25. Januar 2019: Bellarmin an Mephisto
Montag, 7. Januar 2019
Deutschlandfunk:
In dem Video hatte der Grünen-Politiker erklärt, seine Partei werde alles dafür tun, damit Thüringen „ein offenes, freies, liberales, demokratisches Land“ werde. …
Habeck sagte am Rande der Vorstandsklausur der Grünen in Frankfurt/Oder, er wolle sich für seine Aussagen entschuldigen. Offensichtlich sei er anfällig dafür, in einem Medium, das so agressiv kommuniziere wie Twitter, auch so zu reden. Deshalb habe er die Konsequenzen gezogen und seine Twitter- und Facebook-Accounts gelöscht.
Dienstag 8. Januar 2019
KIELER NACHRICHTEN:
Wenn sich Habeck nun von seinen Followern verabschiedet, dann tut er auch dies mit der Geste des großen Moralisten, der das böse Spiel als Erster durchschaut hat. Der digitale Aussteiger, das macht sich gut in Zeiten, in denen ein US-Präsident twitternd die ganze Welt verwirrt.
RHEIN-NECKAR-ZEITUNG:
Alle Achtung. Von den Grünen kann man lernen. Nicht nur, wie zwei smarte, dauerlachende Parteichefs gute Laune verbreiten und damit die Umfrageergebnisse nach oben jazzen, sondern auch, wie man ein Eigentor als uneigennützige Handlung darstellt. Denn was hat das mit der digitalen Struktur von Facebook und Twitter zu tun, wenn der Nutzer Robert Habeck darin Unsägliches verbreitet? Richtig: Nichts.
TAGESZEITUNG:
Ein Profi muss beides können: leidenschaftlich reden – und präzise bleiben. Als Minister einer Bundesregierung würde von Habeck zu Recht erwartet, dass er sein Sprachbesteck beherrscht. Ein Abschied von Twitter löst das Problem übrigens nicht. Jeder ist selbst für das verantwortlich, was er kommuniziert. Und verquatschen kann man sich auch vor einer Fernsehkamera.
FRANKFURTER RUNDSCHAU:
Der Kern der Dinge scheint darin zu bestehen, dass beide Videos eine moralische Überhöhung offenlegen – im Namen der Partei. Und die Konsequenz, die Habeck jetzt zieht, tut das erst recht. Sie demonstriert, wie er sich wahrnimmt und wahrgenommen werden möchte: als durch und durch integer und nicht so wie all die anderen Politiker und User. … In der Größe seiner Demut will sich Habeck von niemandem übertreffen lassen.
TAGES-ANZEIGER:
Bemerkenswert ist nicht Habecks Schritt, sondern die im Schmollton verfasste Begründung dafür. ‚Offenbar triggert Twitter in mir etwas an: aggressiver, lauter, polemischer und zugespitzter zu sein‘, schreibt Habeck. Schuld ist in den Augen von Habeck also nicht Habeck, Schuld sind andere: Twitter, Hacker, Trolle, Kritiker. Man fragt sich: Wer hat Habeck je daran gehindert, vor dem Posten nachzudenken? Wer zwingt ihn zur Polemik? Und wer verbietet ihm, unangemessene Angriffe einfach zu ignorieren? Dieser Rückzug ist nicht konsequent, sondern weinerlich. Digitale Medien sind eine Tatsache, sie sind nützlich, und wir alle sind selber zuständig dafür, wie wir damit umgehen.
NEUE ZÜRCHER ZEITUNG:
Trotzdem ist Habecks Verweis auf das Reiz-Reaktions-Schema von Twitter vorgeschoben. Die Überheblichkeit, die in Habecks Videobotschaften steckt, war kein Unfall. Schließlich muss man sich fragen, ob jemand, den ein paar Tweets so aggressiv machen, dass er das Medium meiden muss wie ein Trinker die Flasche, politische Verantwortung tragen sollte. Es gibt Nutzer, die sachlich bleiben können, wenn ihr Gegenüber poltert und flucht.
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