A N A B A S I S

Thalatta ! Thalatta !

Die Sprache wird immer unverständlicher

 

21.1.18 Bellarmin an Mephisto

Anfang Dezember hatte die sogenannte Gesellschaft für deutsche Sprache den Begriff „Jamaika-Aus“ tatsächlich zum sogenannten Wort des Jahres gekürt. Wenn diese occasionelle, oder vielleicht deutlicher, wenn einen diese temporäre Bildung journalistischer Originalität auch nicht unbedingt vom Hocker riß, gegenüber eines seiner Wortdesjahres-Vorgänger besaß „Jamaika-Aus“ immerhin den nicht zu unterschätzenden Vorteil, daß man das Monstrum zum Zeitpunkt seiner Verkündung schon einmal vernommen hatte. Aber offenbar nur aufgrund eben gerade der mangelnden sprachlichen Originalität der Berufskollegen seines Schöpfers: Zum fraglichen Zeitpunkt hämmerten es die Medien im Gleichschritt, also alternativfrei, der hilflos ausgelieferten Öffentlichkeit ein.

Dennoch wage ich die Prognose: Das bemühte Wort des Jahres 2017 wird wohl kaum dauerhaft in den Wortschatz der ehemaligen Sprache der Dichter und Denker sickern.

Wie man erfahren konnte, sei auf Platz zwei einer Anwartschaft für das sogenannte Wort des Jahres wahrhaftig der verlogene Begriff „Ehe für alle“ gelandet!

Das ist uns also erspart geblieben.

Und wir hoffen, daß uns, entgegen der fragwürdigen und anläßlich des spdämlichen Überfalls im Bundestag kritisch nicht hinterfragten Argumentation für diesen offensichtlichen Euphemismus zur Durchsetzung des unbeschränkten Adoptionsrechtes homosexueller Paare, wenigstens die mohammedanische Vielehe und die inzestuöse Ehe, die ja als logische Folge jener flachköpfigen Begründungen ihre Gleichberechtigung ebenso einklagen dürften, unserem Lande erspart bleiben.

Ehe für alle“ – womit wir natürlicherweise der Sache nach anlangen beim „Unwort des Jahres 2017“.

Dessen Verkündung ich angesichts seiner Vorgänger begreiflicherweise wieder mit Bangen harrte.

Und die kam.

Das Unwort des Jahres 2017 wäre „alternative Fakten“, verkündete bei uns in Deutschland die Darmstädter Jury.

Der Ausdruck stehe für den Versuch, Falschbehauptungen in der öffentlichen Debatte salonfähig zu machen. Eine Beraterin von US-Präsident Trump hatte die Formulierung verwendet. Die Sprachwissenschaftler rügten zudem den Begriff ‚Shuttleservice‘ im Zusammenhang mit der Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer sowie das Wort ‚Genderwahn‘“, vermeldete man beflissen.

Shuttleservice“, also „Fährdienst“, ist deshalb ein hilfreicher Begriff, weil er als schmerzhaft Wahrheit enthüllendes Wort ein grelles Schlaglicht wirft auf unhaltbare Zustände vor der libyschen Küste, die allerdings in Deutschland weitgehend ausgeblendet immerhin vor italienischen Gerichten eine juristische Aufarbeitung finden. Und zwar nicht „im Zusammenhang mit der Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer“ sondern im Zusammenhang einer Zusammenarbeit mit Verbrecherbanden übelster Sorte, nämlich sogenannten Schleppern.

Bei „Genderwahn“ handelt es sich ebenfalls um eine durch und durch akzeptable, weil diskussionsanregende Wortschöpfung, sofern man nicht dem politischen Korrekturwahn unterliegt. Mark Lilla, Professor für Ideengeschichte in New York an der Columbia University wird im SPIEGEL vom 13.1. als „Prophet der amerikanischen Linken“ zitiert mit einem Satz aus seinem „meistgelesenen Gastkommentar des Jahres“ in der NEW YORK TIMES:

Wenn man als linksliberales Establishment aufhöre, die weiße Unterschicht zu verachten, sie nicht mehr als Rednecks oder Deplorables beschimpfe und ein bißchen weniger über die LGBTQ-Community (Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transgender und Queer) redete, würden vielleicht die Menschen jenseits der liberalen Küstenstädte wieder zuhören.

Und:

Vielen Wählern sei nicht zu vermitteln, warum Transsexuelle auf die Toilette ihrer Wahl gehen sollten.

In dem Artikel ging es übrigens um die Ursachen für die Präsidentschaft eines Typs wie die Donald Trumps…

Aber „Jender“ an sich ist natürlich ein Unwort im Deutschen.

Wenn man über ein Minimum an Sprachempfinden verfügte.

Doch nun sind es also die „alternative Fakten“… Ein durchaus zu kritisierender, aber vielleicht auch eher im Sinne Heines oder Tucholskys zu verlachender und so der befreienden Kraft der Lächerlichkeit auszusetzender Begriff. Der im übrigen anläßlich des Momentums seiner Kreation hochintelligenterweise von Kellyanne Conway im Hinblick auf den nachweislich der Lüge überführten, pardon, über den Njus fäkenden Sean Spicer sogar ironisierend gemeint gewesen sein könnte.

Und im deutschen Sprachgebrauch von anderen Unwörtern wahrlich weit übertroffen wird!

Wenn man bei einer Unwortvergabe statt der die Jury mit Blindheit schlagenden einseitig linkslastigen, also unwissenschaftlichen Empörungshaltung auch einmal die Pflege unserer schönen Sprache und ihres überreichen Wortschatzes in sein Blickfeld rückte.

Angesichts all des Fäknjus-Gefasels unserer Journalisten.

Lügen, so wurde die Verdrehung der Tatsachen früher genannt“, schrieb das BADISCHE TAGBLATT im Hinblick auf die diesjährige Unwortvergabe, womit wir ganz vortrefflich auch den idiotischen Gebrauch von „Fäknjus“ charkterisiert finden.

Ich fäke Njus, du fäkst Njus, er, sie es fäkt Njus, wir fäken Njus, ihr fäkt Njus, sie fäken Njus und sie haben Njus gefäkt.

Himmel-, Arsch- und Wolkenbruch, wer hat diese tauben Versager bloß mit ihrem Amt bestallt?

Jender“ steht auf Platz 3 meiner Favoriten an Unwörtern aus dem Jahr 2017.

Auf Platz 2 kommen die unsäglichen „Fäknjus“.

Und, Tätärätä!, auf Platz 1 steht wieder unschlagbar und in 99,99999999999… Prozent der Fälle völlig überflüssig und im Restfall leicht im Deutschen ersetzbar verwendete „leif“.

 

 

Das Problem mit dem Unwort des Jahres ist, dass die Jury mit der Auszeichnung das Gegenteil ihres Anliegens bewirkt. … Die ‚alternativen Fakten‘ erhalten so eine Bedeutung, die sie nicht verdienen. Wörter mit dem Präfix „un-“ sind nur selten positiv. Auch das Unwort bringt die Welt nicht weiter. So ist es vor allem eines: unsinnig.

FLENSBURGER TAGEBLATT am 17.1.

 

Denn tatsächlich hatte die Formulierung entlarvenden Charakter. Sie legte frühzeitig offen, dass nicht nur Donald Trump, sondern auch sein Stab willentlich gegen Grundregeln des rationalen Diskurses und der Redlichkeit verstoßen.

Von „Alternativen Fakten“ zu sprechen, war insofern eine vernichtende intellektuelle Selbstbezichtigung – weshalb der Begriff auch kaum Verteidiger gefunden hat. Allein die rechtspopulistischen „Breitbart News“ bemühten sich um Rechtfertigung, indem sie „Alternative Fakten“ als neuen Ausdruck für die je persönliche Perspektive auf ein Ereignis definieren wollten. Das aber war viel zu durchsichtig, um flächendeckend zu verfangen.

Gewiss, es mag vereinzelt geistig anspruchslose Menschen geben, denen „Alternative Fakten“ als tolle Alternative zum herkömmlichen Fakten-Begriff erscheinen. Und der konventionelle Begriff ‚Faktum‘ hat auch durchaus gewisse Unschärfen. Doch er erweist sich als so stabil, dass die Variante „Alternative Fakten“ mühelos als das miserable Flötenspiel von Rattenfängern zu erkennen bleibt.

‚Alternative Fakten‘ mag also auf dem Papier ein übles Unwort sein, in der Realität hat es nach kurzer Aufregung zumindest in Deutschland wenig Schaden angerichtet. Eigentlich hat es keine Auszeichnung verdient.

Arno Orzessek am 16.1. im Deutschlandfunk

 

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