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Thalatta ! Thalatta !

Schlagwort-Archiv: Marcus Pindur

Das ist die Frage aller Fragen und die Antwort aller Antworten

 

20. März 2021: Bellarmin an Mephisto

 

Stell Dir vor, was diese Woche geschehen ist:

Da wurde in Washington ein Bericht der amerikanischen Geheimdienste veröffentlicht, demzufolge auch bei den letzten Wahlen von russischer Seite versucht worden sei, den Wahlkampf zugunsten Donald Trumps zu beeinflussen mittels des Streuens von Unwahrheiten und Irreführungen sowie erneuten Angriffen auf „wichtige Sektoren der Wahl-Infrastruktur“.

Davon nicht das geringste Sterbenswörtchen in der sich als das seriöseste Nachricht-Medium Deutschlands verstehenden 20-Uhr-Tagesschau!

Einen Tag später, da sagt der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ins Angesicht unseres Planeten, daß er den ruhmredigen Präsidenten des größten ruhmredigen Staates der Erde für einen Mörder hält – und die gebührenfinanzierte 20-Uhr-Tagesschau bringt davon kein Wort!

Infolge jenes in der Weltgeschichte einmaligen Vorgangs ruft der Auftraggeber seinen Botschafter aus den Vereinigten Staaten von Amerika zurück ins ruhmredige Rußland – und die laut bundesdeutschem Pressekodex zur wahrheitsgemäßen Unterrichtung der Öffentlichkeit verpflichtete 20-Uhr-Tagesschau meldet darüber nicht ein einziges Wort!

In den Folgetagen in Deutschland außer eines wie immer erfreulich klartextlichen Kommentars von Marcus Pindur und eines Interviews der wie immer erfreulich kompetenten, klugen und kenntnisreichen Marieluise Beck von den Grünen, beide im Deutschlandfunk, keinerlei Behandlung oder gar eine den Tatsachen entsprechend angemessene Gewichtung, weder von politischer Seite noch in den öffentlich-rechtlichen Medien, dieser im wahrsten Sinne ungeheuerlichen Phänomene nach dem Zweiten Weltkrieg!

Auf die freilich unmöglich von einem bundesdeutschen Journalisten gestellte Frage, ob er Putin für einen Mörder halte, antwortet der US-amerikanische Präsident also offenherzig, daß er das tue. Hätte er hingegen auf die freilich nie einem deutschen Journalisten in seinen politisch korrigierten Sinn gekommene Frage des journalistischen Vertreters einer freien Presse mit einem Nein geantwortet, hätte sich der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika doch aber entweder als fahrlässig dumm oder als fahrlässig verlogen offenbart (geautet im ordinären Dummdeutsch deutscher Journalisten).

Gottseibeiuns!

Was sollte man denn nun machen in der Redaktionsstube der ARD? Na klar: Dasselbe wie der Leiter des Deutsch-Russischen Forums Matthias Platzeck (SPD) im Einklang mit den Genossen der Linkspartei: Schweigen. Denn der Biden in den USA, der hat ja keine Beweise vorgelegt, daß Wladimir Wladimirowitsch etwas gewußt habe über das Ableben Litwinenkos oder der Politkowskaja oder Nemzows oder die plötzlichen Erkrankungen der Skripals oder Nawalnys, dessen Namen der Wladimir, als kennte er (als Staatschef!) ihn nicht im Gegensatz zum Rest der Welt, dessen Namen bis vor kurzem er überhaupt nur einmal in seinen Mund zu nehmen sich hütete aus irgend einem Grund. Und aus der Linkspartei und von Matthias Platzeck hieß es ja auch prompt, also wenn da Geheimdienste im Spiel wären bei Nawalnys seinerzeitigem Zusammenbruch im Flugzeug, dann könnte man gar nichts mehr dazu sagen.

Denn dann wäre ja alles möglich.

Was nahe legen soll: Dann wäre es wohl die CIA, die ihre Hände im Spiel hatte.

Mit dem Ziel der Verbreitung antisowjetischer Propaganda.

Und was will man denn? Der Verbrecher Nawalny befindet sich inzwischen rechtmäßig russisch verurteilt im russischen Gewahrsam des russischen Straflagers IK-2 in Pokrow, Franz-Stollwerck-Straße Nr. 6. Weil er hat ja seine Meldepflicht verletzt! Und da wird er, damit ihm solches nicht wieder passiert, selbst jede Nacht von einem neben ihm sitzenden Wärter überwacht und jede Stunde geweckt und fotografiert und der Anwesenheitsnachweis meldepflichtig nach draußen gemeldet. Also sicherer geht es kaum, da soll er sich noch mal beschweren!

 

Donnerstag, 18. März 2021, Deutschlandfunk:

Beck: Wir haben es ja in Deutschland selber erlebt. Mein Büro übrigens war im Februar 2014 das erste, das gehackt worden ist – wie wir jetzt wissen von genau derselben Gruppe des russischen Auslandsgeheimdienstes, die auch die Clinton-Kampagne gehackt hatten. Das ist vollkommen klar belegt.


Heckmann: Frau Beck, bisher ist ja unklar, ob diese Hacker-Angriffe und Desinformationskampagnen von irgendwelchen russischen Hackern kommen, die irgendwo sitzen, oder von Aktivisten, oder ob der Auftrag aus dem Kreml kommt. Den US-Diensten stellt sich diese Frage offenbar nicht mehr. Sie sagen, entweder hat der Kreml diese Aktivitäten selbst durchgeführt, oder andere damit beauftragt. Wie sicher sind Sie, dass die russische Regierung hinter diesen Aktivitäten steckt?

Beck: Ich kann das für Deutschland ganz klar sagen. Es handelt sich um zwei Gruppen des russischen Auslandsgeheimdienstes. Die heißen APT28 und APT29, Cozy Baer und Fancy Baer. Diese Hacker-Angriffe sowohl in den USA als auch bei mir im Büro, sind ganz eindeutig diesen beiden Gruppen zugeordnet worden. Das ist auch vom deutschen Geheimdienst und vom Innenministerium und vom Bundesamt für die Sicherheit von Informationstechnik in keinster Weise bestritten worden, sondern im Gegenteil. Das ist die Auskunft dieser Stellen.

Heckmann: Und das heißt?

Beck: Das heißt, es gibt massive Versuche, tatsächlich auch in einen Nerv von modernen Gesellschaften einzudringen. Aber wie gesagt, ich halte für eigentlich noch gefährlicher die systematische Politik der Beeinflussung mit Botschaften, mit Propaganda, durch Verwirrung, so dass zum Schluss Bürgerinnen und Bürger sagen, nichts Genaues weiß man nicht, und diese Netzwerke, die aufgebaut werden.


Heckmann: Wie könnte man sich dagegen schützen als Land oder auch der einzelne? Was ist da Ihr Rat?

Beck: Ich glaube, dass wir sehr viel genauer hinschauen sollten zu Finanzströmen, auch wenn es selber weh tut. Ich glaube, dass wir einfach eine wirklich aufmerksame Medienlandschaft brauchen. Wir brauchen auch eine Politik mit geradem Rücken. Wer, wie jetzt in Mecklenburg-Vorpommern, Gazprom die Möglichkeit gibt, eine Fake Umweltstiftung zu gründen, die nichts anderes ist als ein Gazprom-Geschäftsinteresse, der handelt nicht im Sinne von Demokratie und Aufklärung, die wir in der Demokratie brauchen – Wahrheit und Aufklärung.

 

 

Das Unbehagen, das viele in Deutschland bei solch klaren Worten verspüren, ist fehl am Platz. Denn dem liegt die falsche Vorstellung zu Grunde, man könne den Kreml-Herrscher durch freundlichen Ton zur Kooperation bewegen. Alle Erfahrungen der letzten zehn Jahre sprechen dagegen. Die Bundesregierung könnte dazu beitragen, Putin die Grenzen aufzuzeigen, indem sie die unselige Nord-Stream-2-Pipeline endlich ad acta legt. Putin ist, wer er ist. Biden hat dies lediglich offen ausgesprochen.

Marcus Pindur, Donnerstag, 18. März 2021, Deutschlandfunk

 

Endlich!

4.12.15 Serapion an Mephisto

Nur zur Erinnerung.

Und zur Verdeutlichung des russischen kulturellen Verhaltensmusters.

Zufälligerweise hatte seinerzeit Zar Nikolaus I. die Welt ganz anders gesehen als deren bescheidener Rest. Und hatte am 2. Juli 1853 das russische Heer den Pruth überschreiten und die beiden zum Osmanischen Reich gehörenden Donaufürstentümer Moldau und Walachei kurzerhand besetzen lassen. Also zufälligerweise ohne Kriegserklärung den Frieden gebrochen. Immerhin noch mit soweitiger Klarsicht, daß die damalige Begründung nicht lauten konnte, diese Aggression diene dem Schutz wie auch immer bedrohter Russen. Da die Strategie der Landnahme durch Ansiedlung von Russen auf fremdländischem Territorium noch nicht in dem Maße forciert worden war wie etwa seit dschugaschwilischen Zeiten. Sondern die damalige Begründung hieß, das gelte dem Schutz orthodoxer Christen. Von russischen Ambitionen auf Durchfahrtsrechte der Kriegsflotte ins Mittelmeer, von irgendwelchen Flottenstützpunkten oder gewissen Herrschaftsansprüchen auf dem Balkan ging die Rede nicht. Auch nicht von einverleibenden Absichten hinsichtlich Konstantinopels. Allerdings hatte Nikolaus im Januar den englischen Botschafter in Petersburg plötzlich beiseite genommen, um ihm ein gemeinsames Interesse an einer Aufteilung des als schwächlich eingeschätzten Osmanischen Reiches einflüstern zu wollen. Doch letzterer mochte darauf nicht eingehen. Die öffentliche Meinung in England war aus irgendeinem Grund russenfeindlich. Ich vermute mal, sie war, sagen wir zurückhaltend, „beeinflußt“ von den Flüchtlingsströmen der damals dort immerhin Asyl Findenden aus Rußland, Polen und Ungarn. „Beeinflußt“, um das Wort „empört“ zu vermeiden. Das sich anböte im Hinblick auf das zufälligerweise menschenverachtende primitiv blutige Wüten der Russen, beispielsweise im September 1849 in Ungarn oder zuvor im November 1830 in Polen. Man stelle sich das vor, die Russen waren damals tatsächlich verschrien als Unterdrücker der Völker!

Und obendrein als reaktionär.

Um nach dem Zufälligen zurückzukommen auf kulturelle Verhaltensmuster, jedenfalls predigten die Derwische den „Heiligen Krieg“, die Pforte setzte sich zur Wehr und erklärte am 4. Oktober Rußland ordnungsgemäß den Krieg. Da lachte Nikolaus sich in sein Fäustchen. Denn in seiner Weltsicht standen die Engländer, die Preußen und die Österreicher fest auf seiner menschenfreundlichen Seite.

Wie gesagt, indessen war  die Wahrnehmung der übrigen Welt eine ganz andere. England, Frankreich, Österreich und selbst Sardinien traten auf die Seite der Türkei, und der Krieg mit den Russen ging als extrem verlustreicher Krimkrieg ein in die Annalen. Denke nur an Florence Nightingale in der sogenannten Hölle von Skutari.

Krimkrieg deshalb, weil im schwer umkämpften Sewastopol der Hauptstützpunkt der russischen Flotte lag.

Auf russischer Seite wurde zufälligerweise mit dümmlichem Kadavergehorsam selbst in noch aussichtsloser Lage die Stellung gehalten, ohne Rücksicht auf menschliche Verluste. Das galt und gilt dort als heldisch. Damals war es ein gewisser kriegsteilnehmender Graf Leo Tolstoi, der pathetisch das ordinäre russische Heldenlied sang: „Die Stimmung der Truppen ist einfach unbeschreiblich. Im alten Griechenland herrschte nicht soviel Heldenmut wie hier. Statt mit dem Ruf ‚Guten Tag, Kinder‘, begrüßte Kornilow die Soldaten während der Truppenbesichtigung mit den Worten: ‚Es geht in den Tod, Kinder. Versteht ihr zu sterben?‘ Und die Truppen antworteten: ‚Jawohl, Exzellenz. Hurra!’“

Selbst Nikolaus überlebte den Krieg nicht. Er starb im März 1855 an Grippe.

Der Friede von Paris am 30. März 1856 war bitter für Rußland und seine Balkanpläne: Verzicht auf die schönen Donaufürstentümer und Verzicht auf die durchsichtige Anmaßung einer Schutzherrschaft für orthodoxe Christen im Osmanischen Reich, Abtretung des südlichen Bessarabiens und der Donaumündung an Moldawien sowie Entmilitarisierung des Schwarzen Meeres.

Wie Du Dich Anfang Juli vergangenen Jahres in einem anderen Zusammenhang daran erinnertest, begannen 1992 in Moldawien plötzlich „Separatisten“ um sich zu schießen. Lauter vertrauenerweckende Visagen wie jüngst auf der Krim und in der Ostukraine. Na, wie auf Kommando eilten russische Truppen hinzu und griffen den sogenannten Separatisten hilfreich unter die verschwitzten Arme mit den auf Moskauer Zeit gestellten Armbanduhren. Und setzen sich, zum „Schutz legitimer russischer Interessen“, fest. Um des Friedens willen überwacht seit 1999 auch eine OSZE-Friedenstruppe eine Sicherheitszone zwischen jener selbsternannten Republik Transnistrien, die zufälligerweise ihren Anschluß an Rußland erstrebt, und Moldawien. Womit das russische Militär zum Abzug verpflichtet wurde und laut eines von Rußland unterzeichneten OSZE-Abkommens auch ist. Im Dezember 2001 endlich wird damit begonnen und ein erstes Kontingent abgezogen. Während der folgenden vierzehn Jahre verzögert sich der weitere Abzug der Okkupationstruppen aber bis heute aus irgendeinem Grunde.

Was ich eigentlich sagen wollte: Ich bleibe dabei, => alles Vergängliche ist nur ein GLEICHES.

Zum Abschluß noch dies. Am 19. vorigen Monats kommentierte im Deutschlandfunk Marcus Pindur:

Washington ist außenpolitisch dysfunktional, und dies gleich auf mehreren Ebenen. Einer der republikanischen Präsidentschaftsanwärter, und nicht ohne Grund einer, der sehr weit in den Umfragen hinten liegt, Chris Christie, der Gouverneur von New Jersey, verstieg sich jüngst zu der Äußerung, er würde nicht einmal ein fünfjähriges syrisches Waisenkind in seinem Bundesstaat, in New Jersey, aufnehmen. Ein durchsichtiges und abstoßendes Wahlkampfmanöver.

In den USA werden die Flüchtlinge in einem umfangreichen Verfahren, das ein bis zwei Jahre dauert, vom Heimatschutzministerium sicherheitsüberprüft. Seit 1975 sind 3,5 Millionen Flüchtlinge aus aller Herren Länder in den USA aufgenommen worden. Keiner von ihnen hat sich jemals an einem Terroranschlag beteiligt.

Doch das Thema wurde begierig aufgegriffen vom republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, der weiß, dass dies eine der seltenen Gelegenheiten ist, in seiner Partei Geschlossenheit herzustellen. Dass dies genau in die Narrative des sogenannten Islamischen Staates passt, kann den republikanischen Strategen egal sein. Dass der Gesetzentwurf keine Chance hat, den Senat zu passieren, ebenso.

Das Weiße Haus ist leider außenpolitisch ebenso dysfunktional. Vor zwei Jahren noch hatte Präsident Obama den sogenannten Islamischen Staat als Amateurtruppe verspottet. Vor zwei Wochen noch, kurz vor den Anschlägen von Paris, hatte Obama wieder einmal behauptet, der IS sei eingedämmt und auf dem Rückzug. Nichts könnte falscher sein. Beharrlich behauptet Obama, seine Gegner wollten einen Einmarsch im Irak mit Bodentruppen in fünfstelligen Zahlen – was nachweislich Unsinn ist. Militärexperten verlangen lediglich, amerikanische Militärberater auf der Bataillonsebene zu installieren und Spezialtruppen zur Einweisung von Luftschlägen zu beauftragen. Dazu würde man 5.000 bis 8.000 US-Truppen brauchen. Stattdessen schickt Obama 50 Militärberater mehr – eine kosmetische Maßnahme.

Weil offensichtlich ist, dass seine Strategie nicht funktioniert, liebäugelt Obama jetzt mit dem vergifteten Angebot des Kreml zu einer Kooperation. Ganz abgesehen davon, dass auch Russland militärisch in Syrien nichts zu bieten hat, was die Anti-IS-Koalition nicht auch könnte, wäre das ein gewaltiger politischer Fehler. Denn Putin ist lediglich daran gelegen, den syrischen Diktator Assad im Amt zu halten – und der ist die Ursache der Malaise in Syrien – außerdem schielt er auf die Beseitigung der Sanktionen, die ihm wegen des Krieges in der Ukraine auferlegt worden sind. Einige der nützlichen Idioten Putins im Westen können es auch kaum erwarten, diese Sanktionen wieder fallen zu lassen.

Wenn Obama glaubt, mit Putin sei ein wirksamer Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat möglich, dann würde er endgültig seine außenpolitische Inkompetenz unter Beweis stellen. Nach all den Fehlern, die Obama im Irak und in Syrien bereits begangen hat, ist dies allerdings nicht auszuschließen.