A N A B A S I S

Thalatta ! Thalatta !

29.4.16 Bellarmin an Mephisto

Ich will Dir ein Beispiel geben für typisch gutmenschliche Realitätsverleugnung anhand des typisch linksäugigen Journalismus der heute erschienenen TAZ (TAGESZEITUNG). Anhand der TAZ, die eben nicht selten hervorsticht mit ihrer nahezu prinzipiell ideologischen Weltsicht nach Wille und Vorstellung, in der gegenteilige Fakten eher stören statt interessieren.

Du erinnerst Dich sicher, es ist jetzt keine zwei Jahre her, da erschienen in den sich als Nichtlügenpresse verstehenden Medien Meldungen, die infolge ihrer verdächtigen Schwammigkeit aufhorchen ließen, über unisono „vermeintliche (!) Probleme“ von Kommunen wegen des unisono „möglichen (!) Sozialmißbrauchs“ einwandernder Osteuropäer. Wenn man genau hinhörte, konnte man schließen, daß es sich damals wohl vielfach um Sinti und Roma aus Rumänien und Bulgarien handelte, vielleicht teilweise auch direkt aus Frankreich kommend, wo man anstelle vermeintlicher Probleme Probleme mit diesen Menschen gehabt und sie verdrängt hatte. Hier nicht die Probleme, sondern die Menschen… Der Eindruck wurde übrigens dadurch verstärkt, daß im öffentlich rechtlichen Fernsehen plötzlich sympathische integrierte Sinti und Roma gezeigt wurden, gegen die und deren Hiersein kein vernünftiger Mensch etwas einwenden würde. Wohingegen ich mich an keinen einzigen Fall erinnern kann, daß ein öffentlich rechtlicher Fernsehjournalist seinerzeit auf die Idee gekommen zu sein schien, doch einmal hinsichtlich der vermeintlichen Vermeintlichkeit des Möglichen in einer jener Kommunen zu recherchieren und einen kritisch nachfragenden Bericht über Nichtintegrierte und ihre beweggründenden Befindlichkeiten zu zeigen statt Agitprop. Dafür vernahm man zu jener Zeit in jenen Medien viel Gerede gegen Stammtischgerede. Statt gegen vermeintliches Stammtischgerede…

Eines schönen Tages des Monats August 2014 war es dann aber plötzlich Schluß mit lustig und der möglichen Vermeintlichkeit und vermeintlichen Möglichkeit, und man beschloß aus heiterstem Himmel ein Gesetzespaket gegen den „Missbrauch von Sozialleistungen durch Zuwanderer aus anderen EU-Staaten“ und stellte noch allein für das laufende Jahr „Soforthilfen“ in Höhe Dutzender Millionen Euro für ehemals vermeintlich „betroffene Städte und Gemeinden“ aus dem auf Nullschulden sparenden Haushalt bereit und versprach auch für die folgenden Jahre frisches Geld. Worüber die „betroffenen“ Bürgermeister nebst dem Städte- und Gemeindebund sich aufatmend äußerten.

Nun lebte seinerzeit eine junge Rumänin bei ihrer Schwester in Leipzig und war nach vier Jahren der Obsession verfallen, dort für sich und ihren minderjährigen Sohn Hartz-IV-Leistungen zu beantragen. Welche das Arbeitslosenzentrum, das sogenannte Jobcenter, ihr jedoch zu zahlen verweigerte. Worauf die Frau sich an das instanzhöhere Sozialgericht wandte. Worauf das Sozialgericht sich ebenfalls weigerte, die Kohle rauszurücken, zumal die Frau sich erkennbar nie um Arbeit bemüht habe. Worauf die verdrossene Frau den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg einschaltete. Der nun im November 2014 wieder entgegen ihrem Begehren nach Alimentation entschied: „Nicht erwerbstätige Unionsbürger, die sich allein mit dem Ziel, in den Genuss von Sozialhilfe zu kommen, in einen anderen Mitgliedstaat begeben, können von bestimmten Sozialleistungen ausgeschlossen werden.“

Der EuGH schrieb (Az: C-333/13), die Frau verfüge nicht über „ausreichende Existenzmittel“ und könne deshalb laut EU-Recht kein Recht auf Aufenthalt in Deutschland geltend machen. Sie könne sich deshalb nicht auf das im EU-Recht verankerte Diskriminierungsverbot berufen.

Auch dies vermerkte der Deutsche Städte- und Gemeindebund damals aus irgend einem Grund ausdrücklich als „einen kleinen Baustein, um den Sozialtourismus einzuschränken“.

Nicht jede Ungleichbehandlung ist eine Diskriminierung.

Womit ich bei der heutigen TAZ anlange. Die sich allerdings auf den gestrigen Tag bezieht:

Donnerstag, 28. April 2016, Deutschlandfunk:

Bundesarbeitsministerin Nahles will den Sozialhilfeanspruch von Ausländern aus anderen EU-Staaten beschränken.

EU-Bürger sollten künftig von Hartz-IV und Sozialhilfe ausgeschlossen sein, wenn sie nicht hierzulande arbeiteten oder durch vorherige Arbeit Ansprüche aus der Sozialversicherung erworben hätten, berichten die Zeitungen der Funke Mediengruppe. Ein entsprechender Gesetzentwurf des Arbeitsministeriums gehe nun in die Ressortabstimmung. Dem Bericht zufolge soll es erst dann einen Anspruch auf Leistungen geben, wenn sich der Aufenthalt ohne staatliche Unterstützung nach einem Zeitraum von fünf Jahren verfestigt habe.

Das Bundessozialgericht hatte vor wenigen Monaten entschieden, dass EU-Bürger spätestens nach sechs Monaten Aufenthalt Anspruch auf Sozialhilfe haben. Städte und Gemeinden befürchten durch das Urteil zusätzliche Milliardenkosten.

Worauf die TAZ also erwartungsgemäß zubeißt:

Freitag, 29. April 2016, TAZ:

Wie sich das geplante Gesetz mit dem Ideal europäischer Freizügigkeit verträgt, ist fraglich: Darüber werden am Ende vermutlich EU-Gerichte entscheiden müssen. Und ob es eine objektive Notwendigkeit für diese Verschärfung gab, ist ebenfalls unklar. Denn unklar ist, wie viele EU-Ausländer bislang auf staatliche Hilfeleistungen angewiesen sind. Klar ist nur, dass der befürchtete Massenansturm auf die Sozialkassen ausgeblieben ist. Aber populistische Parolen wie ‚keine Einwanderung in die Sozialsysteme‘ und Slogans wie ‚Wir sind nicht das Sozialamt der Welt‘ hallen in vielen Köpfen nach. Nahles Initiative dient nicht zuletzt dazu, solchen Anwürfen von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen. Der AfD will sie keine Angriffsfläche bieten. Den eigenen Wählern will sie signalisieren, dass sie gegenüber Einwanderern bevorzugt bleiben.

„Klar ist nur“ „nicht zuletzt“ die Wirklichkeitsresistenz dieser Redaktionsstube. Zum Glück gibt auch andere. Alle ebenfalls vom heute gewesenen Tage:

RHEIN-NECKAR-ZEITUNG:

Würde Deutschland nicht Deutschland, sondern Traumland heißen, dann wäre der Vorstoß der Bundesarbeitsministerin natürlich töricht. So aber stellt er das richtige Signal zur richtigen Zeit dar.

DIE WELT:

Nahles stellt zu Recht klar, dass die europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht bedeutet, dass jeder EU-Bürger sich das Sozialsystem, das ihm am besten gefällt, auswählen kann. Auch der Europäische Gerichtshof hatte in der Vergangenheit immer wieder geurteilt, dass die nationalen Regierungen das Recht haben, EU-Bürgern Transferleistungen vorzuenthalten. Wenn Grüne und Linke nun vom Verrat an der europäischen Idee sprechen, beweisen sie wieder einmal, dass ihnen die Belastbarkeit der hiesigen Steuerzahler herzlich egal ist.

NORDWEST-ZEITUNG:

Die Freizügigkeit in Europa wird nicht eingeschränkt. Es sollte der Normalfall sein, dass ein Erwachsener seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten und dazu Arbeit in jedem EU-Land aufnehmen kann. Es sollte freilich nicht sein, dass ein EU-Bürger sich den Ort der Sozialhilfe selbst aussucht, weil die Leistungen in einem Staat besser sind als die im Heimatland.

ALLGEMEINE ZEITUNG:

Es geht bei der Reduzierung von Hartz-IV-Ansprüchen nicht um Sozialneid, Rassismus oder nationalistische Ressentiments. Es geht vielmehr darum, bei der Bewältigung sozialer Probleme möglichst viel Gerechtigkeit walten zu lassen. Nahles ist ihrer Pflicht nachgekommen, an einer sensiblen Stellschraube zu drehen; hätte sie es nicht getan, müssten Städte und Gemeinden alsbald mehrere hundert Millionen Euro zusätzlich für Sozialleistungen aufbringen. Die Kommunen sind bei Sozialpflichten ohnehin immer die Letzten, die die sprichwörtlichen Hunde beißen.

THÜRINGISCHE LANDESZEITUNG:

Grundsätzlich ist es richtig, unsere hart erarbeiteten sozialen Errungenschaften aufrecht zu erhalten für die Inländer – und damit Maßstäbe zu setzen in EU-Ländern, die ähnlich erfolgreich auf diesem Gebiet sein wollen. Deshalb ist es auch richtig, Zuwanderungen einen Riegel vorzuschieben, die einzig darauf zielen, dass hierzulande ein Leben mit Hartz IV und ähnlichem ermöglicht wird.

Wer hätte es gedacht, daß mir ausgerechnet zur TAZ immer wieder einfällt, was sie fortwährend anderen unterstellt:

„Was gut und was böse ist, weiß der Spießer ohne nachzudenken.“

Ödön von Horváth (1901-1938)

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: