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24. Oktober 2021: Bellarmin an Mephisto
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Im aktuell gedruckten SPIEGEL findet sich ein etwas aufschlußreicherer Artikel als gewöhnlich über ein Thema, das im bundesdeutschen Wahlkampf sowohl von der CDU als auch von der CSU als auch von der SPD als auch von der FDP als auch von Bündnis 90 / Die Grünen übergangen worden war. Ein Thema, welches selbst von den „moderierenden“ Journalisten während der allerliebst in Form von Quizrunden arrangierten „Trielle“ sowie in den beigeordneten „Diskussionsrunden“ der „Spitzenpolitiker“ Deutschlands unthematisiert blieb.
Na klar, jetzt liegst Du richtig, wenn Du sofort an das Gespenst denkst, das umgeht in Europa.
Nämlich das sogenannte Flüchtlingsproblem.
Die heiße Kartoffel sowohl bei den das Wohl der Welt im Munde führenden Politikern als auch bei den politisch korrigierten tapfer um das Problem eines korrekten Jenderns kämpfenden Journalistenden.
Der SPIEGEL schreibt also: „Die Zahl der einreisenden Geflüchteten steigt wieder, auch weil der belarussische Präsident sich als Schleuser betätigt.“
Hochachtung! Man staunt immer aufs neue, wie unsere voll vom anstrengenden Jendern vereinnahmten Journalistenden ohne jedwedes der in diesem Staate derart obligatorischen Mutmaßlichkeiten definitiv sofort wissen, daß es sich bei den „Einreisenden“ um „Geflüchtete“ handelt. A priori insinuierend, die „einreisenden Geflüchteten“ wären aus einem ihrer zahlreichen Ursprungsländer aus Gründen persönlicher Verfolgung, womöglich mit der Gefahr einer Inhaftierung oder gar für Leib und Leben, also mit einem Asylgrund, „ einreisende Geflüchtete“. Das nenne ich Durchblick! Das ist es, was Journalistende des deutschen Qualitätsjournalismus in Zeiten der politischen Korrektur eben auszeichnet!
Denn früher, als es noch Journalisten gab wie Sebastian Haffner beispielsweise, hätte man das nicht so schnell herausbekommen.
Weiter heißt es im SPIEGEL:
„Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden ist Lukaschenkos Apparat im großen Stil ins Schleusergeschäft eingestiegen. Per Flugzeug lässt er Ausreisewillige vor allem aus dem Nahen und Mittleren Osten ins Land bringen, um sie anschließend mit einer Art Shuttleservice zu den EU-Außengrenzen zu kutschieren.“
Also das verstehe ich jetzt aber nicht. Das ist doch gut so, wenn der vielgescholtene Lukaschenko auch mal seine positive Ader herauskehrend, noch dazu im harmonischen Einklang mit deutscher Willkommenskultur, ausreisewillige einreisende Geflüchtete über eine Luftbrücke im Pendelverkehr, also sogar per Schattelsörvis, hilfreich an die EU-Außengrenze befördert.
„Polen wird beschuldigt, Flüchtlinge zum Teil mit Gewalt wieder nach Belarus zurückzudrängen.“
Journalistende sprechen sogar von Puschbäcks! Gemeint sind wahrscheinlich Zurückweisungen nach Weißrußland.
„Inzwischen konnten die Sicherheitsbehörden rekonstruieren, wie Lukaschenkos Schleusungsprogramm in vielen Fällen abläuft. Nach Angaben aus der Bundespolizei so: Ein Reisebüro im Herkunftsland stellt für einen Ausreisewilligen einen Antrag beim belarussischen Konsulat. Gegen eine Zahlung von mehreren Tausend Dollar auf ein Anderkonto gibt es ein Belarusvisum für 30 Tage. Nach der Landung bringen Grenzschützer die Menschen zuweilen erst in einem Hotel unter, dann geht es per Bus zur Grenze. Einzelnen Berichten zufolge helfen auch Soldaten, etwa indem sie Löcher in den polnischen Grenzzaun schneiden oder mit Drohnen günstige Gelegenheiten für einen Übertritt erspähen. Auf der anderen Seite suchen die Geflüchteten ihre Schleuser für den Weitertransport nach Deutschland per Geodaten. … Seit August hat die Bundespolizei mehr als 5800 Menschen registriert, die über Belarus und Polen unerlaubt nach Deutschland einreisten. Das sind nur diejenigen, die aufgegriffen wurden; viele weitere dürften es geschafft haben, sich zunächst unbemerkt durchzukämpfen. … Belarus hat demnach die Liste der Länder, deren Staatsangehörige problemlos einreisen dürfen, in den vergangenen Wochen verlängert. Iraner, Pakistaner, Südafrikaner, Ägypter und Jordanier – ihnen wird es nun leicht gemacht, nach Osteuropa zu gelangen. … Es sei wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis sich dies bei den unerlaubten Einreisen nach Deutschland bemerkbar mache.“
Also das verstehe ich wieder nicht! Das Problem ließe sich doch ganz einfach lösen, indem man die ausreisewilligen einreisenden Geflüchteten über diese Luftbrücke statt nach Minsk direkt leif nach Deutschland holte, wo sie ja anscheinend sowieso mehrheitlich hinstreben auf ihrer Flucht.
„Laut Sicherheitskreisen reisen viele Afghanen, die in andere Länder ausgeflogen werden, nach Deutschland weiter. ‚Wir greifen jeden Tag Afghanen auf, die zum Beispiel auf den Westbalkan oder nach Italien verteilt wurden‘, sagt ein hochrangiger Bundespolizist.“
Aus illegal über Minsk ausreisewillige einreisende Geflüchtete mach direkt leif legal ausreisewillige einreisende Geflüchtete über den sowieso entfernt noch nicht ausgelasteten BER in Berlin! Auch die Politikenden der dortigen neuen alten Koalitionäre würde das sicher ungeheuer freuen, ausreisewilligen einreisenden Geflüchteten endlich leif helfen zu können: „Das ist so einfach, und man denkt nicht dran“ hatte Otto Reutter bereits 1905 in einen Berliner Trichter geträllert.
„An einem Sonntag im September stieg Aumen Moohamed, 20, mit drei Freunden in ein Flugzeug. Es ging von Istanbul nach Minsk. 5000 Dollar habe jeder der Syrer für die Reise gezahlt. … Die polnische Polizei entdeckte sie und brachte sie zurück nach Belarus. Erst der dritte Versuch sei erfolgreich gewesen. … An einer schmucklosen Brücke mit hellblauem Geländer habe der Schlepper irgendwann angehalten. ‚Deutschland liegt vor euch, ihr könnt gehen‘, habe er auf Englisch gesagt. … Aumen Moohamed, der Syrer in Eisenhüttenstadt, sagt, dass er nun so schnell wie möglich Deutsch lernen und irgendwann hier studieren wolle.“
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Doch die Ampelparteien haben die Probleme in ihren Sondierungen nur am Rande behandelt. SPD, FDP und Grüne haben sich auf ein paar dünne, allgemein gehaltene Sätze verständigt. „Wir wollen die Verfahren zur Flucht-Migration ordnen und die ausbeuterischen Verhältnisse auf den Fluchtwegen bekämpfen“, heißt es im Papier, das die Grundlage der Koalitionsverhandlungen bildet.
DER SPIEGEL 43/2021
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