A N A B A S I S

Thalatta ! Thalatta !

Lenins „nützliche Idioten“

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Sonntag, 24. März 2024: Mephisto an Bellarmin

Vor einer Woche, das war noch vor der jüngsten Einlassung Mützenichs im Bundestag, schriebst Du mir „von den sich vor allem hinsichtlich Rußlands durch permanente Fehleinschätzungen ausgezeichneten üblichen üblen SPD-Strategen à la Ralf Stegner, Rolf Mützenich und dem unsäglichen Gernot Erler aus der Mottenkiste“. Die Reihe ließe sich natürlich fortsetzen mit einem gewissen Gerhard Schröder, dem Freund des „lupenreinen“ Auftraggebers von Auftragsmorden. Oder der Manuela Schwesig, der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, oder …, nein, nein, ich schluck das jetzt runter, ich will mich jetzt lieber beschränken auf ein beispielhaftes Exemplar. Vielleicht erinnerst Du Dich: Heute vor 3400 Tagen, also vor fast zehn Jahren, nämlich am 2. Dezember 2014 schrieb ich Dir:

Der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums, Matthias Platzeck, hat wieder einige seiner von mir gefürchteten Interviews gegeben. Über das Verhältnis des Westens zu Rußland. Obwohl natürlich der unverständige dumme schuldige Westen das unbeirrte Ziel seiner Ermahnungen bleibt, klangen seine Einlassungen diesmal bisweilen sogar vergleichsweise unblauäugig. Was ich als Zeichen werte, Wladimir Wladimirowitsch Putin muß es derart schlimm treiben, daß er es sogar notorischsten Gesundbetern russischer Monstrositäten schwer macht. Was aber natürlich nichts an ihrer mich immer wieder verwundernden Grundhaltung ändert.

Ich beobachte das Phänomen seit meiner Kindheit und Jugend in der Deutschen Demokratischen Republik. In deren Demokratie man Russen nicht beim Namen nennen durfte. Es hieß „Sowjetmenschen“. Es gäbe ungeheuer viel dazu zu erzählen, interessante, aufschluß- und eigentlich lehrreiche Geschichten für denkende Menschen. Doch will ich jetzt nur sagen: Ich glaube, Matthias Platzeck gehörte zu den „Sowjetmensch“-Sagern. Das verbaute auch nicht unbedingt die Karriere. Ich vermute ebenfalls stark, daß er genauso Mitglied der russischen Propaganda-Organisation „Deutsch-Sowjetische Freundschaft“ war, wie er heute vorsitzendes Mitglied der russischen Propaganda-Organisation Deutsch-Russisches Forum ist, und mir und jedem sofort erklären würde, daß Völkerfreundschaft doch eine wunderbare und friedensfördernde Angelegenheit sei. Gern wäre ich seinerzeit einer deutsch-französischen Freundschaftsgesellschaft beigetreten, fand jedoch nie die Telefonnummer… Ich stelle mir ein typisches Gespräch mit ihm oder seinesgleichen zur damaligen Zeit vor, was ihn betrifft fiktiv also, aber auf jahrelanger Erfahrung gründend, und höre förmlich die Rechtfertigung für das Fehlen anderer Freundschaftsgesellschaften in dem friedliebenden Mauerstaat: Schließlich habe das „Sowjetvolk“ ja besonders im Zweiten Weltkrieg, pardon, während des „Großen Vaterländischen Krieges“ gelitten und habe die meisten Opfer gebracht. Und Frankreich, die USA und Großbritannien und Italien, das seien doch alles NATO-Länder usw. usf. Ich glaube, zu DDR-Zeiten hätte Matthias Platzeck nicht zu meinem Freundeskreis gezählt, wenngleich er vermutlich wohl noch zu den vernünftigeren Strebern gehörte. Zu denen, die sich nicht ohne Erfolg anstrengten, nie etwas Falsches oder sogar Widriges zu verlautbaren und demzufolge ihre Weltsicht mit der staatlich vorgegebenen harmonisierend rationalisierten und verinnerlichten. Die dialektische Denkschule des deutschen demokratischen Sozialismus kann bei intelligenten Menschen, die sich aus diesem Blickwinkel jahrzehntelang die Chronik der laufenden Ereignisse zurechtlegten und erklärten und verklärten, kaum ohne Ablagerungen geblieben sein im Rückenmark. In jenem Sinn scheint er mir tatsächlich ein „gelernter DDR-Bürger“ zu sein, und in seinen Augen wäre dies wohl etwas Gutes. Und nicht etwas Geschädigtes, nicht etwas Blickwinkel- und Denkschablonenzementierendes. So wie ich es aus seinen Interviews immer wieder heraushöre oder lese.

Jedes Mal wenn ich den Mann also über Rußland reden höre, muß ich an die Menschen denken, die mir nach einem Auslandsstudium in der Sowjetunion über den Weg liefen. Zu sowjetischen Zeiten war man in Rußland sehr interessiert, Studenten aus bestimmten Ländern zu holen, vor allem aus den ehemaligen Kolonien Afrikas und aus den russisch besetzten Ländern Osteuropas. In der DDR konnten Schüler eine Prüfung absolvieren, und nach deren Bestehen und natürlich der Erfüllung gewisser nichtfachlicher Voraussetzungen ging es ab. In der ostdeutschen Arbeitswelt erlebte ich nach ihren Studienerfolgen dann die Rückkehrer. Ich erlebte nur männliche Exemplare, allerdings nicht selten mit russischem Ehegespons. Dieses meist mit phantastischen, russisch-bombastischen Berufsbezeichnungen. Für die sich keine Entsprechung fand im Rest der Welt. Aber wenigstens klangen sie ehrfurchteinflößend in den Ohren schlichterer Gemüter. Wie als würde Putin gerade durch fünfzehn Meter hohe Türen schreiten. Bis sich nach etlichem Geziere mit beleidigt hochgeschobener Unterlippe herausstellte, daß es sich bei den studierten Berufen um eigentlich eher irdische Arbeiten und Tätigkeitsfelder handelte, im Bereich einer Chemielaborantin etwa. Die ehemaligen Auslandsstudenten aber waren, soweit ich sie kennenlernen mußte, inzwischen zu unbedingten Sowjetunion-Fanatikern mutiert. Man konnte nur staunen. Am besten schweigend, denn jedes, selbst das kleinste kritische Wort über „unsere sowjetischen Freunde“ und das „ruhmreiche Sowjetland“ war sinnlos. Ganz zu schweigen von einer kritischen Durchleuchtung russischer Kultur, Geschichte oder Politik. Die abseitigsten Abseitigkeiten fanden ihre Versteher und vor allem ihre vehementen Verteidiger. Alles Sowjetische war gut und richtig, also heilig wie Gott Wladimir Iljitsch Lenin. Diese Leute wurden dann bevorzugt bei Gehaltssteigerungen und Karrieresprüngen und fanden sich bald womöglich in gewissen strategisch nicht unwichtigen Funktionen und Schaltstellen ihrer jeweiligen Branchen wieder. Und das sicher nicht nur in der DDR. Daß der Aufbau Fünfter Kolonnen zur Einflußnahme und zur Beherrschung anderer Länder das A und O russischer Auslandspolitik, also Unterwerfungsstrategie ist, gilt gewiß nicht erst seit Lenin und der KOMINTERN und der KOMINFORM.

Ich weiß, daß Matthias Platzeck nicht in der ruhmredigen Sowjetunion studiert hat, ebensowenig wie Gerhard Schröder. Ich weiß nur, daß er in der DDR eine Erweiterte Spezial-Oberschule besuchte und daß mir regelmäßig jene verzückten Auslandsabsolventen in den Sinn kommen, wenn ich ein Interview mit ihm höre oder sehe oder lese. Ansonsten war und ist Matthias Platzeck in meinen Augen ein banaler „gelernter DDR-Bürger“. Jemand, der das deutsche demokratische Denken verinnerlichte und also die Deutsche Demokratische Republik wahrhaft nie begriffen hat. Er gehörte wohl zu denjenigen, die 1989 am liebsten die DDR verbessert hätten und der nun verärgert war über den Fall der Mauer. Der „Wende“ sagt statt „Ende“. Der demzufolge tatsächlich die Wiedervereinigung als „Anschluß“ bezeichnete, analog Österreichs sogenanntem Anschluß an Hitlerdeutschland. Wie ein Wort manchmal die komplette Denkweise eines Menschen offenbart! Platzeck ist einer, der in seiner Welt- und Geschichtskenntnis offensichtlich von der Geschichte überrannt wurde. Ebensowenig versteht er den typisch russischen Chauvinismus des typisch russischen Imperialisten Wladimir Wladimirowitsch Putin. Nach allem was ich weiß, würde Lenin ihn zu seinen „nützlichen Idioten“ zählen, die im Westen tatsachenunbeirrt auch noch die abstrusesten russischen Sichtweisen „verstehen“, verteidigen und eben befördern. Im Hinblick auf gewisse Intellektuelle hat Einstein einmal den Begriff „großhirnamputiert“ geprägt.

Nein, ich würde nicht auf Matthias Platzeck hören. Das wäre mindestens der Ukraine Ende, wenn man auf solche Leute hörte.“

Worauf Du mir prompt mit Datum vom 12. Dezember 2014 antwortetest:

Zu Deiner Replik auf die Interviews und Vorschläge zur Lösung der Ukraine-, insbesondere auch der Krim-Krise des ehemaligen Ministerpräsidenten und aktuellen Vorsitzenden des Deutsch-Russischen Forums Matthias Platzeck:

Unter der Überschrift „Die Hybris des Westens“ und mit dem Untertitel „Warum Matthias Platzeck recht hat“ liefert der preisgekrönte Autor Eugen Ruge im SPIEGEL 50/2014 eine Apologie der Ansichten Platzecks. Den er einleitend mit einer Schmähung gegen die Kanzlerin von dieser positiv abzusetzen sich befleißigt. Platzeck wäre schon zu DDR-Zeiten unangepaßt gewesen. Was man von Merkel nicht behaupten könne. Merkel habe sich erst einen Monat nach „der Wende“ überlegt, daß sie eigentlich schon immer gegen die DDR gewesen wäre. Und die nun, noch immer DDR-methodisch, Platzeck aus dem Petersburger Dialog verdränge. Und zwar, weil er nicht die Auffassung der Kanzlerin vertrete. Dann gipfelt Ruges Debattenbeitrag in der These: „Matthias Platzeck wäre als ehemaliger Gegner und Kenner des DDR-Regimes und des Sowjetsystems vermutlich ein guter Berater in der Ukraine-Krise.“

Kurz zur Weltsicht des Apologeten. Welche eigentlich hinreichend qualifiziert wird durch einen einzigen Satz, der direkt dem Werkzeugkasten der Kreml-Propaganda entnommen sein könnte: „Die EU erweitert ihre Außengrenzen: eine schleichende, postkoloniale Form der Expansion.“ Dagegen etwas zu sagen, wäre Zeitverschwendung. In seiner Logik gelangt Ruge dann jedenfalls zu dem Schluß: Da die Krim 1954 von Nikita Sergejewitsch Chruschtschow willkürlich an die Ukraine verschenkt worden sei, wäre die Wiederangliederung an Rußland eigentlich Restitution eines geraubten Kulturgutes. Auch diese Sprechblase über die chruschtschowsche Schenkung hatten wir schon gehört aus Richtung des Moskauer Kremls. Ebenso bedient Ruge sich ohne weiteres des von Putin mit durchsichtigem Zweck angestrengten Begriffs der „Wiedervereinigung“. Auffälligerweise fällt Ruge bei der Krim-Annexion, im Gegensatz hinsichtlich seiner Bemerkung zur EU-Erweiterung, das Wort „Expansion“ oder gar „Aggression“ nicht ein. Hier sieht er keinerlei Zusammenhänge, die doch einem um Geschichtsverständnis Bemühten nach Transnistrien, Südossetien, Abchasien, der „Volksrepublik“ Donezk und der „Volksrepublik“ Luhansk in den Sinn kommen sollten wie eins und eins ist zwei. Immerhin fiel Putin bei „Wiedervereinigung“ gleich noch „Neurußland“ ein, und wenn Ruge und Platzeck den Kreml-Chef berieten nach ihrer Logik der chruschtschowschen Schenkung, fordert der sicher auch das 1867 von den USA für 7,2 Millionen Dollar den Russen abgekaufte Alaska zurück.

Der Vorsitzende der Münchener Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, qualifizierte am 19. November im Deutschlandfunk den Krim-Vorschlag Platzecks mit: „Das ist der schlechteste Rat, den ich seit Wochen gehört habe.“

Das ist die schärfste Kritik, die ich von diesem hochgeschätzten Unterhändler in der Sache und zurückhaltenden Diplomaten je vernahm.“

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Mittwoch, 20. März 2024, Deutschlandfunk:

Christoph Heinemann: Frage: Was haben Björn Höcke, Sahra Wagenknecht und Gerhard Schröder gemeinsam? – Antwort: Sie haben Rolf Mützenich gelobt, genauer seine Anregung über ein Einfrieren des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieges nachzudenken mit seinen mutmaßlich zahlreichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. … Höcke und Wagenknecht steuern seit Kriegsbeginn einen lupenreinen Putin-Kurs und vielen in der SPD ist Gas-Gerd, wie die Boulevard-Presse den ehemaligen Kanzler nennt, einfach nur noch peinlich.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist auch Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl und jetzt am Telefon. Guten Morgen.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Guten Morgen, Herr Heinemann.

Strack-Zimmermann: … Der Wutausbruch des Herrn Mützenich – ich gehe mal davon aus, ich lebe ja auch schon 66 Jahre auf dieser Erde, dass er abgelenkt hat von dem Thema, was uns eigentlich und wirklich beschäftigen sollte, nämlich dass Herr Mützenich tatsächlich vorgeschlagen hat, den Krieg in der Ukraine einzufrieren.

Heinemann: Was ging Ihnen durch den Kopf, als er das vorgeschlagen hat?

Strack-Zimmermann: … Das ist wirklich skandalös, weil Herr Mützenich sich abkehrt von der Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Er rammt sozusagen die Ukraine von westlicher Seite ein, dahingehend, dass er einen Krieg einfrieren will, der ausgelöst wurde vom Verbrecher Putin – die Ukraine wehrt sich seit zwei Jahren; da wird vergewaltigt, gestorben, verschleppt, gefoltert – und bekommt nun von Herrn Mützenich gesagt, wir frieren das jetzt mal ein und dann schauen wir weiter.

Ich darf höflich daran erinnern, dass Russland die Ukraine angegriffen hat. Russland kann heute – und damit ist die Zielfigur nicht die Ukraine, sondern Wladimir Putin – diesen Krieg beenden, sofort, wenn er seine Truppen zurückzieht. Die Ukraine wehrt sich und wenn sie das nicht macht – das ist übrigens völkerrechtlich ihr Recht -, wird nicht nur die Ostukraine, die so groß ist wie Portugal, sondern die ganze Ukraine von der Landkarte verschwunden sein. Die Ukrainer kämpfen um Freiheit, etwas was wir vielleicht gar nicht mehr registrieren, weil wir in einer Selbstverständlichkeit in Freiheit leben. Sie kämpfen um Freiheit. Und Unterdrückung, Herr Heinemann, ist kein Frieden. Die Lage ist: Wenn man sie einfrieren will, ändert sich nichts, denn wenn Sie heute Mist einfrieren, bleibt es auch in 20 Jahren Mist, um mal im Bild zu bleiben.

Das heißt, Herr Mützenich greift, Sie sagten es gerade, nach Konflikt- und Friedensforschung. Ich übersetze Ihnen das in sozialdemokratische Appeasement-Politik, die uns nie weitergebracht hat.

Noch mal: Die Ukraine übrigens wird entscheiden, nicht wir, nicht Rolf Mützenich, nicht die Appeasement-Politik der Sozialdemokratie. Nur die Ukraine wird entscheiden, ob sie gewillt ist, sich gegen diesen mörderischen Angriff zu wehren. … Da ist, in der Tat, die Diskussion um ein Waffensystem Taurus wirklich nur noch eine Petitesse, gemessen an dem. Jetzt geht es ums Grundsätzliche, und Sie sagten es gerade: Dass Herr Höcke, Frau Wagenknecht und der ehemalige Bundeskanzler das goutieren und klatschen, sagt alles.

Heinemann: Sehen Sie keinen Unterschied zwischen Herrn Höcke, Frau Wagenknecht und Herrn Schröder und Herrn Mützenich?

Strack-Zimmermann: Nein! – Entschuldigung! – Es geht doch darum, noch mal, ich wiederhole mich ungern: Russland hat die Ukraine überfallen. Das begrüßen offensichtlich Frau Wagenknecht und Herr Höcke. Frau Wagenknecht hat übrigens live und in Farbe in Talkshows auch vor dem Angriff immer wieder betont, Russland würde das nicht machen, warum soll es das auch machen. Das Ende kennen wir.

Der ehemalige Bundeskanzler, welche Nähe er hat zu Gazprom und Putin brauchen wir hier auch nicht weiter zu vertiefen.

Wenn Herr Mützenich von Einfrieren spricht und von diesen Persönlichkeiten, wenn das beklatscht wird, geht er in die Richtung, nämlich den Russen die Arbeit abzunehmen. Wenn wir im Westen diesen Konflikt einfrieren, was wir übrigens gar nicht können, sondern die Ukraine, dann ist das die Arbeit des Wladimir Putin, und wir werden als Freie Demokraten dagegen deutlich Stellung beziehen.

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Mittwoch, 20. März 2024, FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

Ohne die Unterstützung des gelernten Friedenswissenschaftlers an der Spitze der SPD-Fraktion wären Scholz’ Tage als Kanzler gezählt. Und Mützenich will, die Meinungsumfragen im Blick, lieber über Verhandlungen mit Putin reden als darüber, ‚wo die Schrauben beim Taurus sitzen‘.

 

Nach den ersten zehn Jahren Krieg: Eine Zwischenbilanz

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Sonnabend, 16. März 2024: Bellarmin an Mephisto

Fazit ist: Der gesamte Westen inklusive des militärischen Verteidigungsbündnisses der NATO zeigt sich selbst nach zehn Jahren Krieg in der Ukraine immer noch nicht in der Lage, das angegriffene Land ausreichend mit Munition zur dauerhaften Verteidigung wenigstens des Status quo zu versorgen! Geschweige denn der geschundenen Ukraine die Waffen zu liefern, die zur Befreiung der von den russischen Barbaren okkupierten Gebiete erforderlich wären, um damit, so der verkündete strategische Plan, die Ukraine in eine Verhandlungsposition zu befördern und die faschistoiden Russen dazu zu zwingen.

Der gesamte vollmundige Westen!

Erinnert sei nur an die irrlichternde deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) vor zwei Jahren mit ihrer nahezu symbolhaften, in jedem Fall typischen SPDämlichkeit, dem angegriffenen Land großzügig ein paar Schutzhelme zur Verfügung stellen zu wollen!

Man wähnte sich in einer Satire der Münchner Lach- und Schießgesellschaft!

Neben den einschlägigen fünften Kolonnen Moskaus in Deutschland wie etwa der rechten und der vor kurzem als Gegengift tatsächlich im Raum der Bundespressekonferenz gegründeten und offenkundig von den öffentlich-rechtlichen Medien hofierten linken AfD und dem Partei-Der-Spalter-Resthaufen ertönt schon wieder deutlich das unbeirrte Geseich und Geseier der üblichen SPD-Klugscheißer, man müsse doch nun endlich mit dem lupenreinen Wladimir Wladimirowitsch ein Abkommen schließen.

Zwecks Kriegsbeendigung.

Da fällt zum einen auf jenes rätselhafte „man“…

Wer könnte damit wohl gemeint sein?

Was aber wohl gemeint ist von den sich vor allem hinsichtlich Rußlands durch permanente Fehleinschätzungen ausgezeichneten üblichen üblen SPD-Strategen à la Ralf Stegner, Rolf Mützenich und dem unsäglichen Gernot Erler aus der Mottenkiste ist, daß der steinmeiernde Westen chamberlainend mit dem gerichtsnotorischen (s. Fall Litwinenko) Auftraggeber von Auftragsmorden ein Abkommen über die Ukraine schließe.

Gefälligerweise in München oder Minsk vielleicht?

Währenddessen richtet Kanzler Scholz (SPD) seine Rußlandpolitik offenkundig aus an Umfrage-Ergebnissen, damit ihm vor allem die im Osten durch die erwähnten fünften Kolonnen der Russen und direkt mittels Desinformation aus Rußland Manipulierten für seine eventuelle Wiederwahl die nötigen Stimmen sichern.

Für seine mit Besonnenheit verwechselte SPDämlichkeit.

Hier wieder in Form der typischerweise über die Interessen des Landes gestellten Interessen seiner Partei.

Zehn Jahre Krieg!

Und kein Churchill in Sicht!

Himmelarschundwolkenbruch! Da draußen sterben Menschen!

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Donnerstag, 22. Februar 2024, DE STANDAARD:

Das europäische Versprechen, der Ukraine bis Ende März eine Million Schuss Artilleriemunition zu liefern, wird nicht eingehalten – obwohl die Industrie signalisiert, dass sie über zusätzliche Kapazitäten verfügt und auf Aufträge wartet.

Donnerstag, 22. Februar 2024, DER STANDARD:

Es geht nicht um Träumerei, sondern um Krieg: Waffen für die Ukraine. Das Nachbarland braucht sie dringend zur Verteidigung.

Donnerstag, 22. Februar 2024, NEUE ZÜRCHER ZEITUNG:

Das Bittere ist, dass die deutsche Regierung im Vorjahr mit einer entschiedeneren militärischen Unterstützung gezögert hat. Sie fürchtete einen ukrainischen Erfolg, der Russland weiter provoziert hätte.

Donnerstag, 22. Februar 2024, RZECZPOSPOLITA:

Ohne die absurde russophile Politik Deutschlands wäre die russische Invasion in der Ukraine nicht möglich gewesen.

Sonnabend, 16. März 2024, NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG:

Einem Aggressor wie Wladimir Putin immer wieder vor Augen zu führen, was man alles nicht tun werde, um ihn nicht zu provozieren, wird er als Schwäche auslegen. Militärische Optionen auf Marktplätzen zu zerreden, führt eine potenziell beabsichtigte Abschreckung jedoch ad absurdum.

 

Wie sich die Bilder gleichen: Der russische Imperialismus vor 70 Jahren

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Sonnabend, 24. Februar 2024: Serapion an Mephisto

23. Februar 1954: Aus dem Berliner Appell Adenauers an das ganze deutsche Volk zum Ergebnis der Viererkonferenz:

Die Lehre von Berlin besteht darin, daß die Sowjetunion zur Zeit jede Lockerung innerhalb ihres europäischen Machtbereichs für ein Risiko hält. Sie will ihre Truppen in Österreich behalten und ihre SED in Deutschland. Der österreichische Staatsvertrag, freie Wahlen in der Sowjetzone wären der Sowjetunion gleichbedeutend mit einer Minderung der eigenen Macht. Sie ist heute nicht gewillt, an irgendeinem Punkte in Europa mit ihrem Druck nachzulassen. Das ist eine Unnachgiebigkeit, die aus der inneren Unsicherheit stammt. Ich möchte feststellen, daß in Europa zur Zeit die sowjetische Politik ausschließlich von dem Gedanken beherrscht ist, den Status quo hinsichtlich der Besatzung, hinsichtlich der politischen Stellung aller unter ihrer Kontrolle befindlichen Gebiete aufrechtzuerhalten. Ihr Plan, und hierüber dürfte auch bei den größten Illusionisten keine Unklarheit mehr bestehen, zielt aber darauf auch ab, den Status quo zu gegebener Zeit zur Basis eines weiteren Übergreifens auf Westeuropa zu machen.

Archiv der Gegenwart, Bd. 2, S. 1101f.

Ein weiterer Beweis für den Niedergang des deutschen Journalismus

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Freitag, 23. Februar 2024: Bellarmin an Mephisto

Am 2. Dezember 2018 schrieb ich Dir (=> Wie sich der Westen gefährlich verrechnet):

Meine Prognose seit 2014: Mit der Einverleibung der Krim ist es nicht abgetan und hört es nicht auf und ist der Krieg und die imperialistische Aggression Rußlands gegen die Ukraine keinesfalls beendet und wird auch nicht beendet werden vermittels gutem Zureden im Dialog beispielweise im sogenannten Normandie-Format oder durch das Minsker Abkommen.

Und es handelt sich übrigens um einen immensen Schwachsinn und eine illusorische Augenwischerei und um ein deutsches schuldbewußtes Wunschdenken par excellence, auf eine eventuelle künftige und eben noch nicht und schon gar nicht verbindlich gegebene Garantie Putins zu vertrauen, der für die Ukraine lebenswichtige Gastransfer durch die Ukraine werde einmal von dem Schröder-Projekt Nordstream und Nordstream 2 nicht beeinträchtigt werden, denn diese Beeinträchtigung ist exakt der strategische Zweck der Anlage!

Stop!

Genau das wäre ein wirksames Mittel des Westens gegen den russischen Imperialismus!

Neben beständig klarer Ansage.“

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Wetten, daß über den folgenden Satz aus der polnischen Zeitung RZECZPOSPOLITA in deutschen Medien nicht debattiert wird:

Donnerstag, 22. Februar 2024, RZECZPOSPOLITA:

Ohne die absurde russophile Politik Deutschlands wäre die russische Invasion in der Ukraine nicht möglich gewesen.

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Es war Mord!

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Sonnabend, der 17. Februar 2024: Mephisto an Bellarmin

Wenn sie Alexej Nawalny nicht direkt umgebracht haben durch irgendeine ihrer Heimtücken, dann war es Mord mittels ihrer typisch russischen Menschenquälerei. Wie wir sie seit Jahrhunderten kennen.

Dann haben sie ihn tatsächlich zu Tode gequält!

Vor den Augen der Welt langsam zu Tode gequält!

In einem typisch russischen KZ ihres Gulags!

Die ganze typische Perfidie kristallisiert sich in der hämischen Begriffsbildung, mit welcher der widerliche Serienmörder Wladimir Wladimirowitsch Putin seinerzeit sein nach dem mißglückten Giftgasanschlag mühsam aus den Händen russischer Ärzte befreites und in Berlin behandeltes Opfer belegte: „Der Patient in Deutschland…“

Ein typischer russischer Duma-Abgeordneter soll auf die Nachricht vom Tode Nawalnys in typisch russischer Verschrobenheit geäußert haben, der Westen sei schuld an seinem Tod. Denn der Tod Nawalnys diene ja dem Westen.

Schon vor 3508 Tagen, also vor inzwischen gut neuneinhalb Jahren, schrieb mir Serapion am 11. Juli 2014 (=> Der Hauptfeind Moskaus):

Was aber die beiden Kriege anbelangt, nach denen Du mich fragtest, so liegen sie durchaus im Bereich meiner Wahrnehmung. Obwohl der Krieg des ISIS der grausamere zu sein scheint und der allgemeingefährlichere, glaube ich, den russischen für den bedenkenswerteren halten zu müssen. Den Krieg des ISIS empfinde ich nicht nur wegen seiner entsetzlichen Massaker als einen archaischen. Sondern vor allem, weil er tatsächlich derselbe ist seit Jahrtausenden. Die Menschen bleiben immer die gleichen, nur die Namen ihrer Götter wechseln. Was früher Aschschur war, heißt heute Allah. Die gottesdienstliche Abschlachtung der Ungläubigen aber ist unter Tiglatpileser und Sargon dieselbe wie unter Abu Bakr al-Baghdadi. Dieselbe Gegend, die gleichen kreisläufigen Geschichten. Im Nahen Osten leider nichts Neues. Ein Déjàvu bis auf die Tatsache, daß die Gefahr eines sich ausbreitenden Flächenbrandes selten derart groß war wie in heutigen Tagen. Und die Einschläge kommen immer näher.

Es ist ein großer Irrtum zu glauben, Geschichte wiederhole sich nicht. Im Gegenteil! Alles Vergängliche ist nur ein GLEICHES, möchte man sagen, vielleicht auf verschiedenem Niveau. Geschichte spiegelt, und Du wirst das bestimmt nicht für Vulgärmarxismus halten, Geschichte spiegelt, mehr als es uns bewußt ist, in Variationen beständig den Kampf der Antagonismen, bemäntelt von nahezu beliebig wandelbaren, ja sogar vom Austausch selbst gegensätzlicher Ideologien.

Zwar ist wahr, daß man nie im selben Flusse bade, aber wahr ist auch, daß seine Wasser mich heute so nässen wie morgen, und wie es von Weisheit zeugen mag, im Strom der Zeit ein Verschiedenes zu suchen, so fördert wahrscheinlich noch mehr es unsere Erkenntnis, Analogien zu bemerken und anzuerkennen, und dieses mag der rettenden Voraussicht besser dienen als der Glaube, Geschichte wiederhole sich nicht.

Eine etwas andere Qualität in der Variation des ewig Gleichen fällt allerdings auf beim aktuellen Konflikt im Osten Europas. Trotz der ja ebenfalls nicht neuen, wenn auch mittlerweile semifaschistisch gesteigerten Russentümelei. Und die nationalsozialistische „Russische-Erde“-Rückgewinnungspolitik (da ist sie wieder, die „Blut und Boden“-Ideologie, aber schon vor den Zeiten Iwan des Schrecklichen vermerkten die fleißigen Chronisten, daß die Moskauer Großfürsten „die russische Erde sammelten“), die „Russische-Erde“-Rückgewinnungspolitik paßt ebenso fugenfrei in die Reihe jenes jahrhundertlangen Kampfes des Altrussentums gegen das Westlertum. Wobei den Moskauern der Westen in seiner Verderbtheit fast unmittelbar südlich anfing. Denke nur an die erbitterten Abwehrkämpfe gegen jegliche Reformversuche des Patriarchen Nikon. Beispielsweise gegen die Wiederherstellung der ursprünglichen griechisch-orthodoxen Liturgie inklusive der Ausmerzung von offensichtlichen Rechtschreibfehlern in den liturgischen Texten. Da sei Gott vor! Man kämpfte, daß Jesu weiter Jssus statt Jissus geschrieben werde, am Weißen Meer verteidigte ein Kloster sein Njet! gegen diese westlichen Neuerungen acht Jahre lang mit Kanonen. Die Ideen des Westens waren den russischen Altgläubigen, dem „Raskol“, abartig. Da haben wir noch nicht einmal über den polnischen Katholizismus geredet, die römische Westkirche mit ihrem verdammten polnischen Papst, der sich nicht beseitigen ließ. Der Westen mit seinen protestantischen Ideen hat uns das sowjetische Imperium zertrümmert. Apropos Protestantismus und französische Revolution: Je westlicher desto entsetzlicher.

Der Hauptfeind Moskaus war und ist bis heute der eigenmächtig denkende Mensch.

Oder erinnere Dich nur an den Aufstand der Strelitzen und und und. Sehr sehr vieles gäbe es zu sagen. Doch allein schon die jüngste Chronik zeigt wieder, keine noch so durchsichtig verlogene Idiotologie scheint zu plump, um Menschen zu verhetzen. Es heißt, 61 Prozent der Russen fänden es toll, daß in der Ostukraine Söldner aus Rußland kämpfen. Und es wäre gefährlich, sich darin zu täuschen: Unsere Zeit steht keinesfalls auf einer höheren zivilisatorischen Stufe, nur weil wir seit vierzehn Jahren in einem neuen Jahrtausend leben und vom Juli 1914 hundert Jahre entfernt zu sein scheinen.

In der Welt waltete und waltet immer noch eine andere Kraft als die Vernunft, und damit meine ich nicht nur ihr Gegenteil.

Jene neue Qualität aber ist wohl manchem bis jetzt noch nicht zur Gänze und mit all ihrer Konsequenz ins Bewußtsein vorgedrungen, und daß es kein Zurück mehr geben wird. Der durch Rußland ausgelöste Krieg zwischen zwei Staaten ist nur die unterste Ebene des Konflikts. Gleichzeitig handelt es sich, obwohl die Ukraine nicht dazugehört, um den Beginn der offenen Aggression Rußlands gegen die Europäische Union. Ein Staat kämpft gegen eine im mühsamen Aufbau befindliche überstaatliche Ordnung, kämpft gegen einen Staatenbund, um ihn zu zerstören. Der neue Zar im Kreml will die Europäische Union, die beispielsweise, entgegen aller Wunschvorstellungen (oder Befürchtungen), eben noch nicht einmal über eine gemeinsame Außenpolitik verfügt, zerstören.

Und, auf der obersten Ebene, und damit ist gemeint jene faschistische Dimension des Konflikts, bekriegt Rußland jetzt expansiv die westliche Zivilisation als solche. Weil man sie für dekadent, schädlich und bedrohlich und demgegenüber das Russentum für gesund und überlegen hält.

Wie gesagt, an und für sich ist die Furcht vor ihr und der Kampf gegen die Lebensart der Westler, der Kampf gegen die Europäisierung Rußlands, durch die Jahrhunderte kein neuer Zug. Doch handelte es sich bisher um einen Kampf für die Reinhaltung des Inneren. Das ist jetzt anders geworden in der Weltgeschichte.

Und der dahinterstehende wesentliche Antagonismus ist letztendlich der zwischen Individuum und Staat: Rußland kämpft gegen das Individuum.“

Die Menschen verjessen zu schnell

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Montag, 12. Februar 2024: Serapion an Mephisto

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Trümmer am Alex und Bahnhof Zoo,

am Potsdamer Platz – weeß ick noch wo.

Und denn so richtig als Schwanengesang

die Gedächtniskirche – mittenmang.

Doch bei der – merkt ick zum ersten Male dann,

daß man och Trümmer lieben kann.

Manchmal nämlich – wenn ich in die Geschäfte seh –

voll Gänse – Hummer – Wein – Kaffee –

Denn seh ick in der Scheibe vor dem Fenster –

keene Angst – ick seh nich Gespenster –

Nee – nur die Ruine ganz klar und ganz hell

und ick weiß: Wir vergessen zu schnell:

Wissen se noch – wat et hieß, Kartoffeln zu haben

und stundenlang über Land zu traben

durch Regen, Kälte und den Dreck

nach son bißchen Butter, son kleenet Stück Speck –

Det fällt mir bei die Trümmer so ein!

Doch ick globe, ick bin so ziemlich allein.

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Rolf Ulrich (1921 – 2005) ca. 1953 aus: Die Menschen verjessen zu schnell

Die Entwicklung der Menschheit

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Freitag, 2. Februar 2024: Serapion an Mephisto

Vor mittlerweile 2830 Tagen, am 4. Mai 2016 ( 4.5.16 Mephisto an Serapion ), schriebst Du mir seinerzeit unter dem Titel des Kästner-Gedichts (und weil ich mich dem heute vorbehaltlos anschließen möchte, setze ich zur Erinnerung es Dir noch einmal wortgetreu hierher):

 

Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,

behaart und mit böser Visage.

Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt

und die Welt asphaltiert und aufgestockt,

bis zur dreißigsten Etage.

 

Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn,

in zentralgeheizten Räumen.

Da sitzen sie nun am Telefon.

Und es herrscht noch genau derselbe Ton

wie seinerzeit auf den Bäumen.

 

Sie hören weit. Sie sehen fern.

Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.

Sie putzen die Zähne. Sie atmen modern.

Die Erde ist ein gebildeter Stern

mit sehr viel Wasserspülung.

 

Sie schießen Briefschaften durch ein Rohr.

Sie jagen und züchten Mikroben.

Sie versehn die Natur mit allem Komfort.

Sie fliegen steil in den Himmel empor

und bleiben zwei Wochen oben.

 

Was ihre Verdauung übrigläßt,

das verarbeiten sie zu Watte.

Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest.

Sie stellen durch Stiluntersuchung fest,

daß Cäsar Plattfüße hatte.

 

So haben sie mit dem Kopf und dem Mund

den Fortschritt der Menschheit geschaffen.

Doch davon mal abgesehen und

bei Lichte betrachtet sind sie im Grund

noch immer die alten Affen.

(Erstdruck 1932)

 

Erich Kästner (1899 – 1974)

Kästner, einer meiner fünf Lieblingsdichter, über den Wolfgang Koeppen einst schrieb: ‚Kästner saß im Café neben dem Tod. Gab es einen Engel oder Teufel, der ihn schützte?‘

Um zurückzukommen auf die alten Affen. Wir sollten uns in Europa nicht zu sehr in unseren Illusionen wiegen. Denn es ist überhaupt nicht unwahrscheinlich, daß der nächste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Donald Trump heißt. Und das ist insofern sogar doppelt beunruhigend, da dies geschähe, nachdem sein Vorgänger ausgerechnet Barack Obama wäre, ein Mensch, dem man tatsächlich die besten Absichten unterstellen kann und dessen Amtsantritt mit den höchsten Hoffnungen verbunden war.

Die Hoffnung unserer Zeit, ein tatkräftiger sympathischer Mann, hochintelligent und eloquent und mit den wahrlich besten Absichten als Präsident des mächtigsten Landes unseres Planeten hat es nicht geschafft! Die alten Affen applaudieren seinen Gegnern.

Putin und Trump und und und….

Die Welt wird einem Alptraum immer ähnlicher.“

21 von Teilnehmern verletzte Polizisten

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Dienstag, 23. Januar 2024: Bellarmin an Mephisto

Sonntag, 14. Januar 2024, Deutschlandfunk:

In Berlin sind bei Ausschreitungen während eines Umzugs zum Gedenken an die Kommunistenführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht 21 Polizisten verletzt worden.

Wie ein Polizeisprecher mitteilte, wurden 16 Demonstranten festgenommen. Ein Redner hatte demnach strafbare Parolen auf einem Lautsprecherwagen skandiert, weshalb er von Einsatzkräften vorläufig festgenommen wurde. Daraufhin griffen Teilnehmer die Polizisten an. Diese setzten Pfefferspray ein. …

An der Gedenkstätte der Sozialisten am Zentralfriedhof Berlin-Friedrichsfelde legten Teilnehmerinnen und Teilnehmer rote Nelken nieder, darunter die beiden Vorsitzenden der Linken, Wissler und Schirdewan. …

Danach schwiegen die Vöglein im öffentlich-rechtlichen Walde.

Kein Kommentar. Keine weitergehenden Meldungen. Keine klärenden Details. Keine Interviews von Augenzeugen. Keine Befragung einsatzbeteiligter Polizisten. Oder jenes Polizeisprechers. Keine Erklärungen („Stätments“ im journalistischen Dummdeutsch: ich stätmente; du stätmentest; er, sie, es stätmentet; wir stätmenten; ihr stätmentet; sie stätmenten; also ich erkläre; du erklärst; er, sie, es erklärt; wir erklären; ihr erklärt; sie erklären), keine Erklärungen der „beiden Vorsitzenden der Linken, Wissler und Schirdewan“.

Keine Erklärung und 21 verletzte Polizisten!

Man darf annehmen, hätte ein rechtsextremer oder sogar ein AfD-Redner offenbar von Sprechchören wiederholte „strafbare Parolen skandiert“, dass triumphierend Roß und Reiter benannt worden wären. Und dem mündigen Publikum bezeichnet worden wäre, um welche Art Schlagworte es sich überhaupt handelte. Und vor allem auch aus welchem Milieu dieser Mob stammt, der hier verschleiernd aus irgend einem Grund allgemeinst möglich anstatt journalistisch konkret verdächtigerweise nur als die „Teilnehmer“ tituliert wird.

Und der 21 Polizisten verletzte.

Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf, zwölf, dreizehn, vierzehn, fünfzehn, sechzehn, siebzehn, achtzehn, neunzehn, zwanzig, einundzwanzig von „Teilnehmern“ verletzte Menschen!

Die einstmals aufgrund ihrer bestechend ideologiefreien Objektivität der Berichterstattung bewunderten bundesdeutschen öffentlich-rechtlichen Medien sind endgültig herabgesunken auf das Niveau der Aktuellen Kamera der deutschen demokratischen Rundfunkanstalten.

Und das ist nur ein Beispiel für ihre inzwischen in beängstigender Weise täglich praktizierte volkserzieherische Parteilichkeit.

Parteilichkeit der Berichterstattung war eine Grundanforderung für den sozialistischen Journalismus: „Immer auf der richtigen Seite der Barrikade“ gegen den „neofaschistischen“ „Revanchismus“ „der imperialistischen“ „Bonner Ultras“ und des „Kriegsbrandstifters“ Willy Brandt aus der „Frontstadt“.

Es ist nicht mehr weit bis zum Agitprop…

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Die hinterhältigste Lüge ist die Auslassung.

Simone de Beauvoir

Wer Klara Klarsicht wählt…

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Sonntag, 14. Januar 2024: Bellarmin an Mephisto

Nun wurde letzten Montag das sich von der populistischsten Partei Deutschlands abgespaltene populistische ‚Bündnis Klara Klarsicht‘ unter dem Namen seiner Gründerin, der vierte Ehefrau des ebenso für seine Klarsicht berüchtigten Oskar Lafontaine, vor Populismus triefend mit Sinn für alles schlicht Schöne und gerecht Gute als Partei aus dem Taufbecken gehievt. Hofiert von den öffentlich-rechtlichen Medien und zelebriert unbeanstandet von jeglichem Rest Kritik im Saal der Bundespressekonferenz! Wie schon wenige Wochen zuvor bei der bloßen Ankündigung der Parteigründung! Und kaum noch verhohlen herbeigesehnt, ja geradezu gefeiert, gewissermaßen als letzter Notnagel, als beseligendes Gegengift, als Alternative zur Alternative, als linke AfD.

Ja, was soll man sagen zu soviel Dummheit?

Und falls Ihr es immer noch nicht begriffen habt bei Euch in Deutschland auf der einstmaligen Insel der Dichter und Denker:

Der Westen wird angegriffen!

Wir befinden uns im Krieg!

Wer Geert Wilders wählt, wählt Putin!

Wer Jean-Luc Mélenchon wählt, wählt Putin!

Wer Marine Le Pen wählt, wählt Putin!

Wer Alice Weidel wählt, wählt Putin!

Wer Klara Klarsicht wählt, wählt Putin!

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Dienstag, 9. Januar 2024, HANDELSBLATT:

Ein Schuss Marxismus, raus aus der Westbindung, maximale Distanz zur NATO und natürlich die gewaltige Umverteilung von oben nach unten: Das ist der verquere Mix, mit dem Wagenknecht punkten will.

Zur Verdeutlichung russischer Verhaltensmuster

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Freitag, 5. Januar 2024: Serapion an Mephisto

Zufälligerweise hatte seinerzeit Zar Nikolaus I. die Welt ganz anders gesehen als deren bescheidener Rest. Und hatte am 2. Juli 1853 das russische Heer den Pruth überschreiten und die beiden zum Osmanischen Reich gehörenden Donaufürstentümer Moldau und Walachei kurzerhand besetzen lassen. Also zufälligerweise ohne Kriegserklärung den Frieden gebrochen. Immerhin noch mit soweitiger Klarsicht, daß die damalige Begründung nicht lauten konnte, diese Aggression diene dem Schutz wie auch immer bedrohter Russen. Da die Strategie der Landnahme durch Ansiedlung von Russen auf fremdländischem Territorium noch nicht in dem Maße forciert worden war wie etwa seit dschugaschwilischen Zeiten. Sondern die damalige Begründung hieß, das gelte dem Schutz orthodoxer Christen. Von russischen Ambitionen auf Durchfahrtsrechte der Kriegsflotte ins Mittelmeer, von irgendwelchen Flottenstützpunkten oder gewissen Herrschaftsansprüchen auf dem Balkan ging die Rede nicht. Auch nicht von einverleibenden Absichten hinsichtlich Konstantinopels. Allerdings hatte Nikolaus im Januar den englischen Botschafter in Petersburg plötzlich beiseite genommen, um ihm ein gemeinsames Interesse an einer Aufteilung des als schwächlich eingeschätzten Osmanischen Reiches einflüstern zu wollen. Doch letzterer mochte darauf nicht eingehen. Die öffentliche Meinung in England war aus irgendeinem Grund russenfeindlich. Ich vermute mal, sie war, sagen wir zurückhaltend, „beeinflußt“ von den Flüchtlingsströmen der damals dort immerhin Asyl Findenden aus Rußland, Polen und Ungarn. „Beeinflußt“, um das Wort „empört“ zu vermeiden. Das sich anböte im Hinblick auf das zufälligerweise menschenverachtende primitiv blutige Wüten der Russen, beispielsweise im September 1849 in Ungarn oder zuvor im November 1830 in Polen. Man stelle sich das vor, die Russen waren damals tatsächlich verschrien als Unterdrücker der Völker!

Und obendrein als reaktionär.

Um nach dem Zufälligen zurückzukommen auf kulturelle Verhaltensmuster, jedenfalls predigten die Derwische den „Heiligen Krieg“, die Pforte setzte sich zur Wehr und erklärte am 4. Oktober Rußland ordnungsgemäß den Krieg. Da lachte Nikolaus sich in sein Fäustchen. Denn in seiner Weltsicht standen die Engländer, die Preußen und die Österreicher fest auf seiner menschenfreundlichen Seite.

Wie gesagt, indessen war die Wahrnehmung der übrigen Welt eine ganz andere. England, Frankreich, Österreich und selbst Sardinien traten auf die Seite der Türkei, und der Krieg mit den Russen ging als extrem verlustreicher Krimkrieg ein in die Annalen. Denke nur an Florence Nightingale in der sogenannten Hölle von Skutari.

Krimkrieg deshalb, weil im schwer umkämpften Sewastopol der Hauptstützpunkt der russischen Flotte lag.

Auf russischer Seite wurde zufälligerweise mit dümmlichem Kadavergehorsam selbst in noch aussichtsloser Lage die Stellung gehalten. Ohne Rücksicht auf menschliche Verluste.

Das galt und gilt dort als heldisch.

Damals war es ein gewisser kriegsteilnehmender Graf Leo Tolstoi, der pathetisch das ordinäre russische Heldenlied sang: „Die Stimmung der Truppen ist einfach unbeschreiblich. Im alten Griechenland herrschte nicht soviel Heldenmut wie hier. Statt mit dem Ruf ‚Guten Tag, Kinder‘, begrüßte Kornilow die Soldaten während der Truppenbesichtigung mit den Worten: ‚Es geht in den Tod, Kinder. Versteht ihr zu sterben?‘ Und die Truppen antworteten: ‚Jawohl, Exzellenz. Hurra!’“

Selbst Nikolaus überlebte den Krieg nicht. Er starb im März 1855.

An Grippe.

Der Friede von Paris am 30. März 1856 war bitter für Rußland und seine Balkanpläne: Verzicht auf die schönen Donaufürstentümer und Verzicht auf die durchsichtige Anmaßung einer Schutzherrschaft für orthodoxe Christen im Osmanischen Reich, Abtretung des südlichen Bessarabiens und der Donaumündung an Moldawien sowie Entmilitarisierung des Schwarzen Meeres.

Apropos Moldawien: Wie Du Dich erinnerst, begannen 1992 in Moldawien plötzlich „Separatisten“ um sich zu schießen.

Lauter vertrauenerweckende Visagen.

Wie 2014 auf der Krim und in der Ostukraine.

Na, wie auf Kommando eilten russische Truppen hinzu und griffen den sogenannten Separatisten hilfreich unter die verschwitzten Separatistenarme mit ihren auf Moskauer Zeit gestellten Armbanduhren. Und setzen sich, zum „Schutz legitimer russischer Interessen“, fest.

Um des Friedens willen überwachte seit 1999 auch eine OSZE-Friedenstruppe eine Sicherheitszone zwischen jener selbsternannten Republik Transnistrien, die zufälligerweise ihren Anschluß an Rußland erstrebt, und Moldawien. Womit das russische Militär zum Abzug verpflichtet wurde und laut eines von Rußland unterzeichneten OSZE-Abkommens auch ist. Im Dezember 2001 endlich wurde damit begonnen und ein erstes Kontingent abgezogen. Während der folgenden Jahrzehnte verzögert sich der weitere Abzug der Okkupationstruppen aber bis heute aus irgendeinem Grunde.

Bei Euch in Deutschland scheint die heutige Generation der Politiker und Journalisten zunehmend zu leiden an einem unverantwortlichen Ausmaß an Amnesie.