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Thalatta ! Thalatta !

11. Oktober 1950, heute vor 70 Jahren

 

11. Oktober 2020: Sehmann an Mephisto

 

Die drei westlichen Hochkommissare haben laut Neue Zeitung in drei gleichlautenden Schreiben an den Chef der sowjetischen Kontrollkommission General Wassilij Tschuikow Protest gegen die für den 15. Oktober angesetzten Wahlen im sowjetischen Besatzungsgebiet eingelegt. Den Protestschreiben lag eine Abschrift eines Briefes des Bundeskanzlers Dr. Konrad Adenauer an den vorsitzenden Hochkommissar bei.

In den Schreiben der Hochkommissare wird auf das Schreiben der drei Hochkommissare der Westmächte vom 25. Mai verwiesen, auf das keine Antwort eingelangt sei. Zu dem beiliegenden Schreiben Adenauers wird bemerkt, daß die Bundesregierung als eine vom Volk freigewählte Regierung berechtigt sei, im Namen Deutschlands zu sprechen. Es wird ferner auf das Deutschlandscommuniqué der New Yorker Außenminister-Konferenz vom 19. September 1950 verwiesen und bemerkt, daß Wahlen auf Grund einer Einheitsliste nicht demokratisch sind. Es heißt sodann:

Das Verfahren für die Durchführung dieser Wahlen steht im krassen Gegensatz zu den traditionellen Voraussetzungen für freie demokratische Wahlen. Aus diesem Grund können weder meine Regierung noch die Bundesrepublik, noch das deutsche Volk anerkennen, daß diese Wahlen dem ostdeutschen Regime rechtliche Sanktionierung verleihen, oder Ansprüche auf die Vertretung derjenigen Deutschen, die zur Zeit in Ostdeutschland leben, gewähren. Infolge des großen Interesses, welches die Öffentlichkeit am Inhalt dieser Mitteilung gezeigt hat, werde ich, nach dem sie Ihnen zugegangen ist der Presse eine Abschrift zur Verfügung stellen.“

In dem beiliegenden Brief des Bundeskanzlers wird auf den Beschluß des Deutschen Bundestages vom 14. September Bezug genommen und betont, daß zur Wiederherstellung der politischen und verwaltungsmäßigen Einheit Deutschlands die Einberufung einer verfassungsgebunden Deutschen Nationalversammlung unerläßliche Voraussetzung ist. Für solche Wahlen sollten die vier Besatzungsmächte ein Wahlgesetz erlassen, die Wahlen sollten sich unter der Kontrolle von Kommissionen aus Vertretern der vier Besatzungsmächte oder der UNO zusammensetzen. Aufgabe der Nationalversammlung wäre die Ausarbeitung einer deutschen Verfassung. Voraussetzung für die Durchführung deutscher Wahlen bilde die Garantie der persönlichen und politischen Bewegungs- und Betätigungsfreiheit in allen Zonen, insbesondere: Betätigungsfreiheit für alle Parteien in ganz Deutschland und Verzicht aller Besatzungsmächte, die Bildung und Betätigung politischer Parteien zu beeinflussen. Die persönliche Sicherheit und der Schutz vor wirtschaftlichen Benachteiligungen aller für politische Parteien tätigen Personen müsse von allen Besatzungsmächten und deutschen Behörden vor und nach der Wahl gewährleistet sein. Zulassung und Vertriebsfreiheit für alle Zeitungen in ganz Deutschland. Freiheit des Personenverkehrs innerhalb ganz Deutschlands und Fortfall des Interzonenpasses sei erforderlich.

 

Archiv der Gegenwart. Deutschland 1949 bis 1999, Bd. 1, S. 380 ff., Siegler Verlag GmbH, Sankt Augustin, 2000

 

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