A N A B A S I S

Thalatta ! Thalatta !

Monatsarchive: Januar 2025

Das ist gelogen

.

Freitag, 31. Januar 2025: Bellarmin an Mephisto

DER SPIEGEL 05/2025:

Kanzler Olaf Scholz hat im Wahlkampf die Bazooka ausgepackt: »Im Augenblick wird mit größter Intensität, großer Umsicht das deutsche Volk belogen«, dröhnte er mit Blick auf Forderungen nach einem zusätzlichen Rüstungspaket von drei Milliarden Euro für die Ukraine. Ins Visier nahm er »alle, die sich bemühen, eine Frage auszuklammern, wie bezahlen wir es?«. Gemeint sind Union und FDP, aber auch sein Koalitionspartner, die Grünen. Alle eben, die nicht des Kanzlers höhere Weisheit teilen, wonach die Schuldenbremse auszusetzen sei, um das Geld aufzubringen.

 

Solche Rhetorik, die darauf zielt, politische Konkurrenten verächtlich zu machen, war bislang die Spezialität von AfD und BSW.

 

Der Hanseat unterstellt anderen gern mangelnde sittliche Reife. Im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss hatte er zur Wahrheitsfindung vor allem Gedächtnislücken beizutragen. Und seine Haushaltstricks hat das Bundesverfassungsgericht für grundgesetzwidrig erklärt.

 

Dabei hatten sich alle Parteien bis auf AfD und BSW ein Fairnessabkommen auferlegt – der Wahlkampf sollte respektvoll und sachlich geführt werden. Nun aber sagt Scholz, wer seinem Weg nicht folge, müsse die Renten kürzen oder die Steuern erhöhen. Subtext: Der Ukraine können die anderen nur helfen, wenn sie den Bürgern in Deutschland etwas wegnehmen. So schlicht argumentieren Populisten wie Donald Trump und Sahra Wagenknecht.

 

Geradezu schändlich ist, wenn das Kanzleramt behauptet, in der Ukraine gebe es keinen dringenden Bedarf an zusätzlicher Waffenhilfe aus Deutschland. Das ist gelogen. Dort sterben jeden Tag Menschen bei russischen Luftangriffen, weil es an Flugabwehr fehlt.

 

Seine SPD hat richtigerweise zusammen mit den anderen Parteien beschlossen, die kalte Progression durch Anpassung der Einkommensteuer auszugleichen. Im Haushalt 2025 reißt das ein Loch von mehr als drei Milliarden Euro. Zudem will Scholz die Strompreise deckeln; Kosten: 1,3 Milliarden. Gegenfinanzierung? Gibt es nicht. Trotzdem hatte Scholz keine Bedenken, das Geld auszugeben. Aber nun muss plötzlich das Aussetzen der Schuldenbremse her?

 

Anders als Scholz sind die Haushälter von Union, Grünen und FDP einhellig der Meinung, dass eine überplanmäßige Ausgabe zur Unterstützung der Ukraine möglich wäre. Selbst der Sozialdemokrat Andreas Schwarz rechnet vor, dass »drei Milliarden Euro bei einem Gesamthaushalt von 488 Milliarden Euro zum aktuellen Zeitpunkt zu finden wären, ohne die innere, äußere oder soziale Sicherheit des Landes zu gefährden«. Wenn der Kanzler eine Abstimmung im Bundestag zuließe, gäbe es wohl eine breite Mehrheit dafür. Widerlegt wäre so auch Scholz’ Behauptung, man dürfe eine künftige Regierung nicht binden.

 

Auf den Tod eines Kindes

.

Freitag, 24. Januar 2025: Serapion an Mephisto

.

Auf den Tod eines Kindes

Die Schönheit ist den Kindern eigen,

Ist Gottes Ebenbild vielleicht, –

Ihr Eigentum ist Ruh und Schweigen,

Das Engeln auch zum Lob gereicht.

.

Friedrich Hölderlin (1770 – 1843)

 

Das rituelle Unwort-Getue

.

Sonnabend, 18. Januar 2025: Bellarmin an Mephisto

.

Dienstag, 14. Januar 2025, MÜNCHNER MERKUR:

Zum Glück brauchen die meisten Bürger keinen Rat von der Unwort-Jury, wie sie zu sprechen haben. Und wollen auch keinen. Das Wort ‚biodeutsch‘ ist so klar verhetzend, mit Arier-Anklang, dass es keinerlei Belehrungen von selbsternannten Sprachräten braucht, um die Menschen darauf aufmerksam zu machen. Was allerdings auch auffällt: Es ist nun das siebte Jahr in Folge, in dem die Jury emsig Begriffe aus den Bereichen Migration und Klima verunwortet. Was dabei ärgerlicher ist als das rituelle Unwort-Getue: Das wirkt wie der Versuch, unangenehme reale Probleme durch Debatten über die Wortwahl wegzudrücken.

 

Verstoß gegen Verfassungsrechte

.
Montag, 13. Januar 2025: Bellarmin an Mephisto

.

Sonnabend, 11. Januar 2025, Deutschlandfunk:

Der Bundesparteitag der AfD im sächsischen Riesa ist von Protesten begleitet worden. Nach Angaben der Polizei demonstrierten rund 10.000 aus dem ganzen Bundesgebiet angereiste Menschen gegen Rechtsextremismus. Bei Auseinandersetzungen seien mehrere Personen verletzt worden. Man habe mehr als 30 Straftaten registriert, unter anderem wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung.

.

Montag, 13. Januar 2025, FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

Der Protest mag ja noch so ‚friedlich‘ sein – einen Parteitag, ohne dass es eine legale Grundlage gäbe, verhindern zu wollen ist ein Verstoß gegen Verfassungsrechte, somit genau das, was der AfD auf anderem Gebiet vorgeworfen wird. Sich dennoch als besonders ‚demokratisch‘ zu geben ist ein Widerspruch in sich. Dass Parteien, Kirchen und Gewerkschaften sich daran beteiligen, ist kein Ausweis von Widerstand, sondern missverstandener Wahlkampf, der die AfD zum Opfer macht. Dabei ist sie so leicht als Täter abstruser Ziele auszumachen. Menschenfeindliche Remigration, Abriss der Klimapolitik, Kahlschlag in der Europapolitik, Zensur der Universitäten, russische Kriegsziele – die Angriffsfläche könnte nicht größer sein.

 

Ironie des Geschehens tadelloser moralischer Korrektheit

.

Mittwoch, 8. Januar 2025: Bellarmin an Mephisto

Montag, 6. Januar 2025, KLEINE ZEITUNG:

Die Ausgrenzung der FPÖ, zuerst jahrzehntelang von der SPÖ betrieben, dann im Herbstwahlkampf von ÖVP-Kanzler Nehammer nachgeahmt, hat in die Sackgasse geführt. Für diese Ausgrenzung mag es gute Gründe geben, aber politisch klug ist sie nicht. Die Wähler haben nicht die Ausgrenzer belohnt, sondern den Ausgegrenzten. Regierungsbildungen werden immer schwerer, siehe zerkrachte Ampel in Deutschland. Geht es so weiter, sind in naher Zukunft vielleicht Vier- oder Fünfparteienregierungen ganz unverträglichen Zuschnitts nötig, um eine einzige andere Partei zu verhindern. Ironie des Geschehens: Gerade jene, die sich in tadelloser moralischer Korrektheit zu ‚Lordsiegelbewahrern‘ der Demokratie stilisieren, geben den Rechtspopulisten überhaupt erst die Macht, die Verhältnisse zu destabilisieren.“

 

Ich wünsche den Dummen ein bißchen Verstand

.

Dienstag, 31. Dezember 2024: Der Ritter vom heiligen Geist an Mephisto

.

Ich schreibe diese Zeilen in den letzten Stunden des scheidenden bösen Jahres. Das neue steht vor der Türe. Möge es minder grausam sein als sein Vorgänger! Ich sende meinen wehmütigsten Glückwunsch zum Neujahr über den Rhein. Ich wünsche den Dummen ein bißchen Verstand und den Verständigen ein bißchen Poesie. Den Frauen wünsche ich die schönsten Kleider und den Männern sehr viel Geduld. Den Reichen wünsche ich ein Herz und den Armen ein Stückchen Brot. Vor allem aber wünsche ich, daß wir in diesem neuen Jahr einander sowenig als möglich verleumden mögen.

Paris, 31. Dezember 1842, Heinrich Heine (1797-1856)