Mehr und mehr Ideale werden verdreht, es strebt niemand
Länger nach Bildung, man spottet darüber. Geistigen Reichtum
Kennt man nicht, denn er stellt sich ja nie zu den Schreiern – so pflegt jetzt
Jeder seine Dummheit. Ja, das ist wahrhaft die neue
Ära, in der Unbildung als chic gilt! Welch Stolz der
Leute, Bach nicht zu kennen, Goethe nicht zu ertragen,
Nie hat man etwas von Lessing gehört – und von Gryphius schon gar nicht.
Diese Mühe, wozu, wem sollte sie nützen? Man will sich
Auch in Geschichte nicht auskennen, denn es langweilt. Und wie die
Kinder nimmt man den Film als das Ereignis, und wenn ein
Schauspieler einmal einen Helden mimte, so hält man
Ihn für heldisch, und sein Geschwafel macht ihn dann reich. Man
Hegt eine Pseudobildung über Astrologie und
Film und Sport und Börsenkurse, über das Wetter,
Über esoterische Energien. Die Elite
Weiß Bescheid in Betriebswirtschaft und Jura und liest die
Ratgeberbücher und Managerkurse. Und Popsongs, das sind die
Ewigen Permutationen aus Versatzstücken, kecke
Krämer lassen sie produzieren am laufenden Band in
Ihrem monströsen Trieb, das Geld zu scheffeln, die Popsongs
Also beherrschen alle Kultur, und diejenigen, die
Fähig sind, sich beim Fernsehquiz an ältere Titel
Noch zu erinnern, demnach die Pfiffigeren, die partiell mit
Einem Gedächtnis Begabten, verehrt man als hochmusikalisch.
Und gesungen wird selbst von den Stumpfesten in einer Sprache,
Die sie noch weniger als die eigene Sprache verstehen.
Damit beginnt das Reich des Pöbels. Er ist obenauf und
Freut sich dessen in seiner Art. Er trägt Haute Couture und
Sprüht sein Eau de Toilette, er wohnt komfortabel in einem
Haus mit Schwimmbecken und mit Tresor, natürlich besitzt er
Autos und Privatflugzeuge. Sonst fuhr er bei
Einem Kurierdienst, jetzt schickt er andere aus, und er glaubt mit
Diesem Grunde, wichtig zu sein. Er singt Karaoke,
Lädt zu Pressekonferenzen, und die Reporter,
Die ja keinen Konjunktiv mehr kennen, und wenn er
Äußert, er denke dies oder meine jenes, berichten,
Daß er dies denkt oder jenes meint, das Pack von Reportern
Flitzt auch tatsächlich hin und filmt mit Pomp und Gepränge,
Wie er sich spreizt vor seinem Wandschrank mit kantengereihten
Echtgoldverzierten Buchrückenimitaten. Und wenn es
Eine Leifsendung ist, dann flattern die Korrespondenten
Fieberig, heiser, fickerig – leif gilt ihnen als Wert an
Sich, wie vieles erschreckend Bedeutungsloses, sie können
Unwichtiges von Wichtigem nicht mehr scheiden. Und seine
Frau, die früher vierundzwanzig Stunden des Tages
Fernsah und zu dumm ist, auch nur einen von ihren
Sätzen vollständig auszusprechen, prunkt jetzt mit ihrem
Fünfhundertwörterschatz als Moderatorin. Das quatscht aus
Jedem Fernsehsender mit Inbrunst dasselbe und nennt sich
Pluralismus. Und sie behaupten, dies müsse so sein, ihr
Publikum wolle es! Was hieße, das Publikum und das
Fernsehn verblöden sich gegenseitig! Sie normen sich abwärts.
Während die Geschmackfreien derart mit einem unsäglich
Zufälligen Allotria, ihrem Verdienst, die Karriere
Machten und reich geworden sind, verlaufen sich schutzlos
Die Gebildeten, obdachlos, zerlumpt und vereinzelt
Unter der Meute, regiert von den Ungebildeten, von den
Ungeduldigen, von den Machern. Was soll das Problem samt
Seinen Gründen? Stolz durchschlagen Pragmatiker jenen
Gordischen Knoten und noch einen Knoten und noch einen Knoten,
Und man wundert sich, warum nichts mehr hält. Doch man denkt nicht
Lange nach und läßt sich darob loben, in seiner
Angst befördert jeder die Parvenüs. Denn das Denken
Koste Zeit, und Zeit wäre Geld, und Nachdenken kennt man
Gar nicht mehr. Man will überhaupt nicht die Information, man
Sendet sich Imels und verlangt die Info. Die Wahrheit
Nervt und dauert zu lange. Man glaubt an Gott nicht, man glaubt an
Höchstgeschwindigkeit und Globalisierung, man glaubt an
Die Geburtenkontrolle. Man merkt nicht, warum es bergab geht.
Fachleute gibt es nicht mehr, und unsere Sprache wird täglich
Unverständlicher. Wer wagt noch, zur Arbeit zu gehen?
Schon die Kinder sind des Lebens müde. Die Menschen
Werden weniger, die Geburtenzahlen vermindern
Sich, und es bleibt nur der Wunsch: So möge sich alles zugrunde
Richten. Das Land wird von vollkommen sinnlosen Leuten beherrscht, von
Schomastern, Rambos und Moddels nach ihrem gesunden Empfinden,
Und vom feiernden Volk auf den „Liebes-Paraden“ der Städte
Werden die Toten der Nacht am Tag in die Flüsse geworfen…
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