A N A B A S I S

Thalatta ! Thalatta !

Monatsarchive: September 2015

Bellarmin an Mephisto

Der Welt kürzestes Märchen und achtes Wunder:

„Ach, Verzeihung“, sprach König Rechtwinklig aus dem Lande der Ordnungsritter hinter den sieben Bergen Korrektheit nach verlorener Schlacht, „ich kann mir gar nicht erklären, wer da meine motorisierten Regimenter hat bei euch einmarschieren lassen!“

Und erstattete Anzeige gegen unbekannt.

Mephisto an Bellarmin

Gestern vor 70 Jahren, nämlich am 17. September 1945, wurde von der britischen Militärregierung den Deutschen befohlen, in Friedland, auf einem ehemaligen Versuchsgelände der Universität Göttingen, ein Auffanglager einzurichten mit einer Kapazität für 1.000 Vertriebene. Während der folgenden vier Jahre bis Ende 1949 werden von den in die westlichen Besatzungszonen strömenden über 7 Millionen Vertriebenen offiziell rund 800.000 Personen jenes Lager durchlaufen, an manchen Tagen bis zu 12.000.

Gewiß, bei den damaligen Vertriebenen handelte es sich um Menschen aus europäischem Kulturkreis. Und es stimmt die Beobachtung, wie Du sie neulich mir vor Augen führtest, wohin heute die Menschen nicht fliehen. Doch wird kaum erörtert, wovor die meist muslimischen (Aus-)wanderer letztendlich in Wahrheit kommen und wohin sie wahrhaft gehen. Sie fliehen aus einer Welt zerfallender muslimischer Staaten, aus einer mittelalterlich anmutenden muslimischen Zivilisation mörderischster muslimischer Glaubenskriege, aus einer durch westliche Technik hochgerüsteten archaisch muslimischen Gesellschaft, die sich unendlich kreisend in zum Teil muslimisch-religiös kaschierten Stammesfehden zerfleischt. In der Menschen ausgepeitscht, gesteinigt, gepfählt oder anderweitig zu Tode gefoltert werden. In der als Held und Märtyrer gilt und in westlichen Medien unbekümmert als „Kämpfer“ tituliert wird, wer friedliche Menschen als Geiseln nimmt, wer ahnungslose Unbeteiligte, wer Frauen und Kinder durch Bomben zerfetzt, wer hunderte lernender Mädchen entführt, vergewaltigt, versklavt. Wer unschuldige Kinder als Soldaten und Killer abrichtet. Wer einem Mädchen ins Gesicht schießt…

In Nigeria sind heute 1,4 Millionen Kinder auf der Flucht vor Boko Haram.

Wozu die Imame schweigen.

Nein, trotz aller Fehler und Dummheiten, es ist ein Irrglaube, daran dem Westen die Schuld oder auch nur eine Mitschuld zu geben! Die westliche Appeasement-Politik gegenüber Hitler war ein schlimmer Fehler, aber deswegen war der Westen nicht schuld an den deutschen Verbrechen!

Doch jenes letztendlich und im Grunde bis auf die Knochen arbeitsscheue muslimische Gesindel, diese unfähigen Idioten haben es nun soweit gebracht, daß Millionen verzweifelter Menschen selbst vermittels lebensbedrohlichster Flucht ihr Heil suchen bei den eigentlich mit Stumpf und Stiel auszurottenden Ungläubigen in deren moralisch völlig verkommenen Welt. In welcher, obwohl die Imame brüllen, der selbsternannte Prophet karikiert werden darf samt angeheirateter reicher Witwe Chadidscha einschließlich Nebenfrauen und Lieblingsfrau Aiischa. In der die Scharia nichts gilt. In der Zwangsverheiratung bestraft wird und seit einiger Zeit auch „Ehrenmord“. In der Mädchen und Jungen in derselben Turnhalle Sportunterricht haben, im selben Schwimmbecken planschen und zusammen auf Klassenfahrten gehen. In der Frauen unverschleiert über die Straße laufen, sogar mit unbedeckten Beinen, und, dies vielleicht das Schlimmste für jenen muslimischen Abschaum, sich ihre Männer selbst aussuchen. Sie fliehen in eine Gesellschaft, in der sogar Schwule singen dürfen!

Auf den Tag genau 70 Jahre nach jenem denkwürdigen britischen Befehl, an den gestern keiner mehr dachte, trat Manfred Schmidt, Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zurück. Die oppositionellen Grünen und natürlich die TAZ vermuten zufälligerweise unüberlegt, das wäre ein Bauernopfer des Innenministers. Schmidt, der nachweisbar seit langem für die Anpassung der Kapazitäten und Möglichkeiten seines Amtes an die erwartbare Zukunft gekämpft hatte. Die Grünen, die getreu ihrer politisch korrekten Migrationsromantik vor einem Jahr noch ihren einzigen bundesrepublikanischen Ministerpräsidenten beschimpften, weil er der praktikablen Bearbeitung von Asylanträgen der Antragsteller aus Staaten mit einer Zulassungsquote im Promillebereich zustimmte.

Noch vor einem Jahr wurde, wenn überhaupt, in ehernen Wendungen nur von „vermeintlichen“ Problemen der Kommunen im Hinblick auf Zuwanderer gesprochen. In der politisch korrigierten Optik hatte es keine Probleme mit Zuwanderern geben dürfen. Als wären simple Tatsachenfeststellungen fremdenfeindlich. Das Pech war, daß aus den betroffenen Kommunen ausgerechnet Politiker der SPD um Hilfe riefen. Bis dann plötzlich und fast heimlich still und leise frische Gesetze und finanzielle Sonderhilfen auf den Weg gebracht werden konnten. Im August vor einem Jahr. Noch im Januar dieses Jahres wurden Kommunen verdächtigt, weil sie die lächerlichen und vorhersehbar falschen Flüchtlingszahlprognosen der Bundesregierung anzweifelten, sie täten dies aus Jux und Tollerei, um vom Bund zusätzliche Gelder zur Aufbesserung der Stadtkasse zu erpressen. Von Jammerei ging die Rede!

Nein, Schmidt ist kein Bauernopfer de Maizières, eher soll de Maizière zum Sündenbock gemacht werden der Opposition. Nach meinem Eindruck hat Schmidt, als hochversierter Kenner des Kommenden, sich nur intelligenterweise vollkommen selbst aus der Schußlinie gerettet.

Gestern also, am 17. September 2015, im Deutschlandfunk:

Christoph Heinemann: Die Bundesregierung arbeitet mit Hochdruck an einem Plan, um Bewerber, deren Asylantrag abgelehnt wurde, schneller abschieben zu können. Über Einzelheiten berichten Zeitungen. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise soll der Termin der Abschiebung künftig nicht angekündigt werden, um der Gefahr des Untertauchens vorzugreifen. Außerdem soll die Höchstdauer für eine Aussetzung der Abschiebung durch die Länder halbiert werden von sechs auf drei Monate. Unterdessen wählen die Menschen, die nicht mehr über Ungarn in den europäischen Norden gelangen können, den Weg über Kroatien.
Unterdessen ist – wir haben es in den Nachrichten gehört – am Vormittag der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, von seinem Amt zurückgetreten. – Am Telefon ist Hans-Peter Uhl, langjähriger CSU-Innenpolitiker, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages. Guten Tag.

Hans-Peter Uhl: Grüß Sie Gott, Herr Heinemann.

Heinemann: Herr Uhl, beginnen wir mit dem Rücktritt. Hat der Richtige das Handtuch geworfen?

Uhl: Nein. Herr Schmidt hat das Bestmögliche getan. Sein Nachfolger wird auch das Bestmögliche tun. Aber unser Asylrecht, das Asylverfahrensrecht ist nicht geeignet, einen Zustrom von einer Million Menschen in einem Jahr zu bewältigen. Unser Asylverfahrensrecht ist so angelegt, dass der Asylantragsteller ins Verfahren kommen muss, und es ist geeignet, durch Missbrauch zu Verzögerungen zu führen, und bei einer Million Menschen, die nur ein Interesse haben, hier bleiben zu können, die sind natürlich geneigt, mit ihren Anwälten das Verfahren zu verschleppen. Das heißt, eine Million neue Verfahren können nicht bewältigt werden.

Heinemann: Das wissen wir nicht erst seit gestern. Wer hätte gehen sollen?

Uhl: Es geht nicht um Personalrochaden; es geht um das System. Wenn die Grenzen geöffnet werden und unkontrolliert Tausende von Menschen ins Land hereingelassen werden, kann die Behörde, die dieses dann nach allen Regeln des Rechtsstaates bewältigen muss in einem Asylverfahrensrecht mit Klagemöglichkeiten, nichts mehr bewältigen. Egal ob der Präsident des BAMF Schmidt, Müller oder Schulze heißt. So geht’s nicht.

Heinemann: Zusammengefasst: Hans-Peter Uhl kritisiert Angela Merkel.

Uhl: Ich habe von Anfang an kritisiert, bei einer sich abzeichnenden Völkerwanderung den Völkern zuzurufen, wir schaffen das. Wir schaffen es natürlich nicht, Völker dieser Welt in einer Größenordnung von Hunderttausenden innerhalb von wenigen Monaten aufzunehmen.

Heinemann: „Länder halten de Maizière für planlos“, titelt heute die „Süddeutsche Zeitung“. Sie auch? – Ja oder nein?

Uhl: Nein! Wenn Völker sich in Bewegung setzen, kann es keinen Plan geben. Da gibt es nur eins: Zurück zu dem, was wir verabredet haben. Das heißt, die Grenzkontrollen. Die EU-Außengrenzen müssen wieder ernsthaft kontrolliert werden, und das ist ja derzeit gar nicht mehr gewollt.

Heinemann: Herr Uhl, geredet wird zurzeit viel. Beim letzten Flüchtlingsgipfel 2014 wurde bereits beschlossen, dass schneller über Asylanträge entschieden werden sollte, genau das, was Sie eben gesagt haben. Passiert ist nichts. Schläft diese Bundesregierung?

Uhl: Die schläft nicht. Nur in unserem Asylsystem gibt es nur begrenzte Möglichkeiten der Beschleunigung. Das werden Sie in den nächsten Monaten sehen. Die kleinen Detailmaßnahmen verfahrenstechnischer Art, die wird man machen können, aber wenn es um eine Million Verfahren geht, stoßen Sie schnell an Ihre Grenzen. Sie können auch eine Behörde wie das BAMF nicht innerhalb von wenigen Monaten um tausend und nächstes Jahr noch mal um tausend Fachbeamte, Spezialisten erweitern. Das geht nicht!

Heinemann: BAMF ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das kurz zur Erklärung.

Uhl: Ja.

Heinemann: Sie haben gesagt, das System ist schlecht. Bei uns dauert es etwa 5,3 Monate, bis über einen Antrag entschieden wurde. Die Schweiz schafft das in zwei Wochen.

Uhl: Ja. Die hat auch ein völlig anderes Recht als wir. Wir haben das subjektiv einklagbare Recht auf Asyl. Das heißt, jeder hat in seinem individuellen Einzelfall das Recht, vor Gericht zu gehen, und dieses muss im Einzelfall bearbeitet werden. Das geht in allen anderen Ländern anders.

Heinemann: Schauen wir uns die politischen Folgen an. Grummeln, Schimpfen, Distanzieren – die „Bild“-Zeitung führt heute die Herrschaften Schäuble, Seehofer und Kauder an. Rückt die Union von der Kanzlerin ab? Sie ja auch.

Uhl: Mir geht es nicht um Abrücken. Mir geht es um die Ordnung meiner Gedanken und die Hoffnung, dass auch die Führung ihre Gedanken ordnet. Noch einmal: Man kann bei einer sich abzeichnenden Völkerwanderung – zum Beispiel in Griechenland sind noch zwei Millionen Menschen jetzt schon aufhältig, die nur eins im Kopf haben, nach Deutschland zu kommen. In diesem Fall müssen wir wieder zu Grenzkontrollen kommen.

Heinemann: Sind wir ja schon wieder.

Uhl: Unter großem Lamento werden Dinge jetzt nachgeholt, die man ernsthaft schon hätte früher betreiben müssen. Wir können nicht die ganze Welt herein lassen und glauben, mit unserem Asylverfahrensrecht könnten wir das meistern.

Heinemann: Profitiert Deutschland von Ungarns harter Linie?

Uhl: Nein! Wir haben das Problem, dass Ungarn nach außen eine harte Linie vertritt, zuvor aber Hunderttausende durchgewunken hat und Österreich hat mitgemacht und bei uns sind sie gelandet.

 

Bellarmin an Mephisto

Wir leben in äußerst lehrreicher Zeit!

Wie immer…

Als Du gerade den für die deutsche Debattenkultur lächerlichen Anspruch „Wenn Politik auf Wirklichkeit trifft“ erwähntest, fiel mir aus irgend einem Grund sofort die sogenannte Europäische Union ein, und wie sie gerade an allen Ecken und Enden so hart aus den wirklichkeitsfremden Blütenträumen ihrer wohlbestallten Funktionäre gerissen wird. Wobei ich die Ecken und Enden natürlich nicht allein auf ihre geographischen reduziert wissen möchte. Dennoch will ich heute nicht anfangen zu reden über Maastricht, den Euro-Stabilitätspakt, imaginäre Verschuldungsobergrenzen oder über das unsägliche Griechenland oder das Euro-Unding allgemein oder über den speziell galoppierenden Wahnsinn, die Türkei als Beitrittskandidat zu hofieren oder Serbien, Montenegro, das Kosovo, Albanien und und und. Oder über das Dublin-Verfahren oder die gemeinsame europäische Außenpolitik. Schwachsinn und Wirklichkeit. Das Wetter ist heute zu schön dafür, und ich komme bei Regen vielleicht darauf zurück mit einer mehr als oberflächlichen Analyse. Angesichts der Völkerwanderung aber weise ich Dich studienempfehlend nur schnell hin auf den Umstand des typischen nicht Wahrhabenwollens unserer Politiker, wobei man zwar entrüstet mit dem gemeinhin für den Sitz eines Hirns gehaltenen Organ schüttelt über die sich der Aufnahme von Flüchtlingen selbst in quantenhafter Quotenform verweigernden Staaten, aber über ein „die müssen doch!“ und „aber unsere Werte!“ nicht weiter hinauskommt als mit „So geht das doch nicht!“. Was man tatsächlich für Strategie hält.

Anstatt einmal zielführende Fragen zu stellen oder gar zu diskutieren.

Die oberste jener vermiedenen Fragen aller Fragen, die Zauberfrage, beginnt meist mit einem schlichten „Warum?“.

Warum mögen denn fast alle Staaten der Union mit den angeblich gemeinsamen Werten Flüchtlinge noch nicht eimal in homöopathischen Dosierungen ins Land lassen?

Nun, und bei der Antwort sehen wir auch gleich den Grund für das Augenverschließen vor der Gretchenfrage unserer Tage:

Weil die jeweiligen Regierungen Angst haben.

Wovor haben sie denn Angst, die jeweiligen Regierungen?

Sie haben Angst vor ihrem Volk!

Ach? Und warum haben sie Angst vor ihrem Volk?

Weil sie wissen, wie ihr Volk denkt.

Wie denkt denn ihr Volk?

Nun, beispielsweise in der tschechischen Republik denkt das Volk zu etwa 92 Prozent, es will keine Flüchtlinge bei sich aufnehmen im Land. Und in Polen denkt die Ministerpräsidentin Ewa Kopacz, daß ihr Volk ähnlich denkt, und sie denkt simultan, daß am 25. Oktober Wahlen sind in ihrem Volk…

Ach?

Ja, all diese Völker denken populistisch!

Wenn Politik auf Wirklichkeit trifft… Problemlösungen beginnen damit, die Augen nicht zu verschließen vor der Wirklichkeit, oder besser, da wir seit Sokrates wohl zu unterscheiden wissen zwischen Wirklichkeit und Realität, daß wir versuchen sollten, unsere Wirklichkeiten der Realität weitmöglichst anzupassen.

Das wäre zumindest ein erster Schritt.

Es wird wohl zu keiner Quotenregelung kommen.

Ferner ist es interessant zu sehen, wohin die Flüchtenden nicht fliehen. Es ist nicht banal festzuhalten: Sie fliehen nicht zu ihren Glaubensbrüdern der reinen Lehre, zum IS. Sie fliehen begreiflicherweise vor ihm. Aber sie fliehen noch nicht einmal zu ihren Glaubensbrüdern des sogenannten friedlichen Islam in die Vereingten Arabischen Emirate oder nach Saudi Arabien. Wofür es auch spezielle Gründe gibt, unter anderen.

Nein, sie fliehen zu den Ungläubigen!

Und dort auch nicht ins riesige ruhmredige Rußland, sondern ins zivilisierte Europa!

Was eigentlich ein Grund wäre zum Stolzsein!

En passant bemerkt, ganz ganz nebenbei und unter uns, denn unsere öffentlich-rechtlichen Medien berichten nicht gern darüber aus irgend welchen Gründen: Im unarmen Saudi-Arabien soll man jetzt, nach äußerer Kritik, darauf gekommen sein, einen zusätzlichen Beitrag zu leisten für die Flüchtenden, pardon, für die Glaubensbrüder. Für die Glaubensbrüder, die zu den Ungläubigen fliehen. Und zwar soll man wohlwollend erwägen, in die Tasche zu greifen und den Bau von 300 Moscheen, wenn ich es richtig verstand, in Deutschland zu finanzieren. Also wir sind doch nicht ganz allein gelassen.

Welche großzügige Hilfe bei der Bewältigung der aktuellen Probleme allerdings nicht weiter erörtert wird in unseren Medien.

Wir könnten doch im herzlichen Austausch auch einmal 300 Kirchen bauen in Saudi-Arabien! Was, da gibt es keine 300 Christen? Oder im Irak oder wenigstens in dem bei Rot-Grün so beliebten EU-Beitrittskandidaten Türkei….

Ich stelle mir manchmal vor in meinem naiven Sinn, wie schön es doch wäre, wenn die derzeit seltsamerweise schweigenden Beitrittsapologeten über ihre als fremdenfeindlich verunglimpften Gegner gesiegt hätten, und die Türkei wäre nun EU-Mitglied. Dann könnte man ihren Chef doch endlich bessern und das Land würde genesen am europäischen Wesen. Und der derzeitige Chef des gesetzlich geschützten Türkentums käme nicht nur zu türkischen Wahlkämpfen nach Deutschland, sondern säße in Brüssel mit am Tisch, käme angeflogen mit seinem Problemlösungstalent  zu den Nachtsitzungen, wenn die europäischen Krisen bewältigt werden oder wenigstens die nächste Eurorettung ansteht. Komisch, warum die Befürworter sich nicht melden und das ins Spiel bringen.

Noch was ganz nebenbei: Das neue unüberlegte oder überlegte deutsche Hüllwort „Migrant“, das unsere Politiker und unbekümmerten Journalisten jetzt derart hartnäckig wiederkäuen in ihren Mündern, statt deutsch und verständlich zu reden, das Wort existiert gar nicht in meinen unwenigen Duden-Ausgaben. Aber das Wort „Migration“ kommt übrigens vom lateinischen migratio = (Aus)wanderung. Was dem Wort „Migrant“ eine etwas andere Bedeutung verleiht als „Flüchtling“.

Um zurückzukehren auf die Routen der Migranten, es handelt sich also um die Süd-Nord-Richtung. Und angesichts dieser Zugorientierung wollte ich nur noch einwerfen, ich halte es nicht für unwahrscheinlich, daß es sich bei den gegenwärtigen (Aus)wanderungen nicht um eine Völkerwanderung handelt. Sondern um den Beginn einer Völkerwanderung. Ich stelle mir vor, wir könnten vielleicht noch während unserer Generation oder in der folgenden in die Lage kommen, selbst vor den verschlossenen Grenzen Dänemarks zu stehen auf der Durchreise nach Schweden. Doch vielleicht wären die Dänen dann schon selber migriert und siedelten derweil auf Grönland. Und im Staate Dänemarks verwehrten uns die Ungarn die Weiterfahrt. Weil in Ungarn die Türken säßen. Und in der Türkei säßen die Saudis.

Durch die Erderwärmung ist das Eis in der Arktis inzwischen soweit weggeschmolzen, daß man dort endlich die Stoffe fördern kann, welche die Erderwärmung soweit beschleunigen, daß man noch leichter an Stoffe herankommt, die die Erderwärmung beschleunigen. Das wird ein riesiges Geschäft!

Es wird heiß werden auf unserem Planeten.

Und noch grausamer.

Mephisto an Bellarmin

Wegen der Abwechslung hier einmal eine besonnene, demnach eher seltenere Stimme vorgestern im Deutschlandfunk:

Tobias Armbrüster: Dramatische Szenen sind das, die wir in diesen Tagen am Ostbahnhof in Budapest erleben, dem größten Bahnhof der ungarischen Hauptstadt. Noch immer warten dort Hunderte von Flüchtlingen auf ihre Weiterreise. Viele, vielleicht die meisten, wollen nach Deutschland. In Berlin rückt nun die Flüchtlingsdebatte ganz nach oben auf der Tagesordnung und mitten in dieser Debatte nun am Montag die Entscheidung der ungarischen Regierung, die Flüchtlinge nach Deutschland weiterreisen zu lassen, entgegen allen bisherigen Versprechungen und Rechtsprechungen in der Europäischen Union. Ich habe darüber vor wenigen Minuten mit Wolfgang Bosbach gesprochen, dem Vorsitzenden des Innenausschusses im Deutschen Bundestag, und ich habe ihn gefragt, ob es eigentlich noch Solidarität unter den Europäern gibt, oder ob jetzt jeder in Sachen Asyl das macht, was er will.

Wolfgang Bosbach: Die Solidarität, die viel zitierte europäische, gibt es noch in Sonntagsreden, aber im Alltag schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Hier wird mit Vorsatz europäisches Recht verletzt, immer in der Hoffnung, dass man selber keine Belastungen tragen muss, die mit der Aufnahme von einer so großen Zahl von Zuwanderern und Flüchtlingen immer verbunden sein wird. Dann ist man froh, wenn der große Nachbar Bundesrepublik Deutschland die Hauptlast schultert. Im vergangenen Jahr haben schon Deutschland und Schweden mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge aufgenommen. Deutschland nimmt zurzeit über 40 Prozent aller Flüchtlinge auf, also fast so viele wie alle anderen Länder der EU zusammen. Im vergangenen Jahr haben acht EU-Staaten – das ist jetzt kein Versprecher – weniger als 1000 Flüchtlinge aufgenommen. Also wir sind meilenweit von europäischer Solidarität in der Flüchtlingspolitik entfernt.

Armbrüster: Was sollte denn Ungarn tun in der aktuellen Lage mit den Tausenden von Flüchtlingen, die da in Budapest auf die Weiterreise warten?

Bosbach: Genau das, was wir auch tun, indem wir uns an das geltende Recht halten. Ungarn ist ein EU-Mitgliedsland und wenn ein Flüchtling ein EU-Mitgliedsland erreicht hat und einen Asylantrag stellt, muss das Verfahren in diesem Land durchgeführt werden.

Armbrüster: Jetzt hat das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vor wenigen Tagen angekündigt, dass die sogenannten Dublin-III-Regeln nicht mehr angewendet werden sollen, zumindest nicht mehr bei Flüchtlingen aus Syrien. Das heißt, dass genau dieses Verfahren, dass Flüchtlinge in ihren ersten Eintrittsort in die EU zurückgeschickt werden, das soll nicht mehr gelten. War dieses Aussetzen nicht eine Aufforderung in Richtung Budapest so nach dem Motto, dann lasst sie alle nach Deutschland weiterreisen?

Bosbach: Ja gut. Damit wird das offiziell vollzogen, was schon längst Praxis ist, zumal es immer mehr Urteile gibt gegen die Bundesrepublik Deutschland, wo eine Rücküberstellung nicht mehr als rechtmäßig angesehen wird. Nehmen Sie mal das klassische Beispiel Griechenland. Wir führen schon seit Jahren Flüchtlinge nicht mehr nach Griechenland zurück, selbst dann, wenn wir wissen, dass die Flüchtlinge dort zum ersten Mal ein EU-Land erreicht haben, denn dort werden humanitäre und rechtsstaatliche Mindeststandards bei der Aufnahme von Flüchtlingen nicht eingehalten. Und das ist übrigens parteiübergreifend die Einschätzung des Innenausschusses und wir haben auch schon andere Urteile, die sich auf andere Länder beziehen. Das heißt, im Grunde ist jetzt etwas festgestellt worden, was der Praxis entspricht, allerdings nicht der Rechtslage.

Armbrüster: Müssen wir dann vielleicht etwas mehr Druck ausüben auf andere EU-Staaten? Da gibt es ja durchaus die Forderung, dass man beispielsweise Finanzhilfen oder Fördermaßnahmen kürzen kann.

Bosbach: Herr Armbrüster, wir sollten eines mal mit Nüchternheit zur Kenntnis nehmen. Wir freuen uns über den europäischen Einigungsprozess, aber es bleiben souveräne Nationalstaaten und viele Staaten, unter anderem große Länder, denken überhaupt nicht daran, sich in angemessener Weise an der Aufnahme von Flüchtlingen zu beteiligen. Ja, dann muss man diesen Staaten auch einmal sagen: Wenn ihr europäische Partner seid und bleiben wollt, dann wollt ihr gerne die voluminösen Finanzhilfen der EU in Anspruch nehmen, beispielsweise für die Landwirtschaft, für Strukturförderung, oft in Milliardenhöhe. Aber dann müsst ihr euch auch solidarisch zeigen bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Ich fürchte, dass wir diesen Weg gehen müssen, auch damit zu drohen. Ich wüsste nicht, wie man ansonsten souveräne Staaten dazu bringen will, ihrer sozialen Verpflichtung gerecht zu werden.

Armbrüster: Oder rächt sich hier in der aktuellen Situation vielleicht, dass sich deutsche Politiker da in der Griechenland-Debatte zum Beispiel in den letzten Jahren immer etwas, ich sage mal, großspurig gezeigt haben?

Bosbach: Das ist ja jetzt kurios, denn das genaue Gegenteil ist ja der Fall. Die Nicht-Rücküberstellung nach Griechenland, weil dort humanitäre Mindeststandards bei der Aufnahme von Flüchtlingen nicht eingehalten werden, ist ja schon seit Jahren der Fall und hat mit der aktuellen Griechenland-Debatte überhaupt nichts zu tun. Hier zeigt sich etwas anderes. In Teilen bekämpft die Politik auch Probleme, die durch politische Entscheidungen herbeigeführt worden sind. Die Abschaffung der Visa-Pflicht für einige Balkan-Staaten geschah ja in der guten Absicht, diese Länder näher an Europa, an die Europäische Union heranzuführen, auch im Vorgriff auf den Beitritt, einen möglichen, jedenfalls einer Beitrittsperspektive. Das hat aber auch die Fluchtbewegung in Richtung Mitteleuropa erleichtert. Das zuvor Gesagte gilt für die Abschaffung von Grenzkontrollen. Wir haben die Binnen-Grenzkontrollen abgeschafft mit dem Versprechen Zug um Zug gegen sichere EU-Außengrenzen. Die Außengrenzen der EU waren nie offener als heute.

Armbrüster: Dann lassen Sie uns nach Deutschland blicken, Herr Bosbach. Bei uns kommen jetzt in diesem Jahr voraussichtlich 800.000 Menschen an. Die SPD macht jetzt wieder Druck mit Forderungen nach einem Einwanderungsgesetz. Das liegt ja eigentlich bei so einer Situation auf der Hand, oder?

Bosbach: Man kann auch genau die gegenteilige Ansicht vertreten. Ich bitte jeden darum, der für ein Einwanderungsgesetz wirbt, doch einmal konkret mitzuteilen, was in diesem Gesetz drinstehen soll, was sich von der gegenwärtigen Rechtslage im Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung unterscheidet. Ich persönlich kenne ausschließlich Vorschläge für eine Ausweitung der Zuwanderung, beispielsweise durch ein Punktesystem für eine noch stärkere Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für Drittstaatsangehörige. Ich kenne keinen Vorschlag, der praxistauglich wäre, der verfassungskonform wäre, für eine Reduzierung der Zuwanderung. Es wird ja häufig so getan, als sei zum Beispiel der deutsche Arbeitsmarkt verriegelt und verrammelt für Drittstaatsangehörige. Mittlerweile kann man in 70 Berufen oder Berufsgruppen auch als Nicht-EU-Staatsangehöriger bei Nachweis eines Arbeitsplatzes auf den deutschen Arbeitsmarkt kommen, nach hier einwandern. Ich darf auch darum bitten, nicht den Zusammenhang aufzulösen zwischen Zuwanderung und Arbeitsplatznachweis, wie dies bei einem Punktesystem der Fall wäre. Die Menschen müssen in der Lage sein, ihren Lebensunterhalt durch eigener Hände Arbeit zu finanzieren.

Armbrüster: Das Problem ist ja jetzt nur, Herr Bosbach: Wir haben Hunderttausende von Menschen jetzt in Deutschland, die arbeitswillig sind, die durchaus bereit sind, ihren Beitrag zu leisten. Aber das Asylrecht ist dafür nicht die richtige rechtliche Grundlage. Da muss man doch was ändern.

Bosbach: Ja! Da haben Sie aber jetzt völlig recht. Das ist ja das Problem. Ich bin dankbar, dass Sie das sagen. Wenn ich das sagen würde, wäre es wahrscheinlich ein politischer Skandal, wenn man darauf hinweist, dass viele nicht als politisch Verfolgte oder als Kriegsflüchtlinge kommen, sondern aus asylfremden Gründen.

Armbrüster: Moment! Das habe ich nicht gesagt. Es liegen beide Gründe vor: Sie sind geflüchtet, können aber auch durchaus hier arbeiten, sind arbeitswillig. Warum sollen wir diese Chance nicht nutzen?

Bosbach: Weil sie gar nicht flüchten müssen. Wer nach geltender Rechtslage in Deutschland arbeiten kann – ich empfehle einen Blick in die Arbeitsaufnahmeverordnung -, 90 Prozent aller EU-Blue-Cards, 90 Prozent werden alleine für die Bundesrepublik Deutschland und den deutschen Arbeitsmarkt vergeben. Wir haben doch längst die Öffnung für Drittstaatsangehörige für den deutschen Arbeitsmarkt, zum Beispiel in Gesundheitsberufen, in Pflegeberufen, in den MINT-Berufen für IT-Fachkräfte. Ich verstehe es nicht, dass immer wieder der Eindruck erweckt wird, es sei überhaupt nicht möglich, als Drittstaatsangehöriger nach Deutschland zu kommen, um hier zu arbeiten. Man müsse über das Asylrecht einwandern. Das stimmt überhaupt nicht.

Armbrüster: Was ist denn Ihr Eindruck? Kommen diese Regelungen so im Kosovo oder in Albanien an? Sind die da bekannt?

Bosbach: Nein, das glaube ich nicht. Im Übrigen haben wir auch ein sehr kompliziertes Recht. Wenn jemand das Recht einfacher machen möchte, spricht nichts dagegen, bitte ich aber davon zu unterscheiden von einer inhaltlichen Änderung des Rechts mit dem Ziel einer nochmaligen Ausweitung der Zuwanderungsmöglichkeiten. Wir haben doch jetzt schon Zuwanderung in einem erheblichen Ausmaß, wie kein anderes Land in Europa, und deswegen verstehe ich nicht, warum auch Journalisten nicht einmal die Befürworter eines Einwanderungsgesetzes konkret fragen, wodurch soll sich das neue Recht von der geltenden Rechtslage unterscheiden. Im Übrigen: Das Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht ist wesentlich komplizierter als unser Ausländerrecht.

Armbrüster: Herr Bosbach, wir müssen an diesem Mittwochmorgen auch noch kurz reden über Joachim Herrmann, den bayerischen Innenminister, und seine Äußerung vom Montagabend. Da hat er Roberto Blanco, den Schlagersänger, als „wunderbaren Neger“ bezeichnet. Wie hilfreich ist das in der aktuellen Debatte?

Bosbach: Es wäre nett gewesen, wenn Sie hinzugefügt hätten, dass Joachim Herrmann sich bezogen hat auf einen Einspielfilm, wo ein Bürger diesen Begriff verwandt hat. Es war ein unglücklicher Begriff, Joachim Herrmann hat sich auch bereits dafür entschuldigt. Es wird ihm rausgerutscht sein und er wird es nicht wiederholen. Bei der Gelegenheit: Ich selber habe einen anderthalbseitigen Brief der Anti-Diskriminierungsstelle bekommen, weil ich einmal das Wort „Farbiger“ benutzt habe. Wer den Kontext kennt, in dem Joachim Herrmann diesen Begriff genannt hat, der in der Tat eine negative Konnotation hat – da gibt es ja unter vernunftbegabten Menschen keine zwei Meinungen -, der weiß doch, dass er niemanden kränken oder beleidigen wollte.

Was den letztzitierten Absatz angeht:

Vielleicht kann man die lächerliche Zurschaustellung dessen, was man in Deutschland unter dem lächerlichen Motto „Wenn Politik auf Wirklichkeit trifft“ für Debattenkultur hält, ja wieder löschen…

Oder noch einmal, politisch korrigiert, aufnehmen…

Ironie heißt eine rhetorische Figur, die wir zwar seit Sokrates auch als Methode kennen, die aber stets Gefahr läuft, von geistig weniger Bemittelten mißerstanden zu werden. Weil sie sich beispielsweise selbst in der bloßen Wortwahl des Gegenteiligen vom Gemeinten bedient. Wer Augen hat zu sehen und Ohren zu hören und noch dazu etwas restlichen Esprit bewahrte über die Zeiten, weiß, daß Joachim Herrmann kein Rassist ist, noch nicht einmal ein latenter, obwohl ihn die inquisitorische Meute der linken Rechtgläubigen derart an den Pranger stellen möchte, um haßerfüllt ihm ihre stinkenden Scheißkübel, in Deutschland nennt Ihr das wohl „shitstorm“, entgegenzuschütten, möglichst gleich mit über die gesamte Sechzigprozentpartei.

„Wir leben in einem Zeitalter der Übereifrigen und Untergebildeten, einem Zeitalter, in dem die Leute vor lauter Betriebsamkeit verblöden.“ (Oscar Wilde)