu nennen, in kontinuierlicher Praxis Pharisäertum, Bigotterie, doppelplusgutes Neusprech oder Parteilinie. Osten erglüht, China ist jung, rote Sonne grüßt Mao Tse Tung. In der Deutschen Demokratischen Republik, was ja auch ein schönes Wort war für „Sowjetische Besatzungszone”, hieß die politische Korrektur „sozialistisches Bewußtsein”. Wenn man also „Russe” sagte statt „Sowjetmensch”, wurde man tadelnd zurechtgewiesen, tatsächlich, mit „Mensch, was haben Sie denn für ein sozialistisches Bewußtsein!?”

Günstigstenfalls.

Seltsamerweise jedoch hat es sich jüngst gerade wieder herausgestellt, daß es besser ist, auch skrupellos das wahrzunehmen, was die Augen zeigen, und Russen immer Russen zu nennen.

Und die Mauer hieß „antifaschistischer Schutzwall“.

Sonst kein Abitur!

Oder, willkürlich herausgefischt aus einem inzwischen unendlichen Ozean, ein weiterer Eklat: In der Mittagsinformationssendung des Deutschlandfunks vermeldet anfänglich ein aufgeregter Journalist, der Alexander Gauland von der AfD habe Jérôme Boateng beleidigt! Gauland hätte geäußert, er wolle Boateng nicht als Nachbarn haben. Erst am Schluß der Sendung klang das dann etwas anders: Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung zitiere Gauland unter der Überschrift „Gauland beleidigt Boateng“ mit den beiden Sätzen: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“

Diese beiden aus jedem weiteren Kontext gelösten Sätze wurden nun unentwegt von sämtlichen Medien, ohne erneute wörtliche Zitierung, in einen Strom der Entrüstung gestellt, vielfach in einem Atemzug mit der Wiederholung, Gauland habe Boateng beleidigt. Meist mit der triumphierenden Einleitung: „Boateng ist Deutscher, Nationalspieler, engagiert sich für soziale Projekte. Er ist in Berlin geboren, Vater Ghanaer, Mutter Deutsche.“ (Bild)

Über Twitter, dem Medium der inkontinenten Inkompetenten, meldeten prompt SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann und Linken-Chef Bernd Riexinger fast wortgleich, Gauland sei ein Rassist!

Und natürlich fügte die unvermeidliche Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckard ihren Senf hinzu, ihr sei Boateng in der Nachbarschaft viel lieber als Gauland. Ebenfalls fast wortgleich mit der Landesvorsitzenden der CDU in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner.

Vizekanzler, also ein Regierungsvertreter, Sigmar Gabriel meinte sagen zu müssen: „Gauland ist nicht nur gegen Fremde, sondern auch gegen das Gute an Deutschland“!

Und natürlich unser oberster Rechtspfleger und Rechtshüter, der ebenso stets unvermeidliche Justizminister Heiko Maas, den man offensichtlich vergaß bei seinen juristischen Studienabschlüssen, über die Unschuldsvermutung zu examinieren, über die Unschuldsvermutung unter anderem, der Heiko Maas also, ein Regierungsvertreter, nannte „Gaulands Äußerung“ „niveaulos und inakzeptabel“.

Der Deutschlandfunk frohlockte: „Im Internet schwillt unter dem Schlagwort ‚Nachbar‘ die Empörung über AfD-Vize Alexander Gauland zum Shitstorm an.“

Unverhohlene Freude eines öffentlich-rechtlichen Mediums über Shitstorm!

Und meldet nachrichtlich: „Bundeskanzlerin Merkel hat die Äußerung von AfD-Vizechef Gauland im Zusammenhang mit dem Fußballnationalspieler Jérôme Boateng verurteilt. Der Satz, der gefallen sei, sei niederträchtig und traurig, sagte Merkels Sprecher Seibert in Berlin.“

Die Regierungschefin!

„Niederträchtig und traurig“.

Indessen muß ich traurig zugeben, daß meine Kenntnisse aristotelischer Logik und mathematischer Schlußweise nicht ausreichen, aus den beiden Sätzen „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“, wenn sie denn so gefallen sein sollten, eine „Beleidigung“ Boatengs oder einen „Rassisten“ Gauland zu folgern.

Es erweckte den Anschein einer konzertierten Inszenierung.

Und erinnerte ebenfalls wieder an die des Chefkommentators der DDR, also an Sudel-Edes Inszenierung von Hetzkampagnen.

Um mich nicht noch weiter in die Vergangenheit zurückzudenken.

Um das Wort „faschistoide Stimmungsmache“ noch einmal zurückzuhalten.

Der gesamte Staat totalitär gegen Gauland!

Keine einzige journalistische Stimme, die den Rufmord Rufmord nannte! Und noch heute wird kolportiert, Gauland hätte gesagt, er würde Boateng nicht zum Nachbarn haben wollen.

Erbärmlich!

Widerlich!

Beängstigend!

Auch wußte und weiß man immer korrekt anzugeben, wer die „rechtspopulistische Partei“, also wer falsch wählt! Daher weiß ich zum Beispiel, daß unter jenen Wählern kein einziger intelligenter Mensch sich befindet, der solches aus rationaler Überlegung täte! Sondern das sind ausnahmslos verängstigte, abgehängte, modernisierungsskeptische, fremdenfeindliche, rassistische Neonazis.

Da kennt man nix von wegen „man spreche von“ und „es hieße“ oder „mutmaßlich“!

In der bundesdeutschen Medienlandschaft ist kaum ein eigenständig kritischer Geist mehr in Sicht. Kein Sebastian Haffner, kein Friedrich Luft, kein Kurt Tucholsky, kein Karl Kraus, nicht zu reden von Lessing, Börne oder Heine.

Man sollte Nachrichtensendungen studieren aus der Zeit des Kalten Krieges, insbesondere die Rundschau-Magazine des RIAS.

Man sollte dieses Senders gedenken!

Der moderne bundesdeutsche Journalismus hat versagt, und ich wage die These, Pegida und AfD sind in hohem Maße Produkt dieses Versagens.